Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1988

Le Saint Voult de Luques

Pergament · 3, 2, 2, 48, 2, 3 Bll. · 34,4–34,7 × 23,8–24,0 cm · Paris (?) · um 1400/1405


Schlagwörter (GND)
Legende / Wunderbericht / Miracula / Translationsbericht.
Entstehungsort
Paris (?).
Entstehungszeit
um 1400/1405.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
3, 2, 2, 48, 2, 3 Bll.
Format (Blattgröße)
34,4–34,7 × 23,8–24,0 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II-1)3a + 4 I2 + 5 IV42 + II46* + I48* + (II-1)51*. – Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 51*. Die Hs. wurde bei der Neubindung in Rom in den 1620er Jahren von Bl. 1 bis Bl. 10 verbunden; die korrekte Bl.-Folge ist: Bl. 2 und 1 (bildet ein Binio), Bl. 3, 8, 9, 6, 7, 4, 5 und 10, wie auch an der alten Zählung erkennbar ist (a-f), die mit Bl. 3 beginnt und den gesamten Quaternio umfasst. – Bei der Restaurierung 2000 wurden jeweils drei weitere Vorsatzbll. neuerlich beigebunden und das Doppelbl. mit der deutschsprachigen Inhaltsübersicht, das lose beilag, zwischen die älteren römischen und die vorrömischen Vorsatzbll. eingebunden (Bl. I-II), wie an dem neuen Heftfaden zu erkennen ist.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung (1–44); moderne Foliierung (I-IV). Bei ungez. Blättern folgt die Zählung dem Digitalisat (1a–5a, 45*–51*). ‒ Regelmäßig Lagenreklamanten.
Zustand
Im Wesentlichen gut erhalten. Pergament geringfügig gebräunt, an wenigen Stellen durchscheinend, leicht wellig. Bl. 3 bis 10 mit Wasserschaden, dadurch Miniaturen und Tinte in diesem Bereich teilweise geschädigt und verwischt.

Schriftraum
21,8–22,2 × 14,3 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
25 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Sorgfältige und kalligraphisch ausgeformte Textura formata von einer Hand. Ausführlich zum Formenbestand: Critelli, La leggenda, S. 173–179.
Buchgestaltung
Blockhafte Anordnung des Textes. Am Beginn der Bücher bzw. Kapitel meist halbseitige szenische Darstellungen. Die Anfänge der Kapitel werden durch zum Teil ausführliche Rubriken und Zierinitialen auf Goldgrund im Feld mit Dornblattranken hervorgehoben. Weitere kleinere verzierte Initialen, Paragrafenzeichen und Zeilenfüllungen im Text. Satzmajuskeln mit gelber Tupfung versehen. Anweisungen für den Rubrikator teilweise noch sichtbar. S. auch: Critelli, La leggenda, S. 165–169.
Buchschmuck
Zahlreiche Miniaturen mit thematischem Bezug zum Text an den Anfängen der Kapitel. S. auch Bildbeschreibung in heidICON und Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Wenige Korrekturen, Ergänzungen und Anmerkungen von verschiedenen Händen. Vereinzelt Nota-Zeichen.

Einband
Der von Schunke beschriebene Einband wurde bei der Restaurierung 2000 ersetzt; vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 902. Neuer römischer Einband: braunes Leder mit Messing-Schließen an Lederstreifen (über Holzdeckel?). Rücken mit geprägten Wappen von Papst Johannes Paul II., des Kardinalbibliothekars Jorge María Mejía (1923–2014), sowie geprägter Signatur und blauem Signaturschildchen.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Vorderspiegel mit Signaturschildchen; 4ar mit weiterem Signaturschildchen. 5ar mit der römischen und einer älteren Signatur, gestrichen: 1830 (vgl. BAV, Vat. lat. 7122, 288r); IIIr mit der (Allacci-)Signatur: No. 1245 (wiederholt auf 46*v), und Federproben. IVv Miniatur mit Wappen der Auftraggeber der Hs.: Stadt Lucca (silber-rot geteilter Schild) und Familienwappen der Rapondi (in Blau sechs, 3:2:1, goldene Ährenpaare), einer aus Lucca stammenden in Nordfrankreich und den Niederlanden ansässigen Kaufmannsfamilie (Gianfranco Rocculi, Quelli delle „Rape d’oro“, in: Atti della Società italiana di Studi Araldici 26 [2009], S. 129–139). Bei den beiden dort Dargestellten handelt es sich um zwei Brüder der Rapondi. Da im fraglichen Zeitraum Dino (um 1350–1416), Filippo († um 1431) und Jacopo Rapondi (1350–1432) in Paris und Flandern lebten und im Dienste des französischen Königs bzw. der Herzöge von Burgund standen, lässt sich letztlich nicht entscheiden, um welche der Brüder es sich handelt. Nach Hilary Maddocks, The Rapondi, waren Jacopo und Dino „as the representatives of the family in Paris“ die Auftraggeber der Hs. Geschaffen wurden die Miniaturen offenbar vom Meister der Marienkrönung, der zwischen 1400 und 1405 in Paris tätig war. Wie die Hs. nach Heidelberg gelangte, bleibt unklar. Mitte des 16. Jhs. lag der Palatinus in der Schlossbibliothek, ehe er unter Kurfürst Ottheinrich in die Bibliothek der Heiliggeistkirche verbracht wurde. Die in diesem Zusammenhang erstellten Kataloge nennen: Nicodemi Euangelion, gallice, geschrieben, perment, 19. (Pal. lat. 1941, 57r, ebenso in der Abschrift Pal. lat. 1937, 71r; vgl. auch Christ, Handschriften, S. 16). Im nach 1581 angefertigten Katalog der Bibliotheca Palatina findet sich der Titel Nicodemi Evangelium, gallice, papir, illuminirt, bretter, braun leder, bucklen (Pal. lat. 1931, 307v, vgl. auch Christ, Handschriften, S. 18).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_1988
Literatur
ARCA, Biblioteca Apostolica Vaticana – Pal. lat. 1988; Isa Belli Barsali, Le Miniature della Legende de Saint Voult de Luques in un Codice Vaticano appartenuto ais Rapondi, in: Lucca, il Volto Santo e la Civiltà medioevale, Lucca 1984, S. 123–156; Berschin, Palatina, S. 134; Brigitte Buettner, Jacques Raponde „marchand de manuscrits enluminés“, in: Médiévales 14 (1988), S. 23–32, hier S. 26f.; Christ, Handschriften, S. 18, 100–104; Critelli, La leggenda, passim (mit weiterer Literatur); Marco Frati, Il culto delle reliquie gerosolimitane in Toscana e le modifiche spaziali degli organismi architettonici medievali, in: Rivista di storia e letteratura religiosa 37 (2001), S. 201–229, hier S. 204 A. 10; La Leyenda de la Santa Faz. Biblioteca Apostólica Vaticana, Códice Palatino Latino 1988, libro de estudios, Vatikanstadt 2009; Anne-Françoise Leurquin, Notice, in: Jonas-IRHT / CNRS, http://jonas.irht.cnrs.fr/manuscrit/65652; Hilary Maddocks, The Rapondi, the Volto Santo di Lucca, and Manuscript Illumination in Paris ca. 1400, in: Patrons, Authors and Workshops. Books and Book Production in Paris around 1400, hrsg. von Godfried Croenen / Peter Ainsworth, Löwen u.a. 2006, S. 91–122; Montuschi, Dai duchi, S. 237, 245, 255, 257; OVL, Pal.lat.1988; Schunke, Einbände 2.2, S. 901; Maurits Smeyers, Lubert Hautscilt, abt van de Brugse Eeckhoutabdij (1393–1417). Over handschriften, planeten en de toekomst van Vlaanderen, in: Academiae Analecta, Klasse der Schone Kunsten 55 (1995), S. 39–104, hier S. 79f.; Markus Weis, Légende de Saint Voult de Luques, in: Ausst.-Kat. Palatina 1, S. 315f., E 17.4 (mit weiterer Literatur).
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1r–44v Digitalisat

Beteiligte Personen
Jean Golein (GND-Nr.: 102487383).
Titel
Le Saint Voult de Luques.
Angaben zum Text
Die Hs. bietet die aus dem Legendenzyklus der ‚Festes nouvelles‘ ausgegliederte Volto-santo-Legende in der Übersetzung des Pariser Karmeliters und Universitätslehrers Jean Golein (um 1325–1403; ARLIMA, https://arlima.net/no/1490), der im Auftrag Karls V. von Frankreich als Übersetzer lateinischer Werke tätig war. Zu Inhalt und Organisation des Textes siehe auch: Critelli, La leggenda, S. 169–173. – 1ar–4ar leer. – 4av bis auf Signaturschildchen leer. – 5ar bis auf Signaturen leer. – 5av leer. – Ir–v deutschsprachige Inhaltsübersicht. – IIr–IVr leer. – IVv Miniatur der Auftraggeber. – 45*r–48*v leer. – 49*r bis auf den Namen des Restaurators leer. – 49*v–53*v leer.
Rubrik
2v ›Cy est descripte la legende du Saint Voult de LuquesEt premierement comment par la grace de dieu un ange apparut a Nychodeme …‹ [Die Bl.-Folge 2v / 1r stellt die korrekte Abfolge dar; s. Zusammensetzung].
Incipit
3r [Prolog:] Le boin dyacre, petit serviteur de Ihesucrist. A tous mes freres feaulx en la foy catholique par tout le monde salut en nostre seigneur Ihesucrist
Explicit
44v … Et de ce que avint devant plusieurs gens, nous faisons tesmoingnage de verité a vous tous et le commandons a dieu. Datum.
Edition
Im Zusammenhang mit den ‚Festes nouvelles‘: Lyon: Barthélémy Buyer 1477; eine moderne Edition der ‚Festes nouvelles‘ ist in Vorbereitung. Eine Transkription des Palatinus bietet: M.H. Tesnière, Transcriptión del manuscrito de la Légende du Saint Voult (Biblioteca Apostolica Vaticana, Palatinus Latinus 1988), in: La Leyenda de la Santa Faz, S. 111–213.


Bearbeitet von
Dr. Uli Steiger, Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1988. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger, Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.