Der winrerrsck.
51
Mine
--Mt .
' Schande ift’s!" rief der Turnprofessor ksans Eichenstrunk
^ seinem Stammlokal. „Eine Schande ift’s! Nachkommen
di? | ^Ener Germanen wollen wir noch sein,
Und die ander'n stiminten bei. — —
Stolz und triumphierend erschien Eichenstrunk am nächsten
tro^ ^'chten Zelten dein nordischen Winter
te^,a in Sandalen Elch und Büsfel jag-
pltlg
"Listen
Il>ft lohnen und jede Ritze gegen die Zug-
kl-ide^'^opsen .... wir, die wir Wollunter-
»be^' Othrenschützer, Gummischuhe tragen und
ro cf ,„e'n — o Schmach I — einen Winter-
totf was hat Dir denn der arme Winter-
Ne^b^an, daß Du ihn mit solcher Verachtung
„ez i weinte sein freund, der Apotheker —
ihn eben mal jedermann heutzutage!"
^hnt ^ ^^türlich, jedermann. . jedermann I"
n>Q[l^ ^et Professor. „Und es ist nicht einmal
3ärter ^ur wir Großen, wir Bären, wir ver-
Noq. , jn den Kleinen steckt und wirkt
eiti^ rCt öesunde Trieb. Erst heut' Hab' ich
beit,, Esstischen Buben im leichten wämslein
»hör' ^^"^eballenwerfen gesehen und gefragt:
Lächerlich I Wir, die wir in Stein-
wal,
,.wo?>" lachte der mich aus. „Der
’t' ja brennheiß I Tun Sie nur Ihren
Winterrock 'runter, daß Sie sich
ordentlich rühren können —
dann wird Ihnen gleich auch
warm werden I" . . . Tief be-
schämt von der Logik des
Kindes schlich ich davon. Aber
der Junge hat mich bekehrt,
er hat in mir einen Entschluß
gereist: Ich entsage — feierlich
Junge, friert 's Dich denn nicht?"
tOfB?2 icli hiemit
l! d
ifji, ~t itietmt von heute ab und für immer dem lvinter-
'I'nbe ' ' ^icr' ^cn3*> nehmen Sie ihn in verwahr, und einen
" Feigling
mögt Ihr mich alle schelten, wenn ich jemals
^art blödsinniges Zeug um meine Knochen schlage. .
s na' na I" meinte der Apotheker warnend. „Du wirst
einc ^ercucr> — man lehnt sick nickt ungestraft auf gegen
'l,gemeine Gepflogenheit!" ^
Abend im leichten Lodenflaus auf der Stammkneipe.
„Nun —" frugen seine Freunde etwas spöttisch — „wie
geht's?"
„JTtirPl" sagte er. „Wundervoll I Frisch fühl' ich mich —
munter wie der Fisch im Eisquell des Gletschers! Und ein
Ulenschenstudium, ein Mcnschenstudinm ermöglicht mir meine neue
Gepflogenheit — großartig sag' ich Luch > Nur wenige sehen
vor mir beschämt zu Boden — erkennend, wie unser Stamm im
Laufe der Jahrhunderte gesunken. In den Augen der meisten
blitzt bsohn —-. Wut — Neid! Ehre aber den Frauen! Aus
ihren Blicken las ich noch echte freudige Bewunderung — hie
und da allerdings auch eine tiefe Trauer, daß ihr Geschlecht cs
ihnen erschwert, inir gleichzutnn!"
Die anderen schüttelten die Köpfe. —
Er aber kam Abend für Abend so. Mehrere Tage.
plötzlich jedoch trat er zur gewohnten Stunde erregt, ver-
stört, mürrisch ein.
„Aha!" rief der Apotheker. „Pat ihn schon — den Rheu-
matismus I"
„Oder" — meinte der Rentamtmann — „ein Ricsenkatarrh
nistet in seiner kseldenbrust —"
Schwer ließ er die bsand auf den Tisch fallen.
„Anderes!" murmelte er dumpf. „Entsetzliches! .... (D
Freunde!" rief er dann in Hellem Zornausbruch. „Gräßliches,
Unerhörtes ist mir widerfahren! Stolz, die Brust voll Ukenschen-
verachrung, gehe ich heute vom Unterricht heim. Da tritt in
der Löwengasse ein kleiner freundlicher Uiann auf mich zu.
„Bitte", sagt er mit einem eigentümlich herablassenden Ton.
„Sind Sie nicht der ksans Eichenstrunk, der seinerzeit in
Petersbach das Gymnasium besucht hat?" — „Ja", entgegne
ich verwundert, „der bin ich!" — „Also doch!" murmelt er mit-
leidig. „Nun, nun, verzweifeln Sie nicht!.. Und da — eine
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Mine
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' Schande ift’s!" rief der Turnprofessor ksans Eichenstrunk
^ seinem Stammlokal. „Eine Schande ift’s! Nachkommen
di? | ^Ener Germanen wollen wir noch sein,
Und die ander'n stiminten bei. — —
Stolz und triumphierend erschien Eichenstrunk am nächsten
tro^ ^'chten Zelten dein nordischen Winter
te^,a in Sandalen Elch und Büsfel jag-
pltlg
"Listen
Il>ft lohnen und jede Ritze gegen die Zug-
kl-ide^'^opsen .... wir, die wir Wollunter-
»be^' Othrenschützer, Gummischuhe tragen und
ro cf ,„e'n — o Schmach I — einen Winter-
totf was hat Dir denn der arme Winter-
Ne^b^an, daß Du ihn mit solcher Verachtung
„ez i weinte sein freund, der Apotheker —
ihn eben mal jedermann heutzutage!"
^hnt ^ ^^türlich, jedermann. . jedermann I"
n>Q[l^ ^et Professor. „Und es ist nicht einmal
3ärter ^ur wir Großen, wir Bären, wir ver-
Noq. , jn den Kleinen steckt und wirkt
eiti^ rCt öesunde Trieb. Erst heut' Hab' ich
beit,, Esstischen Buben im leichten wämslein
»hör' ^^"^eballenwerfen gesehen und gefragt:
Lächerlich I Wir, die wir in Stein-
wal,
,.wo?>" lachte der mich aus. „Der
’t' ja brennheiß I Tun Sie nur Ihren
Winterrock 'runter, daß Sie sich
ordentlich rühren können —
dann wird Ihnen gleich auch
warm werden I" . . . Tief be-
schämt von der Logik des
Kindes schlich ich davon. Aber
der Junge hat mich bekehrt,
er hat in mir einen Entschluß
gereist: Ich entsage — feierlich
Junge, friert 's Dich denn nicht?"
tOfB?2 icli hiemit
l! d
ifji, ~t itietmt von heute ab und für immer dem lvinter-
'I'nbe ' ' ^icr' ^cn3*> nehmen Sie ihn in verwahr, und einen
" Feigling
mögt Ihr mich alle schelten, wenn ich jemals
^art blödsinniges Zeug um meine Knochen schlage. .
s na' na I" meinte der Apotheker warnend. „Du wirst
einc ^ercucr> — man lehnt sick nickt ungestraft auf gegen
'l,gemeine Gepflogenheit!" ^
Abend im leichten Lodenflaus auf der Stammkneipe.
„Nun —" frugen seine Freunde etwas spöttisch — „wie
geht's?"
„JTtirPl" sagte er. „Wundervoll I Frisch fühl' ich mich —
munter wie der Fisch im Eisquell des Gletschers! Und ein
Ulenschenstudium, ein Mcnschenstudinm ermöglicht mir meine neue
Gepflogenheit — großartig sag' ich Luch > Nur wenige sehen
vor mir beschämt zu Boden — erkennend, wie unser Stamm im
Laufe der Jahrhunderte gesunken. In den Augen der meisten
blitzt bsohn —-. Wut — Neid! Ehre aber den Frauen! Aus
ihren Blicken las ich noch echte freudige Bewunderung — hie
und da allerdings auch eine tiefe Trauer, daß ihr Geschlecht cs
ihnen erschwert, inir gleichzutnn!"
Die anderen schüttelten die Köpfe. —
Er aber kam Abend für Abend so. Mehrere Tage.
plötzlich jedoch trat er zur gewohnten Stunde erregt, ver-
stört, mürrisch ein.
„Aha!" rief der Apotheker. „Pat ihn schon — den Rheu-
matismus I"
„Oder" — meinte der Rentamtmann — „ein Ricsenkatarrh
nistet in seiner kseldenbrust —"
Schwer ließ er die bsand auf den Tisch fallen.
„Anderes!" murmelte er dumpf. „Entsetzliches! .... (D
Freunde!" rief er dann in Hellem Zornausbruch. „Gräßliches,
Unerhörtes ist mir widerfahren! Stolz, die Brust voll Ukenschen-
verachrung, gehe ich heute vom Unterricht heim. Da tritt in
der Löwengasse ein kleiner freundlicher Uiann auf mich zu.
„Bitte", sagt er mit einem eigentümlich herablassenden Ton.
„Sind Sie nicht der ksans Eichenstrunk, der seinerzeit in
Petersbach das Gymnasium besucht hat?" — „Ja", entgegne
ich verwundert, „der bin ich!" — „Also doch!" murmelt er mit-
leidig. „Nun, nun, verzweifeln Sie nicht!.. Und da — eine
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Winterrock"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1908
Entstehungsdatum (normiert)
1903 - 1913
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 128.1908, Nr. 3261, S. 51
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg