Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 41
Psalterium triplex, Apologeticus
Pergament, Papier · 1, 186, 1 Bll. · 36,8–37,0 × 26,1–26,3 cm · Neapel · nach 1455 und vor 1459
- Schlagwörter (GND)
- Psalter (Synopse der verschiedenen Übersetzungen), Verteidigung der Übersetzung gegen Kritiker.
- Entstehungsort
- Neapel.
- Entstehungszeit
- nach 1455 und vor 1459. (dem Todesjahr Manettis) (1456–58 (Burkhart, Psalterium); 1458 (Cagni, Codici)).
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament (Vorsatzbll. aus Papier).
- Umfang
- 1, 186, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 36,8–37,0 × 26,1–26,3 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + I (ungezähltes Doppelbl., unter den heutigen Spiegel geklebt) + 9 V90 + IV98 + V108 + IV116 + 2 V136 + IV144 + 3 V182 + I184 (Doppelbl. unter den heutigen Spiegel geklebt) + (I-1)185*.. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 185* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl. Die Hs. wurde mehrfach neu eingebunden, zuletzt 1972, wie der Restaurierungsvermerk auf dem Hinterspiegel zeigt. Das ursprüngliche, pergamentene Spiegelbl. ist heute mit dem alten Vorsatzbl. nach dem papierenen Vorsatzbl. vor das gezählte Bl. 1 gebunden. Dieser Zusammenhang wird durch die grünen Abklatsche bzw. Abdrücke der Makulatur deutlich. Ein vergleichbarer Befund existiert für die Bll. vor dem Hinterspiegel.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Zeitgenössische Foliierung (evtl. durch Manetti?) (1–147); die ersten drei Bll. inklusive des Vorsatzbls. sind nicht gezählt, ebenso wie das Nachsatzbl. Lagen 1–14: Lagenzählung auf der letzten Seite jeder Lage unten rechts (A–O); ab Lage 15: Lagenreklamanten auf der letzten Seite jeder Lage unten rechts, teilweise beschnitten, so 164v durch Beschnitt vollständig weggefallen.
- Zustand
- Sehr gut erhaltenes Pergament mit vereinzelten minimalen Verfärbungen. Tinte teilweise leicht berieben; Farbe der Initialen stellenweise leicht verblasst. Verschiedentlich Bll. leicht schräg beschnitten. Die Hs. wurde letztmals im März 1972 in der vatikanischen bibliothekseigenen Restaurierungswerkstatt restauriert und mit einem neuen Einband versehen; s. Stempel mit dem Restaurierungsvermerk auf dem Hinterspiegel.
- Schriftraum
- 25,5–25,7 × 18,9–19,4 cm.
- Spaltenanzahl
- 3 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 34 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Geschrieben von Pietro Orsoleo (um 1410–1483), der am Hof von König Alfons V. in Neapel lebte und wirkte (182va: PETRVS VRSVLEVS DE CAPVA). Unübersehbar ist der kalligraphischen Charakter der Schrift, der durch die Verwendung der (humanistischen?) Kapitalis als Auszeichnungsschrift sowie durch die üppige Gestaltung der Initialen noch hervorgehoben wird. Vom Schreiber wurden an den Stellen der Initialen durchgängig winzige Minuskelbuchstaben als Platzhalter gesetzt, die dem Rubrikator die korrekten Buchstaben vorgaben.
- Buchgestaltung
- Incipits und Explicits der verschiedenen Textteile sowie die Auflistung und Überschriften der Psalmen in roter Tinte, zum Teil in Majuskelbuchstaben (humanistische Kapitalis?). Die Versanfänge der Psalmen mit goldenen Initialen (aus der gotischen Majuskel kommend, mit Bogenschwellungen) mit roten und blauen, mit Rankendamaszierungen versehenen Hintergründen im Wechsel; der erste Vers des Psalms mit größerer Initiale. Diese erinnern in ihrer Ausstattung stark an die in Pal. lat. 42; möglicherweise war der Rubrikator ein und dieselbe Person bzw. sie stammen aus demselben Skriptorium . Ab Bl. 11 nur noch die Initiale des ersten Psalm-Verses gestaltet, die weiteren Versanfänge durch einfache, abwechselnd rote und blaue Initialen hervorgehoben. Die Zählung der einzelnen Psalmen in römischen Zahlzeichen, auf den Rand ausgerückt oder auch an die Überschriften angeschlossen. Die Anfänge der Bücher des ‚Apologeticus‘ mit reich gestalteten Initialen, in Gold ausgeführt und mit Weißrankenflechtwerk umgeben; das erste Wort meist in Majuskelbuchstaben ausgeführt. Zeilengerüst in Bleilinien (?) nahezu durchgängig sichtbar.
- Buchschmuck
- Weißrankengeflecht und vegetabil-florales Rankenwerk auf der Eingangsseite (Widmungsrede) und am Beginn des Psalters, in kräftigen Farben und mit Gold gehöht. Mit Putten bzw. Engeln sowie Hasen und Vögeln (u. a. Pfauen und Sittichen [?]) gestaltet. Das Wappen am Fuß der Seite ist das von Aragon (drei rote Pfähle in Gold). Am oberen Bildrand deutet die von Putten gehaltene Kanne mit drei hervorbrechenden Lilien ebenfalls auf Alfons V. von Aragon hin, den Großmeister des 1403 von seinem Vater Ferdinand I. gegründeten Aragonesischen Kannenordens. Darüber hinaus sind Bilddevisen des Königs und weitere seiner Orden (?) gezeigt: u. a. ein geöffnetes Buch, hier jedoch ohne die Inschrift VIR SAPIENS DOMINABITUR ASTRIS. Vgl. zur Ausstattung auch Pal. lat. 158.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Ganz vereinzelt zeitgenössische Korrekturen und Verbesserungen von der Schreiberhand. Foliierung und Zählung der Psalmen in der Inhaltsübersicht wohl durch die Hand Manettis (?); vgl. A. de Petris, Le teorie umanistiche del tradurre e l’Apologeticus di Giannozzo Manetti, in: Bibliothèque d’humanisme et renaissance 37 (1975), S. 15 (Anm. 2: „scritto su 3 coll. da Pietro Ursuleo da Capua nel 1458, numerazione manettiana“).
- Einband
- Römischer Einband (vom 4. März) 1972 (so das Datum lt. Restaurierungsvermerk): Halbpergamentband über Pappe, Rücken mit schwarz-geprägter Signatur: PAL. LAT. 41. Darüber und darunter je ein Wappenstempel: Papst Paul VI. (reg. 1963–1978) und des Kardinalbibliothekars (?). Dieser ist jedoch so stark verblasst, dass er nicht mehr erkennbar ist. Im Pontifikat Pauls VI. amtierten zwei Kardinalbibliothekare: 1957–1971 Eugène Tisserant und 1974–1983 Antonio Samoré; in den Jahren zwischen 1971 und 1974 war das Amt vakant. Da die Hs. im März 1972 neu gebunden wurde, mag der nur schemenhaft erkennbare Abdruck das Wappen der BAV oder das des damaligen Präfekten, Alfons Maria Stickler, enthalten haben und damit auf diese Vakanz hindeuten. Am Kopf ein querrechteckiges, blaues Signaturschildchen der BAV: Pal. lat. 41. Der bei Schunke, Einbände 2.2, S. 813, genannte Einband aus der Zeit 1623–1626 (grünes Pergament mit Wappen Urbans VIII. bzw. Scipione Cobelluzzis) bzw. der erneuerte Rücken aus den Jahren 1869–1878 (weißes Pergament mit schwarzem Rückenschild: PAL. 41, sowie den Wappen Pius’ IX. und des Kardinalbibliothekars Jean-Baptiste Pitra) sind teilweise erhalten und wurden auf den heutigen Vorderspiegel geklebt. Goldschnitt, leicht verblasst; heute ohne Kapital.
- Provenienz
- Neapel / Augsburg / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Vorderspiegel mit aufgeklebtem Signaturschildchen der BAV: Pal. lat. 41. 1. ungezähltes Vorsatzbl. recto: Pal; 2. ungezähltes Vorsatzbl. recto: Capsa-Nummer 133, Allacci-Signatur 1592 [gestrichen], 7. [: wohl die Signatur, die Agnolo Manetti vergeben hat], no. [: Rest der Fugger-Signatur?], aktuelle Signatur 41, ältere (römische?) Signatur 22; 3. ungezähltes Vorsatzbl., recto: 230· [gestrichen] und 41 [verbessert aus 42]; 1r am oberen Rand aktuelle Signatur: 41. Bei dem Eintrag .IC., der knapp unter dem oberen Rand der Seite zu erkennen ist, dürfte es sich um ein Christusmonogramm handeln (Iota und Sigma) und nicht um eine weitere Signatur; vgl. dazu auch Pal. lat. 42, 6r: .IHS.. 1r, 2v und 182v Stempel der BAV. Es handelt sich um das von Pietro Orsoleo geschriebene Widmungsexemplar für König Alfons V. von Aragon-Neapel und Sizilien. Die vorliegende Hs. wurde 1467/68 in Neapel von Agnolo Manetti, dem Sohn Giannozzos, erworben und der Manetti-Bibliothek neben weiteren Zukäufen eingegliedert und wohl mit der Signatur 7 (?) versehen; vgl. Walz, Agnolo Manetti, S. 154 (Anm. 16). So gelangte der Codex dann mit weiteren Handschriften und Drucken Mitte des 16. Jahrhunderts in die Fuggerbibliothek und kam mit dieser 1567 an die Bibliotheca Palatina (vgl. Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 123: „Psalterii triplex translatio septuaginta interpretum, heironymi et Maneti. perg. ‹1›7 mane. [!]“, 472; allg. Aust.-Kat., Bibliotheca Palatina, S. 369, S. 378). Obwohl es das Widmungsexemplar für den aragonesischen König war, ist der Codex daher bei Cagni, Codici, S. 38 (Nr. 148) erwähnt, ist jedoch an dieser Stelle nicht als Übersetzung Manettis gekennzeichnet, wie dies bei Pal. lat. 40, Pal. lat. 42 und Pal. lat. 43 der Fall ist. Und so führte logischerweise auch Gerstmann in dem von ihm erstellten Inventar der Bibliothek Ulrich Fuggers (Pal. lat. 1916) die Handschrift unter den aus der Manetti-Bibliothek erworbenen Stücken. Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 123, ergänzte die von Gerstmann angegebene Manetti-Signatur 7 ohne Grund zu 17 und identifiziert daher den Codex fälschlicherweise mit Pal. lat. 40, der tatsächlich die Manetti-Signatur 17 trägt.
- Besonderheiten
- Das ‚Psalterium triplex‘ enthält normalerweise die drei Übersetzungsvarianten der Psalmen nach dem Psalterium Gallicanum und Romanum sowie dem Psalterium iuxta Hebraeos und dient Studienzwecken. An Stelle des Psalterium Romanum ist hier in der dritten Spalte die Übersetzung des Giannozzo Manetti aus dem Hebräischen gestellt. Die Übersetzung der Psalmen entstand im Zuge einer von Papst Nikolaus V. (reg. 1447–1455) angeregten Bibelübersetzung; die Übertragung der Psalmen wurde zwischen 1451 und 1455 von Manetti geschaffen (vgl. Baldassarri / Bagenmihl, Biographical writings, S. IXf.; Dröge, Manetti als Denker, S. 38–64).
- Literatur
- Stefano U. Baldassarri / Rolf
Bagenmihl, Giannozzo Manetti Biographical
writings, London 2003 (The I Tatti Renaissance library 9), S.
IXf.; Peter Burkhart, Das Psalterium triplex des
Humanisten Giannozzo Manetti, in: Bibliotheca Palatina I, S.
134f.; Giuseppe M. Cagni, I codici Vaticani
Palatino-Latini appartenuti alla biblioteca di Giannozzo Manetti, in: La
Bibliofilía 62 (1960), S. 38 (Nr. 148); Alfonso de Petris, Le teorie umanistiche del
tradurre e l’Apologeticus di Giannozzo Manetti, in: Bibliothèque
d’humanisme et renaissance 37 (1975), S. 15; Dröge, Manetti als Denker, S. 38–64; Kristeller, Iter Italicum 2, S.
389; Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S.
123, S. 472; OVL, Pal.lat.41; Aust.-Kat., Bibliotheca Palatina, S. 369, S. 378; Dorothea Walz, Agnolo Manetti und die
Epitaphiensammlung auf seinen Vater Giannozzo Manetti, in:
Mittellateinische Biographie und Epigraphik, hrsg. von Walter
Berschin u.a., Heidelberg 2005, S. 151–174.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
) 1ra–182va
- Verfasser
- Giannozzo Manetti (GND-Nr.: 118730630).
- Weitere beteiligte Personen
- Alfons V. von Aragon und Sizilien (GND-Nr.: 118648098).
- Titel
- Psalterium per Iannozium Manettum de hebraica veritate in latinum translatum Apologeticus .
- Angaben zum Text
- 1ra–182va GIANNOZZO MANETTI: PSALTERIUM TRIPLEX. 1ra–142rc GIANNOZZO MANETTI: PSALMEN. 1ra–1vc Liste der von Manetti übersetzten Psalmen unter Angabe ihrer Überschriften. ›PSALTERIVM per Iannozium Manettum de hebraica ueritate in latinum translatum in quinque libros diuiditur: et continet psalmos centum quinquaginta …‹. 2ra–3rb Vorwort und Widmungsrede für König Alfons V. von Aragon und Sizilien. ›AD ALFONSVM CLARISSIMVM ARAGONVM REGEM IANNOZII MANETTI PREFATIO IN NOVA TOTIVS PSALTERII DE HEBRAICA VERITATE TRADVCTIONE INCIPIT FELICITER.‹. 3va–142rc Psalterium triplex. ›PSALTERIVM SECVNDVM INTERPRETATIONEM SEPTVAGINTA DVORVM DE GRÆCO IN LATINVM A HIERONYMO TRADVCTVM INCIPIT‹ … 107rc … ›O‹mnis spiritus laudet dominum: laudate dominum. Gliederung der Psalmen nach Büchern nur bei der Manetti-Übersetzung in Spalte 3: 3va–41rc Buch 1 (Ps 1–41); 41rc–69vc Buch 2 (Ps 42–72); 70rc–90vc Buch 3 (Ps 73–89); 90vc–107vc Buch 4 (Ps 90–106); 107vc–142rc Buch 5 (Ps 107–150). Teiledition in: Dröge, Manetti als Denker, S. 143–166 (Ps 1, 2, 8, 19 [18/19], 40, 130 und 150). 142va–182va GIANNOZZO MANETTI: APOLOGETICUS. 142va–149vc Buch 1. ›PREFATIO Iannotij Manetti ad ALFONSVM clarissimum Aragonum regem in quinque libros aduersus sue noue psalterii traductionis obtrectatores apologeticos incipit feliciter·‹ ›CVM‹ nouam quandam totius psalterii de hebraica ueritate in latinam linguam traductionem anno iam prope modum elapso absoluissem […]. 149vc–159rc Buch 2. ›IANNOTII MANETTI AD ALFONSVM CLARISSIMVM ARAGONVM REGEM LIBER SECVNDVS APOLOGETICVS INCIPIT FELICITER.‹ ›POST‹ mortem Alexandri […].159va–166rc Buch 3. ›AD ALFONSVM CLARISSIMVM ARAGONVM REGEM LIBER TERTIVS INCIPIT FELICITER.‹ ›QVONIAM‹ de multis ac magnis duarum celeberrimarum totius psalterii interpretationum […].166rc–175rb Buch 4. › AD ALFONSVM CLARISSIMVM ARAGONVM REGEM LIBER QVARTVS INCIPIT FELICITER.‹ ›SI ORDO‹ noster gloriosissime princeps exigere et postulare uidetuR […].175rb–182va Buch 5. ›AD ALFONSVM CLARISSIMVM ARAGONVM REGEM LIBER QVINTVS APOLGETICVS INCIPIT.‹ ›INSTITV‹entibus nobis Gloriosissime princeps inceptam … 182va … et eternam nominis tui gloriam congereremus. [Kolophon:] ›PETRVS VRSVLEVS DE CAPVA IN HVIVS DIVINI VOLVMINIS CALCE REGI PIISSIMO SE COMMENDAT.‹. Edition: Iannotius Manetti, Apologeticus, hrsg. von Alfonso de Petris, Rom 1981 (Temi e testi 29).
- Incipit
- 1ra PSALTERIVM per Iannozium Manettum de hebraica ueritate in latinum translatum in quinque libros diuiditur.
- Explicit
- 182va ›PETRVS VRSVLEVS DE CAPVA IN HVIVS DIVINI VOLVMINIS CALCE REGI PIISSIMO SE COMMENDAT.‹.
- Edition
- Biblia sacra iuxta Vulgatam versionem, hrsg. von Robert Weber / Roger Gryson, Stuttgart 52007, S. 3–766, S. 957–1512 (mit den Prologen des Hieronymus): Ps. iuxta LXX und Ps. Hebraicum; Iannotius Manetti, Apologeticus, hrsg. von Alfonso de Petris, Rom 1981 (Temi e testi 29); von der Psalmenübersetzung existiert bislang keine kritische Edition.
- Bearbeitet von
- Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 41. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.