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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Steffens, Arnold: Die alten Wandgemälde auf der Innenseite der Chorbrüstungen des Kölner Domes, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0093

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133

1902.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 5.

134

malige Zeit in dieser Hinsicht hervorgebracht
hat. Die Initialen hingegen tragen noch das
Gepräge des romanischen Stiles. Jede der
sechs Bilderreihen ist 5,65 m lang, mit dem
Figurensockel 2.84 m hoch und durch die
Pfeiler einer gemalten Architektur-Konstruktion
in sieben Arkaden getheilt.

Der Sockel besteht in einem durchgehenden
0,774 m hohen Unterbau aus gemalten Spitz-
bogennischen, deren es unter jeder Bilderreihe
23 gibt. Auf der Südseite sind unter der ersten
Bilderreihe in den Nischen Kaiserfiguren dar-
gestellt im Kaisermantel mit goldener Bügel-
krone, Scepter und Reichsapfel, und zwar ganz
verschieden in Ausdruck und Stellung. Es
sollen dies wohl die Römischen Kaiser deutscher
Nation sein, für die damals die Zahl 23 zu-
treffend war. Unter den folgenden Bilderreihen
derselben Südseite sind Königsgestalten an-
gebracht, ähnlich gemalt wie die Kaiser; jedoch
tragen sie keinen Reichsapfel. Es sind dies
wohl die Könige und Fürsten Deutschlands.
Auf der Nordseite indefs sehen wir in diesen
Nischen zunächst 57 Bischofsfiguren in vollem
Ornat mit Kasel, Pallium, Stab und Mitra.
Es sind dies ohne Zweifel die Bischöfe und
Erzbischöfe des Kölner Stuhles, deren man
bis zu Wilhelm von Gennep einschliefslich
(-J- 1362) nach Ausweis der alten Bischofs-
kataloge 57 zählte. Alsdann folgen zwei Fürsten-
gestalten ohne Stab und Mitra, wahrscheinlich
Johann Graf von Virneburg, der die päpstliche
Bestätigung für Köln nicht erhielt, später aber
Bischof von Münster wurde (alibi cinxit honore
caput, sagt von ihm Gelenius), und Adolf IL
von Altena, der elf Monate lang den Kölner
Stuhl inne hatte ohne geweiht zu sein, und
1364 abdankte, um zu heirathen, damit seine
Familie nicht aussterbe (pro mitra coniunx,
sagt Gelenius mit Bezug auf ihn). Diesen
beiden Nichtbischöfen schliefsen sich dann wieder
drei Bischofsfiguren an, von denen die mittlere
durch das auf der Kasel angebrachte Wappen als
Erzbischof Hermann von Hessen (f 1508) ge-
kennzeichnet ist. Der schöne frische Porträtkopf
ist offenbar später gemalt als die übrigen Bilder.

Die Farben des Hintergrundes der in den
Nischen gemalten Figuren sind abwechselnd
mit bunten Mosaikmustern roth, blau und roth.
Die Figuren selbst sind flott und gewandt ge-
zeichnet, sehr sorgfältig ausgeführt, lebendig
in Haltung und Ausdruck.

Ueber dem Sockel ist die Reihe der Haupt-
bilder angebracht ebenfalls in architektonischer
Umrahmung, die auf Goldgrund gemalt, in
scharfen Umrissen gezeichnet und äufserst zier-
lich gestaltet ist. In dieser Umrahmung wechselt
immer ein aus drei Spitzgiebeln und einem
in der Grundform sechseckigen Thurmbau be-
stehender Baldachin mit einem einfachen, das
ganze Feld überspannenden Spitzbogen, der zu
einem schreinartigen Dachaufsatz überleitet.
Auf der Südseite beginnt die Reihe mit dem
von dem sechseckigen Thurm bekrönten Ar-
| chitekturgebilde, auf der Nordseite mit dem
vom Dachbau überragten einfachen Spitzbogen.

Wo die Bilderreihen an die Säulen des
Domchores anstofsen, ist eine schmale Arkade
mit durchbrochenem Giebelfelde undThürmchen
angebracht. Die Ornamente der Architektur
sind reich und zierlich, aber einfach und ernst,
wie die Frühgothik sie pflegte.

Der Hintergrund der Hauptbilder ist ab-
wechselnd in blauer und braunrother Farbe
gehalten und aufs reichste mit unsäglichem
Fleifse staffirt. Der blaue Grund ist durch
Goldlinien in schrägliegende Vierecke getheilt,
in welchen Laubverzierungen mit niedlichen
Figürchen wechseln; der braunrothe Grund
hingegen zeigt Larven, phantastische Gestalten
und Laubornament.

Ueber den Giebeln der Architekturgebilde
läuft ein braunrother Hintergrund durch, der
reich mit flottgezeichneten, phantastisch ge-
stalteten, und vielfach muthwillige Laune ver-
rathenden Figuren damascirt ist. Diese Figuren
sind mit der Feder in markigen Strichen
schwarz gezeichnet und hellroth aufgesetzt, um
sich von dem dunklern Grunde zu heben.

Was die Aufeinanderfolge der einzelnen
Bilderreihen betrifft, so herrscht strenge litur-
gische Rangordnung. Um dieselbe zu ver-
stehen, darf nicht vergessen werden, dafs, wie
im alten Dome, so auch anfänglich im jetzigen
Dome am Hochaltare die Feier der h. Messe
an der Rückseite der Altarmensa gehalten
wurde, sodafs der Bischof mit dem Gesichte
dem Volke zugewandt war. Aus diesem Grunde
war der Altartisch ohne allen Aufbau. Dafs
die bezeichnete Art der Mefsfeier auch im
jetzigen Dome geraume Zeit hindurch in Uebung
gewesen, ist unwiderleglich bekundet durch
die vor einigen Jahren, als der in italienischer
Art gehaltene, marmorene Ueberbau und Um-
 
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