Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 462
Sermones de tempore et de sanctis
Papier · 1, 234, 1 · 21,3 × 14,5 cm · Südpfalz · 2. Hälfte 15. Jh.
- Schlagwörter (GND)
- Predigten.
- Entstehungsort
- Südpfalz.
- Entstehungszeit
- 2. Hälfte 15. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 1, 234, 1.
- Format (Blattgröße)
- 21,3 × 14,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 3 VI35 + V45 + (VII-1)58 + III64 + IV72 + I74 + IV82 + V92 + 2 IV108 + V118 + VI130 + 3 V160 + VI172 + VII186 + 2 VI210 + III216 + IV224 + II228 + (III-1)233 + (I-1)234*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 234* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl. Bl. 2a ist Teil der ersten Lage (2a, 1–11).
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Tintenfoliierung, Rom 17. Jh. (1–233). Die Bezeichnung ungezählter Bll. folgt dem Digitalisat (1a–2a, 234*).
- Zustand
- 104v/105r am oberen Seitenrand ein größerer Tintenfleck. Einige Bll. durch Kaschieren mit transparentem Papier stabilisiert (1rv, 3v, 4v, 9r, 12rv, 197rv, 232r, 233rv). Einige wenige Seiten durch angesetzte Papierstücke ergänzt (z. B. Bl. 198).
- Wasserzeichen
- Aufgrund des kleinen Formates nicht digitalisiert.
- Schriftraum
- 19,3 × 13,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 24–35 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Bastarda cursiva einer Hand.
- Buchgestaltung
- Ohne erkennbare Textraumbegrenzung. Nummerierung der Predigten in Text und Register in roter Tinte (Text: 28–85, Register: 1–94). 226v Überschrift in roter Tinte.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Gelegentlich Ergänzungen der Texthand am Seitenrand.
- Einband
- Weißes Pergament mit Goldpressung auf Pappen. Rom, 1869–1878. Glatter Rücken, unten das blaue Signaturschild der BAV. Oben in Goldpressung das Wappen von Papst Pius IX. (Pontifikat 1846 bis 1878). Rotes Lederschild mit Goldpressung Pal. 462. Darunter das Wappen des Kardinalbibliothekars Jean-Baptiste Pitra (1812–1889, Kardinalbibliothekar ab 1869). Textiles Kapital (Seidenfäden in Violett und Blau). Schunke, Einbände 2,2, S. 837, vgl. Schunke, Einbände 1, S. 257.
- Provenienz
- Zisterzienserkloster Eußerthal / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Die Hs. hat den Charakter einer individuell über Jahre
hinweg angelegten Predigtsammlung. Der Schreiber und Nutzer dürfte im
Wesentlichen auch als Urheber der Predigten gelten können. Es handelt sich
dabei sehr wahrscheinlich um einen Mönch des Zisterzienserklosters Eußerthal
(Bistum Speyer, Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels, Lkr. Südliche
Weinstraße), der unter anderem in den durch das Kloster geistlich betreuten
Frauenklöstern der Umgebung predigte. Als Entstehungszeitraum kommen vor allem
die Jahre ab 1470 in Frage. Ob sich der Eintrag 226v Sermo in
dedicatione anno xi factus auf das Jahr 1511 bezieht, ist unsicher.
- 232v wird das Zisterzienserinnenkloster Heilsbruck in Edenkoben (Lkr.
Südliche Weinstraße) als Ort erwähnt, an dem die betreffende Predigt gehalten
wurde (Collatio facta in Heylßpruck). Die geistliche Aufsicht
wie auch die Seelsorge der Nonnen lag bei dem nahgelegenen Kloster Eußerthal.
Messen, Beichten und andere seelsorgerliche Aufgaben wurden von Kaplänen aus
diesem Kloster besorgt. Franz Schmidt / Michael
Werling, Heilsbruck, St. Maria, in: Pfälzisches
Klosterlexikon, Bd. 2, Kaiserslautern 2014, S. 103–122. Pal. lat. 384 wurde in
Heilsbruck geschrieben und enthält ebenfalls Predigtmaterialien (s. dort).
101v wird ferner eine Magistra ("Meisterin") in Kanskirchen erwähnt, zu deren Beisetzung gepredigt wurde. Es handelt sich um das Kloster der Reuerinnen (Magdalenerinnen) in Kanskirchen (Albersweiler, Verbandsgemeinde Annweiler am Trifels, Lkr. Südliche Weinstraße). Das kleine Frauenkloster stand unter der geistlichen Aufsicht des nahen Zisterzienserklosters Eußerthal. Zwei durch Quellen belegte Beisetzungen von Nonnen des 15. Jhs. fanden in Eußerthal statt (Klosterlexikon, S. 459). Hans Ammerich / Martin Amgart / Matthias Untermann, Kanskirchen, St. Peter, in: Pfälzisches Klosterlexikon, Bd. 2, Kaiserslautern 2014, S. 454–463; Martin Amgart, Die Reuerinnen von Kanskirchen: zur schriftlichen Überlieferung über einen kleinen Frauenkonvent in der Südpfalz, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 67 (2015), S. 345–400.
Zusammen mit anderen Hss. aus Eußerthal (Pal. lat. 1000, Pal. lat. 1774 und Pal. lat. 1781) in die Heidelberger Palatina gelangt und mit dieser 1623 in die Vatikanische Bibliothek verbracht. Wahrscheinlich im Katalog der Palatina von 1581 nachweisbar (Pal. lat. 1930, S. 221 Sermones de tempore et sanctis incipientes a festo Pentecostes, in 4 geschrieben papir, bretter braun leder). 1623 mit der Heidelberger Palatina in die Vatikanische Bibliothek verbracht. 1r C. 74 / 1822. Im Allacci-Register nachweisbar (Pal. lat. 1949, 50r: 1822 Sermones varii festivi. 4. C. 74). Ältere Signaturen der Vaticana 2ar 528 (gestrichen), 233v 2134. 2ar die aktuelle Signatur Pal. 462.
- Besonderheiten
- Es handelt sich sehr wahrscheinlich um individuell verfasste Predigten.
- Literatur
- Stevenson, Latini, S. 147.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–231v
- Titel
- Sermones de tempore et de sanctis.
- Angaben zum Text
- Individuelle Predigtsammlung zu Jahres-
und Heiligenfesten. Bei Schneyer und
Schneyer / Hödl /
Knoch jeweils nicht nachweisbar. Die Predigten sind
zumeist in roter Tinte nummeriert und sind im Register aufgeführt (s. Text 2).
Der Anfang (Nr. 1–27) ist wohl verloren. (1r–6r) ›In die Pentecostes de
spiritu sancto‹ ›28‹. Expedit vobis ut ego
vadam, si enim non abiero … [Io 16,7]. Iuxta thematis verba
sciendum quod Christus in die cene discipulis dulcissimum fecit
sermonem … . 6v leer. (7r–10v) ›29‹. Memor
esto iudicii mei … [Sir 38,23]. Sciendum quod mors dicitur
iudicium. Primo Christi sententiam, summi judicis id est dei, inflicta omni
homini … . 11rv leer. (12r–14r) ›Deuteronomii 32‹
›30‹. Utinam saperent et intelligerent ac novissima
providerent … [Dt 32,29]. Utinam saperent homines tertia
preterita scilicet: bonorum omissionem, malorum commissionem … .
(14v–16r) ›31‹. Convertimini et agite penitentiam
… [Ez 18,30]. Sciendum quod penitentia diffinitur [!] sic
prima est gracia seu virtus … . (16v–18v) ›32‹.
Christus tercia die resurrexit a mortuis … [apostolisches
Glaubensbekenntnis]. Sciendum est circa resurrectionis necessitatem fuit
enim … . (19r–20v) ›33‹. Hec dies quam fecit
dominus exultemus … [Ps 117,24]. Sciendum quod presens
festivitas precellit alias festivitates in solemnitate … . (21r–23v)
›34 Marce ultimo‹. Euntes in mundum universum
predicate evangelium … [Mc 16,15]. Sciendum quod cum undecim
discipuli recumberent apperuit illis Jhesus … . (24r–27r) ›De
sancto Francisco 35‹. Vidi angelum ascendentem ab ortu
solis … [Apc 7,2]. Sciendum quod angeli dicuntur
predicatores … . (27v–31v) ›De circumcisione domini
36‹. Infans octo dierum circumcidetur … [Gn 17,12].
Quod Christus est circumcisus quamvis multe cause assignentur a
genitoribus … . An etlichen Stellen blieben zwischen den Predigten
leere Seiten, z. B. 56v–58v, 78v–79v, 89r–91v, 134v–140v, 192v–193v, 218v–219v.
Möglicherweise hatte der Prediger die Texte auf einzelnen Faszikeln
festgehalten, die dann nachträglich zu einem Band vereinigt wurden.
199r–202v findet sich eine (nicht nummerierte) Predigt über Io 16,28, in der zu Beginn die aufgeführten Hauptpunkte mit deutschen Übersetzungen versehen wurden: 1. multiplicitas malignitatis - manichfaltlichkeit der boßheit; 2. vanitas mutabilitatis - betruglichkeit der verwandalung; 3. nullitas tranquillitatis [!] - keyn bestetikeit; 4. defectuositas veritatis - gebruchlichkeit der warheit; 5. varietas periculositatis - verandarung der verderplichkeit; 6. servilitas corruptibilitatis - dienstbarkeit der zarsterung. Im Weiteren finden sich keine deutschen Einsprengsel mehr.
Die Nummernfolge endet schon 215r–217r mit: ›De sancta Anna beatissima matre Marie 93‹. In principio creavit deus celum et terram … [Gn 1,1]. Maria in principio scilicet temporis creavit scilicet per figuram … . Dies ist die der Zählung nach letzte im Register aufgeführte Predigt (der dort als Nr. 94 gezählte Text findet sich nicht). 217v–218r folgt noch der Beginn einer Predigt zur Kirchenweihe (ohne Zählung) sowie einige kürzere Textstücke ohne unmittelbaren Zusammenhang. 221v–222v folgt dann die nächste gezählte Predigt (in zum Teil verkürzter Form) unter der Nr. 83. Ob die Sprünge in der Zählung auf Lagenvertauschung zurückzuführen sind oder darauf, dass die Abfolge der Texte nachträglich durch Eintrag der Nummerierung umgestellt wurde, ist nicht ersichtlich. Die Abfolge endet heute mit der Nr. 85, einer Weihnachtspredigt: (230v–231v) ›Luce secundo 85‹. Transeamus usque Bethlehem et videamus … [Lc 2,15]. Verba sunt pastorum quibus angeli deum laudans … - … dicunt quod rex animalium istius generis nascitur cum quedam corona in capide [!] splendida ut vitrum aurei coloris. - Die Predigten bilden weder in der Nummernfolge des Registers noch in der Reihenfolge der Texte eine durchgehende Abfolge im Jahreslauf. Zu einigen Festen finden sich mehrere Predigten an verschiedenen Stellen der Abfolge, z. B. zu Pfingsten und Trinitatis. Einige der Predigten wurden nicht voll ausgeschrieben, sondern in abgekürzter Form notiert. Zudem finden sich Textstücke, die nicht zu vollständigen Predigten gehören. Insgesamt entsteht der Eindruck einer "Arbeitskopie" nach und nach gehaltener Predigten für die weitere Verwendung durch den Schreiber. Der Prediger und vermutlich Autor der Predigten war sehr wahrscheinlich Zisterziensermönch im Kloster Eußertal und für die Predigt in den umliegenden Frauenklöstern zuständig, möglicherweise als deren Kapellan (s. zur Provenienz).
- Rubrik
- 1r ›In die Pentecostes de spiritu sancto.‹
- Incipit
- 1r Expedit vobis … [Io 16,7]. Iuxta thematis verba sciendum quod Christus in die cene discipulis dulcissimum fecit sermonem …
- Weiteres Initium
- 7r Memor esto iudicii mei … [Sir 38,23]. Sciendum quod mors dicitur iudicium … ; 12r Utinam saperent … [Dt 32,29]. Utinam saperent homines tertia praeterita scilicet … ; 14v Convertimini et agite … [Ez 18,30]. Sciendum quod poenitentia definitur sic: prima est gratia seu virtus …
- Explicit
- 231v … dicunt quod rex animalium istius generis nascitur cum quedam corona in capide[!] splendida ut vitrum aurei coloris.
2) 232r–233v
- Titel
- Tabula sermonum.
- Angaben zum Text
- ›Registrum‹. Sermo pro pueris a malis cohercendis 1; Homo quidam fecit cenam magnam 2 … - … De sancta Anna sermo 93, Sermo de omnibus sanctis 94. Auflistung der Predigten nach den zumeist angegebenen roten Nummern von 1–94. Da die Texte oben erst mit der Nr. 28 (De spirito sancto) anfangen, sind die ersten 27 Predigten offenbar verloren gegangen. Unter den aufgezählten Predigten findet sich 232v Sermo in obsequio alicuius religiose persone 52, die entsprechende Predigt steht 101v überschrieben: In obsequio magistre in Kanßk[irchen] (s. zur Provenienz). Die übernächste Predigt ist verzeichnet als Collatio facta in Heylßpruck 54 (s. zur Provenienz).
- Rubrik
- 232r ›Registrum‹.
- Incipit
- 232r Sermo pro pueris a malis cohercendis …
- Explicit
- 233v … Sermo de omnibus sanctis 94.
3) 233v
- Titel
- Adnotationes.
- Angaben zum Text
- Musiknotation auf fünf Linien. Flüchtig geschrieben. Nicht bei Bannister verzeichnet. Darunter eine Notiz zu Eremiten und Anachoreten (Schrift stellenweise abgerieben und durch Löcher im Papier fragmentiert). Es wird darauf verwiesen, dass Eremiten keine richtigen Mönche seien, da sie persönliches Eigentum haben können. Secundo sunt anachoriti et dicuntur ab ana quod est sursum et chorus quasi celeste chorum … inhabitans et hii non sunt veri monachi quia possunt habere proprium et restari quasi … Sanctus Paulus … Paulus primus heremita … cenobium suum … ergo heremita habet proprium et ratio quia non profitentur voluntariam paupertatem.
- Incipit
- 233v Secundo sunt anachoriti et dicuntur ab ana quod est sursum …
- Explicit
- 233v … quia non profitentur voluntariam paupertatem.
- Bearbeitet von
- Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2021.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 462. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.