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An Punschessenz und allem sonst Röthigen fehlte cs nicht.
Bald saßen die Beiden gemüthlich beisammen und der Tod
lobte das Getränk, dem er wacker zusprach. Herr Mehr
wagte im Laufe der traulichen Unterhaltung die Bitte zu
wiederholen, daß Jener der Tante den Vorzug geben möge.
Aber der Tod blieb fest und selbst Drohungen fruchteten
nichts bei ihm. Ebenso blieben die schönsten Versprechungen,
die Herr Meyr als angehender Apotheker zu machen ver-
mochte, ohne allen Erfolg. Um den Tod zu rühren, erbot
sich Herr Meyr sogar, ihm ein paar Flaschen des durch viele
Zeugnisse als äußerst wirksam beglaubigten Haarbalsams,
den man in der Apotheke verkaufte, unentgeltlich zu überlassen.
Der a.od machte zwar eine sehr lüsterne Miene bei dem
Gedanken, in vier Wochen seinen kahlen Schädel mit dichtem
Haar bedeckt zu sehen; aber er blieb trotzdem fest.

Herr Meyr drohte ihm, ihn bei der Polizei als obdach-
losen Vagabunden zu dennnciren, weil er schon über vier-
undzwanzig Stunden am Orte und noch nicht bei der Behörde
angemeldet war.

„Ach, mich arretirt Niemand," sagte der Tod.

Dann suchte ihn Herr Meyr wieder zu gewinnen,
indem er sich bereit erklärte, ihn als Theilnehmer bei der
Ausbeutung einer neuen Erfindung, die er gemacht, anzu-
nchmen. Er erzählte nämlich, er habe entdeckt, wie man
ein in der Theorie zwar längst bekanntes, aber nicht praktisch
angewandtes Haarfärbemittel nutzbar machen könne.

„Sie wissen," sagte er, „daß man bisher daö Entfärben
des Haares durch Schrecken und Angst oder Kummer und
Sorge fast für ein Märchen gehalten hat. Es ist aber keines.
Nicht nur hat cs damit seine volle Richtigkeit, sondern ich
habe auch entdeckt, daß unter Beobachtung gewisser Regeln,
die ich noch geheim halte, die entgegengesetzten Ursachen ent-
gegengesetzte Wirkung haben, d. h. daß z. B. Freude und Glück
weißes Haar wieder dunkel färben. Ich kannte einen tief
verschuldeten Mann, dem vor Sorge daö Haar frühzeitig er-
graut war; der gewann eines Tages in der Lotterie daS
große Loos und schon während er den glückwünschenden Brief
des Collccteurs las, begann eine Veränderung aus seinem
Kopfe vorzugehen und noch vor Tagesschluß hatte er sein
braunes Haar wieder. Ein Anderer, ein fleißig Coupons
abschneidender grauköpfiger Hagestolz, ward trotz seiner heitern
Beschäftigung immer weißer; das kam aber daher, daß er
Narr genug war, dabei fortwährend voll Acrgcrs undUnmuths an
seine lachenden Erben zu denken. Diese und noch viele ähnliche
Beispiele beobachtete ich genau und war so glücklich, die
nähern Bedingungen zu entdecken, unter denen das Haar ent-
färbt oder wieder gefärbt wird. Alle meine Experimente
bestätigten die Richtigkeit meiner Entdeckung. Ich ließ z. B.
einen Rappen nach Dunkelwerden in einer großen Scheune
einsperren. Hier wurde das Thier im Finstern die ganze
Nacht hindurch auf alle Weise hart gcängstigt und geschreckt
und auS einem Winkel in den andern gehetzt — und siehe
da, am Morgen war auö dem Rappen ein schneeweißes
Pferd geworden. Desgleichen sperrte ich den weißen Pudel

Der geleimte Tod.

eines meiner Freunde einige Tage lang ein und brachte ihn
dann plötzlich wieder zu seinem Herrn, den er sehr lieb hatte:
in wenig Minuten machte die plötzliche Freude den Hund
schwarz. Hätt' er seinen Herrn nur wenig lieb gehabt
und wäre seine Freude daher nur mäßig gewesen, so würde
er nur braun oder fleckig geworden sein. Sic sehen, cs steht
ein lucrativcs Geschäft in Aussicht, Herr Tod; wollen Sic
mein Partner werden?"

„Ich hätte dazu wohl große Lust, Herr Meyr," sagte
der Tod, der sich ein Glas Punsch nach dem andern ohne
Murren gefallen ließ; „nur nicht um bcu Preis des Apo-
thekers, denn den muß ich noch heute nehmen."

„Aber liebster Herr Tod, bedenken Sic, Sie sind ja
doch eigentlich antiquirt! Sic mögen sterben lassen, so viel
Sie wollen, wir Menschen schaffen immer neues Leben und
machen überall die todtc Materie lebendig. Ist z. B. nicht
jeder Blasebalg eine Lunge? ist nicht jedes Sang- und Druck-
werk ein Herz, jeder Telegraphendraht ein Nerv? ist nicht —"
(Schluß folgt.)

Enge Passage.

Schusterbube: „He — wißt Ihr nicht, daß d'
Fahren, Reiten und daö Fortbcwcgcn größerer Last
durch dieses Gaß'l verboten ist?"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Enge Passage"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Lehrling <Motiv>
Schuhmacherhandwerk
Schirm
Passant
Tor <Motiv>
Ehepaar <Motiv>
Verkehrsverstoß
Körpergewicht
Spott
Rückenfigur
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 40.1864, Nr. 971, S. 51
 
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