Tante Pepi.
daselbst und es war in der That ein von süßem Frieden
vergoldeter Lebensabend. Im fünfundsiebenzigsten Jahre an-
gelangt, fühlte sie kaum des Alters Schwäche und dazu hatte
sic sich die innere Jugend vollständig bewahrt, wodurch die
Altersverschiedcuhcit im Umgänge mit Jüngern verschwindet
und dieselben zu freundlichen Genossen macht. Alles liebte
die gute Seele, am meisten aber wohl der liebe Gott, denn er
wollte ihr nach so tapferem Erdenkampfe nun den letzten
Kampf ersparen; sie hatte so manchen Lcidenskelch ohne
Murren geleert, der letzte sollte an ihr vorübergehen.
Es war um die schöne, herrliche Osterzeit, wo die
Menschen sich mit Gott ausznsöhnen pflegen, wo Alles Ver-
gebung und Auferstehung athmct, als die Tante eines
Morgens nach dem Kirchgänge znm heiligen Abcndmahle
sich schwach fühlte und gehorsam dem Rathe der Nichte,
sich auszuruhen, folgte. Schmerzen fühlte sie keine; die
blauen Augen und der freundliche Mund lachten über dieses
„träge, bequeme zu Bette liegen am helllichten Tage," und
als man ihr die stärkende Suppe auf einem Präsentirteller
zum Lager brachte, scherzte sie über all die Vornehmheit.
Kaum einige Minuten später traf man sie bewußtlos, die
blauen Augen blickten gcistcslecr, nur die Freundlichkeit
wich auch jetzt nicht aus denselben. Der schnell herbei-
gerufene Arzt verkündete leise ihre letzte Stunde; zwar war
! das Bewußtsein wieder zurückgekehrt, aber Gottes Gnade hatte
! ihm jeglichen Stachel genommen, sie sprach vom Sterben
i ohne den mindesten Scclcnschmcrz, mit lächelnden Lippen;
nur das Herz besaß noch die volle, bewußte Empfindung.
Sie streichelte die Hand ihrer Nichte und sagte liebkosend:
| „Ich Hab' Dich so lieb, o, so lieb gehabt und Du hast mir
! so viel Gutes gethan." Dann flüsterte sie lächelnd: „Schlafen,
i schlafen, immer schlafen"; sic legte ihr Haupt zur Seite, es
sank tiefer herab auf's Kissen und sie entschlief wirklich für
immer, immer!
Da liegt sic nun, begleitet von ihrer leiblichen und
geistigen Verwandtschaft, kein Mensch im Orte blieb frei-
willig beim Bcgräbniß zu Hause, ans dem selbsterwählten
FriedhofSplätzchcn, von wo aus „man so schön hinüberschauen
kann, zu des Vetters Grab" — und harret der Auferstehung.
O, gewiß wird dereinst der unscheinbare Leib herrlich ver-
klärt hervorgehcn.
Die leiblichen Verwandten thciltcn sich dankbar in das
kleine Erbkapital, um dcsscu Erhaltung sic sich so Vieles
versagt hatte. Nur mit dem Inhalt des Koffers war cS
schlecht bestellt. Außer den vergilbten Damasttüchern und
dem alten Arbeitskästchen, besondere Vermächtnisse an die
treue Pflegerin ihrer alten Tage, befanden sich nur armselige
Uebcrrcste ihres Besitzthumcs darin; die Unablässige Strickerin
hinterließ als Eigcnthnm nur drei Paar Strümpfe! —
Das ist das wahrheitsgetreue, einfache Lebensbild der
„Tante Pepi", aber ein Originalbild, dessen Farben nicht
erbleichen, so lange noch Eines lebt, aus der großen Schaar
ihrer Neffen und Nichten.
Isabrlla Braun.
Musikalisches. 83
Die antiquarische Musikalienhandlung von Mutz em-
pfiehlt nachstehende Compositionen zu den beigesetzten Preisen:
„Ich wollt', meine Lieb' ergösse sich" —
auf Velinpapier, für 5 Ngr.
„Du hast Diamanten und Perlen" —
für 3 Ngr.
„Mädchen, warum weinest Du" —
ohne Noten, für 1 Ngr.
„Mei Schatz is a Reiter" —
in elegantem Umschlag, für 3 Ngr.
„Von der Alpe tönt das Horn" —
mit Pianofortcbegleitung, für 2 Ngr.
„Was blasen die Trompeten" —
ein Hornquartett, für 2 Ngr.
„Was fang ich armer Teufel an" —
Chorgesang mit Echo, für 1 Ngr.
„Ich kenn' cin'n Hellen Edelstein" —
in gr. 8°, für 1 Ngr.
„Trant nur den Weibern nicht zu viel" —
in prachtvoll colorirtem Umschlag und
Titelvignette, für 5 Ngr.
Blinde Liebe.
„Ach dieses herrliche Geschöpf, so oft ich sie sehe, kann
ich sie nicht genug bewundern." — „Was? Die da —
schade, sehr schade, daß sie einen zu kurzen Fuß hat." — „O
bas thut gar nichts — dafür ist der andere um so länger."
11*
daselbst und es war in der That ein von süßem Frieden
vergoldeter Lebensabend. Im fünfundsiebenzigsten Jahre an-
gelangt, fühlte sie kaum des Alters Schwäche und dazu hatte
sic sich die innere Jugend vollständig bewahrt, wodurch die
Altersverschiedcuhcit im Umgänge mit Jüngern verschwindet
und dieselben zu freundlichen Genossen macht. Alles liebte
die gute Seele, am meisten aber wohl der liebe Gott, denn er
wollte ihr nach so tapferem Erdenkampfe nun den letzten
Kampf ersparen; sie hatte so manchen Lcidenskelch ohne
Murren geleert, der letzte sollte an ihr vorübergehen.
Es war um die schöne, herrliche Osterzeit, wo die
Menschen sich mit Gott ausznsöhnen pflegen, wo Alles Ver-
gebung und Auferstehung athmct, als die Tante eines
Morgens nach dem Kirchgänge znm heiligen Abcndmahle
sich schwach fühlte und gehorsam dem Rathe der Nichte,
sich auszuruhen, folgte. Schmerzen fühlte sie keine; die
blauen Augen und der freundliche Mund lachten über dieses
„träge, bequeme zu Bette liegen am helllichten Tage," und
als man ihr die stärkende Suppe auf einem Präsentirteller
zum Lager brachte, scherzte sie über all die Vornehmheit.
Kaum einige Minuten später traf man sie bewußtlos, die
blauen Augen blickten gcistcslecr, nur die Freundlichkeit
wich auch jetzt nicht aus denselben. Der schnell herbei-
gerufene Arzt verkündete leise ihre letzte Stunde; zwar war
! das Bewußtsein wieder zurückgekehrt, aber Gottes Gnade hatte
! ihm jeglichen Stachel genommen, sie sprach vom Sterben
i ohne den mindesten Scclcnschmcrz, mit lächelnden Lippen;
nur das Herz besaß noch die volle, bewußte Empfindung.
Sie streichelte die Hand ihrer Nichte und sagte liebkosend:
| „Ich Hab' Dich so lieb, o, so lieb gehabt und Du hast mir
! so viel Gutes gethan." Dann flüsterte sie lächelnd: „Schlafen,
i schlafen, immer schlafen"; sic legte ihr Haupt zur Seite, es
sank tiefer herab auf's Kissen und sie entschlief wirklich für
immer, immer!
Da liegt sic nun, begleitet von ihrer leiblichen und
geistigen Verwandtschaft, kein Mensch im Orte blieb frei-
willig beim Bcgräbniß zu Hause, ans dem selbsterwählten
FriedhofSplätzchcn, von wo aus „man so schön hinüberschauen
kann, zu des Vetters Grab" — und harret der Auferstehung.
O, gewiß wird dereinst der unscheinbare Leib herrlich ver-
klärt hervorgehcn.
Die leiblichen Verwandten thciltcn sich dankbar in das
kleine Erbkapital, um dcsscu Erhaltung sic sich so Vieles
versagt hatte. Nur mit dem Inhalt des Koffers war cS
schlecht bestellt. Außer den vergilbten Damasttüchern und
dem alten Arbeitskästchen, besondere Vermächtnisse an die
treue Pflegerin ihrer alten Tage, befanden sich nur armselige
Uebcrrcste ihres Besitzthumcs darin; die Unablässige Strickerin
hinterließ als Eigcnthnm nur drei Paar Strümpfe! —
Das ist das wahrheitsgetreue, einfache Lebensbild der
„Tante Pepi", aber ein Originalbild, dessen Farben nicht
erbleichen, so lange noch Eines lebt, aus der großen Schaar
ihrer Neffen und Nichten.
Isabrlla Braun.
Musikalisches. 83
Die antiquarische Musikalienhandlung von Mutz em-
pfiehlt nachstehende Compositionen zu den beigesetzten Preisen:
„Ich wollt', meine Lieb' ergösse sich" —
auf Velinpapier, für 5 Ngr.
„Du hast Diamanten und Perlen" —
für 3 Ngr.
„Mädchen, warum weinest Du" —
ohne Noten, für 1 Ngr.
„Mei Schatz is a Reiter" —
in elegantem Umschlag, für 3 Ngr.
„Von der Alpe tönt das Horn" —
mit Pianofortcbegleitung, für 2 Ngr.
„Was blasen die Trompeten" —
ein Hornquartett, für 2 Ngr.
„Was fang ich armer Teufel an" —
Chorgesang mit Echo, für 1 Ngr.
„Ich kenn' cin'n Hellen Edelstein" —
in gr. 8°, für 1 Ngr.
„Trant nur den Weibern nicht zu viel" —
in prachtvoll colorirtem Umschlag und
Titelvignette, für 5 Ngr.
Blinde Liebe.
„Ach dieses herrliche Geschöpf, so oft ich sie sehe, kann
ich sie nicht genug bewundern." — „Was? Die da —
schade, sehr schade, daß sie einen zu kurzen Fuß hat." — „O
bas thut gar nichts — dafür ist der andere um so länger."
11*
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Blinde Liebe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Verliebtheit <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 44.1866, Nr. 1079, S. 83
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg