Gedanke
Ein Quentchen Selbstgefühl ist zum Fortkommen in der
Welt mehr werth als ein Zentner Wissen und Können.
Man findet oft, daß große Männer, berühmte Dichter
ihre Jugend in der Einsamkeit auf dem Dorfe oder in kleinen
Städten verbrachten. Wenige gibt es, die ihre Kindheit in
Weltstädten verlebten. Würden sic in diesem Falle dasselbe
geworden sein? Vielleicht ist es so wie im Walde, wo die
vielen zusammenstehenden Bäume durch ihr Aufeinanderwirken
alle mit einer gewissen Gleichartigkeit emporwachsen, während
der Baum, der Platz zum Ausbreiten findet, sich nach seiner
eigenartigen Schönheit zu entwickeln vermag.
Ein Charakter, der fortwährend mißverstanden wird, bildet
sich leicht nach dieser Seite hin aus. Wer fortwährend für
wahnsinnig gehalten wird, verfällt zuletzt in Wahnsinn.
Ein noch lebender berühmter Maler that in der Hitze des
Gesprächs den paradoxen Ausspruch: „Selbst schlechte Bilder
müssen von gute» Meistern gemalt sein, wenn sie etwas taugen
sollen!" Hierin liegt eine tiefe Wahrheit, denn selbst die miß-
Jllustrationcn zu deutschen Classikcrn.
Unerhört! Unbegreiflich! Nein! Mädchen! Nein!
Diese Größe hast Du nicht auf die Welt gebracht.
Schillers „Kabale und Liebe".
ifchnitzel. 127
lungencn Werke eines bedeutenden Geistes tragen in sich den
Funken des Genies, welcher den besten Werken eines bloßen
Talentes abgcht.
Wer seine Wange schminkt, schminkt auch seine Seele.
Die wahre Tiefe entzieht sich leicht den Blicken. Der
Oberflächliche prangt im Raketcnfeuer des Augenblickwitzes; das
Pulver verpufft, und es bleibt ein übelriechender Rückstand.
Dann steht der Jnhaltvolle noch da wie ein milder ruhiger
Stern, zu dem man mit Vertrauen aufschaut.
Das dämmernde Blau, womit die Fcvne Alles umschleiert,
ist die Farbe der Sehnsucht. Wie ferne blaue Berge liegt vor
Dir, was Du ersehnst. Du kommst näher und es fängt an,
im Grün der Hoffnung zu schimmern. Wie oft aber wirst Du
enttäuscht, wenn Du statt der schönen Berge rauhe mit Disteln
und Dornen bewachsene Felswände findest. Und schaust Du
dann zurück, liegt hinter Dir wieder im dämmernden Blau der
Sehnsucht, was Du unwiederbringlich verlorst.
Heinrich Seidel.
Ist kein Barnum da —
welcher ein lebendige?, bereits vollkommen ausgewachsenes, ge-
bändigtes, blutdürstiges Ungeheuer erster Klasse ans einer Rund-
reise durch die Welt zur Schau stellt?
Ein Quentchen Selbstgefühl ist zum Fortkommen in der
Welt mehr werth als ein Zentner Wissen und Können.
Man findet oft, daß große Männer, berühmte Dichter
ihre Jugend in der Einsamkeit auf dem Dorfe oder in kleinen
Städten verbrachten. Wenige gibt es, die ihre Kindheit in
Weltstädten verlebten. Würden sic in diesem Falle dasselbe
geworden sein? Vielleicht ist es so wie im Walde, wo die
vielen zusammenstehenden Bäume durch ihr Aufeinanderwirken
alle mit einer gewissen Gleichartigkeit emporwachsen, während
der Baum, der Platz zum Ausbreiten findet, sich nach seiner
eigenartigen Schönheit zu entwickeln vermag.
Ein Charakter, der fortwährend mißverstanden wird, bildet
sich leicht nach dieser Seite hin aus. Wer fortwährend für
wahnsinnig gehalten wird, verfällt zuletzt in Wahnsinn.
Ein noch lebender berühmter Maler that in der Hitze des
Gesprächs den paradoxen Ausspruch: „Selbst schlechte Bilder
müssen von gute» Meistern gemalt sein, wenn sie etwas taugen
sollen!" Hierin liegt eine tiefe Wahrheit, denn selbst die miß-
Jllustrationcn zu deutschen Classikcrn.
Unerhört! Unbegreiflich! Nein! Mädchen! Nein!
Diese Größe hast Du nicht auf die Welt gebracht.
Schillers „Kabale und Liebe".
ifchnitzel. 127
lungencn Werke eines bedeutenden Geistes tragen in sich den
Funken des Genies, welcher den besten Werken eines bloßen
Talentes abgcht.
Wer seine Wange schminkt, schminkt auch seine Seele.
Die wahre Tiefe entzieht sich leicht den Blicken. Der
Oberflächliche prangt im Raketcnfeuer des Augenblickwitzes; das
Pulver verpufft, und es bleibt ein übelriechender Rückstand.
Dann steht der Jnhaltvolle noch da wie ein milder ruhiger
Stern, zu dem man mit Vertrauen aufschaut.
Das dämmernde Blau, womit die Fcvne Alles umschleiert,
ist die Farbe der Sehnsucht. Wie ferne blaue Berge liegt vor
Dir, was Du ersehnst. Du kommst näher und es fängt an,
im Grün der Hoffnung zu schimmern. Wie oft aber wirst Du
enttäuscht, wenn Du statt der schönen Berge rauhe mit Disteln
und Dornen bewachsene Felswände findest. Und schaust Du
dann zurück, liegt hinter Dir wieder im dämmernden Blau der
Sehnsucht, was Du unwiederbringlich verlorst.
Heinrich Seidel.
Ist kein Barnum da —
welcher ein lebendige?, bereits vollkommen ausgewachsenes, ge-
bändigtes, blutdürstiges Ungeheuer erster Klasse ans einer Rund-
reise durch die Welt zur Schau stellt?
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Illustrationen zu deutschen Klassikern" "Ist kein Barnum da"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1870
Entstehungsdatum (normiert)
1860 - 1880
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 53.1870, Nr. 1318, S. 127
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg