Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 49

Quatuor Evangelia

Pergament, Papier · 2, 147, 1 Bll. · 30,9–31,2 × 23,9–24,2 cm · Bamberg · 12. Jh. 2. Viertel bzw. Mitte


Schlagwörter (GND)
Bibel, Neues Testament / Evangeliar / Liturgie.
Entstehungsort
Bamberg. (s. Geschichte der Hs.).
Entstehungszeit
12. Jh. 2. Viertel bzw. Mitte . (s. Geschichte der Hs.).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament (Vor- und Nachsatzbll. Papier).
Umfang
2, 147, 1 Bll.
Format (Blattgröße)
30,9–31,2 × 23,9–24,2 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a (mit Spiegel) + ([III-1]+1)5 (mit dem vorgeklebten Papier-Bl. I) + 13 IV109 + 2 (IV-1)123 + 3 IV147 + (I-1)148* (mit Spiegel). – Die erste Lage scheint gestört: Es fehlt offenbar das Gegenbl. zu Bl. 1; Bl. I mit der Urkundenabschrift des 17. Jhs. (?) wurde zu einem späteren Zeitpunkt der Lage vorgebunden.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–147); moderne Foliierung (I); Vor- und Nachsatzbl. sind nicht gezählt, daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung des Digitalisats übernommen.
Zustand
Pergament teilweise durchscheinend und vereinzelt schwache Stockflecken; Fehlstellen und Risse ausgebessert, mit Pergament und Goldschlägerhaut hinterklebt. Tinte und Farben minimal berieben und verblasst. – Textlücke durch Bl.-Verlust zwischen Bl. 120 und 121: mit Io 2,20 bricht der Text ab und setzt mit Io 3,23 wieder ein. Dieses Bl. fehlte schon bei der Neubindung in Rom, da die Foliierung an der Stelle ohne Bruch weiterläuft (120v/121r).

Schriftraum
19,8–20,8 × 14,2–15,5 cm.
Spaltenanzahl
Textblock.
Zeilenanzahl
23 Zeilen (Urkundenabschriften 30 Zeilen).
Angaben zu Schrift / Schreibern
Recht qualitätvolle späte karolingische Minuskel von einer Hand mit Auszeichnungsschriften (Capitalis quadrata und rustica, Halbunziale).
Buchgestaltung
Incipits und Explicits in Capitalis quadrata, Halbuncialis und Capitalis rustica, in der Regel in Rot, teilweise auch rot und schwarz; die Anfänge der Evangelien werden durch orange-rote, üppig ausgestaltete Ranken- und Spaltleisteninitialen sowie durch Textzeilen in einer Mischschrift aus Capitalis quadrata und Halbuncialis sowie in Capitalis rustica hervorgehoben; die Anfänge der Prologe werden durch gleichartige Initialen betont, die jedoch in der Regel einfacher gestaltet sind; die weitere Untergliederung des Textes nach „Vers“blöcken korrespondiert meist mit den auf dem Rand stehenden Konkordanzverweisen und wird durch rote Initialmajuskeln (Matthäus-, Markus- und Lukas-Evangelium sowie bei Teilen des Johannes-Evangeliums) sowie durch Initialmajuskeln mit üblichen Rubrizierungen (bei Teilen des Johannes-Evangeliums) betont, vereinzelt die Anfänge auch in Majuskeln; innerhalb dieser Abschnitte erfolgt die weitere Gliederung durch Satzmajuskeln; die Anfänge der Kapitelübersichten sind durch Rubriken und rote größere, die der nachfolgend aufgeführten Summarien der Kapitel (Breves) durch kleinere rote Versalien hervorgehoben. Seitentitel in der Regel zeitgenössisch (von der Hand des Rubrikators in Capitalis rustica). Zeilengerüst in Blindlinierung zum Teil sichtbar; teilweise noch Zirkellöcher erhalten.
Buchschmuck
Kanontafeln mit orange-roten Kanonbögen und den Evangelistensymbolen im Bogen- bzw. Giebelfeld sowie weiteren zoo- und anthropomorphen Darstellungen (1v–5v). Schmuckinitialen: orange-rote Ranken- und Spaltleisteninitialen, manche mit roten Spaltfüllungen; die L-Initiale des Matthäus-Evangeliums zeigt den Evangelisten als Schreiber, der seine Feder anschneidet, überhöht von einem Engel mit (leerem) Schriftband. S. auch Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Vereinzelt Korrekturen und Ergänzungen von der Schreiberhand und einer (?) weiteren zeitgenössische Hand. Die Abschriften der Urkunden dürften relativ zeitnahe nach Fertigstellung der Hs. ergänzt worden sein; darauf deutet die Verwendung des „schrägovalen Stils“ hin, in einer Ausprägung, wie sie für die Mitte und das 3. Viertel des 12. Jahrhunderts charakteristisch war; vgl. Karin Schneider, Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten, Berlin 32014, S. 26f. – Von einer späteren Benutzerhand (A. R.) [?] ist 120v der Hinweis auf den Bl.-Verlust nachgetragen; s. auch Zustand.

Einband
Römischer Einband zwischen 1869 und 1878: Helles Pergament über Pappe, Deckel ohne Verzierungen; Rücken mit rotem, goldgeprägten Rückenschild: PAL. 49. Am Kopf ein querrechteckiges, blaues Signaturschildchen der BAV: Pal. lat. 49; zwei goldene Wappenstempel: Papst Pius IX. und Kardinalbibliothekar Jean-Baptiste Pitra. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 814.
Provenienz
Bamberg / (Augustinerchorherrenstift St. Jakob) / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Vorderspiegel mit querrechteckigem Signaturschildchen der BAV: Pal. lat. 49; 1r Capsa-Nummer: C . 128 [geändert aus: 124], aktuelle Signatur: 49-Pal. [unten]. 1r, 6r, 13r und 147v Stempel der BAV. Die Hs. entstand wohl in Bamberg für das dortige Augustinerchorherrenstift St. Jakob, möglicherweise im Michelskloster, worauf der Initialschmuck hindeutet. Die Art der Initialen verweist auf eine Entstehungszeit im 2. Viertel bzw. der Mitte des 12. Jahrhunderts. Vgl. Gude Suckale-Redlefsen, Die Handschriften des 12. Jahrhunderts der Staatsbibliothek Bamberg, Wiesbaden 1995 (Katalog der illuminierten Handschriften der Staatsbibliothek Bamberg 2). Die Abschriften von sechs Schenkungsurkunden der Jahre 1131 bis 1142 für St. Jakob bestätigen das Stift als Aufbewahrungsort des Evangeliars (1r und 147v); darin werden u. a. Bischof Otto I. von Bamberg (um 1060–1139), unter dessen Episkopat die Stiftskirche 1109 vollendet wurde, Dompropst Eberhard (bez. 1108–1138) und verschiedene Ortsnamen genannt (u. a. Meedensdorf, Mistendorf [?], Eggolsheim), die alle auf das bambergische Umfeld verweisen. Die Hs. gelangte später in die Bibliotheca Palatina und kam mit deren Beständen 1622/23 nach Rom.
Besonderheiten
Grundlage der Kapiteleinteilung ist die seit der Karolingerzeit übliche Aufteilung der Evangelien, wie sie in der Regel bei den Evangeliaren Verwendung fand; vgl. Otto Schmid, Über verschiedene Eintheilungen der Heiligen Schrift, insbesondere über die Capitel-Eintheilung Stephan Langtons im XIII. Jahrhundert, Graz 1892, S. 30–35.

Faksimile
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_49
Literatur
OVL, Pal.lat.49; Schunke, Einbände 2.2, S. 814; Stevenson, Latini, S. 9.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) Ir, 1r Digitalisat

Titel
Urkunden.
Angaben zum Text
Ir, 1r URKUNDENABSCHRIFTEN. Schenkungsurkunden der Jahre 1131 und 1132 für das Augustinerchorherrenstift St. Jakob in Bamberg. Die Abschrift (17. Jh.?) auf Ir ist identisch mit der Urkunde 1 auf 1r; vgl. Text 3.

2) 1v–147r Digitalisat

Beteiligte Personen
Hugo von Saint-Cher (GND-Nr.: 118707957).
Titel
Quatuor Evangelia, cum prologis wenn nicht anders vermerkt, stammen die Prologe von Hieronymus .
Angaben zum Text
1v–147r EVANGELIAR. (1. 1v–5v) Kanontafeln. (2. 6r–10r) Praefationes zu den Evangelien (Stegmüller, RB 596, 595, 581, 601). 10r–12v Prolog (Stegmüller, RB 591) und Kapitelverzeichnis zum Matthäus-Evangelium. (3. 13r–47v) Mt. 47v–48r Prolog (Stegmüller, RB 607) zum Markus-Evangelium; das Kapitelverzeichnis fehlt. (4. 48r–69v) Mc. 70r–72r Hugo von Saint-Cher: Prolog (Stegmüller, RB 620) und Kapitelverzeichnis zum Lukas-Evangelium, in einem durchgehenden Block. (5. 72r–116v) Lc. 117r–118v Hugo von Saint-Cher: Prolog (Stegmüller, RB 624) und Kapitelverzeichnis zum Johannes-Evangelium. (6. 118v–147r) Io 1,1–2,20 und Io 3,23–21,25; auf Grund von Bl.-Verlust fehlt Io 2,20–3,23. – 1ar–v, 134*r–v leer.
Rubrik
6r ›Incipit prefatio qvatvor evangelorum.
Incipit
6r ›Plures fuisse qvi evangelia scripserunt‹ …
Explicit
147r … qui scribendi sunt libros amen (Io 21,25) Explicit evangelium secundum Iohannem.
Edition
Biblia sacra iuxta Vulgatam versionem, hrsg. von Robert Weber / Roger Gryson, Stuttgart 52007, S. 1515–1697 (mit den Prologen des Hieronymus).

3) 147v Digitalisat

Titel
Urkunden.
Angaben zum Text
147v URKUNDENABSCHRIFTEN. Schenkungsurkunden von 1142 für das Augustinerchorherrenstift St. Jakob in Bamberg; vgl. Text 1.


Bearbeitet von
Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 49. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.