Neueste Beschreibung von München.
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werden. Kein Wunder daher, daß kunstreiche aber nutzlose
Menschen wie Architekten, Bildhauer und Maler früher- buch-
stäblich verhungern mußten und nun zum Glück ausgestyrlwu
von ihrem hinterlistigen und heimtückischen Charakter nichts anders
zu erwarten steht; denn sie sind auch gegen den Fremden un-
freundlich, zurückstoßend und ungastfreundlich stets und überall.
Geradezu unbegreiflich ist es dem durch die Stadt spazieren-
, den Beobachter ferners, wie doch der Münchener Bevölkerung
ihre Lebensbedürfnisse, Mundvorrath, Holzrc. zugebracht werden,
da man die ganze Woche, selbst den Samstag ihren Wochen-
! markttag nicht ausgenommen, nicht ein einziges Wirthschafts-
oder Bauernsuhrwerk ansichtig werden kann; nur Equipagen
und Equipagen von hohen und höchsten Herrschaften, nur eilige
Posttrains mit Briefen und Depeschen, und schwerfällige, men-
schenfrachtende Omnibusse von daher und dorthin.
Schließlich nun komm' ich zu der eigentlichen Schattenseite
von München, nämlich zu dem fast gänzlichen Abgang alles
dessen, was das geistige Bedürfniß des Menschen befriedigt. Da
magst du wandeln nach links und rechts, nach unten und oben,
nichts zu finden, nichts zu sehen, kein Bildniß, keine Statue,
kein Schnitz- oder Bauwerk — nichts! Und die Worte: Glyp-
tothek, Pinakothek, Basilika, Museum,Erzgießerei,Glasmalerei rc.,
die doch in allen anderen größer» Städten gang und gäbe sind,
können aus dem Münchener Wörterbuch füglich ausgestrichen
sind. In hohem erfreulichen Flor dagegen steht Poesie und
Schriftstellerei aller Art, mit Ausnahme der Humoristik, ^ ;n
gänzlichem Siechthum darniederliegt. Die Bretter, so die Welt
bedeuten, sind in München in luxuriöser Menge vorhanden am
besten aber sollen nach Aussage von Sachverständigen die Zwei
sein, auf denen nicht gespielt wird.
Was die Lage von München anbelangt, so liegt es bek^unt-
lich in einem coupirtenTerrain von reizendster Abwechslung. Das
Auge des muthigen Steigers schweift von dessen höchsten Zinnen
leicht und ungehindert bis tief in die tirolischen Ebenen und
blauen Fernen von Oesterreich. Diesem glücklichen Umftanöe
aber auch nur diesem verdankt München die Sommerszeit über
den zahlreichen Besuch von Fremden aus allen Gegenden der Erde
Franz Stelzhanrer.
Nachschrift. Sollte mir manches Erwähnenswertste qan
entgangen und von dem Erwähnten manches nicht genug g^^,
digt sein, so versprech' ich es gewisienhast nachzutragen.
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werden. Kein Wunder daher, daß kunstreiche aber nutzlose
Menschen wie Architekten, Bildhauer und Maler früher- buch-
stäblich verhungern mußten und nun zum Glück ausgestyrlwu
von ihrem hinterlistigen und heimtückischen Charakter nichts anders
zu erwarten steht; denn sie sind auch gegen den Fremden un-
freundlich, zurückstoßend und ungastfreundlich stets und überall.
Geradezu unbegreiflich ist es dem durch die Stadt spazieren-
, den Beobachter ferners, wie doch der Münchener Bevölkerung
ihre Lebensbedürfnisse, Mundvorrath, Holzrc. zugebracht werden,
da man die ganze Woche, selbst den Samstag ihren Wochen-
! markttag nicht ausgenommen, nicht ein einziges Wirthschafts-
oder Bauernsuhrwerk ansichtig werden kann; nur Equipagen
und Equipagen von hohen und höchsten Herrschaften, nur eilige
Posttrains mit Briefen und Depeschen, und schwerfällige, men-
schenfrachtende Omnibusse von daher und dorthin.
Schließlich nun komm' ich zu der eigentlichen Schattenseite
von München, nämlich zu dem fast gänzlichen Abgang alles
dessen, was das geistige Bedürfniß des Menschen befriedigt. Da
magst du wandeln nach links und rechts, nach unten und oben,
nichts zu finden, nichts zu sehen, kein Bildniß, keine Statue,
kein Schnitz- oder Bauwerk — nichts! Und die Worte: Glyp-
tothek, Pinakothek, Basilika, Museum,Erzgießerei,Glasmalerei rc.,
die doch in allen anderen größer» Städten gang und gäbe sind,
können aus dem Münchener Wörterbuch füglich ausgestrichen
sind. In hohem erfreulichen Flor dagegen steht Poesie und
Schriftstellerei aller Art, mit Ausnahme der Humoristik, ^ ;n
gänzlichem Siechthum darniederliegt. Die Bretter, so die Welt
bedeuten, sind in München in luxuriöser Menge vorhanden am
besten aber sollen nach Aussage von Sachverständigen die Zwei
sein, auf denen nicht gespielt wird.
Was die Lage von München anbelangt, so liegt es bek^unt-
lich in einem coupirtenTerrain von reizendster Abwechslung. Das
Auge des muthigen Steigers schweift von dessen höchsten Zinnen
leicht und ungehindert bis tief in die tirolischen Ebenen und
blauen Fernen von Oesterreich. Diesem glücklichen Umftanöe
aber auch nur diesem verdankt München die Sommerszeit über
den zahlreichen Besuch von Fremden aus allen Gegenden der Erde
Franz Stelzhanrer.
Nachschrift. Sollte mir manches Erwähnenswertste qan
entgangen und von dem Erwähnten manches nicht genug g^^,
digt sein, so versprech' ich es gewisienhast nachzutragen.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Neueste Beschreibung von München"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 16.1852, Nr. 361, S. 7
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg