Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1992
Jean Dupin, Livre de Mandevie
Papier · 1, 1, 179, 1 Bll. · 30,5 × 21,5 cm · Romandie / Franche-Comté / Rhône-Alpes · 1420er/1430er Jahre
- Schlagwörter (GND)
- Traumallegorie / Belehrung / Moral.
- Entstehungsort
- Romandie / Franche-Comté / Rhône-Alpes.
- Entstehungszeit
- 1420er/1430er Jahre.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 1, 1, 179, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 30,5 × 21,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + (I-1)I + (VIII-1)15 + (II-1)18 + 3 XI84 + VI96 + 2 XII144 + (XII-1)167 + (VII-2)179 + 1180 + Hinterspiegel. Bll. entfernt nach I, 4, 18, 151 und 179. Bl. 180 eingefügtes kleines Bl. – Vorderspiegel Gegenbl. von 1a.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung (I, 1–176), später mit Blei fortgeführt (177–180). Bei ungez. Blättern folgt die Zählung dem Digitalisat (1a). Ab 18v Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg rechts. Reste einer Lagenfoliierung auf der Rectoseite unten rechts mit Minuskelbuchstabe und römischer Ziffer und auf der Versoseite unten rechts am Falz mit römischer Ziffer zuweilen erkennbar.
- Zustand
- Im Wesentlichen gut erhalten. Gelegentlich Tinte leicht berieben und verblasst; stellenweise leichte Bräunungen, meist am Rand. Zum Teil größere Fehlstellen mit Textverlust (u. a. Bl. I), zum Teil ausgebessert; die Reste des fragmentierten Bls. I lagen offenbar lose bei und wurden angefasert, darauf deutet u.a. hin, dass auf 1av oben rechts in der Ecke der Abklatsch der Capsa-Nummer von 1r zu erkennen ist.
- Wasserzeichen
- Nach Lebigue / Savoye, Des origines, wie bei Pal. lat. 1961 Mühlrad mit Kurbel, annähernd identisch mit Briquet, Les filigranes, Nr. 13268, welche auf Bll. zu finden sind, die 1427 in Genf Verwendung fanden. Der Abgleich mit WZIS ergab für die zwei Varianten: Bll. 2, 6, 10, 13, 16, 21, 23, 25, 29, 35, 37, 40, 46, 55, 59, 61, 66, 71, 74, 77, 79, 84, 91, 95, 100, 110, 114–115, 122–123, 130, 138–140, 145–146, 156–157, 159–160, 173, annähernd identisch mit DE5580-Clm6604_154 (Basel / Konzil, 1438/1439); Bll. 1, 7, 12, 17, 20, 26, 28, 45, 47, 49–51, 60, 62, 64–65, 77–78, 80, 87, 92–93, 96, 98–99, 101, 104–106, 108, 120, 129, 131–132, 137, 141, 144, 147–149, 158, 161–162, 168, 170–171, 174, 177, annähernd identisch mit DE5580-Clm6604_146 (Basel / Konzil, 1438/1439).
- Schriftraum
- 21 × 12,5–16 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 39–43 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Gotische Kursive von einer Hand, die auch Pal. lat. 1961 kopierte, mit der die vorliegende Hs. ursprünglich eine Einheit bildete. Gotische Minuskel als Auszeichnungsschrift für die Kapitelanfänge.
- Buchgestaltung
- Blockhafte Anordnung des Textes. Zwischenüberschriften in vergrößerter gotischer Minuskel (bis 110r), anfänglich mit roter Initialmajuskel, später Raum für Initiale frei gelassen, Angaben für Rubrikator noch vorhanden; ferner rote Strichelungen, Unterstreichungen und Paragrafenzeichen; an den Rändern mit rotem Paragrafenzeichen eingeleitete kurze Inhaltsangaben.
- Buchschmuck
- s. auch Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Kaum Korrekturen und Nota-Zeichen, in der Regel von der Schreiberhand. Zwischen 47v und 56v zeitgenössische Kopierangaben auf dem Fußsteg.
- Einband
- Römischer Einband um 1780: helles Pergament über Pappe. Rücken mit blauem Signaturschildchen. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 902.
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Vorderspiegel mit Signaturschildchen. 1ar mit älterer Signatur: 1821 [gestrichen], sowie der aktuellen Signatur: Pal. 1992. 1r mit Capsa-Nummer: C. 71., sowie zwei älteren Signaturen: no. 1243 [eventuell die Allacci-Signatur?] und 667 [alle gestrichen]. 1r Heidelberger Titel des 16. Jhs. (?): Ioannis du Pyn visionum libri 8. primus autem desideratur. Jtem de virtutibus liber 1. cuius duæ sunt partes jnstituta. Wie die Wzz. nahelegen, wurden Pal. lat. 1961 und Pal. lat. 1992 in den 1420er oder 1430er Jahren in der Romandie oder den westlich angrenzenden Regionen der Franche-Comté oder Savoyens geschaffen. Wie Jean-Baptiste Lebigue und Marie-Laure Savoye vermuten, könnte Margarethe von Savoyen (1420–1479), die Gattin des Kurfürsten Ludwig IV., diese besessen haben (Lebigue / Savoye, Des origines). Über ihren Erben Kurfürst Philipp wäre in diesem Fall das Werk in die Schlossbibliothek und schließlich in die Bibliotheca Palatina gelangt (Zimmermann, Handschriften, S. 103–105). Allerdings ist zu beachten, dass auch Mechthild von Savoyen-Achaia (um 1390–1438), verheiratet mit Kurfürst Ludwig III., als mögliche Besitzerin in Betracht kommt, unterhielt sie doch zeitlebens enge Verbindungen in ihre Herkunftsregion. Nach Christ, Handschriften, S. 107, war der Band früher mit Pal. lat. 1961 zusammengebunden, wie aus dem gemeinsam verwendeten Titel hervorgeht (vgl. Pal. lat. 1961, 1r). Allerdings muss die Trennung der beiden Teile bereits in Heidelberg noch vor dem Abtransport nach Rom erfolgt sein, da beide Hss. unterschiedliche Capsa-Nummern tragen. Während Pal. lat. 1961 in den Katalogen zu jenen Büchern enthalten ist, die unter Ottheinrich von der Schlossbibliothek in die Bibliothek der Heiliggeistkirche verbracht wurden, taucht vorliegende Hs. erst im nach 1581 angelegten Katalog auf: Joann [!] du Pin visionum libri 8, primus autem desideratur, item de virtutibus liber 1, cujus duæ sunt partes, gallici, geschrieben, papir, jn folio, ein brett, weiß leder, ketten (Pal. lat. 1938, 90r, vgl. auch Christ, Handschriften, S. 18).
- Literatur
-
ARCA,
Biblioteca Apostolica Vaticana – Pal. lat. 1992
; Berschin, Palatina, S. 134; Christ, Handschriften, S. 107f.; Critelli, La leggenda, S. 181; Montuschi, Dai duchi, S. 255;
OVL,
Pal.lat.1992
; Schunke, Einbände 2.2, S. 902; Section romane, Notice, in: Jonas-IRHT / CNRS, http://jonas.irht.cnrs.fr/manuscrit/75199.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) Ir–v, 1r–174r
- Verfasser
- Jean Dupin (GND-Nr.: 104363878).
- Titel
- Livre de Mandevie.
- Angaben zum Text
- Der ‚Livre de Mandevie‘ wurde zwischen 1324 und 1340 vom französischen Mönch Jean Dupin (um 1302?–1374; vgl. Repertorium fontium historiae medii aevi, Bd. 6, Rom 1991, S. 528) verfasst, der möglicherweise mit dem Cluniazenser-Prior von Saint-Martin-des-Champs in Paris und nachmaligen Abt von Cluny gleichen Namens identisch ist (s. ARLIMA, https://arlima.net/no/75). [Prolog:] ›Cy comm[ancement les melan]coli[es Iehan du Pin‹ sur les condicions de ce monde …] [hier fehlen im Folgenden der Prolog sowie die Inhaltsübersicht und der Beginn des 1. Buchs; Textergänzung nach dem unten genannten Druck] 1r … guerre en ce temps au roy d’Engleterre, tribulacion et desolacion estoit par my le monde et droiture estoit faillie en pluseurs lieux … 1v … Cy parle de la blanche montaigne [auf den Rand ausgerückt]. ›Je qui‹ moult esbahy estoye et paeureux regarday contre orient si vy vne blanche montaigne … 104v … ou parfait creatour par une oroison que je fis qui est telle. ›Oratio‹ 105r [Gebet und Epilog:] ›Jhesucrist parfait‹ de touz temps, mon dieu, mon sire et mon roy … 105v … en joye sans mort et sans maladie. Explicit. [Buch 8:] ›Yci commence‹ le viije livre, qui est appellé la somme de la vision Johannis du Pyn … 174r … A la fin de m’entencion / Fais je a dieu ma peticion / Qu’il me doint vraye sapience / Et me face remission / De mes pechiez et vray pardon / Par sa tres haulte sapience. Amen. Bereits seit vorrömischer Zeit fehlen diese Teile der Hs.; auch das heute wieder vor Bl. 1 eingebundene Bl. I war dem Band offenbar nur lose beigelegt. Denn der in Heidelberg eingeschriebene Titel befindet sich auf Bl. 1r und weist schon darauf hin, dass Buch 1 fehle; hier sind wohl Prolog und Inhaltsübersicht gemeint, die zusammen sechs Druckseiten umfassen (es fehlen bzw. sind nur fragmentarisch erhalten fol. 1r, Z. 1–5r, Z. 5 des Drucks). Der Text des ‚Livre‘ setzt dann wieder fortlaufend ein nach einer lateinischsprachigen Anrufung der Muttergottes am Anfang der Einführung zum 1. Buch, in der der Autor die Unruhen und Wirren seiner Zeit beschreibt, die ihn bewogen hatten, das Buch zu schreiben: guerre en ce temps au roy d’Engleterre, tribulacion et desolacion estoit par my le monde … (fol. 5r, Z. 5f. des Drucks). Darüber hinaus gingen offenbar auch schon in der Heidelberger Zeit zwei weitere Bll. zwischen Bl. 4 und 5 sowie zwischen Bl. 151 und 152 verloren (mit Textverlust von etwa eineinhalb Druckseiten bzw. zweieinhalb Spalten; im Druck: 7v, Z. 16–8r, Z. 32 bzw. 114ra, Z. 27–114vb, Z. 8), wie im zweiten Fall an Hand der Lagenzählung bzw. -foliierung ersichtlich ist: auf h vij folgt h ix (das Bl. h viij fehlt), die römische Foliierung ist dagegen an beiden Stellen durchlaufend. Vgl. allgemein zum ‚Livre‘ nach wie vor Louis Karl, Un moraliste bourbonnais du XIVe siècle et son œuvre: Le Roman de Mandvie et les Mélancolies de Jean Dupin, Paris 1912. – 1ar bis auf Signaturen leer. – 1av leer. – 174v bis auf Stempel leer. – 175r–179v leer. – 180r fragmentarische Schriftreste (zu erkennen ist Helbronn). – 180v leer.
- Rubrik
- Ir Cy commence le prolo[gue du livre de] bonne vie qui est a[ppellé Mandevie.] Ave Maria. En [nom de dieu. Amen] [Text ergänzt nach dem genannten Druck].
- Incipit
- Ir ›Cy comm[ancement les melan]coli[es Iehan du Pin‹ sur les condicions de ce monde] … [Text ergänzt nach dem genannten Druck]. 1r … guerre en ce temps au roy d’Engleterre, tribulacion et desolacion estoit par my le monde et droiture estoit faillie en pluseurs lieux …
- Explicit
- 174r … A la fin de m’entencion / Fais je a dieu ma peticion / Qu’il me doint vraye sapience / Et me face remission / De mes pechiez et vray pardon / Par sa tres haulte sapience. Amen.
- Edition
- Mit gelegentlichen Abweichungen gegenüber der Hs.: Jean Dupin, Le livre de bonne vie, appellé Mandevie, Chambéry: Antoine Neyret, Mai 1485 (GW 9096); nur Buch 8: Les Mélancolies de Jean Dupin, hrsg. von Lauri Lindgren, Turku 1965 (Annales Universitatis Turkuensi, Ser. B 95).
- Bearbeitet von
- Dr. Uli Steiger, Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 1992. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger, Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.