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Donatus mit dem Geier.

(Schluß.)

Der edle Herr hatte von weitem schon den Kleinen in
seinem rauhen Gewände bemerkt und für einen Hirtenbuben
gehalten. An Gesicht und Stimme erkannte er setzt den
todtgeglaubten Donatus, dessen vertrauter Zuruf keinen Zweifel
mehr übrig gelassen hätte, wenn ein solcher überhaupt vor-
handen gewesen wäre. Er stieg vom Rosse und schloß den Wie-
dergefundenen freudig an sein Herz.

„Gott grüße dich, Vetterlein", sagte er. „Du schaust
freilich ans, wie der verlorne Sohn, nachdem er Trebern ge-
fressen; aber du bist da und das wird schier die Hauptsache
sein."

„Ich habe gar nichts gegessen, und das macht noch we-
niger satt, als die Kost der Säue", versetzte Donatus. „Hast
du keinen Bissen Brod?"

Das Gefolge kam herbei. Irgendwer hatte Brod im
Sack, nur ein kleines Stückchen, aber genug um den Wolfs-
hunger einstweilen zu beschwichtigen. Worauf Donatus auf
ein Handpferd gesetzt wurde und mit dem Vetter eine Strecke
vor dem Gefolge vorausritt. Als sie weit genug voraus wa-
ren, hob Gangolf an:

„Und jetzt sage mir, kleiner Wildfang, wo du seit vier
Monden und darüber gesteckt bist?"

„Das will ich dir der Reihe nach getreulich berichten,
cntgegnete Donatus, und du wirst dabei inne werden, welch
einen ganz absonderlich braven Schutzengel unser Herrgott mir
bestellt hat. Zuvor nur gönne meiner heißen Ungeduld eine
Auskunft. Wie ist's mit Ostertag?"

„Mit Ostertag?" fragte Gangolf entgegen. „Was soll's
mit dem sein? Er befindet sich wohl, wie ein Fisch imWasscr."

Verwundert schüttelte Donatus den Kopf.

„Als du vermißt wurdest", fuhr der Vetter fort, „war
er unter allen der Eifrigste, dir nachzuspähen. Er trieb das

Rößlein auf, welches du beim Schenkwirth gelassen. Er wau
es, welcher von einem Kühler in Erfahrung brachte, daß du
dich zur Linken in's wilde Gebirg gewendet. Keine Stcinritze
ist dort undurchsncht geblieben..."

„Pfui über den Erzschelm", unterbrach Donatus seinen
Vetter, um dann zu erzählen, was sich zugetragen.

Gangolf sprach zu Alle dem kein Wort und dachte sich um
desto mehr. So lag es in seiner Art. Nachdem das Better-
lein schon eine geraume Weile geendet, ließ er sich endlich
vernehmen:

„Horch Knabe, das ist ein schwerer Handel. Wir müssen
sorgsam erwäge», wie wir ihn anpacken. Und da ich just gen
St. Gallen reite, wo ich mit dem Fürst - Abt mancherlei zu
besprechen habe, so will ich seine Gnaden zu Rathc ziehen.
Bis dahin wollen wir reinen Mund halten, wenn dir's recht ist.

Dem Knaben war es ohne weiters recht. Er verhieß das
unverbrüchlichste Schweigen gegen männiglich zu beobachten, den
geistlichen Fürsten allein ausgenommen.

In der Dunkelheit erreichten sie die Abtei. Gangolf
hatte den Knaben in seinen Mantel gewickelt, nicht sowohl der
Kälte halber, als um die Hülle von Vließen nicht sehen zu
lassen.

Am nächsten Tage erhielt Donatus frisches Gewand, wie
es seinem adeligen Herkommen geziemte und wurde dann zum
Abt geführt, dem er seine Abenteuer ausführlich erzählen mußte.
Außer Gangolf war Niemand dabei zugegen.

„Du bist ein wackerer Knabe, deines edlen Blutes wür-
dig", sagte der Prälat, „Muth und Klugheit wohnen dir innc.
Ich werde dir zu deinem Rechte verhelfen, dessen sei getrosten
Muthes."

Donatus bedankte sich fein bei seiner fürstlichen Gnaden.

Der Abt hieß ihn niemand zu sagen, wer er sei und
ein paar Wochen sich zu gedulden.

„Bevor das Jahr sich erneuert", fuhr der hohe Herr

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