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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Unsre Bilder
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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die 1891er Jahres-Ausstellung im Wiener Künstlerhause
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Unsre Bilder, vom Berausgeber — Die ^8y^er Iakres-Ausstellung im Ivieiicr Aünstlerhause. von Karl v. vincenti 2^7

der grandiosen Einfachheit ihrer Linien
noch viel erhabener als alle Landschaften.

Deutsche und welsche Volksart können
nicht schärfer kontrastierend geschildert wer-
den, als es in dem oben beschriebenen
Bilde Eberles und der „Wirtshausszene"
des seit vielen Jahren in Venedig niederge-
lassenen Badensers Aug. Wolfs geschieht.

Die größere Feinheit ist da unbedingt auf
Seite der neckischen Venezianerin, an der
alles rund und weich ist, was bei der
Oberländerin ein wenig eckig erscheint.

Freilich sieht die „Tochter des Südens"
dafür auch sehr viel „schlampiger" aus,
als die sehr ordentliche Frau Försterin.

Jene gehört eben nicht umsonst zu der
Klasse von schönen Bewohnerinnen der
Lagunenstadt, die sich die Woche nur einmal
waschen, um das teuere Wasser zu sparen.

Dergleichen geniert aber die Gondoliere,
die da mit ihr schäkern, am allerwenigsten,
und so werden sie denn wohl noch eine
gute Weile mit einander den lustigen Krieg
fortzusetzen vermögen, da dort zwar das
Wasser teuer, aber die Zeit billiger als
irgendwo in der Welt ist. Unserm Lands-
mann aber kann man das Zeugnis nicht
versagen, daß er dies lustige Völkchen mit
so großer Wahrheit geschildert hat, als
nur irgend ein Italiener. Diese Ächtheit
der Lokalfarbe ziert auch des Düsseldorfer
Schweden Fagerlin sinnig gemütvollen
„Das liebe Enkelchen" eines jungen
nordischen Staatsbürgers, der einstweilen
noch von seiner Mutter aufrecht erhalten
werden muß, um mit den Füßchen stram-
pelnd vor Vergnügen den Großpapa ge-
bührend begrüßen zu können. Der Thee-
kessel am Feuer und die Kaffeemühle in
den Händen des Vaters belehren uns, daß wir uns in
einem Lande befinden, wo man aus guten Gründen den
warmen Getränken den Vorzug vor den kalten gibt. Ist
es aber nicht ganz charakteristisch, daß hier in diesem Heft,
wo wir die welsche und die germanische Rasse durch je zwei
Darstellungen vertreten finden, bei der letzteren die Kinder,
die Familie die Hauptrolle spielen, wie bei der elfteren
die „Gesellschaft", d. h. der Verkehr der Erwachsenen
beider Geschlechter miteinander?

Ein allerliebstes Stück halbasiatischer Welt bringt

fDer'gelrrur Eckart, von Julius Adam

uns dann der Magyare Georg Vastagh in seiner so
neckisch herausfordernd aussehenden Dame, welche selbst
die elegante Pariser Toilette nicht von dem Verdachte
zu befreien vermag, daß sie ihren langen Stock gelegent-
lich nicht nur dazu benützen möchte, um sich darauf zu
stützen. Daß man den Menschen und den Kunstwerken aber
ansehe, wo sie her sind, das ist eine Forderung, die man
immer wieder erheben muß, so oft sie auch von den talent-
und charakterlosen verleugnet wird, weil eben alle tüchtigen
sie fraglos erfüllen. Denn „Recht hat jeder eigene Charakter!"

Die 1891er WhrcB-AuAIrllung im Wiener ktünstlerhäuse

von Aarl v. vincenti

s ist die zwanzigste! Das will in dieser jubilierenden
Zeit fast eine Jubelausstellung bedeuten. Sie gibt
sich auch, wenn nicht offiziell, doch in ihrer Strebensreife
als eine solche, und der Kaiser, welcher sie am 16. März
in Person .feierlich eröffnete, sprach ihr ein hohes An-
erkennungswort. Er habe in Wien noch nie eine so
schöne Jahresausstellung gesehen, äußerte er. Das klingt
nicht allein ermutigend, sondern gewissermaßen jubel-

Nachdruck verboten

festlich. Wir nähmen es wenigstens gerne so und wären
somit beinahe versucht, den Blick, wie das schon so jubel-
üblich, für einen Augenblick nach rückwärts zu wenden.
Ta mahnt uns die Redaktion an die kargbewilligten
Spalten, und wir begnügen uns daran zu erinnern, daß
mit der Eröffnungsausstellung des Genossenschaftshauses
im Jahre 1868 die deutsche Kunst in Wien ihren Ein-
zug gehalten, um den Horizont der so lange in sich

Die Aunst für Alle VI.

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