Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Ganz, David
Medien der Offenbarung: Visionsdarstellungen im Mittelalter — Berlin, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13328#0393
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12 Spuren am inneren Körper

Die Stigmata Katharinas von Siena

Als Katharina, Tochter des Sieneser Wollfärbers Jacopo di Benincasa, 1380 in Rom
verstarb, glaubten viele ihrer Zeitgenossen den odor sanctitatis verspüren zu können,
der von der Toten ausging. Zu den ersten Bildzeugnissen der bald einsetzenden Ver-
ehrung der Verstorbenen gehörte das Fresko Andrea Vannis aus den frühen 1380er
Jahren (Abb. 133)} Katharina ist dort im Habit der dominikanischen mantellate zu
sehen, einer Gläubigen die Segenshand zum Kuss reichend. Klein, aber doch deutlich
erkennbar sind in den Handrücken der Rechten ebenso wie der Linken rote Wundmale
eingetragen. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt also wurde Katharina als Trägerin
von Stigmata betrachtet. Wie und wann aber waren ihr diese höchsten Insignien echter
Heiligkeit verliehen worden?

12.1 Unsichtbare Wunden

Der Innenraum des Körpers in der
frühen Hagiographie

Wir wissen nicht, was man sich damals in Siena und andernorts über den Ursprung der
Stigmata Katharinas erzählte. Die 15 Jahre nach dem Tode verfasste Legenda maior
ihres Beichtvaters, des Dominikanergenerals Raimund von Capua, lässt jedenfalls eine
besondere Vorsicht in der Behandlung des Phänomens erkennen.2 Die Einprägung der
Stigmata, so ist dort zu lesen, habe sich 1375 in Pisa im Beisein Raimunds und einer
Reihe weiterer Personen abgespielt. Der Hergang des Geschehens wird zunächst aus
der äußeren Perspektive der Anwesenden beschrieben. Nach der Messfeier in der
Kirche Santa Christina, bei der sie die Hostie aus den Händen ihres Beichtvaters
empfängt, verfällt Katharina in eine ihrer häufigen Ekstasen:

Doch plötzlich sahen wir, wie sich ihr Körperchen, das niedergestreckt auf dem Boden lag,
langsam erhob. Sie kniete sich hin und breitete ihre Arme weit aus, während ihr Gesicht
wie von Feuerschein errötet zu glühen begann. So verharrte sie lange, völlig starr und die
Augen geschlossen, bis sie jählings vor unseren Augen umfiel, als ob sie tödlich getroffen
wäre. Kurz darauf kam sie jedoch wieder zu Bewusstsein.3
 
Annotationen