Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 425
Petrus Alfonsi, Dialogus
Pergament, Papier · 2, 80, 2 · 25,7 × 16,5 cm · Brügge · 1392
- Schlagwörter (GND)
- christliche Apologetik / Judentum / Islam.
- Entstehungsort
- Brügge.
- Entstehungszeit
- 1392.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament, je ein Vorsatzbl. Papier (1a, 82*).
- Umfang
- 2, 80, 2.
- Format (Blattgröße)
- 25,7 × 16,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 1a + 6 VI72 + IV80 + 181 + (I-1)82*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl. 1a und 81 sind alte Vorsatzbll. oder Teile eines Kopertumschlags aus Pergament, die heute mit der ersten bzw. letzten Lage einzeln eingeheftet sind (Ränder sichtbar, aufgeklebt auf 12v und 73r). 82* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Tintenfoliierung, Rom 17. Jh. (1–80), ergänzt durch moderne Bleistiftfoliierung (1–3, 81). Neuzeitliche Tintenfoliierung (a). Die Bezeichnung der nicht foliierten Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 82*). Textreklamanten (12v–72v).
- Zustand
- Sauber und ohne Beschädigungen.
- Wasserzeichen
- Vorsatzbll. ohne erkennbare Wasserzeichen.
- Schriftraum
- 18,3 × 10,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 32–35 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Regelmäßig und routiniert geschriebene Buchbastarda mit kursivem Duktus, geschrieben durchgängig von Joris van der Paele (s. Geschichte der Handschrift). Von späterer Hand wurde das Kapitelverzeichnis mit kurzer Inhaltsangabe auf av eingetragen. Die Humanistica cursiva des 15. Jhs. deutet klar auf einen italienischen Schreiber (s. Geschichte der Handschrift).
- Buchgestaltung
- Textraumbegrenzungen in Metallstift. Raum für zweizeilige Initialen aus dem Textblock ausgespart, 1r zum Textbeginn dreizeilig (nicht ausgeführt). Initialbuchstaben jeweils von der Texthand am Seitenrand vorgeschrieben. 7v und 8r, mittig im Textspiegel eingefügt jeweils ein Kreisschema: 7v Klimazonen der Erde (Petri Alfonsi Dialogus, ed. 2018, S. 40–41), 8r Kreisbahn der Sonne (Petri Alfonsi Dialogus, ed. 2018, S. 42–43).
- Nachträge und Benutzungsspuren
- 81v Eintrag: Senza ligatura (Italien, 16. Jh.?).
- Einband
- Weißes Pergament mit Goldpressung auf Pappen. Rom, 1869–1878. Glatter Rücken, oben blaues Signaturschild der BAV, darunter in Goldpressung das Wappen von Papst Pius IX. (Pontifikat 1846 bis 1878). Rotes Lederschild mit Goldpressung Pal. 425. Darunter das Wappen des Kardinalbibliothekars Jean-Baptiste Pitra (1812–1889, Kardinalbibliothekar ab 1869). Gewebtes Kapitalband mit hellblau-violettem Streifenmuster. Schunke, Einbände 2,2, S. 835, vgl. Schunke, Einbände 1, S. 257.
- Provenienz
- Brügge / Italien (Rom?) / Augsburg / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Die Handschrift wurde am 10. Sept. 1392 vollendet durch
Georgius de Pala aus Brügge, Kanoniker an der dortigen Kirche St. Donatian. 80v
Completus est iste liber et scriptus per manum Georgii de Pala de
Brugis canonici sancti Donaciani Brugensis sub anno domini m. ccc xcii.
mensis Septembris die decima, deo gracias. Der Schreiber, der
Kanoniker Joris van der Paele, ist heute bekannt als Auftraggeber und
porträtierter Stifter der "Madonna des Kanonikus von der Paele" von Jan van
Eyck von 1436 (Brügge, Groeningemuseum). Roelli /
Bachmann (Stemma, S. 327) weisen darauf hin, dass die
hier vorliegende Textversion der Gruppe B von einem aus Belgien stammenden
Codex abstammt, was zu der Entstehung der Hs. in Brügge passt. Georgius/ Joris
van der Paele, geboren wohl um 1365/1370, war ab 1387 Kanoniker an St. Donatian
/ Sint-Donaas in Brügge. Im Verlauf des großen abendländischen Schismas war er
durchgängig der römischen Kurie verbunden. Da Brügge aber zur Avignoneser
Obödienz überging, verlor er 1394 diese Pfründe. Spätestens 1396 wurde er dafür
Scriptor an der römischen Kurie unter Papst Bonifaz IX. Unter Martin V. wird er
im Juli 1418 auch als Abbreviator genannt (RG Online, RG IV 03360, abgerufen
am 07.01.2021). In dieser Phase seines Lebens hielt er sich in Rom auf. Erst
1410 konnte er wieder ein Kanonikat an St. Donatian in Brügge erlangen, später
im Jahr 1418 verließ er Rom und kehrte nach Brügge zurück. Daneben hatte er
zahlreiche andere einträgliche Pfründen inne. Als er im Juli 1435 sein Amt als
Scriptor resignierte war er 70 Jahre alt (RG Online, RG V 02085, abgerufen
am 07.01.2021). Er starb 1443 in Brügge und wurde in der von ihm gestifteten
Kapelle in St. Donatian beigesetzt (Rafael De Keyser, Paele,
Joris Van der, in: Nationaal Biografisch Woordenboek, Bd. 5, Brüssel 1972, S.
673–677; Maximiliaan P.J. Martens, Patronage, in: Early
Netherlandish paintings: rediscovery, reception and research, hrsg. von
Bernhard Ridderbos, Amsterdam 2005, S. 345–377, dort S.
366–377 Canon George van der Paele as Patron und S. 433–435, dort auch die
ältere Lit.). Vgl. Pallen, Joris van der, scriptor, in: Sigrid
Krämer, Scriptores possessoresque codicum medii aevi,
Augsburg 2003–2012 (ohne Nennung von Hss.).
Die Schrift des Inhaltsverzeichnisses auf av lässt eindeutig eine italienische Schreiberhand erkennen (s. Angaben zur Schrift). Wahrscheinlich gelangte der Codex in der Zeit van der Paeles als Scriptor der römischen Kurie in italienischen Besitz. Die Hs. gehörte dann im 16. Jh. zu den Bänden, die Ulrich Fugger einzeln über Mittelsmänner vor allem in Italien und Frankreich erworben hat (Eintrag ar 371 seors[im]). Siehe: Lehmann, Fuggerbibliotheken 2, S. 469, S. 478; im Inventar Pal. lat. 1921, 52r (Dialogi Alphonsi ex Judeo). Nach diesem Inventar befand sie sich in einer Kiste, die ausschließlich beschädigte oder ungebundene Bücher enthielt (vgl. ebd. 51v). Hierzu passt die Aufschrift 81v senza ligatura, die ebenfalls in Italien, wahrscheinlich im 16. Jh., angebracht wurde. Mit den Büchern Ulrich Fuggers - seit 1567 in Heidelberg - gelangte der Band 1584 in die Heidelberger Palatina. Mit dieser wurde er 1623 in die Vatikanische Bibliothek verbracht. Capsa-Nr. ar C. 70/ 1411. Im Allacci-Register nachweisbar (Pal. lat. 1949, 42v 1411 Petri Alphonsi dialogus, fol. C. 70.). ar ältere Signaturen der BAV, oben: 643 (gestrichen), unten: 205 (gestrichen) sowie aktuelle Signatur: 425. Palat. lat. Besitzstempel der BAV 1r und 80v.
- Literatur
- Petri Alfonsi Dialogus. Kritische Edition mit deutscher Übersetzung und
Kommentar, Bd. 1, Florenz 2018 (zur Hs. S. XIX und XXXV, Sigle V2); Philipp Roelli / Dieter Bachmann,
Towards generating a stemma of complicated manuscript traditions: Petrus
Alfonsi’s Dialogus, in: Revue d’histoire des textes 5 (2010), S. 307–331, S.
313, S. 327 (Sigle V2); Stevenson, Latini, S. 123.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–80v
- Verfasser
- Petrus Alfonsi (GND-Nr.: 118740423).
- Titel
- Dialogus.
- Angaben zum Text
- (av) Inhalt. Primus a folio 1 a 21, secundus … - … duodecimus a 72 a 80, finis librorum. Quod Judei verba prophetarum carnaliter intelligunt … - … de Saracenorum lege destruenda et de stultitia confutanda. Kapitelverzeichnis und kurzgefasste Inhaltsangabe. (1r–80v) Petrus Alfonsi, Dialogus. (1r) ›Incipit dialogus Petri cognomento Alfunsi [!] ex Judeo christiani et Moysi Iudei. Prefacio‹. (1r–2r) [U]ni et eterno primo qui caret pricipio et qui caret termino omnipotenti rerum omnium creatori … -… mirabile nomen eius benedictum in secula seculorum amen. Dixit sequentis operis compositor: omnipotens nos suo spiritu … - … quoniam nullus homo caret omni vicio. (2r–80v) [A] tenera igitur puericie etate quidam michi perfectissimus adheserat … - … et finem meliorem quam principium tibi prestet. Amen. Der weit verbreitete Dialog des getauften Juden Petrus Alfonsi über Judentum und Christentum sowie über die Glaubenspraxis der Muslime.
- Rubrik
- 1r ›Incipit dialogus Petri cognomento Alfunsi ex Judeo christianum et Moysi Iudei prefacio.‹
- Incipit
- 1r [U]ni et eterno primo qui caret pricipio et qui caret termino …
- Weiteres Initium
- 1r Cum itaque divinae miserationis instinctu …
- Explicit
- 72v … et finem meliorem quam principium tibi prestet. Amen.
- Edition
- Die Kölner Editio princeps von 1536 wurde mehrfach neu abgedruckt, zuletzt in Migne PL 157, Sp. 535–672; Klaus-Peter Mieth, Der Dialog des Petrus Alfonsi, seine Überlieferung im Druck und in den Handschriften. Textedition, Berlin 1982 (phil. Diss. Berlin 1982, ohne diese Hs.); Petri Alfonsi Dialogus. Kritische Edition, Bd. 1, Florenz 2018.
- Bearbeitet von
- Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 425. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.