Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 453
Konrad von Brundelsheim, Sermones de sanctis et de communis; Aelred de Riévaulx, De Jesu puero duodenni
Pergament · 1, 222, 1 Bll. · 27,2 × 19,5 cm · Oberrhein (Zisterzienserinnenkloster Wonnental?) · 14. Jh., 4.–5. Jahrzehnt (?)
- Schlagwörter (GND)
- Predigt / Homiliar / Traktat / praktische Theologie.
- Entstehungsort
- Oberrhein (Zisterzienserinnenkloster Wonnental?).
- Entstehungszeit
- 14. Jh., 4.–5. Jahrzehnt (?).
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1, 222, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 27,2 × 19,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 3 VI36 + (VI+1)49 + 7 VI132 (mit Bl. 69a) + (VI+1)145 + 4 VI193 + VIII209 + VI221 + (I-1)222*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 222* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl. – Die Bll. 45 und 137 wurden ergänzend der Hs. beigebunden und enthalten ausführliche Kommentare und Anmerkungen von der zweiten Texthand. Bl. 69a ist beschädigt: etwa ein Drittel des Bls. fehlt, mit Textverlust.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Fehlerhafte römische Foliierung des 17. Jhs. (1–221), das beschädigte Bl. nach Bl. 69 wurde nicht gezählt; das moderne Vor- und Nachsatzbl. sowie das beschädigte Bl. der Hs. sind nicht gezählt, daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen. – Regelmäßig Lagenreklamanten.
- Zustand
- Im Wesentlichen recht gut erhalten. Tinte stellenweise leicht berieben und verblasst. Pergament an einigen Stellen durchscheindend, mit Flecken und Bräunungen sowie unregelmäßigen Rändern. Fehlstellen und Risse, zum Teil genäht (Bl. 99 mit grünem Faden). Bl. 69a ist nur noch fragmentarisch erhalten, etwa ein Drittel des Bls. wurde heraus getrennt, Textverlust.
- Schriftraum
- 18,8 × 13,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 2 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 37–39 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Recht qualitätvolle Schrift mit zahlreichen Kürzungen von zwei Händen (Handwechsel: 206vb). Die Ausgestaltung und die Formen der Schrift würden für eine Entstehung der Hs. im 4. bis 5. Jahrzehnt des 14. Jhs. sprechen; vgl. die zusammenfassenden Anmerkungen zur Entwicklung der gotischen Minuskel in dieser Zeit bei Karin Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten. Eine Einführung, Berlin/Boston 32014, S. 45–53.
- Buchgestaltung
- Zweispaltige Anordnung des Textes. Am Beginn der Hs. steht eine große blau-rote durchbrochene Lombarde mit Fleuronnée sowie mit einer Fleuronnée-Rahmung und Medaillons in den Ecken; dieselbe Ausstattung haben auch die Seiten, auf denen die Predigten zu Mariä Lichtmeß, zu Mariä Verkündigung, Mariä Himmelfahrt bzw. zu Mariä Geburt beginnen (46v, 68v, 116v, 143v). Die Anfänge der Predigten, mit Ausnahme der Marienpredigten, werden mit alternierend blauen und roten, meist 2- bis 3-zeiligen Lombarden mit Fleuronnée in Gegenfarbe sowie rubrizierten Überschriften hervorgehoben. Größere Abschnitte der Predigten werden durch auf den Rand ausgeworfene (rote) Minuskelbuchstaben gegliedert, zum Teil a-l (je nach 2 Umfang). Innerhalb dieser größeren Teile wird die weitere Gliederung durch rote, vereinzelt auch blaue Paragraphzeichen und Satzmajuskeln mit üblichen Rubrizierungen gekennzeichnet. Zählung der Predigten in Form von Seitentiteln über zwei Seiten hinweg: S[ermo] Ius – S[ermo] CXus [Buchstaben und Zahlzeichen rot-blau alternierend], bricht mit dem Handwechsel ab. Insgesamt ist die Ausstattung der Hs. nach dem Handwechsel reduzierter (ab 206vb). Die Anweisungen für den Rubrikator sind teilweise erhalten.
- Buchschmuck
- s. Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Korrekturen und Rasuren; zum Teil umfangreiche Ergänzungen und Anmerkungen von mindestens drei Händen des 14. und 15. Jhs. (zum Teil auch von der zweiten Schreiberhand), immer wieder auch mit Rubrizierungen, roten Paragraphzeichen und Unterstreichungen zur Kennzeichnung der Bibelstellen. Nota-Zeichen, Maniculae und Anstreichungen. Eine zweite Zählung der Predigten wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jhs. in arabischen Ziffern nachgetragen (1–109 [bis 201v]; ab 202r als nous ausgeführt [so für: nonus?]), zählt eine Predigt weniger als die zeitgenössische Zählung.
- Einband
- Restaurierter römischer Einband zwischen 1939 und 1957: helles Pergament (über Pappe?). Rücken mit goldgeprägten Wappen von Papst Pius XII. und des Kardinalbibliothekars Giovanni Mercati sowie goldgeprägter Signatur in rotem Signaturschild und zwei weiteren Signaturschildchen. Die Wappensupralibros und die Rückenverzierungen des älteren grünen römischen Einbands sind auf den Vorderspiegel geklebt (Wappen von Papst Urban VIII. und des Kardinalbibliothekars Francesco Barberini, 1626 bis 1633). Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 837.
- Provenienz
- Oberrhein (Zisterzienserinnenkloster Wonnental?) / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Vorderspiegel mit Signaturschildchen und den aufgeklebten Wappensupralibros und Rückenverzierungen des älteren römischen Einbands. Auf 1ar sind das Rückenschildchen des alten Einbands (SERMONES VARII DE SANCTIS) sowie ein Ausschnitt mit den Signaturen aufgeklebt, wohl aus dem älteren römischen Vorsatzbl. ausgeschnitten. 1r mit der Capsa-Nummer: C. 73 [gestrichen] sowie der römischen Signatur und einer weiteren älteren gestrichenen Signatur: 327. Die besondere Hervorhebung der Predigten, die die Marienfeste betreffen, sowie die Autorschaft des Zisterziensers Conradus de Brundelsheim, des 1321 verstorbenen Abts von Heilsbronn, bzw. des englischen Zisterziensers Aelred de Riévaulx deuten darauf hin, dass die vorliegende Abschrift vermutlich für ein Zisterzienser- bzw. Zisterzienserinnenkloster angefertigt wurde. Die Art der Ausstattung der Hs. weist auf eine mögliche Entstehung am Oberrhein hin; so gibt es mit dem ‚Wonnentaler Graduale‘ (Karlsruhe, BLB, Cod. U. H. 1) einen vergleichbar ausgestatteten Codex, der wohl unter Beteiligung einer weltlichen Werkstatt im Zisterzienserinnenkloster Wonnental bei Kenzingen zwischen 1340 und 1350 entstanden ist (vgl. Kat. Karlsruhe: Kleine Provenienzen, S. 441–444; Nigel F. Palmer, Die Zisterzienser und die Bildkünste. Buchillumination für Zisterzienserinnnen im 13. und 14. Jahrhundert, in: Die Zisterzienser im Mittelalter, hrsg. von Georg Mölich u. a., Köln u. a. 2017, S. 113–130, hier S. 119–123). Mit Heidelberg, UB, Cod. Sal. IX,33, 159ra–166vb, liegt darüber hinaus eine Abschrift von Aelreds Traktat ‚De Jesu puero duodenni‘ vor, die bis in die Formulierungen und zum Teil auch bis in die Kürzungen hinein identisch ist mit dem Text der vorliegenden Hs.; auch die Bezeichnung des Kommentars als eine Omelia sancti Bern(h)ardi abbatis ist übereinstimmend. Ob man allerdings soweit gehen kann, die Salemer Hs. als Vorlage für den Codex Pal. lat. 453 anzusehen und dessen Entstehung im Kloster Salem anzusiedeln, erscheint fraglich; eher ist wohl an eine Verfertigung im wonnentalbreisgauischen Umfeld und damit in einem Zisterzienser(innen)kloster zu denken. Nach Walz, Marsilius von Inghen, S. 53f., war Marsilius im Besitz dieser Hs., die nach Marsilius’ Tod mit seiner gesamten Büchersammlung, wie dies von ihm bestimmt worden war, in die Bibliothek der Universität Heidelberg übertragen wurde (vgl. dazu Toepke, Matr. Heidelberg I, Nr. 437; Miethke, Rektorbücher I.2, S. 479: „Item magnum librum in pergameno et asseribus, in quo sunt sermones sanctorum per annum, in cuius secundo folio incipit sermo de Sancto Andrea: Venite post me etc.“ [= Nr. 115]).
- Literatur
- Schunke, Einbände 2.2, S. 837; Stevenson, Latini, S. 143; Walz, Marsilius von Inghen, S. 53f.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–221v
- Verfasser
- Konrad von Brundelsheim; Aelred de Riévaulx (GND-Nr.: 100939333) / Aelred de Riévaulx (GND-Nr.: 118643908).
- Titel
- Sermones de sanctis et de communis; De Jesu puero duodenni.
- Angaben zum Text
- Die vorliegende Hs. bietet eine Sammlung
von 116 Predigten des Zisterziensers und Abts von Heilsbronn Konradus von
Brundelsheim († 1321; vgl. 2VL 5, Sp. 147–153, dort auch
zum Werk und zur Verfasserfrage [Konrad von Brundelsheim = „Soccus“?]),
beginnend mit der Predigt zum Andreas-Tag (30. November) bis zu einer Predigt
zur Kirchenweihe (Schneyer I, Nr. 379). Daran schließen sich
noch die Predigten Konrads zum Agatha-Tag, zu Weihnachten, zu Mariä Lichtmess
und zum Agneten-Tag an (Schneyer I, Nr. 294, 39, 290, 281)
an. Abgeschlossen wird die Sammlung mit einem Traktat über Lc 2,42–43 des
Zisterziensers Aelred de Riévaulx (1110–1166 oder 1167), der als der „englische
Bernard de Clairvaux“ galt (vgl. BBKL 29, Sp. 22–33; zum Text:
Stegmüller RB, Nr. 943: ‚Tractatus de Jesu puero
duodenni‘); der Traktat ist hier jedoch nicht vollständig überliefert: Es fehlt
die ‚Pars allegorica‘, in der Edition II,11–II,18 (S. 258265). Der Text gehört
somit zu einer zweiten Gruppe von Hss., bei denen dieser Teil generell fehlt
und die auch alle den Traktat fälschlicherweise Bernard de Clairvaux
zuschreiben (vgl. zu den weiteren Codices dieser Gruppe, darunter auch
Heidelberg, UB, Cod. Sal. IX,33, 159ra–166vb: Aelred de Riévaulx, Quand Jésus
eut douze ans…, ed. Anselme Hoste, trad. Joseph
Dubois [Sources chrétiennes 60], Paris 1958, S. 37f.).
(1. 1ra–216vbv) ›Incipiunt [?] sermones [de]
sanctis‹ [darüber von späterer Hand:] de sancto
Andrea. [Predigt 1:] Uenite post me. Math. iiijo [Mt 4,19]. Beatus Gregorius exponens uerbum
propositum dicit. Per hec uerba dominus omnes nos ad eternitatem
uocat … 3ra ›de Quartuor uocacionibus. De eodem.‹
Uenite et uidete [Io 1,39] dicit Gregorius Nemo
possunt in una eademque re omnipotenti deo et hostibus eius gratus
existere … 216vb … [(2. 216vb–221vb) Aelred de Riévaulx, Tractatus
de Jesu puero duodenni:] Jn illo tempore Cum factus esset Ihesus annorum
xij. ascendentibus illis Ierosolimam secundum consuetudinem diei festi
consummatisque diebus cum redirent remansit puer Jhesus in Ierosalem et non
cognouerunt parentes eius et rel [: reliqua?] [Lc 2,42–43]
Omelia Bernhardi abbatis Petis a me [fili] karissime
quatenus ex lectione ewangelica … 221vb … Qui cum patre et
spiritu sancto viuit et regnat deus per omnia secula seculorum Amen.
Schneyer I, S. 719, 738–747, Nr. 39, 267–379 (unter Angabe
dieser Hs.); Stegmüller RB, Nr. 943. Edition: Conradus de
Brundelsheim, Sermones de sanctis, Deventer: Richard Paffraet um 1477 (= GW
7411; Editio princeps der Heiligenpredigten Konrads); Aelredi Rievallensis,
Opera omnia 1: Opera ascetica (Corpus Christianorum, Continuatio Mediaevalis
19, ed. A. Hoste / C. H. Talbot, Turnhout
1971, S. 249–278.
1ar–v leer.
137v leer.
222*r–v leer.
- Rubrik
- 1ra ›Incipiunt [?] sermones [de] sanctis‹.
- Incipit
- 1ra Uenite post me. Math. iiijo [Mt 4,19]. Beatus Gregorius exponens uerbum propositum dicit. Per hec uerba dominus omnes nos ad eternitatem uocat …
- Explicit
- 221vb … Qui cum patre et spiritu sancto viuit et regnat deus per omnia secula seculorum Amen.
- Edition
- S. Angaben zum Inhalt.
- Bearbeitet von
- Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 453. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.