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Luft herum. „Was machen Sie denn hier?" hört er plötzlich hinter
sich sprechen.

Und als der Invalide sich umblickt, steht ein alter, großer
Herr im Jägercostüm vor ihm.

„Mein Herr", entgegnet der Invalide, „ich preparir' mir 'ne
Rede, die ich morgen dem General von Bärbeißer halten werde."

„So — so! — hm, was wollen Sie denn von ihm?"

„Ich tvill ihn um 'ne Unterstützung bitten. Mein Weib ist
nämlich seit vier Wochen krank und von meinen vier Thalern Pension
weiß ich wahrhaftig nicht, ob ich mir Rauch-, Kau- oder Schnupf-
tabak dafür kaufen soll. Bisher hat nieine Frau die vier Kinder
ernährt, jetzt aber ist sie krank, jetzt geht es nicht mehr!"

„So — so — hm, wer hat Ihnen denn den Rath gegeben,
sich an den General zu wenden?" „Mein Hauptmann hat's uns
bei der Entlassung befohlen. „Kerrels", hat er gesagt, „wenn's
Euch 'mal schlecht geht, wendet Ihr Euch an's Invaliden-Depar-
tement; gut gedienten Leuten, wie Euch, tvird man immer helfen."
Diesen Befehl meines Hanptmannes führe ich jetzt aus, mein Herr,
denn Sonne, Mond und Sterne werden vergeh'», aber meines
Hauptmanns Befehle bleiben bestehen!"

„So — so — hm, wenn Euch der'General aber nichts gibt?"

„Ach was", lächelt der Invalide, „nichts gibt? — das ist gar
nicht denkbar! Er wird mir schon was geben!"— „Na, na, mit dcni
General von Bttrbeißer soll nicht gut umgehen sein." — „Ach was,
ich fürchte mich vor dem Deubel nicht!" — „Na, wenn der General
Euch abweist, he?" — „Das thut er nicht, denn ich kann viel zu
schön bitten, mein Herr." — „Wenn er Euch aber doch abwcist,

i in der Sprache, damit der Invalide ihn nicht miedererkennen solle.

„Was wollen Sie?" fährt er den Invaliden barsch an. — „Ex-
I cellenz", beginnt der Invalide, „ich habe 'ne kranke Frau und vier
Kinder. Von meinen vier Thalern Pension kann ich meine Frau
und die vier Kinder nicht ernähren. Früher, als meine Frau
gesund war, hat sie nicht blos sich und die Kinder, sondern mich
auch noch von ihrem Verdienst als Koch- und Waschfrau mit
ernährt. Jetzt ist's aber ganz erbärmlich. Von meinen paar
Thalern weiß ich wahrhaftig nicht, ob ich mir Rauch-, Kau- oder
Schnupftabak dafür kaufen soll."— „Sie bekommen nichts!" fährt
ihn der General barsch an. — „Aber Excel!enz", beginnt der Invalide
wieder, meine Lage ist doch zu traurig, ich habe kein Geld, nichts
zu essen . ." — „Ach was", unterbricht ihn der General, „Sie
kriegen nichts!" — „Aber Excellenz, ich bitte Eure Excellenz doch,
so sehr ich nur kann, haben Eure Excellenz doch Mitleid mit einem
alten Familienvater..." — „Ach was, es bleibt dabei", sagt der
General, „Sie kriegen nichts!"

„Na, Excellenz", entgegnet der Invalide, „dann bleibt's
voll, dabei, was ich Ihnen gestern im Schloßpark gesagt
habe! Ein Mann — ein Wort!"

I he?" — „Ach, das ist gar nicht möglich, Sie glauben gar nicht,
wie wunderschön ich bitten kann." — „Aber Menschenkind, wenn
der General Euch trotz alledem abweist, he?"

„Kreuzmillionen Hagelwetter", schreit der Invalide los, „dann
kann er mir den Buckel 'runterrutschen!" — „Hahaha!" lacht der
Herr im Jägercostüm, „mein Lieber, das werden Sie wohl schön
bleiben lassen, das vom Buckel 'runterrutschen dem General in's
Gesicht zu sagen; der General versteht keinen Spaß!" — „Ein
Mann — ein Wort! Ich sag's ihm, tvcun er mich abweist!" —
„So, so — hm!" macht der Herr im Jägercostüm und geht ab.

Am Abend erzählt der General von Bttrbeißer, denn dieser war
der Herr im Jägercostüm, seinen Offizieren die Geschichte, die ihm
mit dem alten Invaliden im Schloßpark Passirt ist. Der General
fügt hinzu, er wolle doch 'mal sehen, ob der Invalide wirklich die
Unverschämtheit besitze, ihm, dem General, das vom Buckel 'runter-
rutschcn in's Gesicht zu sagen.

Als am nächsten Tage der Invalide beim General eintritt,
steht dieser in großer Uniform inmitten mehrerer Offiziere in seinem
| Audienzzimmer. Der General verzieht sein Gesicht, verstellt sich auch
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Mann - ein Wort!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Wagner, Erdmann
Entstehungsdatum
um 1886
Entstehungsdatum (normiert)
1881 - 1891
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 85.1886, Nr. 2153, S. 139

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