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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Schnütgen, Alexander: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0106

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159

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

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jenigen sehr verwandt, welche im laufenden
Jahrgang dieser Zeitschrift, Sp. 23—28 abge-
bildet und beschrieben ist, im Aufbau nicht
so zierlich, aber kräftiger, in manchen Einzel-
heiten noch reicher und vornehmer. Aus dem
sechstheiligen flachen Sternfufs mit Rosettchen
in der Hohle, und mit aufgravirten in eine Lilie
auslaufenden Nasen, wächst, durch starkes
Profil vermittelt, der schlanke Schaft, den ein
gut gegliederter Pastennodus unterbricht, um
durch ein Kreuzgesims zum Trichter sich zu
erweitern, dessen beide mit je einer blau
emaillirten Rosette vorder- wie rückseits ver-
sehene Schnecken die Strebepfeiler tragen,
zwischen denen, durch ein maafswerkdurch-
brochenes Band halbkreisförmig umfafst, die
Medaillonkapsel sich entfaltet als Träger des
von jenem flankirten Mittelaufsatzes. Diese
Kapsel, ein mit der Rundung aufliegender,
5 Cm tiefer Bergkrystallcylinder, umsäumt ein
breiter durchsichtiger Lilienfries, innerhalb dessen
vorn Kordel und Plättchen als Rahmen der
Scheibe, hinten in der Hohle Silberstab mit
acht blauen Emailrosetten, sodafs die hintere
Krystallscheibe kleiner ist, als die vordere. Dafs
die Wände des Krystallcylinders ringsum sicht-
bar bleiben, erhöht namentlich die Seitenwirkung,
und umso leichter erscheint die Konstruktion
des Mittelthurmes, der durch Schwibbogen mit
den Eckstreben verbunden, in dreimaliger Ver-
jüngung zum rechteckigen, von der Kreuzblume
bekrönten Schindelhelm sich entwächst.

Das Silberfigürchen des Ritters mit ver-
goldetem Schild in der oberen Bogenöffnung
stellt den hl. Georg dar, und der auf der Vorder-
wie Rückseite im Dreieck malerisch vorkragen-
den Konsole entspricht der mit einer Schräge
abschliessende Baldachin, wodurch der giebel-
artige Aufbau in die für die Mitte der Mon-
stranz mafsgebende Tiefenwirkung sehr geschickt
hineingezogen wird. — Hinter der im Charnier
sich öffnenden Krystallscheibe erscheint die ur-
sprüngliche Lunula, die, in origineller Lösung,
auf Schnecke mit Maafswerkverzirung ruht. —
Die bis in die kleinsten Details sorgfältige Aus-
führung verräth die sichere Hand eines tüch-
tigen Goldschmieds und dafs dieser einer rheini-
schen Werkstatt in der zweiten Hälfte des
XIV. Jahrh. angehört hat, ergiebt sich aus den
Formen mit ziemlicher Gewifsheit. Für eine
kleine Kirche oder Kapelle dürfte ein besseres
Vorbild als dieses nicht leicht gefunden werden.

5. Hochgothisches Ciborium der Burg-
kapelle von Eltz. (Nr. 876.)

Dieses Ciborium, ebenfalls silbervergoldet
und ganz intakt, ist wohl von derselben Hand,
wie die Monstranz ausgeführt und obwohl sehr
einfach, nicht minder beachtenswerth und muster-
gültig. Der Fufs (127a cm im Durchmesser)
ist sechsseitig und mit Nasenbögen gravirt, in
deren Zwickeln Dreiblatt auf schraffirtem Grund.
Der Uebergang vom flachen Fufs zum schlanken
Schaft ist mit Blendarkaden verziert, deren
Schraffirung bezeichnend ist für das ganze Ge-
fäfs als ungemein einfaches, aber sehr ernstes
und würdiges Dekorationsmittel. Der dem Fufs
entsprechend flach gehaltene Nodus hat ver-
tieftes Mafswerk und in dreifacher Erhöhung
auskragende Metallpasten, die rautenförmig über
Eck gestellt sind. Der obere Schaft erweitert
sich zu einem Trichter, der die ganz flache
sechseitige Kuppe trägt. Frühgothische Bögen
mit Eckverzierung gliedern ihre Felder, nur mit
ganz schwachen Kreuzschraffuren belebt, und
ihnen entsprechen auf dem Pyramidendeckel
ebenso schraffirte Nasengiebel, über denen rauten-
verziert das Zeltdach sich aufbaut, bekrönt von
einem flachen Knäufchen und von einem
Vierpafskreuz (in dem der Pastennodus wider-
klingt) mit gegossenem Kruzifixus. Hier ist Alles
einheitlich, ursprünglich mit Einschlufs der
grünlichen Vergoldung, und für den feinen Sinn
und die geschickte Hand des Goldschmiedes
erfüllt Alles mit Bewunderung, denn der durch-
aus harmonischen Gestaltung des ganzen Ge-
fässes, für welche die Lösung wahrlich nicht
leicht war, entspricht die verständige und liebe-
volle Behandlung der Einzelheiten. — Die ge-
ringen Dimensionen des Ciboriums, die für das
XIII. Jahrh. mit seinen kleinen Pyxiden nicht
auffallen würden, könnten für das XIV. Jahrh.,
welches bereits die gröfsere Form für die in-
zwischen viel häufiger gewordenen Kommu-
nionen erforderte, befremden, wenn sie nicht
in der Bestimmung für die Hauskapelle ihre
vollauf befriedigende Erklärung fänden.

Uebrigens würden sie die Vergröfserung er-
tragen, wenn es sich um die durchaus empfehlens-
werthe Nachahmung handeln sollte. Für diesen
Fall würde die Kuppe im Innern abzurunden,
der Deckel, unter Wegfall des Charniers, in die
Kuppe einzulassen sein, unter Beibehaltung des
Deckprofils. SchnUtgen.


 
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