Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 126
Henricus de Homberg, Dubia in evangelium secundum Lucam (cap. 1)
Papier, Pergament · 4, 436, 3 · 22 × 15 cm · Heidelberg · um 1404–1415
- Schlagwörter (GND)
- Bibel / Kommentar / Lukasevangelium.
- Entstehungsort
- Heidelberg.
- Entstehungszeit
- um 1404–1415.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier, Bl. I Pergament.
- Umfang
- 4, 436, 3.
- Format (Blattgröße)
- 22 × 15 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (II-1)3a + 1I + (IV-1)7 + 10 VI127 + V137 + VI149 + VII163 + 14 VI331 + V341 + 7 VI425 + (V+1)436 + (II-1)439*. 3a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 439* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl. Nach 7 fehlt ein Bl. (kein Textverlust). Bl. 436 ist ein Einzelbl. Bei ungezählten Bll. folgt die Zählung dem Digitalisat (1a–3a, 437*–439*). Zwischen Bl.163 und 164 wurde ein Stück Vlies eingefügt, wohl zum Schutz des dort befindlichen hebräischen Fragmentes.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Moderne Bleistiftfoliierung (I, 1–233, 232, 235–436). Nach Bl. 233 folgt ein erneut als 232 bezeichnetes Bl. (=234). Bei ungezählten Bll. folgt die Zählung dem Digitalisat (1a–4a, 137*–139*). Lagenzählung jeweils auf der letzten Versoseite, rechts unten, beginnend 19v (primus, 2–36). Das Verzeichnis der Dubia (1r–7v) bezieht sich auf diese Zählung.
- Zustand
- In der letzten Lage (Bl. 426–436) beginnender Tintenfraß. Ir als frühere Außenseite der Hs. etwas verschmutzt.
- Wasserzeichen
- Aufgrund der Größe der Hs. nicht digitalisiert.
- Schriftraum
- 15,5–15,9 × 11–14,5 cm ().
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 29–37, 1r–7v 28 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Die Dubia durchgängig von einer Schreiberhand (Henricus de Homberg). Auch die Ergänzungen und Nachträge auf den Seitenrändern von der Hand des Schreibers. Oft flüchtige Schrift und zahlreiche Kürzungen. Das Inhaltsverzeichnis 1r–7v wohl ebenfalls von der Schreiberhand, wahrscheinlich zu einem wenig späteren Zeitpunkt angefügt (eigene Lage). Der Vergleich mit der Hand der Matrikeleinträge zur Zeit seines Rektorats (Heidelberg, Universitätsarchiv, M1, 73r–74r. Online: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/uah_m1/0149) zeigt, dass Pal. lat. 126 ganz und die weiteren Bände der "Dubia in evangelium secundum Lucam" zu weiten Teilen von Henricus de Homberg selbst niedergeschrieben wurden.
- Buchgestaltung
- Textraumbegrenzung in verdünnter Tinte. Rubriziert. Sätze und Satzteile durch Schrägstriche und vereinfachte Capitula-Zeichen mit roter Strichelung gegliedert. Zitate und Verweise auf den Bibeltext schwarz-rot unterstrichen. Laufender Seitentitel in rot (.Lucas. / primus).
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Auf den Seitenrändern zahlreiche Ergänzungen und Nachträge von der Texthand.
- Einband
- Weißes Pergament auf dicken Pappen, Rom um 1780. In der Umbindeaktion unter Pius VI. Braschi gefertigt. Rücken mit vier erhabenen Doppelbünden. Rückentitel: In Evangelium D. Lucae. Darunter in blauem Farbstift: Pala. 126. Zwei Signaturschilder, oben Kupferstichkartusche, in Rot 126 (abgerieben), unten blaues Signaturschild der BAV. Dickes Kapital, mit braunem und gelbem Garn umstochen. Schunke, Einbände 2,2, S. 818, vgl. Schunke, Einbände 1, S. 255f. Bl. I (Pergament) war der Vorderdeckel des früheren Koperteinbandes (Heidelberg, 15. Jh.?). Siehe auch: Besonderheiten.
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Die Rubriken zu Inhaltsverzeichnis und Text machen deutlich, dass das hier überlieferte Werk dem Magister Henricus de Homberg zuzuschreiben ist. 1r ›Hic est ordo dubiorum … que continentur in scripto magistri Henrici de Homberg super primo capitulo Luce‹. 8r ›Scriptum super Lucam …‹. Magister Henricus de Homberg (auch Heinrich Stubing de Homberg oder Hoenberg), 1404 an der Universität Heidelberg immatrikuliert als Professor der Theologie (Toepke, Matr. Heidelberg 1, S. 94), war als solcher Nachfolger seines Bruders Wasmut (Drüll, Gelehrtenlexikon 1, S. 215f.; siehe die Beschreibung zu Pal. lat. 125, Provenienz). Vom 20. Dez. 1408 bis 23. Juni 1409 Rektor (Weisert, Rektoren, S. 304, Nr. 60; Heidelberg, Universitätsarchiv, M1, 73r–74r). Vgl. auch: Federico Contini, Henricus de Homberg, in: CALMA 5, S. 443. Als er am 10. März 1424 starb, hinterließ er 14 Bände aus seinem Besitz. Diese gelangten 1438 nach dem Tod des Johannes Platen (Rektor 1414, 1424 und 1434, Toepke, Matr. Heidelberg 1, S. 122, S. 162, S. 201; Matr. Heidelberg 2, S. 609–611; Weisert, Rektoren, S. 304, Nr. 71) aus dessen Nachlass in den Besitz der Universität Heidelberg (Toepke, Matr. Heidelberg 1, S. 694f.; Heidelberg, Universitätsarchiv, RA 654, 157v, ediert: Rektorbücher 2, S. 432). Dabei handelte es sich um die "dubia" zu Lc 1–16 in Pal. lat. 126–131 (siehe jeweils zum Inhalt). Ob Henricus de Homberg auch die heute fehlenden Kapitel 17–24 auf gleiche Weise bearbeitet hat oder vor Vollendung des Gesamtwerks verstarb, ist nicht belegt. Später gelangten die Bände in die Bibliothek des Heidelberger Sapienzkollegs, wo Leone Allacci sie vorfand (zur Hs.: Theiner, Schenkung, Nr. XXIII, S. 78–81, hier S. 80, Nr. 47). Von den erhaltenen Hss. waren im Sapienzkolleg demnach die Teile zu Lc 2 und Lc 12 noch vorhanden. Weitere fehlende Teile (cap. 4 und 9–10) sind wohl schon vorher verloren gegangen. Die wenigsten Kapitel sind datiert, das späteste davon zu Lc 11 wurde abgeschlossen am 10. Nov. 1419 (Pal. lat. 131, 273r), das zu Lc 6 am 18. Nov. 1415. Wenn man von einer chronologischen Bearbeitung ausgeht, wäre Pal. lat. 126 somit vor 1415 zu datieren. Die 6 erhaltenen Bände behandeln die Kapitel 1 (Pal. lat. 126), 3 (Pal. lat. 128), 5–6 (Pal. lat. 129), 7–8 (Pal. lat. 130), 11 (Pal. lat. 131) sowie 13–16 (Pal. lat. 127). Die zahlreichen Kürzungen und Formulierungen im "Telegrammstil" lassen darauf schließen, dass der Schreiber (Henricus de Homberg selbst?) den Band vorwiegend für den eigenen Gebrauch geschrieben hat. 1623 mit der Palatina in die Vatikanische Bibliothek gelangt. Ir C. 21/ 728 (letzte Zahl gestrichen), unten alte Signatur 384 (gestrichen), wiederholt 1r unten 384. Im Allacci-Register nachweisbar: Pal. lat. 1949, 19r 728 expositio in Lucam .4. C. 21. [nachgetragen:] ad eundem Henricum [sc. de Homberg]. Entsprechend am Ende des Abschnittes zum Buchstaben H nachgetragen (26v): Henrici de Homberg commentaria super evangelium Lucae .4. codices insimul repositi sub illis numeris videlicet 78, 79, 727, 728, 732, 1354. Zur Zeit des Transportes nach Rom waren diese sechs Bände (Pal. lat. 126–131) somit als zusammengehörig erkannt. Der Verbleib eventueller weiterer Bände (heute fehlende Kommentare zu den Kapiteln 2, 4, 9–10, 12 und 17–24 des Lukasevangeliums) ist unklar.
- Besonderheiten
- Die erhalten gebliebenen 6 Bände mit der Lukasvorlesung
Heinrichs von Homberg sind nur ein Teil der 14 von ihm hinterlassenen Hss. (s.
Provenienz). Sie enthalten die Kommentierung von: Pal. lat. 126 - Lc 1, Pal. lat. 128
- Lc 3, Pal. lat.
129 - Lc 5–6, Pal. lat. 130 - Lc 7–8, Pal. lat. 131
- Lc 11 und Pal.
lat. 127 - Lc 13–16. Die Kommentierung von Lc 2, 4, 9–10, 12 und 17–24
sind nicht enthalten. Bei vergleichbarer Aufteilung wie die genannten Bände
wären somit 8 Bände verloren gegangen oder an anderen Orten bisher unerkannt
geblieben.
Die Falzverstärkungen aus Pergament lassen zuweilen hebräische Schriftzeichen erkennen (z.B. 19v/ 20r, 169v/ 170r). 164r wurde die Seite durch einen aufgeklebten Pergamentstreifen stabilisiert, der wohl aus der selben Hs. geschnitten wurde. Die erhaltenen Zeilen des Textes zeigen nur unvollständige Wortbruchstücke, die bisher keine Identifikation des Textes zulassen.
Iv zeilenweise geordnete Schabespuren deuten darauf hin, dass hier Text getilgt wurde (Palimpsest), vgl. Sever J. Voicu, Note sui palinsesti conservati nella Biblioteca Apostolica Vaticana, in: Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae 16 (2009), (Studi e testi 458), S. 445–454, S. 453. Die Tilgung wurde gründlich durchgeführt, es ist keine Schrift mehr erkennbar. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei Bl. I um einen der Deckel des früheren, flexiblen Einbandes (Kopert).
- Literatur
- Federico Contini, Henricus de Homberg, in: CALMA 5, S.
443; Fritz Peter Knapp, Ein Fragenkatalog zum Thema der
Tagung, in: Fritz Peter Knapp et al. (Hgg.), Schriften im Umkreis
mitteleuropäischer Universitäten um 1400, Leiden/Boston 2004, S. xiii (vgl.
auch S. xii, xx, 73, 82); OVL, Pal.lat.126; Gerhard Ritter, Die Heidelberger Universität, ein Stück
deutscher Geschichte, Bd. 1: Das Mittelalter, Heidelberg 1936, S. 498, Nr. 8
sowie S. 214; Stevenson, Latini, S. 19f.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–7v
- Verfasser
- Henricus de Homberg (GND-Nr.: 102492980).
- Titel
- Ordo dubiorum.
- Angaben zum Text
- Verzeichnis der Dubia zu 8r–436v. 1r ›Hic est ordo dubiorum principalium et minus principalium (pro maiori parte) que continentur in scripto magistri Henrici de Homberg super primo capitulo Luce‹. Dubia super primo prologo. Primum: Utrum Lucas fuerit Christi discipulus ante eius mortem et resurrectionem, et habetur in primo sexterno post principium in Lucam. Secundum: Quare Christus per se non scripsit … - … 130: Cur vita politica sive socialis videatur esse perfectior vita solitaria, quia tunc Johannes Baptista duxit pocius vitam solitariam, prima in desertis, quam politicam sive socialem, idem scilicet in 36o sexterno, et .l. cartularum etiam que primarum [?] sunt pocior alia. ›Expliciunt tytuli pro maiori parte dubiorum primi capituli‹. Die Stellenangaben beziehen sich auf die Lagen, die entsprechend der zeitgenössischen Lagenzählung zitiert werden. Vgl. auch Pal. lat. 131, 273v–278r. - 1ar-Iv leer.
- Rubrik
- 1r ›Hic est ordo dubiorum principalium et minus principalium que continentur in scripto magistri Henrici de Homberg super primo capitulo Luce‹.
- Incipit
- 1r Utrum Lucas fuerit Christi discipulus ante eius mortem et resurrectionem …
- Explicit
- 7v politicam sive socialem, idem scilicet in 36o sexterno, et .l. cartularum etiam que illarum sunt pocior alia.
2) 8r–436v
- Verfasser
- Henricus de Homberg (GND-Nr.: 102492980).
- Titel
- Dubia principalia et minus principalia in evangelium secundum Lucam (cap. 1).
- Angaben zum Text
- Auslegung von Lc 1 anhand von "dubia" im
Rahmen der Vorlesung des Heidelberger Theologieprofessors Henricus de Homberg
über das Lukasevangelium (Ritter, Heidelberger Universität
1, S. 214 und 498). 8r–11v umfasst die Einführung des Autors zum Thema unter
Bezug auf Sir 39,12 (s.u.). 12r–39r behandelt den ersten Prolog zu Lc
(Stegmüller, RB 620), 39r–46r den zweiten Prolog (Lc
1,1–4). 8r ›Scriptum super Lucam in nomine domini amen‹.
Pro aliquali recommendatione et earum introductione doctrine
ewangelice in hoc ewangelio scilicet beati Luce descripte quod, domino
concedente, intendo exponere et aliqualiter dilucidare saltem pro meo posse,
occurrit mihi ad presens verbum illud pro themate: Collaudabunt multi
sapientiam eius [Sir 39,12], sic scribitur Ecclesiastici 39o.
Patres et fratres mei in domino karissimi, ex sacra Scriptura recte
perspecta et diligenter perlecta … - … et hoc de dubio
quinto, sequitur nunc in textu, capitulum secundum Luce: Factum est autem in
diebus illis, exiit edictum … [Lc 2,1]. quere in secundo
volumine. Explicit scriptum super primo capitulo Luce, sit deus benedictus
in secula etc.
Stegmüller, RB 3180. Der zweite Band, zu Lc 2, auf den am
Ende des Textes verwiesen wird, scheint nicht erhalten zu sein. In Pal. lat. 128
folgen die "dubia" zu Lc 3. Lc 4 fehlt auch, es folgt Pal. lat. 129
mit Lc 5–6. Zugehörig sind desweiteren: Pal. lat. 130
zu Lc 7–8, Pal.
lat. 131 zu Lc. 11 und Pal. lat. 127
zu Lc 13–16. Siehe oben zur Provenienz. Zu "dubia" im universitären Lehrbetrieb
vgl. auch Ritter, Heidelberger Universität 1, S. 185.
Auf 247v und 251r–265v wird als 5. "dubium" zu Lc 1,35 erläutert utrum virgo beata in filii sui conceptione a fomite fuerit penitus liberata. Die hier ausgeführte Erörterung findet sich auch in Frankfurt, UB, Ms. Praed. 74, 55v–62v unter ausdrücklichem Bezug auf die Heidelberger Vorlesung des Henricus Stubing de Homberg über das Lukasevangelium, 62v am Ende des Textes (Gerhardt Powitz, Die Handschriften des Dominikanerklosters und des Leonhardstifts in Frankfurt am Main, Frankfurt/Main 1968 [Die Handschriften der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main 1], S. 175f.; Hs. online unter urn:nbn:de:hebis:30:2–17682, abgerufen am 25.09.2020). 437*r–439*v leer.
- Rubrik
- 8r ›Scriptum super Lucam, in nomine domini amen.‹
- Incipit
- 8r Pro aliquali recommendatione et earum introductione doctrine ewangelice in hoc ewangelio …
- Weiteres Initium
- 8r Collaudabunt multi …[Eccl. 39,12], sic scribitur Ecclesiastici 39o. Patres et fratres mei in domino karissimi, ex sacra Scriptura recte perspecta et diligenter perlecta … ; 251r Utrum virgo beata in filii sui conceptione a fomite fuerit penitus liberata …
- Explicit
- 436v … Capitulum secundum Luce: Factum est autem in diebus illis, exiit edictum a cesare Augusto ut describeretur universus orbis etc. quere in secundo volumine.
- Bearbeitet von
- Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 126. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.