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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Michel, Wilhelm: Münchener Straßendekorationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0180

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305. Schützenfest. Festwagen der „Fortuna"; von Fritz Lrlcr und Jos. Floßmann. (A. Sch.)

Münchener Kiraßendeßorationen.)

ährend sich die gebildete Mensch-
heit noch immer nicht über die
genaue Begriffsbestimmung des
Wortes „angewandte Kunst" hat
einigen können, entwickelt sich die
ihm zugrundeliegende Sache immer
lebhafter fort. Aus bescheidenen Anfängen hervor-
gegangen, hat sich die angewandte Kunst unserer
Tage in erstaunlich kurzer Zeit einer großen Zahl
von Lebensgebicten bemächtigt. Denn es ist ein
durchaus universalistisches Prinzip, auf dein sie be-
ruht, und die Konsequenzeit dieses Prinzips werden
erst dann vollkommen gezogeit fein, wenn die an-
gewandte Kunst als ebenbürtige Schwester und Be-
gleiterin des Lebens anerkannt ist.

Das Zahr fst06 hat eine weitere wichtige
Etappe in diesem großen Eroberungszuge der an-

') Die Illustrationen zu diesem Artikel bilde» eine
Auswahl aus den zahlreichen Griginalaufnahmen der Photo-
graphen — vgl. die Nameusabkiirzungen bei den Bildern und
im folgenden — Ja eg er 6c G oergen (I. 6c G.: 306—308,
317—320), G. Pettendorfer , Stettmeyers Nachfolg. (G P.:
323, 324, 326, 334, 338, 34(, 343—348), Rehse & L o.
(R. 6: Co.: 3(4, 3(5, 3(6, 32(, 322), Arthur Schneider
(A. Sch.: 303), Max Stuffler (M. St.: 30I, 3(0, 333, 335,

336, 342), Franz Wagner (F. w.: 3((—3(3, 325, 327—332,

337, 339, 340).

gewandten Kunst geschaffen. Es hat der Welt ge-
zeigt, daß auch der vorübergehende festliche Schmuck
der Städte einzig und allein vor das Horum der
Künstler gehört. Die Münchener Hestdekorationen
zuin Schützenfest und zum Kaiserbesuch am \2. No-
vember sind die Tatsachen, die mit einem Schlag
diese Sachlage eindrucksvoll beleuchtet haben.

Künstler sind zwar auch früher bei solchen Ge-
legenheiten herangezogen worden. Aber sie wurden
doch meist nur als wertvolle handlanger im Dienste
behördlicher Weisheit betrachtet. Alan hielt ihre
Mitwirkung wohl immer für wünschenswert, aber
keineswegs für unentbehrlich. Alan hatte ja die
altbewährten, jahrhundertelang verwendeten Deko-
rationsmittel wie Mahnen, Teppiche, Guirlanden,
Kränze, und überließ es den Hauseigentümern, aus
diesem Alaterial so viel oder so wenig zu machest,
wie ihr Geschmack es zulicß.

Zwischen dieser gelegentlichen Heranziehung
künstlerischer Kräfte und der Art, wie die jüngsten
Münchener Festdekorationen behandelt wurden, be-
steht ein grundlegender A((terschied. hier wurde der
festliche Schmuck einer Stadt zum ersten Male klar
und scharf als ein künstlerisches Problem
gefaßt, für dessen Lösung nur die Fachleute, die Künst-
ler, in Betracht kamen. Die Heranziehung der
Künstler ward hier nicht als ein Luxus, als ein
»Opus supereroAutioms« betrachtet, sondern als eine
ununigängliche Notwendigkeit, wenn anders die ge-

Kunst und Handwerk. 57. )ahrg. Heft 6.

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