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Die barmherzige Schwester.
Noch einmal, noch einmal blickt sie ihn an.
Vergebens — nnd sic verläßt ihren Mann.
Und wieder ist es längst Mitternacht,
Ter Mann sitzt am Fenster, nicht los't er und lacht.
Die Dirne, um die seine Frau er verstieß
Und ihm ihre ewige Liebe verhieß,
Sic hat ihm sein früheres Glück zerstört,
Sic hat ihn verlassen, ihn nicht mehr erhört.
Wohl sehnt er sich nach der früheren Zeit,
Doch kehrt nicht zurück die Vergangenheit,
lind finster er blickt in die Nacht hinaus.
Muß morgen verlassen sein Vaterhaus,
Die Ordre kam, der Feind ist im Land,
Ein Schwert muß nun führen auch seine Hand.
Kaum hatte die Sonne die Fluren erhellt,
Da zogen hinaus sie zum Kampf in das Feld.
Zur Rüste ging her Tag, die Nacht brach ein,
j Und wieder glänzt am Himmel der Sterne- Schein,
j Doch blickten gestern sie auf blüh'nde Au'n herab,
I Jetzt fallen ihre Strahlen auf ein blut'ges Grab.
Da liegen Viele, welche die Kugel traf.
Und die nach blut'ger Schlacht nun ruh'n im Todesschlaf.
! Das nahe Dorf, zerstört und abgebrannt,
j Nur noch das Haus des Herrn, die Kirche, stand.
Das Haus des Herrn dient schnell zum Lazareth,
j Wo mancher Streiter fand die letzte Lagerstätt';
j Und an die Betten tritt mit demuthsvollem Sinn
Ein Johanniter und die Krankenwärterin;
Auch ihm, der lassen mußte seine Vaterstadt,
Die Kugel seine Brust durchbohret hat.
Auf seine Stirne fällt herab das Haar,
Das Auge blickt so matt, das sonst so klar.
Die Wangen sind so bleich, vom Pulverdampf geschwärzt,
Die Lippen festgepreßt — die Wunde schmerzt.
Da nahet sich die Krankenwärt'rin leis.
Und wischt ihm von der Stirn den blut'gen Schweiß,
Sie träufelt in den Mund ihm edlen Wein,
Da blickt' er auf, sicht in die Augen ihr hinein,
Und plötzlich schreit er auf, es klingt so grell und rauh:
„Barmherzigkeit! mein Gott! o meine Frau!
Verzeihung! sieh' die Wunde, meinen Lohn!"
„Wie Gott verzeiht, vergab ich lange schon." Hol,. Beqsstll.
Wer Andern eine Grube gräbt, fällt
selbst hinein.
Der Forstg'hilf Schlaumeier, der is a ganz a famoser
Hundedresseur. Amal hat ihm an Praktikant sein Vater a
Hundert g'schenkt, Dianerl hat's g'heiß'n, des hat er denn a
glei dressirt und is recht z'frieden damit g'wesen. Nur ein
Wer Andern eine Grube gräbt, füllt selbst hinein.
Fehler hat er ihm net abg'wöhncn lassen, und des war 's
'naufspringen und schlafen am Kanapee. Er hat lang und
oft d'rüber nachdcnkt, denn d' Frau Försterin hat schon amal j
recht g'schimpft d'rüber. Alles Hauen, alles Prügeln, nix hat
| g'holfcn; in der Früh, wenn der Forstg'hilf aufsteht, is halt
's Kanapee allemal bacherlwarm, und Dianerl liegt mit ihrem
! schlechten G'wissen und mit eingezögenem Schwanz schön stat j
i d'runtcr.
Da is ihm auf einmal a ganz a feine Idee komme».
Er nimmt sein groß's Fangeisen, stellt's am Kanapee auf,
wickelt n alte Joppen 'rum, daniit 's an Hundert net z' weh
thut und denkt sich dabei: „Wart' nur Dianerl, Dir will i
des 'Nauflegen auf's Kanapee gründli vertreib'»." Wie cr
Allcs recht fein herg'richt' g'habt hat, hat er noch a mal
g'schmunzelt, und is nachher schön stat schlafen ganga. Am
andern Tag kommt schon in aller Früh a Holzknecht 'rein, und
mcld't an Schlaumeier, daß's auf der Pirklsteincr Grenz' Holz
g'stohl'n hab'n. Des is im Forstg'hilfen sein Revier g'lcg'n,
und von der Regierung hab'ns erst letzthin a Nasen kriegt
von wegen die vielen Holzdiebstähl'. Also wie des der Schlau-
meier hört, rumpelt er auf, und 'raus aus 'm Bett, denkt
Die barmherzige Schwester.
Noch einmal, noch einmal blickt sie ihn an.
Vergebens — nnd sic verläßt ihren Mann.
Und wieder ist es längst Mitternacht,
Ter Mann sitzt am Fenster, nicht los't er und lacht.
Die Dirne, um die seine Frau er verstieß
Und ihm ihre ewige Liebe verhieß,
Sic hat ihm sein früheres Glück zerstört,
Sic hat ihn verlassen, ihn nicht mehr erhört.
Wohl sehnt er sich nach der früheren Zeit,
Doch kehrt nicht zurück die Vergangenheit,
lind finster er blickt in die Nacht hinaus.
Muß morgen verlassen sein Vaterhaus,
Die Ordre kam, der Feind ist im Land,
Ein Schwert muß nun führen auch seine Hand.
Kaum hatte die Sonne die Fluren erhellt,
Da zogen hinaus sie zum Kampf in das Feld.
Zur Rüste ging her Tag, die Nacht brach ein,
j Und wieder glänzt am Himmel der Sterne- Schein,
j Doch blickten gestern sie auf blüh'nde Au'n herab,
I Jetzt fallen ihre Strahlen auf ein blut'ges Grab.
Da liegen Viele, welche die Kugel traf.
Und die nach blut'ger Schlacht nun ruh'n im Todesschlaf.
! Das nahe Dorf, zerstört und abgebrannt,
j Nur noch das Haus des Herrn, die Kirche, stand.
Das Haus des Herrn dient schnell zum Lazareth,
j Wo mancher Streiter fand die letzte Lagerstätt';
j Und an die Betten tritt mit demuthsvollem Sinn
Ein Johanniter und die Krankenwärterin;
Auch ihm, der lassen mußte seine Vaterstadt,
Die Kugel seine Brust durchbohret hat.
Auf seine Stirne fällt herab das Haar,
Das Auge blickt so matt, das sonst so klar.
Die Wangen sind so bleich, vom Pulverdampf geschwärzt,
Die Lippen festgepreßt — die Wunde schmerzt.
Da nahet sich die Krankenwärt'rin leis.
Und wischt ihm von der Stirn den blut'gen Schweiß,
Sie träufelt in den Mund ihm edlen Wein,
Da blickt' er auf, sicht in die Augen ihr hinein,
Und plötzlich schreit er auf, es klingt so grell und rauh:
„Barmherzigkeit! mein Gott! o meine Frau!
Verzeihung! sieh' die Wunde, meinen Lohn!"
„Wie Gott verzeiht, vergab ich lange schon." Hol,. Beqsstll.
Wer Andern eine Grube gräbt, fällt
selbst hinein.
Der Forstg'hilf Schlaumeier, der is a ganz a famoser
Hundedresseur. Amal hat ihm an Praktikant sein Vater a
Hundert g'schenkt, Dianerl hat's g'heiß'n, des hat er denn a
glei dressirt und is recht z'frieden damit g'wesen. Nur ein
Wer Andern eine Grube gräbt, füllt selbst hinein.
Fehler hat er ihm net abg'wöhncn lassen, und des war 's
'naufspringen und schlafen am Kanapee. Er hat lang und
oft d'rüber nachdcnkt, denn d' Frau Försterin hat schon amal j
recht g'schimpft d'rüber. Alles Hauen, alles Prügeln, nix hat
| g'holfcn; in der Früh, wenn der Forstg'hilf aufsteht, is halt
's Kanapee allemal bacherlwarm, und Dianerl liegt mit ihrem
! schlechten G'wissen und mit eingezögenem Schwanz schön stat j
i d'runtcr.
Da is ihm auf einmal a ganz a feine Idee komme».
Er nimmt sein groß's Fangeisen, stellt's am Kanapee auf,
wickelt n alte Joppen 'rum, daniit 's an Hundert net z' weh
thut und denkt sich dabei: „Wart' nur Dianerl, Dir will i
des 'Nauflegen auf's Kanapee gründli vertreib'»." Wie cr
Allcs recht fein herg'richt' g'habt hat, hat er noch a mal
g'schmunzelt, und is nachher schön stat schlafen ganga. Am
andern Tag kommt schon in aller Früh a Holzknecht 'rein, und
mcld't an Schlaumeier, daß's auf der Pirklsteincr Grenz' Holz
g'stohl'n hab'n. Des is im Forstg'hilfen sein Revier g'lcg'n,
und von der Regierung hab'ns erst letzthin a Nasen kriegt
von wegen die vielen Holzdiebstähl'. Also wie des der Schlau-
meier hört, rumpelt er auf, und 'raus aus 'm Bett, denkt
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wer Andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 53.1870, Nr. 1309, S. 50
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg