Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 311
Hildegardis Bingensis
Papier, Pergament · 1, 205, 1 Bll. · 32,5 × 22,5–23 cm · Rupertsberg / (Bingen a. Rhein) · vor 1179 (um 1170–1179)
- Entstehungsort
- Rupertsberg / (Bingen a. Rhein). (Handschrift lokalisiert).
- Entstehungszeit
- vor 1179 (um 1170–1179).
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament (Vor- und Nachsatzbl. aus Papier).
- Umfang
- 1, 205, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 32,5 × 22,5–23 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 24 IV192 + (IV-1)199 + (3 1202 + I204 + 1205) + (I-1)206*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 206* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl. (Angaben zu Bll. 200–205 nach Derolez, Neue Beobachtungen, S. 477, Anm. 54; anders Führkötter / Carlevaris [CCM 43], S. XXXVII).
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–165, 166, 166, 167–204), bisweilen von moderner Hand überschrieben bzw. wiederholt, außerdem moderne Stempelfoliierung (1–205) (hier wird Letztere verwendet); Vor- und Nachsatzbl. sind nicht gezählt, daher wird bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen. – 8v–199v zeitgenössische Lagenzählung I-XXV (mit vorangestelltem Paragraphzeichen [s. hierzu Derolez, Neue Beobachtungen, S. 469, S. 483]) auf der jeweils letzten Seite (96v zusätzlich ein Pluszeichen ), 200r § [?] (auf der ersten Seite) ausradiert.
- Zustand
- Insbesondere an den Rändern verschmutzt bzw. mit Wasserschaden. Zahlreiche Fehlstellen und von Bl. 205 der untere Rand abgeschnitten (i. d. R. verstärkt).
- Schriftraum
- 23,5–24,5 × 16,5–17 cm.
- Spaltenanzahl
- 2 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 30–34 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- „Von mehreren, einander gleichenden Händen, die häufiger ihr Schriftbild ändern […] geschrieben“ (Derolez, Neue Beobachtungen, S. 477), nach Schrader / Führkötter, Echtheit, S. 45, Führkötter / Carlevaris (CCM 43), S. XXXVIII und Derolez, Neue Beobachtungen, bes. S. 477 im Rupertsberger Skriptorium (s. hierzu Schrader / Führkötter, Echtheit, S. 26–41, bes. S. 30–32, S. 40f. und Derolez, Neue Beobachtungen, S. 467–470) unter Beteiligung der Haupthand (Hand 2) von Wiesbaden, HLB, Hs. 1 (verschollen); diese Hand identisch auch mit Hand 2 von Dendermonde, Bibl. Sint-Pieters en Paulus Abdij, Ms. 9 und Hand 1 von Trier, Bibl. des Bischöfl. Priesterseminars, Hs. 68 (Derolez, Neue Beobachtungen, bes. S. 470, S. 483).
- Buchgestaltung
- Incipits, Explicits und weitere (Zwischen-)Überschriften in Rot (z. T. mit Majuskelelementen); jeweils die erste Zeile bzw. die ersten Worte einer jeden Vision in rubrizierter Majuskel; (z. T. rubrizierte) Satzmajuskeln; am Rand bzw. zwischen den Spalten: rote Kapitelzählung, „Zitatzeichen“ zum Text der eigentlichen Visionen, Verweise auf Bibelstellen (i. d. R. rubriziert oder in Rot).
- Buchschmuck
- Zu Beginn der Protestificatio und zu jeder Vision Platz für Initialen freigelassen (aber nicht ausgeführt).
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Zeitgenössische Korrekturen (s. hierzu Derolez, Neue Beobachtungen). Einige Stellenmarkierungen am Rand und, in den äußeren oberen Ecken, durchgängig Zählung der Visiones (Recto) und Partes (Verso) mit dem Griffel notiert. 1va Ergänzung zum Incipit bzw. Autoridentifizierung wohl des 14. Jhs.; 1r Federproben (großteils getilgt; s. auch Geschichte der Hs.); 205r (kopfständig) verblasste, rote Notizen.
- Einband
- Römischer Einband zwischen 1869 und 1878 (oder 1846 und 1853): weißes Pergament über Pappe; auf Rücken goldgeprägte Wappen von Papst Pius IX. und, stark abgerieben, von Kardinalbibliothekar Jean-Baptiste Pitra (oder Luigi Lambruschini) sowie rotes Signaturschild. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 830 (mit fälschlichen Angaben) und Schrader / Führkötter, Echtheit, S. 44.
- Provenienz
- Speyer / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Wie zahlreiche weitere Hss. im eigenen Kloster und noch zu Lebzeiten Hildegards von Bingen (1098–1179, seit ca. 1151 Äbtissin vom Kloster Rupertsberg) entstanden (zuletzt hierzu Derolez, Neue Beobachtungen); aufgrund der fehlenden Initialen hält Werner, in: Aust.-Kat. Palatina, Textbd., S. 308 eine Auftragsarbeit für möglich. – 1r drei Besitzvermerke: nach dem ältesten, wohl aus dem früheren 14. Jh. stammenden und großteils ausradierten sowie mit Anathema versehenen (Lib[er ua]ll[is] sancte [Marie], qu[em] si quis abstulerit anathema sit [Ergänzungen nach Führkötter / Carlevaris (CCM 43), S. XXXVII]) war vorliegende Hs. einstmals vielleicht im Besitz eines (Zisterzienser-)Klosters Mariental (wieso Krämer, Handschriftenerbe 1, S. 346 dieses in Helmstedt verortet, ist unklar); zwei des 16. Jhs., deren älterer einer Kirche oder dem Karmelitenkloster in Speyer (Liber Spirensis; vgl. auch die Federprobe Liber eclesie [evtl. 13. Jh.]) zuzuschreiben ist und deren jüngerer eigenhändig von Ottheinrich (1556–1559 Kf. von der Pfalz) wohl ca. 1554 (vgl. BAV, Pal. lat. 270, 1r) eingetragen wurde (Dis buch ist mir [über der Zeile: Ottha[i]nrich pfalltzgraue etc.] aus dem Carmaliterkloster [über getilgtem Wort: zu Speier] gegen ainer vereru[n]g geschenk[t] worden). Weitere Besitzvermerke könnten sich 1r unter den zahlreichen Tilgungen befinden; Führkötter / Carlevaris (CCM 43), S. XXXVII lesen 1r eine Federprobe (evtl. des 13. Jhs.) Imorid (?), weisen sie derselben Hand, die auch Liber eclesie notiert hat, zu und ziehen Himmerod als Provenienzstation in Betracht. Vgl. Werner, in: Aust.-Kat. Palatina, Textbd., S. 308. – 1r Capsa-Nummer C.116 mit Allacci-Signatur 1454 sowie weitere alte Signaturen 117, [1?]33[4?], 205r (kopfständig) 339.
- Literatur
- Albert Derolez, The Manuscript Tradition of Hildegard of
Bingen’s Writings: The State of the Problem, in: Hildegard of Bingen. The
Context of Her Thought and Art, hrsg. von Charles
Burnett/Peter Dronke, London 1998
(Warburg Institute Colloquia 4), S. 17–28; Albert Derolez, Neue Beobachtungen zu den Handschriften
der visionären Werke Hildegards von Bingen, in: Hildegard von Bingen in ihrem
historischen Umfeld. Internationaler wissenschaftlicher Kongress zum
900jährigen Jubiläum, 13.-19. September 1998, Bingen am Rhein, hrsg. von Alfred
Haverkamp, Mainz 2000, S. 461–488, bes. S. 477f., S.
481–483, S. 487; Michael Embach, Die Schriften Hildegards von Bingen.
Studien zu ihrer Überlieferung und Rezeption im Mittelalter und in der Frühen
Neuzeit, Berlin 2003 (Erudiri sapientia 4), S. 592 (Reg.); Führkötter / Carlevaris (CCM 43), S.
XXXVIIf. (mit älterer Literatur); Krämer, Handschriftenerbe 1, S. 86, S. 346; Krämer, Handschriftenerbe 2, S. 734; Marianne Schrader/Adelgundis
Führkötter, Die Echtheit des Schrifttums der heiligen
Hildegard von Bingen. Quellenkritische Untersuchungen, Köln / Graz 1956 (Archiv
für Kulturgeschichte. Beiheft 6), S. 42, Anm. 1, S. 44f., S. 195; Schunke, Einbände 2.2, S. 830; Stevenson, Latini, S. 82; Wilfried Werner, ‚Wisse die Wege‘ – Visionen einer Frau
des 12. Jahrhunderts, in: Aust.-Kat. Palatina, Textbd., S. 308, Nr. E
16.4.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
) 1va–205ra
- Verfasser
- Hildegardis Bingensis (GND-Nr.: 118550993).
- Titel
- Liber Scivias.
- Angaben zum Text
- Rep. font. 5, S. 489f.; Christel
Meier, in: VL2 3, Sp. 1262–1264. 1va–2vb, 31vb–35vb,
103rb–108va Kapitelübersicht zu pars I-III jeweils vorangestellt.
205v–206*v leer (außer 205v Signatur etc.).
- Rubrik
- 1va ›Incipiunt [über der Zeile von späterer Hand ergänzt: scilicet sancte Hildegardis] capitula libri Sciuias simplicis hominis‹. 3va ›Incipit liber Scivias simplicis hominis, incipit prima pars libri Sciuias, protestificatio ueracium uisionum a deo fluentium‹.
- Incipit
- 3va ›[E]t ecce‹, quadragesimo tercio temporalis cursus mei anno, cum celesti uisioni magno timore et tremula intentione inhererem …
- Explicit
- 205ra … hic in ardente amore speculi mei ad uerba hęc anhelet et ea in conscientia animi sui conscribat, ›amen‹. ›Finit tercia pars libri Scivias. Explicit liber Sciuias simplicis hominis‹.
- Edition
- CCM 43 u. 43A (Führkötter / Carlevaris 1978) (diese Hs. Sigle V).
- Bearbeitet von
- Michael Kautz, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 311. Beschreibung von: Michael Kautz (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.