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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 8.1901

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Bruns, Margarete: Der Stil in der modernen Kleidung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6597#0161

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Margarete Bruns—Minden: Der Stil in der modernen Kleidung.

PAUL LANG—OBER-TURKHEIM.

Der Stil in der modernen Kleidung.
(Fortsetzung und Schluss.)
^Selbstverständlich bedürfen Frauen mit sich senkenden
i^Jj Brüsten oder Frauen, deren Brüste nach einer Geburt
durch Nähren des Kindes gelitten haben, einer Stütze für
dieselben. Doch können diese Fälle nicht als normal
gelten. Eine dauernde Entstellung der Brüste ist durch-
aus nicht die unbedingte Folge einer Geburt, wie uns
Stratz, gestützt auf die langjährigen Erfahrungen einer
ärztlichen Praxis, mitteilt. Er hatte eine Patientin, die
sechsmal geboren hatte, und die weder an ihren Brüsten
noch sonst an irgend einem Teile ihres Körpers die
geringsten Spuren der überstandenen Schwangerschaften
zeigte. — Allerdings ist eine gesunde Kleidung die Vor-
bedingung zu einer solchen Erhaltung des Körpers. Ist
derselbe durch Schnüren verdorben, so entstellt ihn meistens
schon die erste Schwangerschaft, jeder noch so geringe
Fettansatz endgültig: »Bauch und Brüste werden dicker
und schlaffer und hängen; statt der Körper-Taille bildet
sich eine querverlaufende, wulstige Falte, und nur das
Korsett ist noch imstande, eine Zeitlang die verlorene
Form vorzutäuschen, die es selbst verdorben hat«.
Gewiss hat sich auch der Ärmel des Kleides ebenso
wie Rock und Taille, den Formen des Körpers anzu-
passen , und auch gegen diese einfache Stilregel ist von
der Mode vielfach gesündigt worden. Die Arme der Frau
sind schlank. Sie unterscheiden sich dadurch wesentlich
von den Armen des Mannes, die kräftig und muskulös
sind. Gerade die schmalen Schultern und die schlanken
Arme geben der Frau die typische Zartheit ihrer Er-
scheinung. Darum ist es auch so hässlich, die schlanken
Arme durch die Bekleidung künstlich zu verdicken, denn
kräftige Arme geben der Frau immer ein männliches
Aussehen. Alle gekräuselten oder gefalteten Ärmel, ferner
jene Ärmel mit den übergrossen Puffen, die sog. Ballon-
Ärmel, die Schinken-Ärmel und die Keulen-Ärmel, deren
Weite man zeitweise mit Papier ausfütterte, alle diese
Auswüchse der Mode müssen unbarmherzig ausgerottet
werden, sobald man anfängt, die Kleidung von ästhetischen
Gesichtspunkten aus zu betrachten. Der Ärmel hat sich
schlicht den Formen des Armes anzuschliessen. Puffen
haben nur dann Sinn, wenn sie am Schulter- und Ell-
bogen-Gelenk angebracht sind, in der Art, wie wir das
von der mittelalterlichen Tracht her kennen, d. h. wenn
sie den Zweck haben, den Gelenken in dem engan-
schliessenden Ärmel Bewegungsfreiheit zu verschaffen.
Aber auch der völlig weite griechische Ärmel ist gestattet,
weil auch er, aus einem weichen Stoffe hergestellt, durch
seinen anschmiegsamen Faltenwurf die natürliche Form
 
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