Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

DOI Artikel:
Beissel, Stephan: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf, [7]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0212

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

336

die Bänder zur Rechten und Linken der Lang-
seiten mit Niello gefüllt.

Eigenartig behandelt er die Schmalseiten.
Auf der vordem (Abb. 1) sieht man laut der
in der oberen Platte angebrachten, niellirten
Inschrift: Scs. Kilianus + (IRC) XPC +
Scs. Lyborius. Die drei Figuren sind aus der
silbernen Platte sehr hoch herausgetrieben und
vergoldet. Im Buche des thronenden Herrn
stehen die Worte: Ego su(m) qui su(m). Sein
Nimbus ist aus geperltem Draht und drei
blauen, viereckigen Steinen gebildet. In dem
grofsen Kreise, welcher ihn umgibt, wechseln
11 rothe oder grüne Edelsteine mit 12 Perlen.
Alle ihre Kapseln bestehen aus e^fachen Bän-
dern, sind aber unten von geperlten Drähten
umsäumt. Die sechs grofsen Edelsteine auf
den Bändern zur Rechten und Linken mit den
oben blattförmig gebildeten Kapseln sind in
spätgothischer Zeit erneuert worden.

Auf der zweiten Schmalseite hat der
Meister aus seiner Silberplatte die Silhouetten
dreier thronenden Figuren, sowie dreier Bogen,
welche sich über dieselben wölben und auf
vier Säulen ruhen, herausgetrieben, dann aber
das Innere dieser Silhouetten mit Gravirung
und Niellirung versehen. Laut der auf dem
obern Streifen angebrachten Inschriften sind die
Figuren: {Scs. J)ohannes ■ O ATYA - 0Wo-
QmKoC • Scs. Jac(pbus). Johannes hält ein
Band mit der Inschrift: Sca. Maria Vir(go),
im Spruchbande des zweiten Apostels steht:
Int{er)cede p(ro) toio mund(o). Maria erhebt
ihre Hände, wie die Orantinen es thun, und trägt
auf dem Schofse ein geöffnetes Buch mit der
Inschrift: Magnificat anima meid) Dominum).
Der Grund um die silbernen niellirten Figuren
und um ihre Bogenstellungen ist vergoldet.

Auffallend ist, dafs Maria ohne Kind3)
zwischen Johannes und Jakobus thront. Da
nach den alten Legenden die Söhne des Zebe-
däus (Matth. 4, 21) als Verwandte U. L. Frau
galten, welcher der Dom zu Paderborn ge-
widmet war, sind sie vielleicht deshalb an diese
Stelle gesetzt worden.

Abbildung 2 zeigt den untern Theil des
Deckels unseres Schreines. In seiner Mitte
wird ein Altarstein aus afrikanischem Marmor

3j Alte Bilder, auf denen Maria ohne Kind als
Oranle stehend, einmal auch thronend, dargestellt ist,
gibt Kohault de Fleury »La sainte Vierge« II be-
sonders pl. 97.

(Verde antico) von einem Bande umgeben,
dessen Filigrandrähte durch kleine Verbin-
dungsstege zusammengehalten sind und an ihren
Enden kleine Halbkugeln umschliefsen. Neben
den vergoldeten, mit Filigran gefüllten Rand
des Altarsteines legte der Goldschmied rechts
und links niellirte Streifen mit Ranken und
Blättern, in die er, wie gesagt, zwölf Kreuze ein-
zeichnete. Oben und unten finden sich zwischen
den vier Evangelistenzeichen zwei Szenen aus
der Feier der hl. Messe. Oben steht Meinwercus
eps vor einem Altare, den ein Tuch bedeckt
und ein Standkreuz ziert. Er erhebt einen
grofsen Kelch zur Opferung, und spricht laut
der Inschrift: Calicem saluiaris accipiam et
nomen D(omi)ni invocabo. Vielleicht bediente
man sich damals zu Paderborn dieser Worte
bei der Opferung des Kelches. Heute spricht
der Priester sie bei der Kommunion. Die
Hand Gottes erscheint vor Meinweik, um nach
seinem Wunsche den Kelch zu segnen.

Im untern Streifen (Abb. 2) steht zwischen
den Symbolen der Evangelisten Markus und
Lukas ein Altar, auf den zuerst eine Decke
gelegt, dann ein Tragaltar gestellt ist, auf wel-
chem der Kelch mit der Patene und der Hostie
sich findet. Leuchter fehlen hier wie oben
beim ersten Altare. Vor dem Altare hat 5'««-
ricus ep., der Stifter unseres Tragaltares, ein
Rauchfafs genommen, um die Opfergaben zu be-
räuchern. Er.'sagt laut der Inschrift: Ditigatur
oratio'med ■ sicut incensum in • conspectu ■ tuo
D{pmiti]e D(eu)s. Alle Figuren und Inschriften
des Deckels sind in Niello ausgeführt. Die
viereckigen Blumen und Edelsteine des Randes
hat man in spätgothischer Zeit beigefügt.

Die untere Seite des Schreines ist mit
einer gravirten Platte versehen, welche an die
prachtvollen kupfernen Grabplatten des Mittel-
alters erinnert. Dieselbe hat einen breiten
durch Halbkreise und Blattwerk belebten Rand.
In ihrer Mitte steht unter der Kuppel eines
Domes, dessen Fassade von zwei Rundthürmen
begleitet ist, vor einem Vorhang ein Bischof.
Derselbe trägt einen Nimbus und ist durch
eine Inschrift, welche über seinem Nimbus be-
ginnt und auf dem mittlem Stabe seiner Kasel
herabgeht, als S. Heinricus eps bezeichnet,
Er kann kaum Jemand anders sein als Bischof
Heinrich I., der 1090 aus Paderborn vertrie-
ben, 1102 Bischof von Magdeburg wurde und
1107 starb. Da auf dem Schreine die Bischöfe

r
 
Annotationen