Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 411
Winandus de Stega
Papier, Pergament · 1, 38, 1 Bll. · 39,5 × 27,7–28,1 cm · Süddeutschland · 1417
- Schlagwörter (GND)
- Rechtswesen / Kanonistik / Dichtung / Liturgie.
- Entstehungsort
- Süddeutschland.
- Entstehungszeit
- 1417 . (Handschrift datiert).
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament (Bl. 37 sowie Vor- und Nachsatzbl. aus Papier).
- Umfang
- 1, 38, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 39,5 × 27,7–28,1 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + (V-1)9 + IV16 (inkl. Bl. 12a) + V26 + (V+1)37 + (I-1)38*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 38* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.; bei Bl. 37 handelt es sich um ein beschädigtes papiernes Bl. (mit Illustration), das auf ein jüngeres Schutzbl. aufgeklebt wurde (die verklebte Rückseite wohl leer).
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung wohl des 17. Jhs. (1–12, 12a [von moderner Hand], 13–37); Vor- und Nachsatzbl. sind nicht gezählt, daher wird bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen. – 9v–16v rubrizierte Lagenreklamanten (von Texthand) auf der jeweils letzten Seite; die erste Hälfte der letzten Lage (Bll. 27–31) auf den Rectoseiten 1–5 gezählt (15. Jh.).
- Zustand
- Einige Fehlstellen und Risse (verstärkt). Bl. 1 mit Rostflecken in allen vier Ecken (wohl vom Metallschmuck eines früheren Einbandes).
- Schriftraum
- 27,5–28,5 × 18,8–19 cm.
- Spaltenanzahl
- 2 Spalten (außer 17v/18r–30r i.d.R. mit einspaltigem Haupttext und [Klammer-]Glossierung).
- Zeilenanzahl
- 42–46 Zeilen (abweichend 1r–v der verworfene Text, 17v/18r–30r die glossierten Seiten und 35v–36r die Stundenlieder).
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Nach Schmidt, Winand, 1967 und 1977, S. 44f. (insbesondere aufgrund von Selbstaussagen Winands), wie auch u. a. BAV, Pal. lat. 412, von der Hand Winands selbst geschrieben (s. auch Buchgestaltung und Buchschmuck).
- Buchgestaltung
- Bis hin zu Marginalien und Lagenreklamanten ähnlich BAV, Pal. lat. 412. (Zwischen-)Überschriften in Rot; an Abschnittsanfängen rote und blaue Lombarden, i. d. R. mit Fleuronné in Gegenfarbe (s. auch Buchschmuck); rubrizierte Satzmajuskeln, rote und blaue Paragraphzeichen. 17v/18r–30r Buchstaben und andere Zeichen als Verweiszeichen zum Glossenapparat verwendet. Einige rubrizierte Marginalien (darunter 7r Manicula) von Texthand. – 35v–36r (Stundenlied) (Strophen-)Überschriften, Vorbemerkungen und Schlussgebet in Rot; die Verse des Stundenliedes mit abwechselnd roten und blauen Lombarden bzw. Versalien. – Ohne Linierung, lediglich mit Begrenzung des Schriftraums.
- Buchschmuck
- Fünf den Text erläuternde, mehrfarbige Illustrationen: 7v, 19v (arbores consanguinitatis), 26v (arbor affinitatis), 31r (Darstellung von christlichen matrimonia und teuflischen vincula), 34v (Darstellung der Kirchenspaltung während des Abendländischen Schismas 1378–1417 sowie der Abspaltung der Ostkirche), nach Schmidt, Winand, 1967 und 1977, S. 44f. (insesondere. aufgrund von Selbstaussagen Winands), wie auch u. a. in BAV, Pal. lat. 412, von der Hand Winands selbst gezeichnet. S. auch Nachträge und Benutzungsspuren. – 2ra (Vorwort bzw. Widmung), 13va (zweiter Vorlesungsteil zur affinitas), 18r (Lectura des Iohannes Andreae), 24v (zweiter Teil der Lectura des Iohannes Andreae zur affinitas) Initialen (große blaue Lombarden [13va rot] auf quadratischem Goldgrund, beides rot gerahmt, 1ra mit rotem Fleuronné als Außendekor, 13va, 18r mit weißem Ornament im Buchstabenstamm); s. auch Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- 36v–37r wurden zwei mehrfarbige, ganzseitige Illustrationen (Stammbaum der hl. Anna, der Mutter Marias, bzw. der hl. Elisabeth, der Mutter Johannes’ des Täufers) nach Von Wilckens, Buchmalerei, S. 30–35 von einer Hand aus einer kurpfälzischen (Amberger oder eher Heidelberger ?) Werkstatt, die auch an BAV, Pal. lat. 291 beteiligt gewesen sei, kurz nach 1417 nachgetragen; 36v Notizen zur hl. Anna, 37r die wenigen zur hl. Elisabeth am oberen Rand durch Blattbeschädigung fast gänzlich verlorengegangen. – 1r–v Federproben.
- Einband
- Römischer Einband zwischen 1869 und 1878: weißes Pergament über Pappe; auf Rücken goldgeprägte Wappen von Papst Pius IX. und Kardinalbibliothekar Jean-Baptiste Pitra (letzteres leicht abgerieben) sowie rotes Signaturschild. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 834.
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- 1417 für Kf. Ludwig III. von der Pfalz (1410–1436) anlässlich dessen Hochzeit mit Mechthild von Savoyen am 30. Nov. 1417 (wohl von der Hand Winands selbst [s. Angaben zu Schrift / Schreibern und Buchschmuck]) geschrieben (s. 2ra–rb das Widmungsvorwort sowie 35v [lat. für Ludwig III.] und 36r [dt. für Mechthild] die Vorbemerkungen und die Akrosticha zu den Stundenliedern; zur dt. Übertragung s. auch die Notiz 1v Hec oratio est volgarizata pro preclarissima domina Mechtildi, vxore predicti principis …; an den Eheverhandlungen, die vor dem 22. Okt. 1417 stattgefunden hatten, war Winand beteiligt gewesen [s. 30va … swasione me presente et idem attestante … und Schmidt, Winand, 1977, S. 17]), das Werk beendet während eines Aufenthalts Winands beim Konstanzer Konzil am 11. Nov. 1417, dem Tag der Wahl Papst Martins V. (34rb … hoc die quo finiui hunc libellum dedit nobis pacem et vnionem sancte vniuersalis ecclesie preficiendo sibi sponsum olim reuerendissimum dominum Odonem de Columpna Romanum et cardinalem, nunc patrem sanctissimum, scilicet anno domini millesimo quadringentesimo decimo septimo ipsa die sanctj Martini in Constantiensi concilio …; s. auch Schmidt Winand, 1977, S. 16). 1438 im Besitz der Universität Heidelberg nachgewiesen (verzeichnet im Inventar der testamentarischen Bücherschenkung Ludwigs III. an die Universität Heidelberg); s. Hanselmann, Bücherschenkung, S. 125 (mit Nachweis). – 1r Capsa-Nummer C.11 ohne Allacci-Signatur sowie alte Signaturen 1649 (durchgestrichen) und 238.
- Literatur
- Bartsch, Handschriften, S. 187, Nr.
349; Berschin, Palatina, S. 56–60; Hanselmann, Bücherschenkung, S. 125; Aloys Schmidt, Winand von Steeg, in:
Aloys Schmidt / Hermann Heimpel, Winand von
Steeg (1371–1453), ein mittelrheinischer Gelehrter und Künstler und die
Bilderhandschrift über Zollfreiheit des Bacharacher Pfarrweins auf dem Rhein
aus dem Jahr 1426, München 1977 (Handschrift 12 des Bayerischen Geheimen Hausarchivs
zu
München) (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Klasse.
Abhandlungen N.F. 81), S. 9–54, bes. S. 16f., 44f.; Aloys Schmidt, Winand von Steeg, ein unbekannter
mittelrheinischer Künstler, in: Festschrift für Alois Thomas. Archäologische,
kirchen- und kunsthistorische Beiträge, Trier 1967, S. 363–372; Wilfried Schouwink, Die Offiziendichtungen Winands von
Steeg in Vat. Pal. lat. 411, 412, 858 und Trier, Stadtbibliothek 1139/65, in:
Palatina-Studien. 13 Arbeiten zu Codices Vaticani Palatini latini und anderen
Handschriften aus der alten Heidelberger Sammlung, hrsg. von Walter
Berschin, Vatikanstadt 1997 (Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae
5 Studi e testi 365), S. 237–286, hier bes. S. 253f.; Schunke, Einbände 2.2, S. 834; Viola Skiba, in: Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz
und Europa. Begleitband zur 2. Ausstellung der Länder Baden-Württemberg,
Rheinland-Pfalz und Hessen, hrsg. von Alfried Wieczorek u. a., Mannheim/Regensburg 2013 (Publikationen der
Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim 60), S. 406f., Nr.
D1.06; Stevenson, Latini, S. 120; Markus Weis, Ein Traktat über die Blutsverwandtschaft als
Geschenk für Ludwig III., in: Aust.-Kat. Palatina, Textbd., S. 190f., Nr. E
1.2; Leonie Von Wilckens, Buchmalerei um 1410–40 in Heidelberg
und in der Kurpfalz, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg
1980, S. 30–47.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1ra–35b
- Verfasser
- Winandus de Stega (GND-Nr.: 118633562).
- Weitere beteiligte Personen
- Iohannes Andreae (GND-Nr.: 119244071).
- Titel
- Mons quattuor fluvialium arborum.
- Angaben zum Text
- Enno Bünz, in: VL2
10, Sp. 1184; s. auch Schmidt, Winand, 1977, S. 31f. und
Hermann Schadt, Die Darstellungen der Arbores
Consanguinitatis und der Arbores Affinitatis. Bildschemata in juristischen
Handschriften, Tübingen 1982, S. 309–313. Nur aus dieser Hs. bekannter,
eherechtlicher Traktat über die Verwandtschaftsgrade (mit erläuternden
Illustrationen, s. Buchschmuck) auf Grundlage
einer von Winand 1401 in Heidelberg gehaltenen Vorlesung über Iohannes Andreae,
Lectura super arboribus consanguinitatis et affinitatis (die Lectura des
Iohannes Andreae selbst steht 17v–30r [18r Circa lecturam arboris
diuersis olim diuersum modum … (30r) precipue studentes
continue perseverent per gratiam eius qui est benedictus in secula
seculorum, amen.] mit Glossen). 1ra–va verworfener Textanfang (steht
auch 2ra–vb, Z. 5).
1ar–v leer.
- Rubrik
- 2r ›Prefacio in montem quatuor fluuialium arborum‹.
- Incipit
- 2ra Gloriosissimo, illustrj et sereno principi et domino suo, excellentissimo domino Ludwico, sacrj Romani imperij archidapifero, comitj Palentini [!] Reni et Bauarie duci preclarissimo, Wynandus de Stega uallium Reni … Nuper Amberge anno domini millesimo quadringentesimo decimo septimo tam preciosis uestre claritatis receptis muneribus …
- Weiteres Initium
- 18r Circa lecturam arboris diversis olim diversum modum.
- Explicit
- 35rb … et me vna vobiscum intercessione beate Marie semper virginis collocarj a dextris in excelsis, amen. ›Explicit libellus quatuor fluuialium arborum‹.
2) 35v–36r
- Verfasser
- Winandus de Stega (GND-Nr.: 118633562).
- Titel
- Carmen officii de compassione BMV dicatum Ludowico III comiti Palatino et Mechthildi, uxori eius, lingua Latina (“Dulce lilium vernale”) et Germanica (“Du suße lilge meilicher blut”).
- Angaben zum Text
- Enno Bünz, in: VL2
10, Sp. 1185f.; s. insb. Schouwink, Offiziendichtungen. Nur
aus dieser Hs. bekanntes, rhythmisches Stundenlied in zwölf Strophen über die
Schmerzen Mariä bei der Passion Christi mit Bittgebeten an alle Engel, Heiligen
und Seelen, vorangestellt einführende Erläuterungen (mit Widmung bzw. Angabe,
dass das Lied in Amberg [Oberpfalz] für Kf. Ludwig III. von der Pfalz [36r auch
für dessen Gemahlin Mechthild] gedichtet wurde, und Anweisungen, mit welchen
Gebeten es zu verbinden sei), nachgestellt ein abschließendes Prosagebet: 35v
lateinische Fassung ›pro domino duce‹, 36r deutsche Übertragung
›pro domina ducissa‹.
36v–37r nachgetragene Illustrationen (Stammbäume der hl. Anna bzw. der hl. Elisabeth).
37v–38*v leer.
- Edition
- Ohne die einführenden Erläuterungen und das Schlussgebet: AH 30, S. 110–112, Nr. 49; Wilfried Schouwink, Die Offiziendichtungen Winands von Steeg in Vat. Pal. lat. 411, 412, 858 und Trier, Stadtbibliothek 1139/65, in: Palatina-Studien. 13 Arbeiten zu Codices Vaticani Palatini latini und anderen Handschriften aus der alten Heidelberger Sammlung, hrsg. von Walter Berschin, Vatikanstadt 1997 (Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae 5; Studi e testi 365), S. 237–286, hier S. 264–268.
- Bearbeitet von
- Michael Kautz, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2012.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 411. Beschreibung von: Michael Kautz (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2012.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.