Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 440
Nikolaus von Vormnith (?), Sermones
Papier · 3, 252, 2 Bll. · 27,2 × 19,5 cm · Vielleicht Mähren (Brünn?) · 1426–1428
- Schlagwörter (GND)
- Predigt / Homiliar / Praktische Theologie.
- Entstehungsort
- Vielleicht Mähren (Brünn?).
- Entstehungszeit
- 1426–1428.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 3, 252, 2 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 27,2 × 19,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a (inkl. Spiegel) + 23a + 21 VI254 (mit Zählfehlern und Bl. 4a) + 1255* + (I-1)256* (inkl. Spiegel). Die Bll. 2a und 3a sind offenbar Einzelbll., die unter den Vorderspiegel laufen, aber nicht im Zusammenhang mit dem Buchblock stehen. Es handelt sich dabei um das ältere römische (?) sowie um das vorrömische Vorsatzbl. (wie hier Wasserzeichen und Capsa-Nummer zeigen). Bl. 4a ist offenbar der vorrömische ursprünglich leere Schmutztitel, auf dem das inhaltlich auf 254v folgende alphabetische Register fortgesetzt wurde sowie Sentenzen antiker und spätantiker Geschichtsschreiber, Philosophen und Gelehrten nachgetragen wurden. Das beschädigte Bl. 255* ist das vorrömische Nachsatzbl., das schon bei Eintragung des Registers vorhanden war (Abklatsche), aber nicht beschrieben wurde; mit einer kopfständigen älteren Signatur: 1685.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Fehlerhafte zeitgenössische (?) Foliierung von der Hand, die das Inhaltsverzeichnis erstellt hat (1–131, 134–187, 189–254), die Bll. 132 und 133 sowie 188 sind bei der Zählung ausgelassen; für die nicht gezählten Vor- und Nachsatzbll. wird bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen.
- Zustand
- Im Wesentlichen recht gut erhalten. Bll. zum Teil gebräunt; vereinzelt Durchschlagen der Tinte mit beginnendem Tintenfraß. Leichterer Wasserschaden auf den vorderen Blln., geringfügig stockfleckig. Bei wenigen Blln. Wurmfraß. Ränder zum Teil bestoßen und eingerissen (betrifft v.a. die älteren Vor- und Nachsatzbll.); bei Bl. 255* größere Fehlstelle am oberen Rand.
- Wasserzeichen
- Wappen mit gerautetem Schild, Bll. 2a, 255* (ähnlich WZIS DE8085-PO-24734, Frankfurt/Main, 1558); drei Varianten Dreiberg mit einkonturiger Stange und senkrechtem einkonturigen Kreuz, Bll. 2-119 (Variante 1 vergleichbar mit WZIS DE8100-CodTheol2140_999a, ohne Ortsangabe, 1413-1416; Variante 2 ähnlich WZIS DE6300-PO-150375, ohne Ortsangabe, 1432; Variante 3 annähernd identisch mit WZIS IT5025-PO-150515, Firenze, 1435); zwei Varianten eines Ochsenkopfs mit freien Augen und glatter/gebogener Stirnkontur, Oberzeichen einkonturige Stange mit sechsstrahligem einkonturigen Stern, Bll. 120-169, 175-177, 182-206 (Variante 1 ähnlich WZIS DE8280-Hs.280.1662_427, Siegen, Göttingen, 1411; Variante 2 vergleichbar mit WZIS DE6300-PO-67484, ohne Ortsangabe, 1420); zwei Varianten eines Ochsenkopfs mit Augen und rundem Kinn, Oberzeichen einkonturige Stange mit Blume mit sechs Blütenblättern, Bll. 170-173, 179-180 (Variante 1 ähnlich WZIS DE4620-PO-65485, Küstrin, 1443; Variante 2 vergleichbar mit WZIS DE4620-PO-65469, Lobau, 1444); Ochsenkopf mit Augen, Oberzeichen einkonturige Stange mit zwei Blättern und Blume mit sieben Blütenblättern, Bll. 207-208 (vergleichbar mit WZIS DE5910-PO-66584, München, 1427); zwei Varianten eines Ochsenkopfs mit Augen und glatter/gebogener Stirnkontur, Oberzeichen einkonturige Stange mit Blume mit vier runden Blütenblättern, Bll. 210-216 (Variante 1 ähnlich WZIS AT3800-PO-64953, Innsbruck, 1426; Variante 2 vergleichbar mit WZIS AT3800-PO-64951, Innsbruck, 1426); zwei Varianten eines Ochsenkopfs mit Augen, Oberzeichen einkonturige Stange mit Blume mit sieben Blütenblättern, Bll. 219-251 (Variante 1 vergleichbar mit WZIS DE4620-PO-65772, Zittau, 1427; Variante 2 ähnlich WZIS DE8100-PO-64793, ohne Ortsangabe, 1427).
- Schriftraum
- 20,3 × 14,0–14,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 2 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 46 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Recht qualitätvolle Schrift mit zahlreichen Kürzungen von einer Hand für die Predigtsammlung. Die von zwei (?) verschiedenen Händen nachgetragenen Teile der Hs. erfolgen in einer recht nachlässigen Bastarda, die eine starke Tendenz zu einer Konzept- bzw. Individualschrift aufweist und in direktem Gegensatz zu der doch sehr klaren und niveauvollen Buchbastarda der Predigtsammlung steht.
- Buchgestaltung
- Zweispaltige Anordnung des Textes. Der Prolog sowie die erste Predigt sind durch je eine grüne-rote bzw. rot-grüne Initiale mit Schaftaussparungen ausgezeichnet, über acht bzw. sechs Zeilen. Die Anfänge der weiteren Predigten werden durch in der Regel 3- bis 4-zeilige rote Lombarden, die vereinzelt auch größer sind, sowie teilweise 2 durch rubrizierte Überschriften hervorgehoben. Die Bibelzitate am Anfang der Predigten sind rot unterstrichen und in einer größeren Schrift ausgeführt; Bibelstellen(angaben) innerhalb der Predigten sind durch rote Unterstreichungen kenntlich gemacht. Abschnitte innerhalb des Textes werden durch rote Pragraphzeichen bzw. Satzmajuskeln mit üblichen Rubrizierungen gekennzeichnet. Alphabetische Nummerierung der Predigtabschnitte durch die Nachtragshand (s. Nachträge und Benutzungsspuren). – Beim Register kennzeichnen auf dem Rand ausgeworfene Buchstaben die Anfänge der alphabetischen Abschnitte, zum Teil weitere Rubrizierungen der Anfangsbuchstaben der einzelnen Einträge; die Seitenzahlen sind zur Hervorhebung meist an drei Seiten rot eingefasst.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Wenige Korrekturen, Ergänzungen und Anmerkungen von verschiedenen Händen. Alphabetisches Register von einer zeitgenössischen, wenig jüngeren (?) Hand nachgetragen; diese Hand ergänzte auch die Foliierung sowie die alphabetische Gliederung der Predigten. Von einer weiteren Hand wurden die Sentenzen nachgetragen.
- Einband
- Römischer Einband zwischen 1626 und 1633: grünes Pergament (über Pappe); mit den Wappen von Papst Urban VIII. und des Kardinalbibliothekars Francesco Barberini. Rücken zwischen 1939 und 1957 erneuert, mit goldgeprägten Wappen von Papst Pius XII. und des Kardinalbibliothekars Giovanni Mercarti sowie goldgeprägter Signatur in schwarzem Signaturschild und blauem Signaturschildchen; vermutlich wurden zu diesem Zeitpunkt auch die Spiegel sowie das Vor- und das Nachsatzbl. erneuert. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 836.
- Provenienz
- Vielleicht Mähren (Brünn?) / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Vorderspiegel mit Signaturschildchen. 2ar mit der aktuellen und einer älteren (römischen?) Signatur; 3ar mit der gestrichenen Capsa-Nummer und einer älteren gestrichenen Signatur am unteren Bl.-Rand: C. 175. bzw. 301. 1r mit einem Titel von einer Hand des 18. Jhs. (?): Nicolaj de Vuornnith [oder: Vuornuith?] fratris ordinis predicatorum Sermones ex diûersis libris collecti. Anno 1428. [der Text steht teilweise auf einer Rasur eines älteren Titels, der wohl von der Register-Hand stammt; am Rand noch erhalten:] Anno dominj 144[0 oder 6?; durch Beschnitt verderbt, Rest des gelöschten Textes]. Ein exakter Entstehungsort kann bislang nicht ermittelt werden. Will man dem Kolophon folgen, so könnte der Text im Umfeld des Brünner Dominikaner-Konvents entstanden sein, dem der genannte Autor demnach angehört hatte. Vormnith hatte seine Sammlung 1426 begonnen (2vb) und 1428 abgeschlossen (251rb). Die Wzz. (zwischen 1413–1416 und 1432) bestätigen grundsätzlich die zeitliche Einordnung, bringen jedoch hinsichtlich einer Lokalisierung keinen klaren Befund. Ob das erkennbare Wz. (geweckter Schild) des Vor- bzw. Nachsatzbls. (3a und 255*) auf eine Entstehung der Hs. im bayerisch-wittelsbachischen Umfeld hindeutet, erscheint eher unwahrscheinlich, da sich Wzz. dieser Art erst für die Jahre nach 1539 belegen lassen (vgl. WZIS). Eher ist hierbei von einer Neubindung der Hs. auszugehen, wie sie möglicherweise im Zuge des Erwerbs der Predigtsammlung durch die Heidelberger Kurfürsten erfolgte.
- Literatur
- Kaeppeli, Scriptores 3, S. 197; Vladimir J. Koudelka, Zur Geschichte der böhmischen
Dominikanerprovinz im Mittelalter III: Bischöfe und Schriftsteller, in:
Archivum Fratrum Praedicatorum 27 (1957), S. 77f.; Petr, Soupis, S. 90–94, Nr. 16; Schunke, Einbände 2.2, S. 836; Stevenson, Latini, S. 138.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1ra–254rb
- Verfasser
- Nicolaus von Vormnith (?).
- Titel
- Sermones.
- Angaben zum Text
- (1. 1ra–251rb) Eine Predigtsammlung für
Sonntage und Heiligenfeste, die aus verschiedenen Quellen zwischen 1426 (2vb)
und 1428 von Nikolaus von Vormnith, einem Dominikaner des Brünner Konvents,
angelegt wurde. Nikolaus ist sonst nicht nachweisbar. Ob er mit einem deutschen
Prediger namens Nikolaus gleichzusetzen ist, den Wolný für 1413 im Brünner
Konvent nachgewiesen haben will, ist fraglich; vgl. Gregor
Wolný, Kirchliche Topographie von Mähren. II. Abtheilung:
Brünner Diöcese I. Band, Brünn 1856, S. 59. Denn auf Grund der offenkundig
verstümmelten Wiedergabe des Beinamens des Kompilators kann über seine Herkunft
weiters nichts gesagt werden. Es finden sich darüber hinaus auch die Varianten
de Wrmnith bzw. de Wormuth oder
Vuornnith [oder: Vuornuith?]. Für die Jahre
1426 bis 1428 lässt sich an Hand der Brünner Quellen freilich kein Angehöriger
des Konvents mit diesem Namen nachweisen. Die erste Predigt der Sammlung stammt
von dem im 13. Jahrhundert lebenden Franziskaner Lukas von Bitonto und wurde
als Prolog für dessen ‚Sermones de tempore‘ verfasst; vgl.
Schneyer 4, S. 50, Nr. 1. ›Narrauerunt michi
iniqui fabulaciones sed non ut lex tua domine [Ps 118,85]‹
Tanta est diuine legis excellencia … 2va … qui omnis
boni principium est et finis Cui sit laus et gloria. per infinita secula
seculorum Amen. Es folgt eine Predigt, die auch Lukas von Bitonto
zuzuschreiben ist (vgl. Schneyer 4, S. 50, Nr. 2: zum
Advent). Die Sammlung wird abgeschlossen mit einer anonymen Predigt zu Io 6,9.
249vb ›Est puer vnus. ut supra [Io 6,9]‹ quia hic de
panibus mencio Sciendum quod quinque genera panum … 251rb …
Hunc panem saciare nos dignetur Jhesus Christus etcetera.
[Kolophon:] ›Expliciunt Sermones collecti a diuersis libris et predicati
per fratrem Nicolaum de Vormnith. Ordinis fratrum predicatorum in Conuentu
Brunnensi actu predicans. Sub anno domini Mo.cccco.vicesimo.viijo:
[1428] etcetera‹. (2. 251ra–254vb) Alphabetisches Register von
einer wenig jüngeren (?) Hand nachgetragen; diese Hand ergänzte auch die
Foliierung sowie die alphabetische Gliederung der Predigten. Eine Edition der
Sammlung ist nicht bekannt.
1ar–v leer.
2ar–3av bis auf Signaturen und Capsa-Nummer leer.
4ar–v alphabetisches Register (Schluss) und Sentenzen antiker und spätantiker Geschichtsschreiber, Philosophen und Gelehrten (u.a. Seneca, Socrates, Boethius, Sallust, Varro [?], Platon, Cassiodor, Macrobius). - 255*r leer.
255*v bis auf kopfständige Signatur (1685) leer.
256*r–v leer.
- Rubrik
- 1ra ›Nicolaj de Vuornnith [oder: Vuornuith?] fratris ordinis predicatorum Sermones ex diûersis libris collecti. Anno 1428.‹ [der Text steht teilweise auf einer Rasur eines älteren Titels, der wohl von der Register-Hand stammt; am Rand erhalten:] Anno dominj 144[0 oder 6?; durch Beschnitt verderbt, Rest des gelöschten Textes].
- Incipit
- 1ra ›Narrauerunt michi iniqui fabulaciones sed non ut lex tua domine [Ps 118,85]‹ Tanta est diuine legis excellencia …
- Explicit
- 254vb ›Nota:‹ Residuum querere in primo folio scilicet in princijpio [!].
- Edition
- s. Angaben zum Inhalt.
- Bearbeitet von
- Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 440. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.