Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 412

Winandus de Stega

Papier, Pergament · 1, 107 (inkl. des historischen, pergamentenen Vorsatzbl. 2a), 1 Bll. · 31 × 22 cm · Süddeutschland · (1419/)1420


Schlagwörter (GND)
Theologie / Mystik / Dichtung / Liturgie.
Entstehungsort
Süddeutschland.
Entstehungszeit
(1419/)1420.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament (Bl. 1 sowie modernes Vor- und Nachsatzbl. aus Papier).
Umfang
1, 107 (inkl. des historischen, pergamentenen Vorsatzbl. 2a), 1 Bll.
Format (Blattgröße)
31 × 22 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + ([V-2] + 1)8 (inkl. Bl. 2a) + (IV-1)15 + IV23 + III29 + 9 IV100 (inkl. Bl. 44*) + (III-1)105 + (I-1)106*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 106* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.; nach Bl. 10 scheint ein Bl. verlorengegangen zu sein (mit Textverlust).
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung wohl des 17. Jhs. (1–44, 44* [von moderner Hand], 45–105); Vor- und Nachsatzbll. (inkl. des historischen, pergamentenen Vorsatzbl. 2a) sind nicht gezählt, daher wird bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen. – 15v–100v rubrizierte Lagenreklamanten (von Texthand) auf der jeweils letzten Seite.
Zustand
Wenige Fehlstellen und Risse (Letztere genäht). Bl. 105 mit Rostfleck am oberen Rand.

Schriftraum
21,5 × 14–14,5 cm; ; .
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
33–38 Zeilen (103v–105r abweichend).
Angaben zu Schrift / Schreibern
Nach Schmidt, Winand, 1967 und 1977, S. 44f. (insb. aufgrund von Selbstaussagen Winands), wie auch u. a. BAV, Pal. lat. 411, von der Hand Winands selbst geschrieben (s. auch Buchgestaltung und Buchschmuck).
Buchgestaltung
Bis hin zu Marginalien und Lagenreklamanten ähnlich BAV, Pal. lat. 411. (Zwischen-)Überschriften in Rot; 2v–8v im Register zu jedem neuen Buchstaben rote oder blaue Lombarde mit Fleuronné in Gegenfarbe, ansonsten an Kapitelanfängen (103v–105ra zu jedem Glosseneintrag sowie 103v–104r zu jeder Hymnenstrophe) rote Lombarden (Vorgaben für Rubrikator häufig stehengeblieben), z. T. mit braun-schwarzem Fleuronné, z. T. mit Binnenraumverzierung (s. auch Buchschmuck); Kapitelunterteilungen durch rubrizierte Buchstaben am Rand; rubrizierte Satzmajuskeln, rote Paragraphzeichen; rote Seitentitel (auf den Rectoseiten in der rechten oberen Ecke). Einige rubrizierte Marginalien (103v–104r z. T. als Tituli gestaltet) von Texthand (s. auch Nachträge und Benutzungsspuren). – Akrosticha aus den Anfangsbuchstaben der 62 Kapitel des Adamas 9r–99v WINANDUS DE STEGA DECRETORUM DOCTOR ET CANONICVS PATAUIENSIS ME ORNAUIT (zur Bezeichnung Winands als Passauer Kanoniker s. Schmidt, Winand, 1977, S.17f.) bzw. aus den Anfangsbuchstaben der Glosseneinträge 103v–104v DOCTOR WINANDUS ME ORNAUIT. – Ohne Linierung, lediglich mit Begrenzung des Schriftraums.
Buchschmuck
54 den Text erläuternde, mehrfarbige Illustrationen (plus 2r Dedikationsbild wohl von anderer Hand), nach Schmidt, Winand, 1967 und 1977, S. 44f. (insb. aufgrund von Selbstaussagen Winands, z. B. in dieser Hs.: 67v Supra sanctam matrem militantem ecclesiam, scilicet quasi homines super terram aut in aquis deferentem, cum sibi repugnanti ecclesia depinximus; s. auch Buchgestaltung), wie auch u. a. in BAV, Pal. lat. 411, von der Hand Winands selbst gezeichnet. – 2r rote Figureninitiale (aus zwei Menschen und einem Vogel) mit blauem Fleuronné, 9r schwarz-rot konturierte Goldinitiale mit rotem Fleuronné (das Fleuronné jeweils mit Tierfiguren bzw. Fabelwesen und nebem Außenbesatz auch einen quadratischen Filigrangrund bildend).

Nachträge und Benutzungsspuren
Wenige Anmerkungen und Stellenmarkierungen (darunter Maniculae) evtl. von etwas späterer Hand. – 1r lange, deutsche Inhaltsangabe (insb. zu Häresien etc.) mit einleitender Notiz zum Autor bzw. zur Entstehung der Schrift von einer Hand des 16. Jhs. (signiert Marius; evtl. Georg Marius [1533–1606], u. a. Angehöriger der Universität Heidelberg und Leibarzt am kurfürstlich-pfälzischen Hof [s. Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 370f.]).

Einband
Römischer Einband zwischen 1939 und 1957: weißes Pergament über Pappe; auf Rücken goldgeprägte Wappen von Papst Pius XII. und Kardinalbibliothekar Giovanni Mercati (letzteres stark abgerieben) sowie rotes Signaturschild.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Die Hs. 1420 (nach Abfassung des Hymnus am 6. Jan. in Augsburg [s. 103v Dominice natiuitatis anno millesimo quadringentesimo uigesimo in ciuitate Augustensi in crastino ephiphanie hunc conposui ymnum …]) für Kf. Ludwig III. von der Pfalz (1410–1436) (s. 2r, 102v Anrede Ludwigs III. sowie 2r das Dedikationsbild: Winand [zum Wappen s. Schmidt, Winand 1977, S. 10, Anm. 8], gemeinsam dargestellt mit Georg von Hohenlohe, Bf. von Passau, übergibt dem Pfälzer Kurfürsten sein Werk [neben den Wappen zu den drei genannten Personen sind noch drei weitere Wappen abgebildet]) geschrieben (wohl von der Hand Winands selbst [s. Angaben zu Schrift/Schreibern, Buchgestaltung und Buchschmuck]) bzw. frühestens am 6. Jan. 1420 vollendet. – Die Illustration 93r mit links einer Versammlung von Häretikern und rechts einem König während der Krönungszeremonie bezieht sich auf den Text und ist als Erinnerung zu verstehen, dass der Herrscher den christlichen Glauben zu verteidigen habe (s. 92v–93r); der, in der Bildmitte, vor dem König knieende Geistliche hält wohl das Krönungsevangeliar für den Eid des künftigen Herrschers bereit (so Graf, Winand, S. 346 mit S. 355, Anm. 22). Die Interpretation als (ursprüngliches ?) Widmungsbild mit dem Kg. Sigismund sein Werk überreichenden Winand (so zuletzt noch Marosi, in: Sigismundus Rex, S. 463) geht fehl, auch wenn Winand den Adamas in Gran (ungar. Esztergom) am 25. März 1419, während seiner kurzzeitigen Beschäftigung am Hof Kg. Sigismunds 1418/19 (s. hierzu Schmidt, Winand, 1977, S. 18f.), vollendete, nachdem er sie vorher (nach dem 16. Mai 1418, dem Tag des Auszugs Papst Martins V. aus Konstanz; s. Schmidt, Winand, 1977, S. 16 mit Anm. 74 [der hier angegebene Beleg „me vidente“ stand wohl auf dem nach Bl. 10 verlorengegangenen Bl.; zur Überlieferung s. Inhalt, zu 10r–v]) in Nürnberg begonnen hatte (99v … intencionem proposui enim nuper Nuremberge in summa pace constitutus hunc ibidem inchoatum exquesite perficere libellumet tandem iuxta mei possibilitatem ingenij in archiepiscopali castro perfecj Strigoniensi [100r] anno domini m°cccc°xix° in crastino annunciacionis beatissime Marie semper uirginis …). – 1438 im Besitz der Universität Heidelberg nachgewiesen (verzeichnet im Inventar der testamentarischen Bücherschenkung Ludwigs III. an die Universität Heidelberg); s. Hanselmann, Bücherschenkung, S. 124 (mit Nachweis). – 2ar Capsa-Nummer C.155 mit Allacci-Signatur 1091 sowie alte Signatur 311 (alle durchgestrichen).

Faksimile
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_412
Literatur
">Berschin, Palatina, S. 58–62; Agnes Graf, Hildegard von Bingen bei Winand von Steeg, Adamas colluctantium aquilarum (Vat. Pal. lat. 412). Ecclesia und Synagoge, in: Palatina-Studien. 13 Arbeiten zu Codices Vaticani Palatini latini und anderen Handschriften aus der alten Heidelberger Sammlung, hrsg. von Walter Berschin, Vatikanstadt 1997 (Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae 5; Studi e testi 365), S. 61–83; Agnes Graf, Winand von Steeg: Adamas colluctancium aquilarum. Ein Aufruf zum Kreuzzug gegen die Hussiten, in: Umění 40, 1992, S. 344–351; Hanselmann, Bücherschenkung, S. 124; Ernő Marosi, in: Sigismundus Rex et Imperator. Kunst und Kultur zur Zeit Sigismunds von Luxemburg 1387–1437. Ausstellungskatalog. Budapest, Szépművészeti Múzeum, 18. März–18. Juni 2006. Luxemburg, Musée National d’histoire et d’art, 13. Juli–15. Oktober 2006, hrsg. von Imre Takács, [Mainz] 2006, S. 29f., Kat.-Nr. 5.35, S. 463f.; Barbara Obrist, Das illustrierte ‚Adamas colluctancium aquilarum‘ (1418–1419) von Winand von Steeg als Zeitdokument, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 40 (1983), S. 136–143; Aloys Schmidt, Winand von Steeg, in: Aloys Schmidt / Hermann Heimpel, Winand von Steeg (1371–1453), ein mittelrheinischer Gelehrter und Künstler und die Bilderhandschrift über Zollfreiheit des Bacharacher Pfarrweins auf dem Rhein aus dem Jahr 1426, München 1977 (Handschrift 12 des Bayerischen Geheimen Hausarchivs zu München) (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Phil.-hist. Klasse. Abhandlungen N.F. 81), S. 9–54, bes. S. 17f., 44f.; Aloys Schmidt, Winand von Steeg, ein unbekannter mittelrheinischer Künstler, in: Festschrift für Alois Thomas. Archäologische, kirchen- und kunsthistorische Beiträge, Trier 1967, S. 363–372, bes. S. 369f.; Wilfried Schouwink, Die Offiziendichtungen Winands von Steeg in Vat. Pal. lat. 411, 412, 858 und Trier, Stadtbibliothek 1139/65, in: Palatina-Studien. 13 Arbeiten zu Codices Vaticani Palatini latini und anderen Handschriften aus der alten Heidelberger Sammlung, hrsg. von Walter Berschin, Vatikanstadt 1997 (Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae 5 Studi e testi 365), S. 237–286, hier bes. S. 256f.; Schunke, Einbände 2.2, S. 835; Viola Skiba, in: Die Wittelsbacher am Rhein. Die Kurpfalz und Europa. Begleitband zur 2. Ausstellung der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen, hrsg. von Alfried Wieczorek u. a., Mannheim/Regensburg 2013 (Publikationen der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim 60), S. 405f., Nr. D1.05; Stevenson, Latini, S. 121; Ewald M. Vetter, Die Kupferstiche zur Psalmodia Eucarística des Melchor Prieto von 1622, Münster i.W. 1972 (Spanische Forschungen der Görresgesellschaft. Zweite Reihe 15), S. 132f.; Markus Weis, Ein Ludwig III. gewidmetes Werk Winand von Steegs, in: Ausst.-Kat. Palatina, Textbd., S. 191f., Nr. E 1.3.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 2r–103r Digitalisat

Verfasser
Winandus de Stega (GND-Nr.: 118633562).
Titel
Adamas colluctantium aquilarum.
Angaben zum Text
Enno Bünz, in: VL2 10, Sp. 1184f.; s. auch Schmidt, Winand, 1977, S. 34–36. Nur aus dieser Hs. bekannte Schrift über den Kampf zwischen der Kirche Christi und der des Teufels mit zahlreichen Illustrationen und 2r–v Widmungsvorrede, 2v–8v alphabetischem Sachregister, 9r–10v Proömium (mit 10r–v einer am Ende wohl aufgrund von Blattverlust unvollständigen Schilderung des Konstanzer Konzils, selbst- und vollständig überliefert in Wien, ÖNB, Cod. 4971, 51r [hiernach abgedruckt in: Heinrich Finke (Hg.), Acta concilii Constanciensis, Bd. 4, Münster (Westfalen) 1928, S. 753–755]; der fehlende Schluss hätte in vorliegender Hs. ca eine halbe Seite beansprucht) und 102v Schlusswort mit nochmaliger Widmung und Gebet.
1ar–2av leer (außer 2ar Signaturen).
1r Inhaltsangabe des 16. Jhs. (von Georg Marius ? [s. Nachträge und Benutzungsspuren]).
1v leer.
Rubrik
2r ›Incipit Adamas colluctancium aquilarum et cetera etc.
Incipit
2r Relucentissimorum reuerendissime ac amabilis pater dominorum, a quodam decretorum doctore, michi carissimo fratre, excitatus etc., vt infra scribitur primo capitulo, sub tamen nomine, correctione et vmbra paternitatis vestre excellentissime, pro laude et gloria omnipotentis dei, sacri Romani imperij illustris quoque principis et domini mei naturalis, domini Ludwig comitis Palentini [!] Reni predictique imperij archidapiferj et ducis Bauarie inclitissimi ego Wynandus de Stega, decretorum doctor, licet indignus vestre paternitas felicissime seruus inutilis, hunc libellum extruxi
Explicit
102v … ut ueneranda ac sancta summa trinitas precibus electorum una deitas sese nobis det in premia, amen. Et sic est finis istius libelli etc. [103r folgt noch eine ganzseitige Illustration].
Edition
s. Angaben zum Inhalt.

2) 103v–105ra Digitalisat

Verfasser
Winandus de Stega (GND-Nr.: 118633562).
Titel
Hymnus officii in laude nativitatis domini (“A summo choro seraphin”) cum glossis.
Angaben zum Text
Nur aus dieser Hs. bekannter, als Stundenlied für die Tagzeiten fünfgeteilter, rhythmischer Abecedarius-Hymnus auf die Geburt Christi mit erläuternden Glossen (mit Angabe zur intendierten Verwendung und zur Abfassung am 6. Jan. 1420: 103v Dominice natiuitatis anno millesimo quadringentesimo uigesimo in ciuitate Augustensi in crastino ephiphanie hunc conposui ymnum in laudem dei gloriose uirginis Marie et omnium ciuium supernorum qui ad omnes horas cantabilis est sub nota ymni ‘A solis ortus cardine’ etc.); s. Schmidt, Winand, 1977, S. 43 und insbesondere Schouwink, Offiziendichtungen, S. 256–258.
105v–106*v leer.
Incipit
103v A summo choro seraphin concentum ad puerorum ardenter Christo domino psallemus nunc altissimo
Explicit
104r … zisania cum lolio repulsis et nutu virginis vt adonay gloriam demus ylion in excelsis.
Edition
Ohne die Glossen: AH 30, S. 90–92, Nr. 36; Wilfried Schouwink, Die Offiziendichtungen Winands von Steeg in Vat. Pal. lat. 411, 412, 858 und Trier, Stadtbibliothek 1139/65, in: Palatina-Studien. 13 Arbeiten zu Codices Vaticani Palatini latini und anderen Handschriften aus der alten Heidelberger Sammlung, hrsg. von Walter Berschin, Vatikanstadt 1997 (Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae 5 Studi e testi 365), S. 237–286, hier S. 269–271.


Bearbeitet von
Michael Kautz, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2013.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 412. Beschreibung von: Michael Kautz (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2013.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.