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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
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Wochenversammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0303

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Lhronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Mission (Bibliothek und Vereinsabende): Mayr (als
Delegierter der Vorstandschaft), ferner: Bradl, Lallwey, lhalm
Heiden, Ejeilm aier, Heilmeyer, Kriner, Pezold, Pfann, Rank,
Schiestl, Schmädel, Sonnenschmidt, Steinicken, Weyßer. —
jV. Kommission (Hausverwaltung und Finanzwesen):
Barth (als Delegierter der Vorstandschaft), ferner: Heiden,
Kiefer, Kriner, Lasser, Teuning, Rothmüller, v.Schniädel, v. Seidl,
Sonnenschmidt, Wilhelm.

Hofgoldschmied Heiden erhält die Legitimation als Ver-
treter des Vereins im Fremdenverkehrsrat. Ziseleur Lasser
wünscht eine Wiederholung der schlecht besuchten Versammlung
über die Ausstellung ^08, was aber als untunlich bezeichnet
wird; dagegen wird auf Antrag Bildhauer Wilhelms be-
schlossen, die Vereinsmitglieder mittels Postkarte zum Besuch
der öffentlichen Ausstellungs-Versammlung in der Tonhalle (am
>5. April) einzuladen. Schluß der Sitzung 1/i8 Uhr.

Mochenversaminkuirgen.

Der Fünfzehnte Abend — am 26. März — war der
Generalversammlung gewidmet, über die oben S. 280 ff. be-
sonders berichtet wird.

Sechzehnter Abend — den 9. April —, Lichtbildervor-
führung von der D res d euer Ausstel l ung, besprochen von
Prof. Rich. Berndl. Der Redner ging von dem Gedanken
aus, daß jede Ausstellung ein bestimmtes künstlerisches Pro-
gramm zu erfüllen habe und erläuterte dies in einem historischen
Überblick über das Ausstellungswesen seit ;876. Die beide»
ersten deutschen Kunstgewerbeausstellungen, die;876 und > 888
in München stattfanden, standen beide unter dem Zeichen einer
Stilkunst, die aus dem Fornienschatze früherer Jahrhunderte
ihre Kräfte zog. Ls war um die Mitte der neunziger Jahre
des vergangenen Jahrhunderts, als man einsah, daß dies
nicht so weitergehen könne, und daß man seiner eigenen Zeit
zu genügen, ihren besonderen Bedürfnissen gerecht werden und
daher auch in Formen und Farben aus Eigenem schöpfen
müsse. Diese nioderne Bewegung im deutschen Kunstgewerbe,
die in München ihren Sitz hat, tritt zuerst \<)oo auf der Welt-
ausstellung zu Paris auf. ;g02 erschien sie in Turin und (904
errang sie auf der Weltausstellung in St. Louis einen glänzenden
Erfolg. Was schon ^90^ in München durch das Kohleninsel-
projekt und durch die Pläne, die Bertsch für eine Ausstellung
im Glaspalast entworfen hatte, zum Ausdruck kam, nannte
Prof. Berndl „das architektonische Prinzip", worunter nichts
anderes zu verstehen ist, als daß der Ausstellungsorganismus
von durchaus einheitlichen künstlerischen Gesichtspunkten der
Raumkunst geleitet und beherrscht wird, diesen künstlerischen
Gedanken suchten die Dresdener auf ihrer Ausstellung <906
zu verwirklichen. Die vorgeführten Lichtbilder zeigten, wie
diese Aufgabe in Dresden gelöst wurde; wie stark dabei die
Münchener beteiligt waren, konnte leider durch die Bilder nicht
in verdientem Maß dargelegt werden, da von wichtigen Räumen
keine Diapositive vorhanden waren. Dem aufmerksamen Vereins-
Mitglied, das die Vereinszeitschrift verfolgt, erschienen die
meisten Bilder nur wie Auffrischungen der Jeitschriften-Illu-
strationen aus den Heften 3 dieses Jahrgangs. Im An-
schluß an die Lichtbilder-Vorführung kanr Berndl auch auf die
„Ausstellung München 1908" zu sprechen, wobei er den Wunsch
und die Zuversicht äußerte, daß hier die ursprünglich von
München ausgehenden Ideen eine künstlerisch großzügige Ver-
wirklichung finden möchten — „das Korn steht gut, wir können

auf eine gute Ernte hoffen" —; mit diesen Worten schloß
Berndl seine interessanten, mit reichem Beifall aufgenommenen
Ausführungen.

Siebzehnter Abend — den ;s. April — Vortrag von
Or. Ludwig Sieder über: „Flüssige Luft und Sauerstoff sowie
deren Anwendung." So hochwissenschastlich das Thema an sich
klingt, so sehr verstand es der Vortragende doch, den Gegen-
stand seiner Besprechung dem Zuhörerkreis anzupassen und
namentlich die praktische Verwertung der wissenschaftlichen Er-
gebnisse im Bereich der Industrie und des Kunsthandwerkes
darzulegen. Einleitend wies Redner auf die ersten versuche
zur Verflüssigung der Luft hin und erläuterte an Hand von
Wandtafeln die dafür konstruierten Maschinen, deren Grund-
prinzip auf einer durch Herabminderung des atmosphärischen
Druckes herbeigeführten Abkühlung der Luft beruht; man ist jetzt
imstande das Kilogramm flüssiger Luft um rund zo Pfg. zu
liefern. Doch ist dazu zu bemerken, daß die in der flüssigen
Luft verfügbare Kälte 40—50 Mal so teuer ist wie die eiuer
gewöhulichen Kältemaschine; als Kältemittel wird daher die
flüssige Luft niemals eine volkswirtschaftliche Bedeutung erlangen.
Auf Grund der Tatsache, daß bei Verdampfen der flüssigen Luft
deren Komponenten Stickstoff und Sauerstoff sich verschieden
verhalten, gelangt man dazu, reinen Sauerstoff und reinen
Stickstoff getrennt darzustellen; seit nach Linde Sauerstoff her.
gestellt wird, ist der Preis dafür sehr gefallen, wodurch die An-
wendungsmöglichkeit erweitert wurde. Den Hauptnntzen daraus
zieht die Industrie; insbesondere stehen der Eisenindustrie z. B.
durch Anwendung der Hartlötung und der autogenen Schweißung
große Umwälzungen bevor. Die Schweißung erfolgt mittels
Wasserstoff und Sauerstoff — oder mittels Azetylen und Sauer-
stoff; die Wasserstoffschweißung eignet sich mehr für dünnwandige
Bleche (bis 8 mm); mit der Azetylenschweißung kann man Werk-
stücke bis 25 mm vorteilhaft schweißen. Das verfahren besteht
darin, daß mittels eigens konstruierter Brenner die zu verschweißen-
den Metallränder durch Verbrennung eines der genannten Gas-
gemische hochgradig erhitzt und stumpf (bzw. bei starkwandigen
Vbjekten mit abgeschrägten Kanten) aneinander geschmolzen wer-
den. Wie Eisen und Stahl, so lassen sich auch Gold, Silber,
Platin, Nickel autogen schweißen. Mit geeigneten Brennern ge-
stattet dieses verfahren auch ein Herausfchneiden von Stücken aus
den dicksten Blechen. Diese neue Schweißungsart ist wohl ge-
eignet, auch bei den Kunstschmiedarbeiten eine Umwälzung her-
beizuführen; denn da man bei der Schweißung nach diesem Ver-
fahren nicht mehr mit dem ganzen, oft umfangreichen und
schweren Gegenstand — man denke an Gittertore — am Kohlen-
feuer hernmzuhantieren haben wird, so werden sich daraus
mancherlei stilistische Änderungen ergeben; beispielsweise werden
die zusammenhaltenden Ringe in Zukunft nicht mehr die Rolle
spielen wie bisher. Endlich erstreckt sich die Wirkung der reinen
Sauerstoffdarstellung auch auf die Juwelierkunst, insoferne als
es gelungen ist, Rubine und Saphire vermittelst Sauerstoff her-
zustellen. Line fein gepulverte Mischung von trockenem Alu-
minium mit getrockneter Lhromsäure wird durch eine Leuchtgas-
Sauerstoffflamme geblasen, wobei Rubintroxfen bis 2 Vz Karate
erreicht werden, die sich in Nichts von den natürlichen Rubinen
unterscheiden; in Paris werden z. Zt. monatlich über 5000 odm
Sauerstoff zur Herstellung der künstlichen Rubine Verbraucht-
Ähnlich verhält es sich mit den künstlichen Saphiren. — Dem
mit großem Interesse aufgenommenen Vortrag folgte noch eine
große Reihe mehr oder weniger privater Erklärungen des aus-
gestellten Anschauungsmaterials, die unausgesetzt eine aufmerk-
sam lauschende Zuhörerschaft fanden.

verantw. Red.: ssrof. L. Gnielin. — Herausgegeben vom Barer. Aunftgewerbeverein. — Druck und Verlag von R. Mldenbourg, München.
 
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