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„Kleeder mo

Reihe von Bäddellcitcn, Vagabunden und Fächtbriedern, die
ich dorch die vielen Jahre verarredhiert hadde, an mein' inner»
Ooge voriewer und Alle zietzschtcn se mich niit'n Fingern aus
und feixten: „Das is der Bohlizeidicner Meisgen, dar uns

immer »ich loofen ließ; ätsch, nu muß er sälwer ä mal
brummen!" — Der Gefängnißwürder brachde mcr äb'n änne
Subbe und ganz dinnes gewchnlichcs Wasser. Da siel in der
Nähe ä Kanonenschuß. „ „I,"" sagde der Wärder gutmiedhig,
„„das is der ärschte Vogelwiesen-Böller, beim dridden zichn
de Schitzenbrieder aus und von Ihrem Fänster könn'n Sie
iebrigens ganz scheene auf die Schitzenwiese süh'n.""

Es dauerde ooch gar nich lange, da Harde ich die Schitzen-
musik, die blies den Marsch: „Ei, wie is das Läwen schön,"
was damals ganz nei war und' Hernachens: „So läwen wir,
so läwen wir, so lä'm mer alle Dagc," und ich war cin-
geschbärrt und hadde kce Bier und kecnc Bratworscht und sah
weder '§ Kasberle, noch änne Riesendame oder ä Därkcn-
mädchen und daderbci Härte ich immer von Weiteni den Fäst-
juwel und die Drehorgeln und konndc nich mitthun — här'n
Se, wie mer das in de tiefste Seele 'neinschnitt, das wär'
ich Sie mei Läbdag nich vergäss'n. Nach ünncr sehr scheenen
Nacht morde ich frieh wieder in's Verhör gebracht. Sic setzten
mer färchderlich zu und als der Kriminalrichder mir uff'n Kobb
zusagde, ich wäre ä ansgebrochener Schträsling, här'n Se, da
griff ich mer doch, wees Knebbgcn, an die Schtürnc, ob ich
denn wärklich der Bohlezeidiener Meisgen wäre oder etwa»
nich. Na, schließlich mußt' ich awcr doch dabei bleiwen, und
da morde ich als vcrschtcckter Bcesewicht wieder abgeführt.

Am Nachmittage effnctc sich awer meine Kärkerdhiere for
immer; mei' Schäff, der Härr Bärgermeester, hadde nu doch
noch seine Amtsreese gemacht, um sein' Bohlezeidiener wieder
zu kriegen. Und nachdem er mich erlöst hadde, sagde er zu
mir: „„Meisgen, Kleeder machen Leite! Sie in Ihrer Ver-
fassung wär'n gut dhun, schlcinigst heemzureesen,"" und nach-
dem er das gesagd hadde, ging er seelenvergniegt schtatt
meiner uff de Vogelwiese. Ich awer borgte mer von
ä mitleidigen College» änne alte Uhncform, die mer so führe
am Leime umschlodderte, daß ich mich dorch de leerschten
Schtrassen nach'm Bahnhof und Abends in der Dnnkclheet in
meine Wohnung schlich.

chen Leite!" 59

Här'n Se, den Ambfang von meiner Frau, die tut
ihre Schbrache vollschtändig wieder hadde, will ich
Sie nich beschreiwen und icwer die Schtichelei'n an mein'»,
Schdammtisch will ich äb'n so schtillc sein, >vic icwer die
fürchderliche Nase von Amtswägen. Dadermit, dacht' ich,
würde nu die greiliche Geschichte än Ende hab'n, ja, Brohstc-
mahlzeit. Drei Dagc schbeter schtand in Dräsner Blättern:
Der Bohlezeidiener Meisgen ans Budelwitz hädde uff wahreren
umliegenden Dörfern änne Mängc Schwindelei'» und Unfug
vcriebt; er hädde de Bauern ausgebsändet und Leite arredhiert,
um sc hernach gegen Gäld wieder loofen zu lassen, czüttra.
Als ich das frieh beim Kaffeetrinken las, blieb mer mei' Ver-
schtand wieder änne ganze Weile schtehn.

Aber 's kam noch scheener. An dämsülwen Dagc kam
noch änne Deebäsche an meine Behörde, sc soliden den
Bohlezeidiener Meisgen wegen färchderlicher Schwindeleien vcr-
hafden. Und Dags druff kam noch änne zweetc und driddc
Hiobsbost von den Schand- und Greieldhaden, die der Bohlezei-
diener Meisgen veriebt hadde. Da sagde der Bärgermeester
wieder: „„Meisgen,"" sagt' er, „„Kleeder machen Leite, der
Schbitzbuwc, den Sc ha'm entwischen lass'», macht ans Ihrer
Uhncform und Legidimatzion än mißbreichlichen Bohlezeidiener
Meisgen."" — Hären Se, so is es ooch gcwüs'n und der
Ärzgauner morde endlich wieder erwischt und znm dansendsten
Glick kriegt' ich ooch meine gudc neie Uhncform wieder, awer
wie! Alle becde Ärmel war'n 'rausgerissen, der Mitzenschärm
fählde und 's Seidengewähr >var äntzwec!

Als ich nu mit dem Reimer konnfronndiert morde, da
geschtand er'sch, daß er mcr de Uhncform korz vor Drüsen
z u m K n b b e - F ä n st c r 'n a u s g c s ch m i s s c n und sc Hernachens
wieder gesucht und sälwer angezogen hadde. Und was sctzde

der Schuft noch dazu? „„Bei so än gar gcmicdhlichcn
Hasen, wie ich Änner wäre, könnde mer so 'was
schon riskieren!""

Här'n Se, so änne Unverschämtheet! Na, mer ha'm ihm
awer ooch änne gehörige Bortzion Wald he cm uffgebrannt!"

Willst du bewahren dich vor Schaden,

In großer oder kleiner Sache siegen.

Wäg' deine Kräfte! — Spinnenfaden

Sind starke Stricke schon für Fliegen. A. Koderich.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Kleeder machen Leite!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1881
Entstehungsdatum (normiert)
1876 - 1886
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 75.1881, Nr. 1882, S. 59

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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