Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0217

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
345

1902.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 11.

346

neuen Auflage liegen bereits vor, ohne dafs die „alt-
christliche Kunst'', die mit dem IV. Abschnitt ein-
setzen soll, erreicht ist. — Den „primitiven For-
men der Kunst" ist verständigerweise die Ein-
leitung gewidmet, der Kunst des Orients der
I. Abschnitt, der die Aegypter, Assyrerund Baby-
lonier, die Hebräer, Perser, Indier, die Hethiter, die
Phönizier behandelt unter Berücksichtigung auch der
jüngsten Forschungsergebnisse. — Im II. Abschnitt
hat die „vorklassische Kunst" ihr eigenes Kapitel,
während die Reifezeit der „griechischen Kunst" in die
Kapitel der Architektur, Plastik und Malerei zerfällt,
wie im III. Abschnitt: die „italische Kunst", die
Etrusker die Vorstufe bilden, die Römer ebenfalls in
die drei Kapitel aufgehen, also mit Äusschlufs der
angewandten Kunst, die durch den Titel leider aus-
geschieden ist. Dafs der Architektur ein breiter
Raum gegönnt und ihr Verständnifs auch für die An-
fänger im Kunststudiuni durch Elementar-Unterweisungen
erleichtert wird, ist sehr zu begrüfsen, und dafs neben
den zahlreichen architektonischen Abbildungen, deren
Auswahl und Ausführung alles Lob verdienen, auch
für die Plastik und Malerei, selbst die der Vasen und
glasirten Wandbekleidung (die freilich mit in's Kunst-
gewerbe fällt) reiches lllustrationsmaterial, sogar far-
biges, geboten wird, verdient nicht mindere Aner-
kennung. Der Fortschritt ist mithin unerkennbar, wie
er sich auch in der schnellen Folge der Lieferungen
zeigt. Wenn diese auf 12 beschränkt werden sollen,
dann scheint die Besorgnifs berechtigt, das Mittelalter
möchte zu kurz kommen, zumal die Kunst des XIX.
Jahrh. diesmal mit Recht nicht wieder ausgeschaltet
werden soll. Schnütgen.

Dr. Eugen Gradmann, Geschichte der christlichen
Kunst. Herausgegeben vom Calwer Verlags-
verein. 616 S. mit 320 Abbildungen. 4°. Calw
und Stuttgart. Verlag der Vereinsbuchhandlung.
1902. Preis brosch. 10 M., geb. Halbfr. 12 M.

Das Buch will eine Geschichte der christlichen
Kunst sein, d. h. es will die Entwicklung schildern,
welche die Kunst im Bunde mit dem Christenthum
erfahren hat. Eine schöne Aufgabe, welche nicht zu
den leichtesten gehört, gilt es doch, die Kunstäufse-
rungen religiösen Inhalts aus dem Rahmen der allge-
meinen Kunstgeschichte herauszunehmen, sie als ein
Ganzes für sich zu betrachten, sowie ihren Zusammen-
hang mit dem Christenthum und seinen Ideen dar-
zulegen I

Der reichhaltige Stoff wird in drei Büchern ge-
boten, von welchen das erste das christliche Alter-
thum, das zweite das Mittelalter, das dritte die Neu-
zeit umfafst.

Ohne sich in Details zu verzetteln, schöpft der
Verfasser aus dem Grofsen, indem er aus der uner-
mefslichen Fülle nur das Ausschlaggebende, das po-
sitiv Typische hervorhebt. Trotzdem werden die be-
merkenswerthen und hervorragenden Meister treffend
gezeichnet. Ihr Charakter, ihre Kunstweise und
Technik werden zur Anschauung gebracht, ohne dafs
dabei der grofse Gesichtspunkt einer Geschichte der
christlichen Kunst überhaupt aus dem Auge verloren
wird. Der Bilderkreis hat eine eingehende Erörterung

erfahren. Der Hauptwerth ist auf die Kunstideen,
nicht auf die Kunstformen gelegt, da diese Sache der
allgemeinen Kunstgeschichte sind. Von feiner Sach-
kenntnifs zeugt das der musivischen Kunst gewidmete
Kapitel. Auch die christliche Kunstübung in den
orientalischen Ländern hat eine sorgfältige Würdigung
erfahren. Das Ganze ist in flotter Sprache gehalten.
Mit besonders grofser Wärme und innigem Gefühl
sind die Abschnitte über das XV. und XVI. Jahrh.
behandelt. Das warme Empfinden, welches die beiden
ersten Bücher und die ersten drei Abschnitte des
dritten Buches durchweht, fehlt jedoch beim vierten
Abschnitt des letzteren. Es ist nicht zu leugnen, dafs
die Kunst des XIX. Jahrh. zu rasch abgethan ist. Es
wäre zu wünschen gewesen, dafs ihr die sorgsame
Behandlung der früheren Abschnitte zu Theil geworden
wäre. Auch das Register am Schlufs entspricht lange
nicht allen Anforderungen. Ohne hierauf im Einzelnen
einzugehen, bemerke ich, dafs es vielleicht angebracht
gewesen wäre, je ein besonderes Register für' Per-
sonen und Orte und womöglich auch für Sachen an-
zulegen.

Der Calwer Verlagsverein verdient alle Anerkennung
für das dem Unternehmen entgegengebrachte Interesse,
welches sich namentlich in dem reichen Bildschmuck
kund gibt. Die Illustrationen sollen jedoch nicht alle
Anschauung liefern, welche zum Verständnifs nöthig
ist. Mit Recht betont der Verfasser, dafs an zuver-
lässigen und wohlfeilen Reproduktionen kein Mangel
herrsche. Es genügt ihm, zur Betrachtung der Denk-
mäler selbst aufzumuntern.

Das ansprechende Buch bezeichnet einen lobens-
werthen Fortschritt in der gesonderten Betrachtung
der Geschichte christlicher Kunst. Mit bewunderns-
werthem Geschick weifs es die Mitte inne zu halten
zwischen einer rein wissenschaftlichen und einer nur
populären Behandlung des Stoffes.

Nürnberg. Fritz Traugott Schulz.

Goldene Legende der Heiligen von Joachim
und Anna bis auf Konstantin den Grofsen, neu er-
zählt, geordnet und gedichtet von Richard von
Kralik, mit Zeichnungen und Buchschmuck von
Georg Barlösius. Allgem. Verl.-Gesellsch. m. b. H.
München. Preis geb. 12 Mk.
Die berühmte Legenda aurea, das Hauptquellen-
werk des Mittelalters für die Heiligengeschichte, hat
den Verfasser zu dem Versuch inspirirt, diesen Legen-
denstoff nach dem Vorbild des altdeutschen „Passional"
in poetischer Form zu behandeln, unter Beibehaltung
der einfachen schlichten Spräche, die diesem eigen
ist. Dieser Versuch darf als gelungen bezeichnet
werden, denn in ansprechenden, ungezwungenen Rei-
men werden die einzelnen Sagen geschildert unter
Hervorkehrung der das christliche Gemüth besonders be-
rührenden Motive. — In 4 Theilen erscheinen unter
etwas mehr als 100 Ueberschriften die Hauptheiligen
des christlichen Alterfhums, und zwar zuerst: die
heilige Familie, sodann: die Apostel, ferner:
Apostel schul er und deren Nachfolger, zuletzt:
Heilige von Diokletian bis Constantin.
Durch den anschaulichen Vortrag und die alterthüm-
liche Sprache wird der intime Eindruck noch erhöht,
 
Annotationen