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„Kleeder machen Leite!"
oach schon so gescheidc sein könn'n, wo hier kcc' fremder Mansch
ins Kubbee kam. Nu schnallt' ich mer awer geschwinde mei'
Seidengewähr ab und zog mer meine schwäre, dicke Uhncform
aus und legte Alles derweile nff de Bank. Da morde mersch
gleich scheene gemicdhlich und leichte, und ich freite mich, daß
mer nu ooch blos noch ü kleencs Schtindchcn zu fahren hadden.
Mei Amtsgeschäft danerde hcchstens änne Schtunde, und Her-
nachens haddc ich 'n ganzen Nachmiddag for de Vogelwiese,
sor de Wärfelbuden, de Riesendamcn und Kasberletheadern
frei, und oicllcicht war'n ooch wieder die hibschen Därkcn-
müdchen da! Ich harte schon die Schitzenmusik blasen amb
schnnbbcrde nach dem schecncn Bratwurschtduft, der Een' in
die Bierzäldc hcitc noch lockt. O! und Hernachens der bracht-
vollc Dorscht! „Meisgen, sagt' ich zu mir sälwer, hcite wnrschte
dir änne Gicdc dhnn!" Und vor Säligkcet drickt ich de Oogen
zu und malte mer Alles so scheene ans wie meglich . . . Herrje,
wie nu de Zeit verging, jetzt sagdc der Schaffner schon de
lctzde Schtazion vor Drüsen an. Hm, dacht' ich, jetzt wärscht
de dich be a be wieder in reglemangsmäßigen Glanz würfen,
und greise nach meiner Uhneform. Ei herrjcses! die liegt nich
mehr usf der Bank! Ich schbringc in die Höhe, wie wann
mich an Schkorbion geschtochen hädde, keene Uhneform im
ganzen Kubbee zu säh'n und zu hären! Ich kriege vergäb'ns
under de Bank: meine Uhneform war wäg, wäg mit sammt
der Mitzc und 'm Seidengewähr, und mei' Schbitzbuwc zuckde
sich nich in seiner Ecke und that, als wenn er gar nischt
wißdc. Här'n Se, ser änne ganze Weile blieb mer mei'
Verschtand recne schtillc steh'n, Hernachens schtärzt' ich mich
aber uff den schräcklichen Manschen los und schrie: Sie
Reimer, Sic Lumb, Sic Mordbränner, Sie ha'm mer meine
Uhneform gemaust, das ward Sie dheicr zu schdehn kommen,
ser die Schandthat kriegen Se Zuchthaus, das is nach Bara-
graph — — — herrjcses, ich suchte in der Geschwindigkeit
's ganze Schtrafgesetzbuch dorch und fand nff mein' schräcklichen
Fall gar keen' Baragraphen. I, das geht noch iewer 's
Schtrafgesetzbuch, sagt' ich, und faßte den Schuft bei'm Kragen
füstc an, denn der Zug that nu äb'n im Dräsner Bahnhof
einloofcn. „Bohlezei her! schrie ich aus Leiweskräften, hier is
ü Reimer, ä ganz gefährlicher Verbrächer!" Da kam geschwinde
der Harr Jnschbäckder und sragde, was los wäre. „Säh'n
Se's denn nich? schrie ich, der Reimer hier hat mer ja meine
Uhncform gemaust, ich bin ja" — — —; awer mei' Schbitz-
buwe sagde fix zum Jnschbäckder: „„Harr Jnschbäckder, befrei'n
Se mich von dem Kärle, der is wahrscheinlich verrickt, der is
in Hämdärmeln in's Kubbee geschdieg'n."" Nadierlich kam
um mich 'rum gleich ü rächt hibscher Usfloof zu Schdandc und
der Jnschbäckder schnautzde mich an und sagdc: „„Lassen Se
'mal gleich den Härrn los!"" Här'n Sc, da schtand mer
doch mei' Verschtand wieder ä Weilchen schtille, so was war
mer doch in meiner langjährigen Schbitzbuwen-, Reimer- und
Hallunkenbraxis noch nich bassiert. Ich, der gefürchtete Bohlczci-
diener Meisgen, morde angeschnauzt und mei' Gefangener
„Harr" gedidelirt! Nu setzt' ich mich awer in Boosedur.
„Meine Harren," sagt' ich. Sie sind hier ärre; — ich bin der
Bohlezeidiener Meisgen aus Budelwitz und dar da"-
ach, herrje! ich wollde nff mein' Jnkulbaden zeigen, aber där
haddc die scheene Verwärrung benutzt und hadde sich von der
Seide gcdrickt. Wäg war er, wie meine Uhneform, und ich
schdand da mit blamierden Hämdärmeln, und kee Mänsch
gloobte mer, denn der Kürl hadde sein' Zievielanzug angehabt
und im ganzen Kubbee >var keene Uhncform zu finden. Jetzt
kam die Bahnhofsbohlezei. „Härr College, sagt' ich, ich bin
der Bohlezeidiener Meisgen aus Budelwitz." „„So,"" meende
dadruff mei' College sehr hehnisch, „„na, aussäh'n thun Se
awer mehrschdendheels nich dcrnach! Kommen Sc nur 'mal
'rein in's Bohlizeizimmcr."" Hier war de ürschte Frage nach
meiner Legidematzion. „Ja, die schtäckt in meiner gemausten
Uhncform," sagt' ich. Da lachde mei' College äb'n so hehnisch,
wie ich's hundertmal gemacht hadde, wenn mer ä Handwärks-
borsche sagdc, se hädden ihm sei' Wanderbuch gemaust; nu
siehlte ich's ooch, wie so ä hehnisches Gelächdcr
dhnt. „„Vcrdcfcndicren Sc sich nur nich weider,"" sagde
mei' College, „„mer wär'n schon hinter Ihre Schliche komm'n,
uorlcisig sind Sie arredhiert."" Und änne Värtelschdunde
schbäter saß ich mit sammt mein' Kriminalkänntnissen schtatt
nff der Vogelwiese hinter änner duftigen Bratworscht, im
Bohlezeiballäh hinter Schloß und Riegel, ich, der Bohlezei-
diencr Meisgen aus Budelwitz.
Här'n Se. zuärscht worde ich fuchsdeiselswild, hernachens
setzt' ich mich aber uff die Schlafbritzsche und versänkte meine
Gedanken in mei' Inneres. Da zog Sie nu änne lange
„Kleeder machen Leite!"
oach schon so gescheidc sein könn'n, wo hier kcc' fremder Mansch
ins Kubbee kam. Nu schnallt' ich mer awer geschwinde mei'
Seidengewähr ab und zog mer meine schwäre, dicke Uhncform
aus und legte Alles derweile nff de Bank. Da morde mersch
gleich scheene gemicdhlich und leichte, und ich freite mich, daß
mer nu ooch blos noch ü kleencs Schtindchcn zu fahren hadden.
Mei Amtsgeschäft danerde hcchstens änne Schtunde, und Her-
nachens haddc ich 'n ganzen Nachmiddag for de Vogelwiese,
sor de Wärfelbuden, de Riesendamcn und Kasberletheadern
frei, und oicllcicht war'n ooch wieder die hibschen Därkcn-
müdchen da! Ich harte schon die Schitzenmusik blasen amb
schnnbbcrde nach dem schecncn Bratwurschtduft, der Een' in
die Bierzäldc hcitc noch lockt. O! und Hernachens der bracht-
vollc Dorscht! „Meisgen, sagt' ich zu mir sälwer, hcite wnrschte
dir änne Gicdc dhnn!" Und vor Säligkcet drickt ich de Oogen
zu und malte mer Alles so scheene ans wie meglich . . . Herrje,
wie nu de Zeit verging, jetzt sagdc der Schaffner schon de
lctzde Schtazion vor Drüsen an. Hm, dacht' ich, jetzt wärscht
de dich be a be wieder in reglemangsmäßigen Glanz würfen,
und greise nach meiner Uhneform. Ei herrjcses! die liegt nich
mehr usf der Bank! Ich schbringc in die Höhe, wie wann
mich an Schkorbion geschtochen hädde, keene Uhneform im
ganzen Kubbee zu säh'n und zu hären! Ich kriege vergäb'ns
under de Bank: meine Uhneform war wäg, wäg mit sammt
der Mitzc und 'm Seidengewähr, und mei' Schbitzbuwc zuckde
sich nich in seiner Ecke und that, als wenn er gar nischt
wißdc. Här'n Se, ser änne ganze Weile blieb mer mei'
Verschtand recne schtillc steh'n, Hernachens schtärzt' ich mich
aber uff den schräcklichen Manschen los und schrie: Sie
Reimer, Sic Lumb, Sic Mordbränner, Sie ha'm mer meine
Uhneform gemaust, das ward Sie dheicr zu schdehn kommen,
ser die Schandthat kriegen Se Zuchthaus, das is nach Bara-
graph — — — herrjcses, ich suchte in der Geschwindigkeit
's ganze Schtrafgesetzbuch dorch und fand nff mein' schräcklichen
Fall gar keen' Baragraphen. I, das geht noch iewer 's
Schtrafgesetzbuch, sagt' ich, und faßte den Schuft bei'm Kragen
füstc an, denn der Zug that nu äb'n im Dräsner Bahnhof
einloofcn. „Bohlezei her! schrie ich aus Leiweskräften, hier is
ü Reimer, ä ganz gefährlicher Verbrächer!" Da kam geschwinde
der Harr Jnschbäckder und sragde, was los wäre. „Säh'n
Se's denn nich? schrie ich, der Reimer hier hat mer ja meine
Uhncform gemaust, ich bin ja" — — —; awer mei' Schbitz-
buwe sagde fix zum Jnschbäckder: „„Harr Jnschbäckder, befrei'n
Se mich von dem Kärle, der is wahrscheinlich verrickt, der is
in Hämdärmeln in's Kubbee geschdieg'n."" Nadierlich kam
um mich 'rum gleich ü rächt hibscher Usfloof zu Schdandc und
der Jnschbäckder schnautzde mich an und sagdc: „„Lassen Se
'mal gleich den Härrn los!"" Här'n Sc, da schtand mer
doch mei' Verschtand wieder ä Weilchen schtille, so was war
mer doch in meiner langjährigen Schbitzbuwen-, Reimer- und
Hallunkenbraxis noch nich bassiert. Ich, der gefürchtete Bohlczci-
diener Meisgen, morde angeschnauzt und mei' Gefangener
„Harr" gedidelirt! Nu setzt' ich mich awer in Boosedur.
„Meine Harren," sagt' ich. Sie sind hier ärre; — ich bin der
Bohlezeidiener Meisgen aus Budelwitz und dar da"-
ach, herrje! ich wollde nff mein' Jnkulbaden zeigen, aber där
haddc die scheene Verwärrung benutzt und hadde sich von der
Seide gcdrickt. Wäg war er, wie meine Uhneform, und ich
schdand da mit blamierden Hämdärmeln, und kee Mänsch
gloobte mer, denn der Kürl hadde sein' Zievielanzug angehabt
und im ganzen Kubbee >var keene Uhncform zu finden. Jetzt
kam die Bahnhofsbohlezei. „Härr College, sagt' ich, ich bin
der Bohlezeidiener Meisgen aus Budelwitz." „„So,"" meende
dadruff mei' College sehr hehnisch, „„na, aussäh'n thun Se
awer mehrschdendheels nich dcrnach! Kommen Sc nur 'mal
'rein in's Bohlizeizimmcr."" Hier war de ürschte Frage nach
meiner Legidematzion. „Ja, die schtäckt in meiner gemausten
Uhncform," sagt' ich. Da lachde mei' College äb'n so hehnisch,
wie ich's hundertmal gemacht hadde, wenn mer ä Handwärks-
borsche sagdc, se hädden ihm sei' Wanderbuch gemaust; nu
siehlte ich's ooch, wie so ä hehnisches Gelächdcr
dhnt. „„Vcrdcfcndicren Sc sich nur nich weider,"" sagde
mei' College, „„mer wär'n schon hinter Ihre Schliche komm'n,
uorlcisig sind Sie arredhiert."" Und änne Värtelschdunde
schbäter saß ich mit sammt mein' Kriminalkänntnissen schtatt
nff der Vogelwiese hinter änner duftigen Bratworscht, im
Bohlezeiballäh hinter Schloß und Riegel, ich, der Bohlezei-
diencr Meisgen aus Budelwitz.
Här'n Se. zuärscht worde ich fuchsdeiselswild, hernachens
setzt' ich mich aber uff die Schlafbritzsche und versänkte meine
Gedanken in mei' Inneres. Da zog Sie nu änne lange
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kleeder machen Leite!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1881
Entstehungsdatum (normiert)
1876 - 1886
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 75.1881, Nr. 1882, S. 58
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg