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Der Triump!

Professor der Medizin Pünktlich war ein im schweren
Dienste der Wissenschaft ergrauter, kinderloser Mann. Er konnte
mit den Erfolgen seines mühevollen Ringens nach Erkenntniß
zufrieden sein. Hatte er doch ganze Wissenszweige selbstständig
begründet, unschätzbare Wirkungen der Arzneimittel entdeckt, an-
erkannt unersetzliche Instrumente erfunden! Um nur Einiges
zu erwähnen, führen wir an, daß er der erste Beschreibe!' des
Henfiebers war und dasselbe in: 1) Ewig-Klceheufieber, 2)
Türkisch-Kleeheufieber, 3) Deutsch-Kleeheufieber, 4) Wiesenheu-
fieber cintheiltc und dem Letzteren noch die Unterabtheilung:
a) Steinklecheufieber anfügte. Weiter hatte er durch lange, mit
unendlichem Aufwande an Zeit und Geisteskraft geführte Unter-
suchungen scstgestellt, daß, falls kein Licht in's Schlafzimmer
dringe und keine Störung durch böse Menschen oder Thicrc
stattfinde, 1 Vi~ Tropfen Opium, "Abends um 3/49 Uhr ge-
nommen , gerade hinreiche, einen gesunden Schlaf von 9 Uhr
Abends bis 4 Uhr Morgens zu bewirken. Letzteres hatte er
seit 20 Jahren an sich selbst erfahren und durch genaue Chro-
nometermcssungcn ermittelt, daß die tägliche Differenz höchstens
1/47 Secunde betrage. Damit nicht genug! Er war der Ent-
decker der Stuhlgymnastik, d. h. der Lehre, durch fortgesetzte,
täglich mehrere Stunden dauernde Hebungen ohne Laxantia regel-
mäßig zur selben Stunde und Minute Entleerungen zu bewir-
ken. Auf letztere Weise hatte er sich alle Staatshämorrhoidaricr
der civilisirten Welt zu ewigem Danke verpflichtet und einen
ganzen Stoß Dankadressen erhalten. Ein mit dem genannten
Uebel behafteter Monarch hatte ihn deßhalb zum Ritter der
Ehrenlegion ernannt und ein anderer ihm das Hämorrhoidar-
kreuz mit dem blauen Bande geschenkt. Seine Verehrer ließen

außerdem neuerdings, behufs Errichtung seines Standbildes
in der charakteristischen Uebungsstcllung, Sammlungen veran-
stalten, die den besten Erfolg hatten. Als süßeste Anerkenn-
ung jedoch hatte ihm ein berühmter College seine Tochter zur
Frau gegeben, die als seltene Auszeichnung zwei linke Füße

des Genies.

besaß, übrigens zu der Gattung vraetms äomestiens Limit}
gehörte.

Seine neueste Erfindung erhöhte noch feinen Ruf. Sie
war ein Kind der Roth, wie die meisten Erfindungen, gerade
deßivegen aber von der größten Tragweite. Seit einem hal-
ben Jahre etwa hatte der seitherige Miethsnachbar, ein ruhi-
ger, stiller Professor der Theologie, der zuweilen nächtliche Be-
suche des leibhaftigen Teufels in Engelsgestalt erhielt, seine
Miethwohnung verlassen und die Wohnung der Seligen be-
zogen. An dessen Stelle war ein pcnsionirter Criminalbeamter
getreten, der den bezeichnenden Namen Henker führte. Mil
böser Ahnung erfüllte den Professor schon dessen Name, mehr
noch dessen polterndes Wesen, seine Lust am Bicrtrinken, be-
sonders aber dessen Liebhaberei an Zwerghühnern, die er in
einem großen Käfige auf der gemeinschaftlichen Hausflur cin-
logirt hatte. Seither war aber noch kein Hahn darunter! End-
lich hatte er auch diesen gefunden, ein wahres Prachtexemplar
nach seiner Ansicht, das er nicht müde ward, seiner liebens-
würdigen Frau zu zeigen. Er war ebenfalls kinderlos. Von
nun an war die Ruhe des Professors dahin! In den ersten '
Tagen zwar war der Hahn ganz ruhig, aber schon der bloße
Gedanke' an eine vorzeitige Störung seines Opiumschlafes brachte
den Professor außer Fassung. Doch war das Unglück, als cs
kam, größer, als dieser sich gedacht, sollte jedoch gerade deß-
halb ein neues Blatt der Lorbeerkrone seines Erfinderruhmes
hinzufügcn. Eines Abends - es war Mitte Mai — hatte
der Professor in seiner Eismaschine wie gewöhnlich 1 Tropfen
Opiumauslösung zum Gefrieren gebracht und ihn mit seinem
eigens dazu erfundenen Opiumdissektor in 17 gleiche Theilc
getheilt. Einen Theil der 17 legte er zu einem ganzen Tro-
pfen, nahm das Alles, ging — cs war gerade 3/i9 Uhr —
in sein mit schwarzem Tuche ganz verhängtes Schlafzimmer,
bettete sich neben sein schon schlafendes Unicum und entschlum-
merte genau um 9 Uhr sanft, wie seit 20 Jahren. Sein
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Triumph des Genies"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsdatum
um 1870
Entstehungsdatum (normiert)
1860 - 1880
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Gewohnheit
Brille <Motiv>
Ehrung
Bett <Motiv>
Wissenschaftler <Motiv>
Kerze <Motiv>
Schlafstörung
Regelmäßigkeit
Karikatur
Schlafmittel
Schlaf
Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 53.1870, Nr. 1311, S. 66

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