Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 452

Odo de Châteauroux, Sermones de sanctis per annum

Papier, Pergament · 1, 320, 1 Bll. · 28,8 × 20,8 cm · Süddeutschland (?) · 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Predigt / Homiliar / praktische Theologie.
Entstehungsort
Süddeutschland (?).
Entstehungszeit
15. Jh. 1. Drittel (vielleicht 1420er Jahre)?
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier (äußere und mittlere Doppel-Bll. jeder Lage Pergament).
Umfang
1, 320, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
28,8 × 20,8 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 20 VIII320 + (I-1)321*. – Die äußeren und mittleren Doppel-Bll. jeder Lage sind aus Pergament. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 321* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–320); das moderne Vor- und Nachsatzbl. der Hs. sind nicht gezählt, daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats. Regelmäßig Lagenreklamanten, zum Teil gerahmt (bis 176v in Rot; ab 224v ohne Rahmung). 320v mit einer isolierten Lagenzählung, die jedoch nicht zum Lagenaufbau der vorliegenden Hs. passt, da diese (letzte) Lage als .xxus.sexternus., also zwar als 20. Lage gezählt, aber als ein Sexternio – der im 15. Jh. meist üblichen Lagenstärke (vgl. Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde, S. 119) – angegeben ist, die Hs. jedoch regelmäßig aus Okternionen besteht. Entweder hat hier der Schreiber versehentlich die Lagenstärke fälschlicherweise als Sexternio angegeben, oder das Doppel-Bl. 305/320 war zunächst für einen anderen Codex vorbereitet worden (darauf würde auch die von der Hs. abweichende Tintenfarbe bzw. Schrift des Eintrags hindeuten).
Zustand
Im Wesentlichen recht gut erhalten. Leichte Bräunungen, v. a. der Bl.-Ränder; Pergament-Bl. 1r und 320v recht stark gebräunt und verschmutzt (frühere Außen-Bll. der Hs.?). Ränder zum Teil leicht bestoßen; Ränder der Pergament-Bll. teilweise schräg (natürliche Form), vereinzelt mit Falten. 187v mit einer zeitgenössischen Reparatur (Überklebung, durch den Schreiber überschrieben).
Wasserzeichen
Glocke mit Klöppel und einkonturigem Glockenmund (vergleichbare bzw. ähnliche Wzz.: WZIS DE2730-PO-40846, Heidelberg 1424; WZIS DE2910-PO-40756, Heidelberg 1424; WZIS DE5910-PO-40784, Landshut 1425; WZIS DE5925-PO-40786, München 1423).

Schriftraum
22,4 × 15,0 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
42–48, meist 48 Zeilen (Hand 1); 40–42 Zeilen (Hand 2).
Angaben zu Schrift / Schreibern
Eine im Gesamten recht qualitätvolle Schrift mit zahlreichen Kürzungen von zwei Händen (Handwechsel mit dem Lagenwechsel 208v/209r). Beide Hände schreiben eine (frühe) Bastarda, die jedoch noch mehr oder weniger stark an die jüngere gotische Kursive erinnern, wobei Hand 1 dieser älteren Schriftart mehr verhaftet ist als der zweite Schreiber. Bei Hand 1 begegnen als Elemente der jüngeren gotischen Kursive fast durchgängig das v-förmig gespaltene r, das anlautende v mit einer Schleife (b-förmig), das girlanden- bzw. zickzackartige m und n sowie das g mit einem weit unter die Zeile nach links gezogenen offenen Bogen; insgesamt wirkt der Schriftduktus auch gedrängter und „eckiger“ als der der späteren reinen Bastarda. Dagegen treten bei Schreiber 2 diese Merkmale nicht mehr in dieser Deutlichkeit hervor (lediglich das anlautende schleifenartige v findet noch nahezu durchgängig Verwendung); die Unterscheidung von Druck- und Haarstrichen zeichnet sich ab, und Verzierungen durch feine Striche oder Häckchen kommen auf. Darüber hinaus ist die Schrift in ihrem Duktus wesentlich breiter und wirkt weniger gedrängt, ein weiterer Hinweis auf den Übergang zur Bastarda. Auf Grund dieser Schriftmerkmale dürfte die Hs. im 1. Drittel des 15. Jhs., vielleicht in den 1420er Jahren (?), entstanden sein; vgl. Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde, S. 62–78. – S. zur regionalen Einordnung die Geschichte der Hs..
Buchgestaltung
Zweispaltige Anordnung des Textes. Der Anfang der Hs. ist durch eine durchbrochene rote Zierinitiale ausgezeichnet (über 7 Zeilen). Die Initialen für die Anfänge der einzelnen Predigten sind nur in wenigen Fällen ausgeführt (16v: rot mit fleuronnéeartiger Verzierung über 4 Zeilen; 115v, 118v: nicht ausgefüllte Lombarden in Tintenfarbe [vom Schreiber?]). Am Beginn der Hs. werden die Predigten durch rubrizierte Überschriften gekennzeichnet, die ab 11r von verschiedenen Händen in dunklerer Tinte nachgetragen sind (nicht durchgängig), zum Teil auf dem Rand. Abschnitte innerhalb der Predigten werden durch rote Paragraphzeichen und Satzmajuskeln mit üblichen Rubrizierungen gekennzeichnet (endet 176v mit dem Lagenwechsel). Die Bibelstellen bzw. -zitate sind rot unterstrichen (endet ebenfalls 176v mit dem Lagenwechsel); nach 187vb fehlen die Bibelstellenangaben für die Predigttexte. Gelegentlich sind die Rubrikatoranweisungen erhalten.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Wenige Ergänzungen und Anmerkungen sowie gelegentliche Korrekturen von verschiedenen Händen. Vereinzelt Nota-Zeichen und Maniculae sowie Anstreichungen und Markierungen. Ab 11r sind die PredigtÜberschriften durch verschiedene Hände nachgetragen, was jedoch nicht durchgängig erfolgte.

Einband
Römischer Einband zwischen 1626 und 1633: grünes Pergament (über Pappe?) mit den Wappen von Papst Urban VIII. und des Kardinalbibliothekars Francesco Barberini. Der Rücken wurde zwischen 1846 und 1853 erneuert, mit goldgeprägten Wappen von Papst Pius IX. und des Kardinalbibliothekars Luigi Lambruschini sowie goldgeprägter Signatur in schwarzem (?) Signaturschild und blauem Signaturschildchen. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 837.
Provenienz
Süddeutschland (?) / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Vorderspiegel mit Signaturschildchen. 1r mit der römischen Signatur und einer älteren Signatur: 119. Will man – mit der gebotenen Vorsicht – die nicht ganz unproblematische, von Joachim Kirchner etablierte regionale Einteilung der Schrift zu Grunde legen, lässt sich nur ganz allgemein sagen, dass der Codex wohl in Süddeutschland entstanden ist. Letzten Endes kann hier nur die Analyse der Wzz. weitere Klarheit bringen, da es für diese Zeit auf Grund der vielfältigen Schrifttypen der Bastarda nur ansatzweise gelingen kann, eine Zuordnung zu einem „regionalen Schrifttyp“ vorzunehmen. Denn eine Einteilung nach regionalen Stilarten, wie sie Kirchner vornahm, beruht weniger auf objektiven Kriterien als auf dem allgemeinen Gesamtaspekt der Schriftproben und bietet so letztlich keine Eindeutigkeit; vgl. Karin Schneider, Die datierten Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München, Teil 1: Die deutschen Handschriften bis 1450, Stuttgart 1994 (Datierte Handschriften in Bibliotheken der Bundesrepublik 3 Deutschland IV.1), S. XXIX-XXXII; Karin Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde, S. 78.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_451
Literatur
Schunke, Einbände 2.2, S. 837; Stevenson, Latini, S. 143.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–320vb Digitalisat

Verfasser
Odo de Châteauroux (GND-Nr.: 119453568).
Titel
Sermones de sanctis per annum.
Angaben zum Text
Die vorliegende Hs. bietet einen Teil der ‚Sermones de sanctis et de communi sanctorum‘ des französischen Theologen und Franziskaners Odo de Châteauroux (um 1190–1273; BBKL 6, Sp. 1113), hier die Predigten für die Heiligen- und Festtage des Kirchenjahres: Die Sammlung beginnt mit der ersten Predigt zum Andreastag (30. November) und endet mit der Predigt zu Cosmas und Damian (26. September); die Predigten zu den weiteren Heiligenfeste von Michael (29. September) bis Katharina (25. November) sowie die ‚Sermones de communi sanctorum‘ fehlen. 1ra ›Sermo primus de sancto Andrea‹ Ligauerunt Achyor manibus et pedibus et sic vinctum in restibus dimiserunt eum [auf dem Rand von anderer Hand nachgetragen:] Judith 6o [Iu 6,9]. De Achyor dicitur quod satellites Holofernis ligauerunt eum ad arborem … 2vb … ›Sermo de sancto Andrea‹ [V]enite post me faciam vos fieri piscatores hominum [Mt 4,19]. Hijs uerbis premittur ambulans Ihesu iuxta mare Galilee … 3vb … ›Sermo de sancto Andrea‹ [V]enite post me etcetera Mt iiijo [Mt 4,19] Circa uerba proposita multa possunt annotari primo a quo statu fuerunt vocati gloriosi apostoli Petrus et Andreas cuius hodie sollempnia celebramus … 319va … ›De sanctis Cosma et Damiano‹ [: von späterer Hand auf dem Rand ergänzt] [H]onora medicum propter necessitatem etenim creauit illum altissimus [Sir 38,1]. Jn hoc uerbo nobis Jnsinuat spiritus sanctus duas causas … 320vb … sed perfecta sanitas et perfectum gaudium in secula seculorum Amen etcetera. Vgl. Schneyer IV, S. 435460, Nr. 515 (jedoch mit einem abweichenden Initium der Predigt; bei Schneyer, Wegweiser, S. 359, für diese Hs., ohne einen Autor zu nennen), 516–702 (unter Angabe dieser Hs., s. S. 477). Eine Gesamtedition dieser vorliegenden Predigtsammlung ist nicht bekannt. Es gibt lediglich (Teil-)Editionen einzelner Predigten Odos; vgl. u.a. Jean Baptist Pitra, Analecta novissima: Spicilegii Solesmensis altera continuatio II: Tusculana, Paris 1888, S. 288–343.
1ar–v leer.
321*r–v leer.
Rubrik
1r ›Jncipiunt sermones optimi de sanctis per annum‹ 1ra ›Sermo primus de sancto Andrea‹.
Incipit
1ra Ligauerunt Achyor manibus et pedibus et sic vinctum in restibus dimiserunt eum [auf dem Rand von anderer Hand nachgetragen:] Judith 6o [Iu 6,9]. De Achyor dicitur quod satellites Holofernis ligauerunt eum ad arborem
Explicit
320vb … sed perfecta sanitas et per secundum gaudium in secula seculorum Amen etcetera.
Edition
S. Angaben zum Inhalt.


Bearbeitet von
Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 452. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.