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182 Vergeßlichkeit.

Ein großer Mathematiker wurde einst von einem guten
Freunde besucht, als gerade Fremde bei ihm waren. Er
führte diesen also schnell in sein Studirzimmer und hieß ihn
da einige Augenblicke warten, bis er komme. Der Freund
setzte sich und betrachtete eine verdeckte Schüssel auf dem
Tische und gab sich dabei allerhand angenehmen Phantasieen
hin; bis er endlich nach einiger Zeit nicht umhin konnte,
den Deckel von der Schüssel zu heben. Drinnen lag aber
ein schön gebratenes Huhn, das sehr angenehm roch. Als
nun aber der große Mann lange ausblieb, versuchte der
Freund ein Schcnkelchen von dem Huhn, nur um zu sehen,
wie's gebraten sei, indem er dabei dachte: „Es wird mir
ja nicht übel genommen." Als aber der Erwartete gar
nicht kommen wollte, aß er nach und nach das ganze Huhn
und legte schließlich, als ihm das angestiftete Unheil plötzlich
klar vor Augen stand, die Knochen sorgfältig wieder in die
Schüssel und deckte diese zu, in der Hoffnung, daß man's
nicht eher merken werde, als bis er bereits fort sei.

Kaum tvar die Unthat geschehen, als der Mathematiker
hereintrat. „Thnt mir leid," sagte er, „daß ich Dich so lange
warten ließ, ich wurde aufgehalten und konnte es nicht än-
dern; doch dafür will ich mir aber auch das Essen jetzt recht
schmecken lassen." Damit setzte er sich behaglich an den Tisch,
wobei seinem Freunde, der aus einem unbekannten Grunde
sich plötzlich empfehlen lvvllte, ganz schwül wurde, und hob
den Deckel von der Schüssel. Ueberrascht hielt er inne, als
er die Ueberreste bemerkte und lachend sagte er zu seinem
Freunde: „Ta schau einmal her, was wir Mathematiker

Herbarium.

doch für vergeßliche Leute sind; jetzt hatte ich das Huhn
schon gegessen und habe es gar nicht mehr gewußt." Der
Freund lachte natürlich auch über diese Vergeßlichkeit und
der große Mann beschwichtigte den ganzen Tag über seinen
knurrenden Magen mit der Versicherung, daß er ja ein
Huhn gegessen habe.

Herbarium.

I.

Wie sammelt' ich doch sonst so gerne
Von Blumen einen vollen Strauß!

Ich nahm sic mit sammt ihren Wurzeln
Und trug behutsam sie nach Hans!

Dort Hab' ich sie gepreßt, getrocknet,

Und habe damals noch gemeint:

Jetzt blühen diese Blumen ewig
In meinem Pftanzenbuch vereint!

Verblichen längst ist ihre Schönheit,
Dahingeschwunden ihre Zier:

Ihr armen, bunten, frischen Blüthen,
Ihr seid jetzt — Heu auf Löschpapier!

II.

Auch Hab' ich manches Lied gedichtet
Vom Duft der Poesie berauscht,

Was mir im Innern ist erklungen,
Hab' ich mir sorgsam abgelauscht.

Das bracht' ich Alles hin zur Presse,
Und dachte mir so selbstbewußt:

Jetzt blühen diese Blumen ewig
Zu Jedermannes Freud' und Lust!

Die Welt, sie urtheilt aber strenge
Und nennt es lyrisches Geschmier —
Ihr armen Blüthen meines Herzens
Auch ihr seid — Heu aus Löschpapier!

Praktischer Nutzen der ärztlichen Zeugnisse.

„Lieber Herr Doktor, haben Sie die Gefälligkeit, mir
ein Zengn^j auszustellen, daß ich wegen Krankheit einen ,
Landaufenthalt dringend benöthige, damit ich auf Grund
dessen um einen Urlaub einkommen kann; und dann haben
Sie die Güte, mir ein Gesnndheitszeugniß auszustellen, ans
Grund dessen ich der neuerrichteten Lebensassekuranz beitreten
kann."
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Vergeßlichkeit"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Heil, Friedrich Michael
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Nahrungsaufnahme
Besucher
Mundraub
Studierzimmer
Vergesslichkeit
Huhn
Karikatur
Mathematiker <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 40.1864, Nr. 987, S. 182

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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