Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 120

Quatuor evangelia cum glossis (Nicolaus de Lyra, Postilla litteralis in Evangelia?)

Papier · 1, 139, 1 Bll. · 28,6 × 21,5–21,7 cm · Wohl Süddeutschland Neustadt an der Weinstraße? · 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Bibel, Neues Testament / Liturgie / Exegese.
Entstehungsort
Wohl Süddeutschland Neustadt an der Weinstraße?
Entstehungszeit
15. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
1, 139, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
28,6 × 21,5–21,7 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 11 VI132 + (III+1)139 + (I-1)140*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 140* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–139); das moderne Vor- und Nachsatzbl. der Hs. sind nicht gezählt, daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung der Digitalisate übernommen. Lagenreklamant (24v), weitere Reklamanten sind nicht erhalten; Lagenzählung, zum Teil durch Beschnitt verderbt (erhalten: 3us, 5us, 7us-10us).
Zustand
Im Wesentlichen recht gut erhalten; am Anfang und am Ende der Hs. einige Bll. gebräunt und mit leichten Feuchtigkeitsschaden, leicht stockfleckig. Ränder dieser Bll. meist bestoßen und ausgebessert; teilweise am Falz angefasert. Beschädigung der ersten Bll. durch ehemalige Buchschließen (?), Löcher und Rostflecken.

Schriftraum
19,0–20,5 × 12,3–13,0 cm; 21,5–27,5 × 18,3–20,6 cm (Mit Glossen).
Spaltenanzahl
.
Zeilenanzahl
.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Ob mehrere Hände beteiligt waren, lässt sich letztlich nicht eindeutig bestimmen. Bibeltext und Glossen stammen wohl von derselben Hand. lediglich 1v ist wohl von einer weiteren Hand geschrieben; hier ist auch die erste Textzeile vergleichbar einer Überschrift in einer gotischen Minuskel hervorgehoben.
Buchgestaltung
Textblock mit Marginal- und Interlinearglossen in Klammerform. Zweispaltige Anordnung des Textes. Die Anfänge der Evangelien sowie der Kapitel werden durch wenig verzierte rote Lombarden von meist gleicher Größe kenntlich gemacht; am Beginn des Lukas-Evangeliums findet sich jedoch eine größe, durchbrochene Lombarde (63r); beim Johannes-Evangelium fehlen die Lombarden zum überwiegenden Teil, setzen 129r wieder ein. Weitere Unterteilungen werden durch Satzmajuskeln mit üblichen Rubrizierungen angezeigt. Der Bibeltext hat im Gegensatz zu den Glossen etwa die doppelte Schriftgröße. Bei den Marginalglossen werden die kommentierten Bibelstellen bzw. Worte am Beginn jeder Glosse zitiert.

Nachträge und Benutzungsspuren
125v Federprobe am Beginn von Io 12 (von der Hand des Rubrikators?): Dij incepta secundent.

Einband
Römischer Einband zwischen 1869 und 1878: helles Pergament (über Pappe?). Rücken mit den Wappen von Papst Pius IX. und dem Kardinalbibliothekar JeanBaptiste Pitra sowie einem roten goldgeprägten Rückenschild und einem blauen Signaturschildchen. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 818.
Provenienz
Süddeutschland (Neustadt an der Weinstraße?) / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Vorderspiegel mit Signaturschildchen. 1r mit älteren gestrichenen und aktuellen Signaturen; Titel von einer Hand des 17./18. Jhs. (?): Eúangelistæ Qúatúor cum commento; Besitzvermerk von einer Hand des 16. Jhs.: Newenstat. Dieser Vermerk bezieht sich auf die ursprüngliche Zugehörigkeit der Hs. zur Bibliothek des Liebfrauenstifts in Neustadt an der Weinstraße, deren Bestände nach der Auflösung des Stifts 1561 in die Heidelberger Universitätsbibliothek gelangten. Folgt man der Beschreibung im Pfälzischen Klosterlexikon 3, S. 250, so wäre der Besitzvermerk erst nach der Übertragung der Bücher in die Universitätsbibliothek hinzugefügt worden und wäre so eher als eine Art Herkunftsbezeichnung zu verstehen. Es ist jedoch fraglich, ob von einer erst nachträglich in Heidelberg ausgeführten Anbringung des Vermerks auszugehen ist, zumal diese dann bei Pal. lat. 589, dem Neustädter Statutenbüchlein, unterlassen worden wäre, da dieser Band keinen diesbezüglichen Eintrag enthält. Im Klosterlexikon ist darüber hinaus auch nur von „nachweisbaren vier Handschriften“ die Rede; genannt sind Pal. lat. 490, Pal. lat. 515, Pal. lat. 535 und Pal. lat. 589, Pal. lat. 120 fehlt in der Aufzählung (vgl. auch Paul Habermehl, Statuarische Entwicklung des Liebfrauenstifts, in: Stift und Stadt. Beiträge zum Seelbuch des Liebfrauenstifts zu Neustadt: Erläuterungen, hrsg. von Paul Habermehl, Neustadt a. d. Weinstraße 2006, S. 310f., der den vorliegenden Codex ebenfalls unerwähnt lässt). Ob die Handschrift zum Bücherlegat des 1419 verstorbenen Stiftsdekans Johann von Calw gehörte, lässt sich nicht nachweisen. Es wird im Stiftungsbrief nur aufgeführt, dass er der Stiftsbibliothek verschiedene, allerdings nicht näher bezeichnete, Bücher übereignet habe: dedit quam plures libros ad liberiam nostra (Das Seelbuch des Liebfrauenstifts zu Neustadt. Text, bearb. von Friedrich Burkhardt u.a., Speyer 1993, S. 235). Genauso wenig lässt sich ein bestimmter Entstehungsort ausmachen; die Handschrift ist wohl in Süddeutschland, vielleicht in Neustadt selbst entstanden.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_120
Literatur
OVL, Pal.lat.120; Schunke, Einbände 2.2, S. 817; Stevenson, Latini, S. 18.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1v–139r Digitalisat

Verfasser
[Nicolaus de Lyra?] (GND-Nr.: 119238683).
Titel
Quatuor evangelia cum glossis [Postilla litteralis in Evangelia?].
Angaben zum Text
(1. 2r–39r) Mt mit Prologen. Vgl. Stegmüller, RB 5896. (2. 39r62v) Mc mit Prolog. Vgl. Stegmüller, RB 5897. (3. 62v–105v) Lc mit Prolog. Vgl. 3 zu den fehlenden Glossen Stegmüller, RB 5898. (4. 106r–139v) Io mit Prolog. Vgl. zu den fehlenden Glossen Stegmüller, RB 5900. Bei dem bislang nicht identifizierten Glossentext handelt es sich wohl um die ‚Postilla litteralis‘ des Nikolaus von Lyra bzw. eine Glossierung, die sich im Wesentlichen auf diese Quelle stützt. Ab 64r fehlen sowohl die Marginal- als auch die Interlinearglossen; lediglich auf Bl. 139 sind ein paar Interlinearglossen eingetragen. Dieses Bl. enthält nochmals Io 19,282-42 (von derselben Hand?); warum es der Hs. beigebunden wurde, ist nicht erklärlich, da der Text des Io-Evangeliums in Kapitel 19 vollständig ist. Edition: Nicolaus de Lyra, Postilla super totam Bibliam IV: Evangelium Mathei – Evangelium Johannis, Straßburg 1492, ND Frankfurt 1971 (GW 4292). Vgl. zu weiteren Editionen: 2VL 6, Sp. 1118.
1r bis auf Signaturen, Titel und Besitzvermerk leer.
140*r–v leer.
Incipit
1v ›Circa principium huis [!] notandum quod lexcirca principium huius operis notandum quod lex seu doctrina ewangelica licet sit
Explicit
138v … qui scribendi sunt [d: gestrichen] libros [amen] [Io 21,25]. 139v … quia iuxta erat monumentum posuerunt. [Io 19,42] [Hier bricht der Text ab; s. Angaben zum Inhalt].
Edition
s. Angaben zum Inhalt.


Bearbeitet von
Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 120. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.