Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 490
Agenda
Pergament · 1, 42, 1 · 16,9 × 11,9 cm · Mittelrhein (?) · 1. H. 14. Jh.
- Schlagwörter (GND)
- Liturgie / Segnungen / Rituale / Processionale.
- Entstehungsort
- Mittelrhein (?).
- Entstehungszeit
- 1. H. 14. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1, 42, 1.
- Format (Blattgröße)
- 16,9 × 11,9 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 5 IV40 + 242 + (I-1)43*.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Tintenfoliierung, Rom 17. Jh. (1–42). Die Bezeichnung unfoliierter Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 43*).
- Zustand
- 1r und 42v verschmutzt, Seitenränder mit Wischspuren einer unsachgemäßen Reinigung. Einige Bll. mit Fehlstellen, die im 20. Jh.mit Pergamentstücken ausgebessert wurden (Bl. 1, 10, 19, 25). Der obere Rand von Bl. 23 wurde beim Beschnitt der Hs. anlässlich eines Neueinbandes ausgespart, wohl um die nachgetragene Rubrik 23v oben zu erhalten, und der nun überstehende Seitenrand auf die Versoseite umgefalzt (vgl. Digitalisate 23v/23va).
- Schriftraum
- 12,7 × 9–9,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 23 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Textualis einer Hand. Zum Teil recht variable Buchstabenformen. Auffällig ist das in einigen Abschnitten sehr oft auftretende lange end-s (z. B. 1r, 22v, 33r). Die Neumen der St. Galler Form ohne Linien über den hierzu kleiner geschriebenen Text gesetzt, wohl von der Texthand.
- Buchgestaltung
- Schriftraumbegrenzungen und Zeilenlinien in verdünnter Tinte. Zeilenraster am Seitenrand durchgenadelt. Rubriziert. Ein- bis dreizeilige rote Lombarden mit Punktverdickungen und gelegentlich ornamentalen Ausläufern zu Textabsätzen. 1r fünfzeilige rote Lombarde zum Textbeginn.
- Buchschmuck
- Zaghafe Ansätze zu einfachem Fleuronné in Rot (z. B. 1r Mitte, 3r, 31r).
- Nachträge und Benutzungsspuren
- 21v am unteren Seitenrand von wenig späterer Hand nachgetragen: Vidi aquam ingredientem a templo [!] a latere dextro … . Vgl. Arx, Klosterrituale, s. zu den Editionen, S. 217, Nr. 217.
- Einband
- Weißes Pergament auf Pappe, Rom um 1940. Glatter Rücken, oben das blaue Signaturschild der BAV. Darunter rotes Lederschild mit Goldpressung Pal. 490. Gewobenes Kapitalband mit braunem Zickzackmuster. Schunke, Einbände 2,2, S. 838, vgl. Schunke, Einbände 1, S. 259f. Der ältere, in der Vaticana abgenommene Einband wird heute im Fondo Legature aufbewahrt (Legat. Pal. lat. 490): Braunes Kalbsleder mit Blind- und Goldpressung auf Holzdeckeln. Heidelberg, Jörg Bernhard (?), 1556 angefertigt für Kf. Ottheinrich von der Pfalz. Vorderdeckel: mittig Porträtplatte Ottheinrich mit Monogramm OH PC in ovalem Rollwerkrahmen, vergoldet (Konrad Haebler, Rollen- und Plattenstempel des XVI. Jahrhunderts, Bd. 2, Leipzig 1929, S. 71, Nr. V). Darunter die Jahreszahl 1556 in Gold. Umrahmung mit Rollstempelabdrücken: Pärchenrolle (Nr. 4) und Blumenranke (Nr. 7). Hinterdeckel: mittig Wappenplatte (drei Schilde: Löwe, Globus, Rauten sowie die abgekürzte Devise MDZ, Haebler, ebd. Nr. VII) im ovalen Rollwerkrahmen. Darum Rahmen aus Rollstempelabdrücken: "Pärchenrolle" und Blumenranke. Schließen und Eckbeschläge entfernt. Abdrücke der Befestigung von zwei entfernten ledernen Bandschließen (hinten) und der zugehörigen Schließenanker (vorne). Rücken mit drei erhabenen Bünden. Darauf oben Reste des älteren Signaturschildes der BAV (Kupferstichkartusche, in Rot: 490). Darunter ein älteres, fragmentiertes Papierschild (Benedictiones variae 629). Auf dem Vorderspiegel Signatur- und Titeleintrag der Vaticana sowie Verweis auf Pal. lat. 1949 (s. Geschichte der Handschrift) in Bleistift, darüber ein aktuelles Signaturschild in Hellgrün.
- Provenienz
- Neustadt (Weinstraße) / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- 1r oben Newenstatt, Eintrag durch Beschnitt beschädigt (vgl. Pal. lat. 515, 1r oben). Der Eintrag bezieht sich sehr wahrscheinlich auf das Liebfrauenstift in Neustadt/Weinstraße (Diözese Speyer), das nach der Einführung der Reformation 1556 unter Kf. Ottheinrich wohl 1561 mit dem Tod des letzten Dekans aufgehoben wurde (Jürgen Keddigkeit / Paul Habermehl / Achim Wendt / Charlotte Lagemann, in: Pfälzisches Klosterlexikon 3, S. 231–272, zur Aufhebung S. 238, Hs. erwähnt S. 250). Neuenstadt am Kocher kam zwar 1450 an die Kurpfalz, fiel jedoch schon 1504 an Württemberg und dürfte damit nicht in Frage kommen. Die Textfassung einschließlich der Heiligenlitaneien weicht allerdings deutlich von der des Speyrer Rituale ab (Lamott, Diözesanrituale, s. Literatur, S. 35). Die Hll. Columba und Anastasia finden sich in den Kalendarien von Köln und Strassburg (s. 15r–17r). Obgleich hinsichtlich der Texte deutliche Parallelen etwa zum Biburger Rituale erkennbar sind, fällt auf, dass spezifisch klösterliche Teile fast völlig fehlen (bis auf die oratio pro fratribus defunctis, 42v), während zahlreiche Abschnitte vorhanden sind, die der sakramentalen Versorgung einer außerklösterlichen Gemeinde dienen. Es handelt sich wohl um eine Agenda für den Priester einer Pfarrgemeinde (der Zelebrant wird in den Rubriken als "presbiter" oder "sacerdos" genannt). Weitere Hss. des Liebfrauenstifts in der Vaticana sind Pal. lat. 515, Pal. lat. 535 und Pal. lat. 589. Der 1556 datierte Ottheinricheinband belegt, dass der Band in den unmittelbaren Besitz des Kurfürsten gelangt war. Mit den Büchern Ottheinrichs dann in die Heidelberger Heiliggeistkirche verbracht und schließlich in die Bibliotheca Palatina eingegliedert. Mit dieser 1623 in die Vatikanische Bibliothek eingegangen. Auf dem Vorderspiegel des abgenommenen älteren Einbandes, in Bleistift: Pal lat 490 Benedictiones variae in 8 car. 42. Darunter: in Pal lat 1949, 60 Benedictiones variae 8 impress. cap. 183. Entsprechend im Allacci-Register (Pal. lat. 1949, 8r: 60. Benedictiones diversae, 8. impress. cap. 183). 1r aktuelle Signatur: 490 Pal. Besitzstempel der BAV: 1r, 42v.
- Literatur
- Ehrensberger, Libri liturgici, S. 574, Nr.
4; Alois Lamott, Das Speyerer Dioezesanrituale von 1512 bis
1932, seine Geschichte und seine Ordines zur Sakramentenliturgie, Speyer 1961
(Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 5), S.
35; Montuschi, Biblioteche, S. 335; Salmon, Mss. liturgiques 3, S. 71, Nr. 199 und 5, S. 90,
Nr. 403; Stevenson, Latini, S. 160.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–42v
- Titel
- Agenda.
- Rubrik
- 1r ›Benedictio salis et aque minor‹.
- Incipit
- 1r Exorcizo te creatura salis per deum vivum per deum verum …
- Explicit
- 42v … resuscitatus respiret. Per dominum. Dominus vobiscum, requiescant in pace.
- Edition
- Die Benediktionen und Orationen überwiegend abgedruckt in: Das Klosterrituale von Biburg, hrsg. von Walter von Arx, Fribourg 1970 (Spicilegium Friburgense, 14); Jean Deshusses, Le sacramentaire Grégorien, ses principales formes d'après les plus ancien manuscrits, Bd. 1, Fribourg 1971 (Spicilegium Friburgense 16) und Bd. 3, Fribourg 1982 (Spicilegium Friburgense 28) sowie in: Adolf Franz, Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter, 2 Bde., Freiburg i. Brg. 1909, s. Angaben bei den Texten.
- Bearbeitet von
- Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 490. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.