Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 26

Psalterium non feriatum cum Cantica

Pergament, Papier · 1, 194, 1 Bll. · 16,6–16,8 × 12,0–12,4 cm · Rheinland (?) / Straßburg (?) · 13. Jh. (um 1250?)


Schlagwörter (GND)
Psalter mit Cantica.
Entstehungsort
Rheinland (?) / Straßburg (?).
Entstehungszeit
13. Jh. (um 1250?) . (zur Datierung s. Besonderheiten).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament, Papier.
Umfang
1, 194, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
16,6–16,8 × 12,0–12,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + I3a (ursprüngliches Spiegel- und Vorsatzbl.) + 2 III12 + 12 IV108 + III114 + 2 IV130 + V140 + 6 IV188 + (IV-2)194 + (I-1)195*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 195* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–194); Vor- und Nachsatzbl. sowie die beiden ersten Pergamentbll. sind nicht gezählt, daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen.
Zustand
Pergament teilweise durchscheinend, leicht (stock-)fleckig und gebräunt; mit Fehlstellen und Risse, meist ausgebessert oder genäht; gelegentlich Reste von Bearbeitungsspuren des Pergamenters. Tinte stellenweise leicht berieben und verblasst.

Schriftraum
10,6–11,1 × 7,3–8,8 cm.
Spaltenanzahl
Textblock.
Zeilenanzahl
18–31 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Von einer Hand in einer qualitätvollen gotischen Minuskel geschrieben.
Buchgestaltung
Incipits und Explicits in roter Tinte; die Anfänge der Prologe durch rot-blaue Initialen mit Fleuronné und Rankendamaszierungen gekennzeichnet; die Anfänge der Bücher durch farbige, üppig mit Ranken- und Leistenwerk sowie Tierköpfen verzierte Initialen hervorgehoben, zum Teil über die gesamte Höhe des Schriftraums reichend, zusätzlich durchgängig mit Blattweisern gekennzeichnet, meist verloren bzw. beschädigt; am Beginn der Kapitel innerhalb Bücher abwechselnd rote und blaue Lombarden mit Fleuronné-Verzierungen in unterschiedlicher Größe; innerhalb der Kapitel Satzmajuskeln, mit üblichen Rubrizierungen. Seitentitel mit Buchstaben in roter und blauer Tinte im Wechsel, teilweise beschnitten. Kapitelzählung in der Regel in die Absätze der Spalten integriert, rote und blaue Zahlzeichen im Wechsel. Zeilengerüst in feinen (Blei-?)Linien; teilweise noch Zirkellöcher sichtbar. Vorgaben für den Rubrikator auf den Rändern teilweise durch Beschnitt gestört. Der Psalter weist keine Seitentitel auf; die sieben Gruppen, in die der Psalter gegliedert ist, werden durch unterschiedlich große Schmuckinitialen angezeigt, gestaltet wie die der Buchanfänge; die Psalmen wurden nachträglich auf dem Rand nummeriert (römische und arabische Zählung), ihre Anfänge werden durch Psalmüberschriften sowie alternierend rote und blaue Lombarden mit Fleuronné-Verzierungen in unterschiedlicher Größe gekennzeichnet, die einzelnen Verse durch alternierend rote und blaue Initialmajuskeln. Am Beginn des Glossars eine größere farbige, mit Ranken- und Leistenwerk sowie Tierköpfen verzierte Initiale; im Weiteren werden die Anfänge der einzelnen Buchstaben durch abwechselnd rote und blaue Lombarden mit Fleuronné-Verzierungen gekennzeichnet. Die Namengruppen Aa, Ab, AcZe werden durch rote Zwischenüberschriften hervorgehoben; die einzelnen Namen durch rot und blau alternierende Majuskeln gegeneinander abgesetzt. Das ‚Summarium bibliae‘ beginnt mit einer roten R-Initiale (so falsch für S); rote Überschriften mit den Namen der Bücher sowie rote Kapitelzählung, Kapitel durch senkrechte Striche gegeneinander abgegrenzt. Bei dem Gedicht sind nur die Anfänge der Strophen durch rote Lombarden hervorgehoben; Anweisungen für den Rubrikator erhalten.
Buchschmuck
Zwölf Monatsbilder in Deckfarbenmalerei auf Goldgrund in runden Medaillons (1r–6v): Janus; Bauer beim Baumschnitt; Bauer beim Umgraben; Bauer beim Säen; Person mit blühenden grünen Zweigen und Blumenkranz im Haar (April floridus-Figur); Bauer beim Mähen; Bauer beim Kornschneiden; Bauer beim Dreschen; Bauer beim Traubenpressen; Bauer bei der Apfelernte; Bauer beim Schlachten; Bauer, der sich die Füße am offenen Feuer wärmt. Zwölf ganzseitige Miniaturen in Deckfarbenmalerei auf Goldgrund in Rahmung (7r–12v): Mariä Verkündigung; Geburt Christi; Anbetung der Könige; Bethlehemitischer Kindermord; Flucht nach Ägypten; Darstellung im Tempel; Taufe Christi; Verrat des Judas und Gefangenahme; Geißelung Christi; Kreuztragung; Kreuzigung; Maiestas Domini. Sowie s. Layout.

Nachträge und Benutzungsspuren
Vereinzelt Korrekturen, Verbesserungen und Ergänzungen, von einer (?) weiteren zeitgenössischen Hand. Zahlreiche oft deutschsprachige Randnoten, die von einer Hand des 15. Jhs. hinzugefügt wurden; vermutlich in einem Dominikanerinnenkloster Straßburg, wie das für Straßburg nachträglich erweiterte Kalendarium wahrscheinlich macht (so ist für den 21. Juli der Todestag des Arbogast von Straßburg nachgetragen [4r], für den 5. August der hl. Dominicus und für den 12. August seine Oktav [4v]). Die Nachträge umfassen: Invitatorien, Antiphone und Preces sowie Gebetsanliegen zu verschiedenen Psalmen.

Einband
Römischer Einband zwischen 1869 und >1878: Helles Pergament über Pappe, Deckel ohne Verzierungen; Rücken mit rotem, goldgeprägten Rückenschild: PAL. 26. Darüber ein querrechteckiges, blaues Signaturschildchen der BAV: Pal. lat. 26; zwei goldene Wappenstempel: Papst Pius IX. (reg. 1846–1878) und Kardinalbibliothekar Jean-Baptiste Pitra (amt. 1869–1889). Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 813. Punzierter Goldschnitt, auf der Mitte des Vorderschnitts Abreibungen (verursacht durch eine Schließe des alten vorrömischen Einbands?); lila-hellblaues Kapital, leicht verblasst.
Provenienz
Rheinland (?) / Straßburg (?) / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Vorderspiegel mit blauem aufgeklebtem Signaturschildchen der BAV: Pal. lat. 26; 2av Signatur: Pal.; 3ar Capsa-Nummer: C ·133· [oder] ·153· [gestrichen], Signaturen: 26 und 26. Palat., darunter eine ältere römische Signatur: 22 [gestrichen]. 1r, 7r, 13r und 194v Stempel der BAV. Geschrieben wohl im Grenzgebiet zwischen Frankreich und dem Römisch-deutschen Reich gelangte der Codex im 15. Jh. in einen der sieben Straßburger Dominikanerinnenkonvente, worauf das für den Straßburger Gebrauch ergänzte Kalendarium hinweist (s. auch Nachträge). Einen Hinweis auf einen Frauenkonvent gibt u. a. der Eintrag zum 7. Mai: Uff Disen tag bin ich swester Katerina Jn den orden geton worden (3r). 1548 erwarb Pfalzgraf Ottheinrich das Psalterium, wie sein Besitzeintrag verbunden mit seiner Devise zeigt: 1548 // O[tt] H[einrich] P[falzgraf] // M[it] D[er] Z[eit] (194v). Für eine nähere Abgrenzung des Entstehungsorts der Hs. bleiben die Einträge im Kalendarium zu unspezifisch; im Gesamten sprechen die genannten Heiligen am ehesten für Diözesen im Osten Frankreichs bzw. im Westen des Reichs. Die Angabe „Calendrier de Spire ou de Cologne“ (Salmon, Manuscrits liturgiques, S. 15) ist so nicht verständlich, da die Kalendarien der beiden Diözesen nicht mit dem der Hs. übereinstimmen; vgl. Hermann Grotefend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit II.1, Hannover 1892, S. 82–86, S. 172–176. Ob die in der Hs. verwendete, in England übliche Aufteilung der Psalmen in zehn Gruppen gar für eine englische Herkunft des Codex spricht, muss offen bleiben. Berschin, Palatina, S. 25f., gibt keine Hinweise auf etwaige Entstehungsorte des Psalteriums. Salmon, Manuscrits liturgiques, S. 15 gibt auf Grund der von ihm genannten Kalendarien „Allemagne-Rhénanie“ als Entstehungsort an; darauf bezieht sich wohl auch die Angabe „vermutlich rheinischer Herkunft“ in: Biblioteca Apostolica Vaticana, S. 230.
Besonderheiten
Im Kalendar ist für den 27. März ein fester Ostertermin eingetragen: Resurrection dominj. (2r). Im 13. Jh. fiel nur in den Jahren 1239 und 1250 Ostern auf den 27. März. Auf Grund stilistischer Merkmale, die auf Rudimente des Zackenstils verweisen, käme nur eine Entstehung des Psalteriums um 1250 in Frage; vgl. die kunsthistorische Beschreibung von Margit Krenn (heidICON, Pal. lat. 26, 21.01.2016).

Faksimile
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_26
Literatur
Berschin, Palatina, S. 25f.; Biblioteca Apostolica Vaticana, hrsg. unter dem Patronat S.E. Kardinal Alfons Maria Stickler, Stuttgart/Zürich 1986, S. 230f., Taf. CX; Ehrensberger, Libri liturgici, S. 33f.; Pierre Salmon, Les manuscrits liturgiques latins de la Bibliothèque Vaticane I: Psautiers, Antiphonaires, hymnaires, Collectaires, Bréviares, Città del Vaticano 1968 (Studi e testi 251), S. 15 (mit älterer Literatur); OVL, Pal.lat.26; Schunke, Einbände 2.2, S. 813; Stevenson, Latini, S. 4.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

) 1r–194v Digitalisat

Titel
Psalterium.
Angaben zum Text
1r–6v KALENDAR. Mit nachträglichen Ergänzungen für den Gebrauch in Straßburg. 7r–12v BILDERZYKLUS aus dem Leben Christi; endet mit der Darstellung Christi begleitet von den vier Evangelisten(-symbolen). 13r–178v PSALMEN nach der Septuaginta. Die Psalmen sind in zehn Gruppen unterteilt und folgen so dem aus England stammenden, später in Ostfrankreich und Westdeutschland üblichen Schema: Ps 1–25, 26–37, 51, 52–67, 68–79, 80–96, 97–100, 1001–108 und 109–150. Vgl. dazu Günther Haseloff, Die Psalterillustration im 13. Jahrhundert. Studien zur Geschichte der Buchmalerei in England, Frankreich und den Niederlanden, Kiel 1938, S. 5f. 179r–194v CANTICA. (1. 179r) Canticum Isaiae, Is 12,1–6. (2. 179r–v) Canticum Ezechiae, Is 38,10–14 und 17–20. (3. 180v–181r) Canticum Annae, I Rg 2,1–10. (4. 181r–183r) Canticum Moisi, Ex 15,1–4, 8–13 und 17–18. (5. 183r–184v) Canticum Habacuc, Hab 3,2–4, 13 und 15–19. (6. 184v–188v) Canticum Moisi, Dt 32,1–12. (7. 188v–189v) Canticum trium puerorum, Dan. 3,57–88 und 56. (8. 189v–190v) Canticum Zachariae, Lc 1,68–79. (9. 190v–191r) Canticum Mariae virginis (‚Magnificat‘), Lc 1,46–55. (10. 191r) Canticum Simeonis (‚Nunc dimittis‘), Lc 2,29–32. (11. 191r–192r) Te deum laudamus. (12. 192r–194v) Athanasianisches Glaubensbekenntnis. Besitzeintrag: 1548 // O(tt) H(einrich) P(falzgraf) // M(it) D(er) Z(eit).
Rubrik
1ra ›K‹[alendas] ›Januarius‹ …; Kalendar.
Incipit
13r ›Beatvs uir‹; 13v Qui non abijt in consilio impiorum …; Ps 1,1.
Explicit
194v … saluus esse non poterit. [Besitzeintrag:] 1548 // O(tt) H(einrich) P(falzgraf) // M(it) D(er) Z(eit).
Edition
Biblia sacra iuxta Vulgatam versionem, hrsg. von Robert Weber / Roger Gryson, Stuttgart 52007, S. 770–954.


Bearbeitet von
Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 26. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.