Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1991
Traktat von der Messe; Henri Suso, Horloge de sapience
Papier · 2, 189, 1 Bll. · 26,4 × 20,5 cm · Romandie / Franche-Comté / Rhône-Alpes · 1420er/1430er Jahre
- Entstehungsort
- Romandie / Franche-Comté / Rhône-Alpes.
- Entstehungszeit
- 1420er/1430er Jahre.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 2, 189, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 26,4 × 20,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1* + 12* + V1i + 14 VI169 + (VI-1)180 + (I-1)181*. – Vorderspiegel Gegenbl. von 1*, Hinterspiegel Gegenbl. von 181*.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Zeitgenössische Foliierung (i–viijxxxvij = 177), lässt das Inhaltsverzeichnis aus und setzt mit Bl. 4 der römischen Foliierung ein; römische Foliierung, die die leeren Bll. der ersten Lage nicht zählt (1–180). Das römische Vor- und Nachsatzbl., das vorrömische Vorsatzbl. sowie die unbeschriebenen Bll. der ersten Lage sind nicht gez., daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen (1*–2*, 1a–1i, 181*).
- Zustand
- Leichte Bräunungen, v. a. am Rand, und Flecken; stockfleckig. Stellenweise Durchschlagen der Tinte; beginnender Tintenfraß. Heftfaden an manchen Stellen gelockert.
- Wasserzeichen
- Weintraube mit zweikonturiger Ranke, annähernd identisch mit Briquet, Les filigranes, Nr. 12991 (vgl. auch Lebigue / Savoye, Des origines), nachweisbar auf Papieren, die 1420 in Solothurn Verwendung fanden und aus dem Piemont stammen. Annähernd identisch mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1430 in Düsseldorf (https://www.wasserzeichen-online.de/?ref=DE2040-PO-129246), 1441 an ungenanntem Ort (https://www.wasserzeichen-online.de/?ref=DE2040-PO-129163) und 1442 in Narwa (https://www.wasserzeichen-online.de/?ref=EE7185-PO-129158) Verwendung fanden.
- Schriftraum
- 18,6–19,5 × 12,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 35 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Text 1 in einer durchaus kalligraphisch anmutenden Bastarda. Text 2 in einer schleifenlosen Bastarda von anderer Hand, die auf 5r–6v und 31v–37v eine Bastarda mit Schleifen schreibt und gegen Ende Mischformen verwendet. Als Auszeichnungsschrift findet eine gotische Minuskel Verwendung.
- Buchgestaltung
- Blockhafte Anordnung des Textes. Rubriken mit Kapitelzählung (auf 36v ist die fehlende Rubrik durch rote Durchstreichung des Textes kenntlich gemacht); meist vierzeilige rote Lombarden mit schwarz-roten figürlichen und geometrischen Verzierungen an den Kapitelanfängen, kombiniert mit einer gotischen Minuskel (zum Teil bis zu zwei Zeilen umfassend). Satzmajuskeln mit üblichen Rubrizierungen sowie rote Paragrafenzeichen zur weiteren Textgliederung; Satzmajuskeln mit üblichen Rubrizierungen im Epilog (aus der gotischen Minuskel). Die Dialogteilnehmer werden durch gotische Minuskeln hervorgehoben; Marginalschlagwörter mit Paragrafenzeichen und rubrizierten Satzmajuskeln. Oberlängen bzw. Unterlängen der Buchstaben in den ersten bzw. letzten Zeilen anfangs verlängert und verziert ausgezogen, zum Teil in Rot. In der Inhaltsübersicht zweizeilige rote Lombarden und rote Zeilenfüller zum Teil mit schwarzen Punkten zur Abgrenzung der Einträge; die Folioangaben von einer wenig jüngeren Hand auf dem Rand nachgetragen. Anweisungen für den Rubrikator teilweise noch sichtbar.
- Buchschmuck
- s. Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Wenige Streichungen, Korrekturen und Ergänzungen und Anmerkungen von verschiedenen Händen. Vereinzelt Nota-Vermerke. Folioangaben in der Inhaltsübersicht von einer wenig späteren Hand auf dem Rand ergänzt.
- Einband
- Römischer Einband um 1780: helles Pergament (über Pappe?). Rücken mit einem Signaturschildchen; am Kopf unterhalb des Signaturschildchens noch wenige Reste einer hs. Signatur erkennbar (vgl. beispielhaft Pal. lat. 1962, Pal. lat. 1966 oder Pal. lat. 1967). Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 901.
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Vorderspiegel mit Signaturschildchen. 1ar mit der römischen Signatur und einer älteren: 1820 [gestrichen]. 2ar mit Capsa-Nummer: C. 103, und Allacci-Signatur: 1254. Heidelberger Titel des 16. Jhs.: Horologium sapientiæ (2r). Die Wzz. der beschriebenen Papiere macht eine Entstehung der Hs. in den 1420er und 1430er Jahren wahrscheinlich. Ein Wz. der im Codex verwendeten Papiere findet sich ebenfalls bei Papieren in Pal. lat. 1960. Aufgrund dessen könnte sich auch diese Hs. im Besitz der Margarete von Savoyen, Gattin Ludwigs IV., befunden haben (Lebigue / Savoye, Des origines). In diesem Fall wäre die Hs. über ihren Sohn Kurfürst Philipp schließlich in die Schlossbibliothek und die Bibliotheca Palatina gelangt (Zimmermann, Handschriften, S. 103–105). Allerdings könnte die Hs. auch Mechthild von Savoyen-Achaia, der Gattin Kurfürst Ludwigs III., gehört haben, die zeitlebens gute Verbindungen in ihre Herkunftsregion unterhielt. Mit großer Sicherheit befand sich der Palatinus jedoch Mitte des 16. Jhs. in der Heidelberger Schlossbibliothek, findet sich doch unter jenen Büchern, die unter Kurfürst Ottheinrich in die Bibliothek der Heiliggeistkirche verbracht wurden, der Eintrag De virtute missæ, geschrieben, papier, francois, 6.6.4. (Pal. lat. 1929, 50v; vgl. auch Christ, Handschriften, S. 16). Im nach 1581 angefertigten Katalog der Bibliotheca Palatina erneut aufgeführt als De virtute missæ, gallice, geschrieben, papir, folio, bretter, rot leder, bucklen (Pal. lat. 1931, 88v, vgl. auch Christ, Handschriften, S. 18).
- Literatur
- ARCA, Biblioteca Apostolica Vaticana – Pal. lat. 1991; Berschin, Palatina, S. 134; Christ, Handschriften, S. 107; Montuschi, Dai duchi, S. 237, 255,
257; OVL,
Pal.lat.1991; Marie-Laure Savoye, Notice de „Vaticano (Città del),
Biblioteca apostolica Vaticana, Pal. lat. 1991“ dans la base Jonas-IRHT / CNRS,
http://jonas.irht.cnrs.fr/manuscrit/76516; Schunke, Einbände 2.2, S. 901.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–v
- Titel
- Traktat von der Messe.
- Angaben zum Text
- Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine volkstümliche Erklärung der Messe; er ist zugleich eine Anleitung, wie man der Messe in ihren Teilen mit Andacht folgen soll, die sich vielfach variiert in zahlreichen Hss. wiederfindet (u. a. als ‚Devise de la messe‘, ‚Instruction pour entendre la messe‘ oder auch ‚Vertu de la messe‘). Vgl. Christ, Handschriften, S. 46, 107. Derselbe Text mit Varianten auch in Pal. lat. 1959, 22r–23r. – 1ar bis auf Signaturen leer. – 1av leer. – 2ar bis auf Capsa-Nummer mit Allacci-Signatur leer. – 2av leer.
- Rubrik
- 1r ›Cy apres s’ensuit la vertu de la messe‹.
- Incipit
- 1r Au commancement de la messe, on ne doit nullement penser ne regarder a chose que on ait veüe ne oÿe …
- Explicit
- 1v … qui ne nous oblient mie de nous faire nostre besoigne envers nostre seigneur et de impetrer que puissons fere nostre sauvement.
2) 2r–180r
- Verfasser
- Henri Suso (GND-Nr.: 118613510).
- Weitere beteiligte Personen
- Jehan de Souabe.
- Titel
- Horloge de sapience.
- Angaben zum Text
- Der Palatinus bietet die vollständige Übertragung des ‚Horologium sapientiae‘ des oberdeutsch-schweizerischen Dominikaners und Mystikers Heinrich Seuse (1295 oder 1297–1366; 2VL 8, Sp. 1109–1129 und 2VL 11, Sp. 1426; ARLIMA, https://arlima.net/no/3263) ins Französische. Im Epilog nennt sich der Übersetzer Jehan de Souabe (14. Jh.; ARLIMA, München/BSB / Cod. gall. 771), ein Lothringer Franziskaner und Theologen-Magister, der die Übersetzung auf Wunsch des nicht näher bekannten Magisters beider Rechte Dimence dit de Port (179r) verfasst und 1389 in Chastel nuef [!] (Neufchâteau, Dép. Vosges, Frankreich) vollendet hat. Pius Künzle, Heinrich Seuses Horologium sapientiae, Freiburg i. Üe. 1977, S. 251–258, v. a. S. 252, identifiziert Dimenche de Port mit einem Sohn des Ritters Nicole de Port, eines Rats von Graf Heinrich von Bar. Derselbe Text auch so in Pal. lat. 1973, 1r–214r. 2r [Inhaltsübersicht:] ›La table. Cest volume contient deux livres‹. Le premier livre contient … 4r [Buch 1:] ›Ci commence le traictié qui est nommé orloge de sapience ou quel est parfaictement contenue la voie et maniere d’acquerir sauvement‹. Salomon en lon [!] livre de sapience ou premier chapitre dit … 112r … ›Cy fine le premier livre et commence le seconde livre qui traicte de la matiere de la diversité des doctrines de divers escoliers dont cest merveilles‹. [Buch 2:] Sapientiam omnium antiquorum … 178v … [Epilog in gereimten Achtsilbler-Versen:] ›Es vers cy escrips trouveras les noms de ceulx qui ont fait et fait faire cest livre‹. Ceste doctrine couronnee / Fut premierement ordonnee … 180r … Pour moy une foy la [!] pater nostre / Disons en la derreine roie / Amen. Amen que dieu l’ottroie. ›Explicit deo gratias‹. In den weitaus meisten überlieferten Hss. ist der gereimte Epilog als ein Prolog dem Text des ‚Horloge‘ vorangestellt; vgl. zur Überlieferung zusammenfassend: ARLIMA, München/BSB / Cod. gall. 771. – 1ar–1iv bis auf Zeilengerüst leer. – 3v leer. – 180v bis auf Zeilengrüst leer. – 181*r–v leer.
- Rubrik
- 2r ›La table. Cest volume contient deux livres‹.
- Incipit
- 2r Le premier livre contient …
- Explicit
- 180r … Pour moy une foy la [!] pater nostre / Disons en la derreine roie / Amen. Amen que dieu l’ottroie. ›Explicit deo gratias‹.
- Edition
- Peter R. Monks, The Brusels Horloge de Sapience. Iconography and Text of Brussels, Bibliothèque Royale, MS. IV 111…, Leiden 1990; Marie-France Piaggeski-Ajdnik, L’Orloge de Sapience, livre 1. Traduction de l’Horologium sapientiae de Henri Suso, faite par un moine anonyme de Neufchâteau en 1389. Édition critique avec introduction, notes et glossaire, d’après le manuscrit no 926 de la Bibliotèque nationale de Paris, Nancy 1984.
- Bearbeitet von
- Dr. Uli Steiger, Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1991. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger, Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.