Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 345,1

Theologische Sammelhandschrift

Papier · 1, 153, 1 · 28,6–28,8 × 20,5–21 cm · Südwestdeutschland (?) · 4. Viertel 14. Jh. / Mitte 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Theologie / Stundengebet / Messe.
Entstehungsort
Südwestdeutschland (?).
Entstehungszeit
4. Viertel 14. Jh. / Mitte 15. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
1, 153, 1.
Format (Blattgröße)
28,6–28,8 × 20,5–21 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 4 VI48 + (VI-1)59 + 4 VI107 + I109 + V119 + VIII135 + III141 + VI153 + (I-1)153*.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Tintenfoliierung, Rom 17. Jh. (1–153). In den ersten vier Lagen Textreklamanten (zuletzt auf 48v). Zuweilen Blattsignaturen erhalten, jeweils recto, rechts unten in roter Tinte (z. B. 4r a 4, 100r i 5). Die letzte Lage (Bl. 142–153) trägt 153v unten die Lagenzählung Ius und einen Textreklamanten (s. Pal. lat. 345,2).
Zustand
Große Teile der Hs. im oberen Drittel der Seiten durch Wasserschaden in der Lesbarkeit beeinträchtigt. Der Wasserschaden war offenbar schon vor dem Eintrag der römischen Foliierung eingetreten, denn diese weicht den entstandenen Fehlstellen aus. Textspiegel der Seiten durch Tintenfraß geschädigt, deshalb mit transparentem Papier überklebt (heute etwas vergilbt). Bl. 1 fragmentiert (Textverlust).
Wasserzeichen
Bl. 1, 2, 3, 5, 7, 9, 13, 16, 18, 20, 23, 26, 27, 29, 30, 33, 36, 39, 40, 42, 44, 47, 48, 50, 51, 52, 56 Ochsenkopf mit Augen, mit einkonturiger Stange, daran siebenblättrige Blume. Zwei Varianten. Vergleichbar WZIS: DE3315-GMXXX.E.16._114. Bl. 61, 64, 66, 68, 69, 71, 74, 76, 77, 80, 82–85, 90–93, 96–98, 100–101, 104, 108–112, 114, 116, 119 Ochsenkopf mit Augen und Nasenlöchern, Kontur der Stirn gebogen, Augen anliegend. Zwei Varianten. WZIS: DE2730-PO-71329 (1449, Frankenstein) und WZIS DE2730-PO-71317 (1452, Aschaffenburg). Bl. 120, 121, 124 Ochsenkopf mit Augen, mit einkonturiger Stange, Kreis, darüber einkonturiger Stern. Ähnlich (identisch?) WZIS: DE2910-PO-67952 (1395, Thann). Bl. 127, 129, 130, 132, 133 Ochsenkopf mit Augen und Maul, einkonturige Stange, Kreis und einkonturiger Stern (sechsstrahlig). Zwei Varianten. WZIS: DE5910-PO-81461 (1394, Kloster Tegernsee) und WZIS: IT8430-PO-81463 (1393, Vicenza). Bl. 136, 139, 140 Wappen, Gemeine Figur: Schlüssel, einkonturig, um 90° gedreht. WZIS: DE2730-PO-121665 (Beschriftung belegt 1420, Mainz). Bl. 142, 144, 145, 148 Ochsenkopf mit Augen und Maul (Augen mit Verbindungslinien), mit einkonturiger Stange darauf Stern (einkonturig, sechsstrahlig). Kein Beleg in WZIS. Das Wasserzeichen von Bl. 143 und 149 könnte eine Siebvariante sein: Ochsenkopf mit Augen und Maul, mit einkonturiger Stange, Kreuz (einkonturig), Kreuzbalken schräg (beschädigter Stern?). WZIS: DE8085-PO-78224 (1391, Ellwangen).

Schriftraum
1r–119v: 19,5–21,2; 120r–153v: 22–23,2 × 1r–119v: 14,2–14,8; 120r–153v: 14,5–16,5 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
40-42 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Überwiegend regelmäßige Bastarda zum Teil mit kursiver Tendenz. 130ra–141vb gotische Kursive. Zahlreiche Kürzungen. Mindestens neun Schreiberhände: 1ra–58ra, 58ra–59vb, 60ra–108ra, 108ra–119vb, 120ra–122vb, 123ra–129vb, 130ra–135vb, 135vb–141vb und 142ra–153vb.
Buchgestaltung
Spaltenbegrenzungen als blasse Metallstiftlinien, ab 142r dünne Tintenlinien. Rubriziert. Zum Teil Satzinitialen rot gestrichelt. Rote Capitula-Zeichen. Zum Teil rote Unterstreichungen. 2-3zeilige rote Lombarden zu den Textabschnitten. 120ra Textbeginn mit 3zeiliger Initiale in schwarzer Tinte hervorgehoben. 130ra–141vb die kommentierten Stellen des Glaubensbekenntnisses in Textura mit roter Strichelung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Zu den ersten drei Büchern des Compendium theologicae veritatis (1ra–56ra) Randeintragungen von späterer Hand (v. a. zu Grundbegriffen und ihren Beziehungen).

Einband
Weißes Pergament mit Goldpressung auf Pappen. Rom, 1846–1878. Glatter Rücken. Oben das blaue Signaturschild der BAV. Darunter in Goldpressung das Wappen von Papst Pius IX. (Pontifikat 1846 bis 1878). Darunter rotes Lederschild mit Goldpressung Pal. 345. Unten die Bandbezeichnung: P. 1. Kapital mit hellblauen und violetten Seidenfäden umwickelt. Schunke, Einbände 2,2, S. 829, vgl. Schunke, Einbände 1, S. 257.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die beiden Teile der Hs., Pal. lat. 345,1 und Pal. lat. 345,2, haben einen gemeinsamen Ursprung. Die Teilung wurde so vorgenommen, dass zwei Teile gleichen Umfangs entstanden. Der "Tractatus de officio missae" bricht daher nach etwa 20 Seiten am Lagenende ab, der größere zweite Teil folgt nun am Anfang von Band 2. Die Wasserzeichen belegen für den größten Teil der beiden Bände eine Entstehung in den 1390er Jahren (vgl. Pal. lat. 345,2). In Pal. lat. 345,1 sind, den Wasserzeichen nach zu urteilen, die Lagen Bl. 120–135 und 142–153 in den 1390er Jahren entstanden. Der Ternio Bl. 136–141 scheint etwas später entstanden zu sein, wohl um 1410–1420. Bl. 1–119, also der größte Teil des heutigen ersten Bandes, weist Wasserzeichen auf, die auf die Zeit um 1450 deuten. Demgegenüber entstand der heutige zweite Band fast ausschließlich Ende des 14. Jhs., lediglich zwei Doppelbll. gehören zur Zeit um 1450 (s. Pal. lat. 345,2). Der ursprüngliche Band entstand somit im wesentlichen in zwei Kampagnen, in den 1390er Jahren und um 1450. Auf welchem Weg er nach Heidelberg gelangte, ist unklar. 1623 mit den Bänden der Bibliotheca Palatina in die Vatikanische Bibliothek verbracht. Dort wurde die gesamte Hs. durchgehend foliiert und erhielt die Signatur Pal. lat. 345. Später (s. Einband) wurde der Band in zwei Teile geteilt und diese separat eingebunden. Möglicherweise war der Anlass die Kaschierung der Bll. mit transparentem Papier, um künftige Verluste durch Tintenfraß zu vermeiden. Die nun erheblich größere Dicke des 301 Bll. umfassenden Bandes mag der Grund für die Teilung gewesen sein. Signatureintrag 1r unten: 345. Pal: parte 1a. Besitzstempel der BAV: 1r.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_345_1
Literatur
Montuschi, Le biblioteche, S. 314; Petr, Soupis 1, S. 58–63; Stevenson, Latini, S. 92f.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–119vb Digitalisat

Verfasser
Hugo Ripelin de Argentina (GND-Nr.: 11855462X).
Titel
Compendium theologicae veritatis.
Angaben zum Text
Die üblichen Kapitelverzeichnisse jeweils vor dem Beginn der Bücher finden sich hier nur zu den letzten beiden (91vb-92ra und 109rb–109va). Stegmüller, RS, Nr. 368; Kaeppeli, Scriptores OP, Nr. 1982 (Hs. genannt Bd. 2, S. 268); Georg Steer, in: VL 4, Sp. 256f.
Incipit
1ra Veritatis theoloyce sublimitas cum de superni sit splendoris radius
Explicit
119vb … que tantum felici fine quisque beatus secundum merita recipiet sine fine. Amen.Explicit summa theologice veritatis‹.
Edition
Opera omnia sanctae Bonaventurae, Bd. 8, ed. Adolphe Charles Peltier, Paris 1866, S. 60–246; Beati Alberti Magni … opera omnia, Bd. 34, ed. Auguste Borgnet, Paris 1895, S. 1–270 (mit Abweichungen vom Text der Hs.).

2) 120ra–122vb Digitalisat

Verfasser
Henricus de Bitterfeld (?).
Titel
Tractatus de septem horis canonicis.
Angaben zum Text
Vladimir J. Koudelka, Heinrich von Bitterfeld, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 23 (1953), S. 7–65, dort S. 53–56 (Hs. genannt). Alois Madre, Nikolaus von Dinkelsbühl, Leben und Schriften, Münster 1965 (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters 40, 4), S. 331; Zumkeller, Mss. OESA, Nr. 384; Thomas Hohmann, Initienregister der Werke Heinrichs von Langenstein, in: Traditio 32 (1976), S. 399–426, S. 418, Nr. 212*. Unter dem Textende: Qui psalmos resecat et verba resecta volutat displicet ille deo dum placuisse putat. Nil magis inde feret quam si sua lingwa taceret, colligit hec Sathanas si non cum corde laborat. Walther, IC, Nr. l5615. Ferdinand Vetter, Lateinische und deutsche Verse und Formeln aus einer Basler Handschrift, in: Germania 32 (1874), S. 72-77, dort S. 76f. (aus Basel , UB, Cod. A I 20, 150v).
Incipit
120ra Septies in die [Ps 118, 164] … . Quamvis autem deus in omni tempore a nobis sit laudandus
Explicit
122vb … persolvit vitam eternam habebit quam nobis concedat qui vivit et regnat, amen, et cetera.
Edition
GW 12194–12198.

3) 123ra–129vb Digitalisat

Verfasser
Hermannus de Schildesche.
Titel
Speculum sacerdotum.
Angaben zum Text
Adolar Zumkeller, Schrifttum und Lehre des Hermann von Schildesche O.E.S.A. († 1357), Würzburg 1959 (Cassiciacum 15), S. 40–58. Zumkeller, Mss. OESA, Nr. 391.
Rubrik
123ra ›Istud est speculum clarum et preciosum … . Speculum sacerdotum‹.
Incipit
123ra Respice prima superficies speculi
Explicit
129vb … deo auctori dicamus gracias. Amen.Explicit speculum clarum et preciosumut supra‹.
Edition
GW 12295–12301.

4) 130ra–141vb Digitalisat

Titel
De fide catholica.
Angaben zum Text
Der Text beginnt mit einem Prolog (130ra–130vb) und behandelt im weiteren die Sätze des apostolischen Glaubensbekenntnisses (130vb–141vb). Diese werden den Abschnitten jeweils in größerer Texturaschrift vorangestellt.
Rubrik
130r ›Prologus de fide katholica‹.
Incipit
130ra Qui credit in me non morietur [Io 11,26] … . Cum enim mors sit finis terribilium, sic dicit philosophus
Weiteres Initium
130vb Credo in umum deum … . Istud est primum quod debet credere quilibet Christianus …
Explicit
141vb … non impedietur cordis difficultatibus quam tenui cum et cetera. Laus et gloria Christo eterno.

5) 142ra–153vb Digitalisat

Verfasser
Bernardus de Parentinis.
Titel
Tractatus de officio missae (pars prima).
Angaben zum Text
Der erste Teil des Traktats, der weitere Text folgt in Pal. lat. 345,2 (1ra–227rb). Kaeppeli, Scriptores OP, Nr. 643. Zumkeller, Mss. OESA, Nr. 313. S. auch Franz, Messe, S. 502–506.
Rubrik
142ra ›Tractatus utilis super totum officium misse editus et compilatus per fratrem B. de Parentinis ordinis predicatorum provincie Tholosane conventus Orthesii in Dasconia [!] … anno domini Mo ccco xxxixoin modo et forma qui sequitur‹.
Incipit
142ra Quoniam sapiens [clamitat quod] perscrutator maiestatis [opprimetur] …
Weiteres Initium
142rb Domine non sum dignus [Mt 8,8] … . Ad reliquias preciosas non debet homo accedere …
Explicit
153vb … et tunc secundum plures non indiget reconsiliacione. Si/ (Textende s. Pal. lat. 345,2, 227rb).


Bearbeitet von
Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 01.12.2023.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 345,1. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2023.