Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 508
Missale Romanum
Pergament, Papier · 1, 270, 1 · 14,5 × 10,5 cm · Deutschland · 4. Viertel 13./ 1. Viertel 14. Jh.
- Schlagwörter (GND)
- Liturgie / Lateinische Messe.
- Entstehungsort
- Deutschland.
- Entstehungszeit
- 4. Viertel 13./ 1. Viertel 14. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament, Vorsatzbll. Papier (1a, 271*).
- Umfang
- 1, 270, 1.
- Format (Blattgröße)
- 14,5 × 10,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 4 VI48 + IV56 / 12 VI200 + 4204 / VI216 / 2 VI240 + (VI+1)253 + IV261 / (IV+1)270 + (I-1)271*. Nach Bl. 56, 204, 216 und 261 sind Brüche im Textablauf, die auf Blattverluste und -umstellungen deuten. Die Lagenstruktur von 201 bis 204 bleibt unklar, der Text springt hier von 201v zu 204r, Bl. 202–203 gehörten ursprünglich nicht an diese Stelle (s. Angaben zum Text). 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 271* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl. Bl. 250 ist ein eingebundener Zettel, der Gegenfalz ist zwischen 243 und 244 sichtbar. Bl. 265 wurde mit Zickzackstichen angenäht.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Tintenfoliierung, Rom 17. Jh. (1–119,
130–138, 138, 140–279), nach 119 ein Bl. übersprungen, Foliierung
danach mit 130 fortgesetzt. Die fehlerhafte Foliierung wurde
später in Bleistift korrigiert (120–269). Jeweils auf den
verso-Seiten oben mittig findet sich eine Foliierung des 14. Jhs. in roter
Tinte, die einen früheren Zustand der Hs. dokumentiert (I–XLVIII,
CCXXII–CCCLXV, CIX–CXX, CCCCXXXXVIII, CCCCXXXIX, CCCCXXX–CCCCXXXII,
CCCCXL).
Der Abschnitt von 205v bis 216v (CIX–CXX) stand ursprünglich vor Bl. 57. Nach 262r ist die Blattfolge stark gestört. Die Bezeichnung unfoliierter Bll. folgt dem Digitalisat (1a, 271*). Textreklamanten zumeist verloren (erhalten auf 228v, 240v und 253v).
- Zustand
- Bl. 53 Riss durch Kaschieren mit Transparentpapier geschlossen. Bl. 267–270 beschädigt und zur Stabilisierung an den Rändern mit Transparentpapier kaschiert. Der alte Einband (BAV, Legature Pal. lat. 508) an den Aussenflächen stark berieben.
- Schriftraum
- 11 × 8 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 20 Zeilen (in Bereichen umfangreicher Rubriken 21–22 Zeilen, z. B. 204rv).
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Textura formata mehrerer Hände. 269rv Nachträge verschiedener Hände in einfacherer Textura. 270r Nachtrag in Bastarda.
- Buchgestaltung
- Textraumbegrenzungen und Zeilenlinien blind gegriffelt. 268r–269v mit davon abweichender Tintenliniierung. Zeilenraster am Seitenrand durchgenadelt. Rubriziert. Zweizeilige Lombarden abwechselnd in Rot und Blau zu den Textabsätzen. Drei- bis fünfzeilige ornamental gespaltene Lombarden mit Fleuronnéschmuck zu den größeren Abschnitten (1r, 9r, 205v). Die Lombarden bis 216v mit Fleuronné jeweils in der Gegenfarbe. Zuweilen Fleuronnéstäbe (z. B. 1r, 156r). Rubriken am Seitenrand vorgeschrieben, die längeren senkrecht geschrieben.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Einzelne Ergänzungen am Seitenrand (z. B. 11r unten: ›In octava sancti Stephani collecta‹. Omnipotens sepiterne … ›Communio‹. Auxilientur. Vide supra). 264v unten: Gloria in excelsis deo … . Nachtrag. Jeweils Bastarda cursiva des 14. Jhs. 269r–270r Collectae (s. Angaben zum Text).
- Einband
- Weißes Pergament mit Goldpressung auf Pappen. Rom, 1878–1889.
Glatter Rücken. Oben in Goldpressung das Wappen von Papst Leo XIII.
(Pontifikat 1878 bis 1903). Rotes Lederschild mit Goldpressung Pal.
508. Darunter das Wappen des Kardinalbibliothekars Jean-Baptiste
Pitra (1812–1889, Kardinalbibliothekar ab 1869). Auf dem Hinterdeckel oben
rechts das blaue Signaturschild der BAV. Gewobenes Kapitalband mit
dunkelrotem Zickzackmuster. Schunke, Einbände 2,2, S.
839, Schunke, Einbände 1, S. 257.
Unter "Legature Pal. lat. 508" wird in der BAV der ehemalige Einband der Hs. aufbewahrt, abgenommen vor dem Neueinband Ende des 19. Jhs.: Braunes Kalbsleder mit Blind- und Goldpressung auf Holzdeckeln. Heidelberg, Jörg Bernhard (?), 1558, angefertigt für Kf. Ottheinrich von der Pfalz. Vorderdeckel: mittig Porträtplatte Ottheinrichs mit Monogramm OH PC in ovalem Rollwerkrahmen, vergoldet (Konrad Haebler, Rollen- und Plattenstempel des XVI. Jahrhunderts, Bd. 2, Leipzig 1929, S. 71, Nr. V). Darunter die Jahreszahl 1558 in Gold. Umrahmung mit Rollstempelabdrücken: Auferstehung, Kreuzigung, Sündenfall (ebd. Nr. 3) und "Pärchen" (ebd. Nr. 4). Hinterdeckel: mittig Wappenplatte im ovalen Rollwerkrahmen (Kurpfalz, drei Schilde: Löwe, Globus, Rauten, Haebler, ebd. Nr. VII). Darum Rahmen aus Rollstempelabdrücken wie vorne. Schließen und Eckbeschläge entfernt. Reste von zwei entfernten ledernen Bandschließen (hinten) und Abdrücke der zugehörigen Schließenanker (vorne). Rücken mit drei erhabenen Bünden. Darauf oben Reste des älteren Signaturschildes der BAV (Kupferstichkartusche, in Rot: 508). Darunter ein älteres, fragmentiertes Papierschild (479). Auf dem Vorderspiegel ein aktuelles Signaturschild in Hellgrün. Auf dem vorderen Vorsatzbl. recto Signatur- und Titeleintrag der Vaticana (508 479 Pal. Missale mutilum in fine) sowie Verweis auf Pal. lat. 1949 (s. Geschichte der Handschrift) in Bleistift.
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Schrift und ornamentale Ausstattung deuten auf eine Entstehung Ende des 13. oder Anfang des 14. Jhs. Die Hs. stammt wahrscheinlich aus dem deutschen Südwesten. Die Foliierung des 14. Jhs. lässt erkennen, dass mehr als 170 Bll. verloren gingen (s. Foliierung). Prinzipiell wäre es denkbar, dass der einst umfangreiche Band geteilt wurde und hier nur der Winterteil vorliegt. 1r Titeleintrag des 16. Jhs.: Missale vel collectae. Im Katalog der Schlossbibliothek von 1555/1556 erscheint sie sehr wahrscheinlich als Missale vel collectae, geschrieben, perment 6.2.5. (Pal. lat. 1929, 121v unter 'M in octavo'). Kf. Ottheinrich von der Pfalz (reg. 1556–1559) ließ sie 1558 für sich neu einbinden. Blattverlust oder Umordnung geschahen offenbar bevor der Bd. in den Besitz Ottheinrichs gelangte, da der für diesen angefertigte Einband zum heutigen Umfang der Hs. passt. Im Inventar der Heidelberger Palatina von 1581 nachweisbar (Pal. lat. 1930, S. 126: Missale seu collectae, geschrieben, perment, in 8, bretter, rott leder, bucklen). 1623 gelangte die Hs. als Teil der Heidelberger Palatina in die vatikanische Bibliothek. Im Allacci-Register nachweisbar (Pal. lat. 1949, 33r: 259. Missale. 8. C. 139. Von späterer Hand: Pal. lat. 508). Ältere Signatur der BAV: 479 (Rückenschild und altes Vorsatz 1a*r). Besitzstempel: 1r, 267v, 270v.
- Literatur
- Ebner, Quellen, S. 252; Ehrensberger, Libri liturgici, S. 456f.,
Nr. 17; Montuschi, biblioteche, S. 335; Salmon, Mss. liturgiques 2, S. 131f., Nr.
322; Stevenson, Latini, S. 169.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1r–270r
- Titel
- Missale Romanum.
- Angaben zum Text
- Das Missale ist unvollständig, wesentliche
Teile fehlen (im Sanktorale die Feste von März bis Oktober, im Temporale die
Festtage nach Karfreitag, etc.), vgl. auch die ursprüngliche Blattzählung (s.
Foliierung und zur Geschichte der Hs.). Zudem wurden Teile umgestellt, so dass
der Textablauf gestört wurde.
(1r–46r) Proprium de tempore. ›Dominica prima in adventu domini. Introitus‹. Ad te levavi animam meam … – … inmortalitatis tue munere consequamur. Qui vivit. Et dicitur: ite missa est. Messen für Sonn- und Feiertage von Advent bis Gründonnerstag. Am Schluss der Texte zum Gründonnerstag 46r Anmerkung am Seitenrand: cetera que spectant ad diem cene domini require cccl. Der Verweis geht auf 185v (alte Foliierung cccl). - (46r–51v) Orationes et Praefationes. ›Paratus sacerdos cum intrat ad altare dicit versus‹. Introibo ad altare et cetera. Aufer a nobis quesumus domine cunctas iniquitates nostras … – … supplici confessione dicentes: sanctus, sanctus, sanctus, dominus deus sabaoth. - (51v–56r) Canon missae. Te igitus clementissime pater … – … sit te miserantes propitiabile. Per Christum dominum nostrum. Amen.
56v leer.
(57r–75r) Missae canonicae. ›Feria quarta quatuor temporum‹. Rorate celi desuper etc. Quandocumque una prophetia vel plures dicuntur ante epistolam … – … et percipiendo requirant et requiendo sine fine percipiant. Per dominum. Messen für Mittwoch bis Samstag der Quatembertage im Advent und für die Wochentage in der Fastenzeit.
(75r–201v) Proprium de tempore. ›Dominica prima in quadragesima‹. Invocavit me et cetera. ›Feria secunda statio ad sanctum Petrum ad vincula. Introitus‹. Sicut oculi servorum in manibus dominorum suorum … – … dyaconus tradat calicem subdyacono accipiensque/. Vom ersten Sonntag der Fastenzeit bis Karfreitag. Der Text bricht in der langen Rubrik zur Kommunion am Karfreitag ab. Fortsetzung 204rv.
(202r–203v) Proprium de sanctis. Beginnend mit dem Ende der Messtexte zu Cathedra Petri. ›Commune‹. Tu es Petrus et super hanc … – … ›In annuntiatione beate Marie‹. Vultum tuum domine … – … ›Postcommunio‹. Gratiam tuam. Die Messen für die Hll. Matthias, Gregor und Benedikt sowie zu Mariae Verkündigung. Der Text auf 202r–203v schließt unmittelbar an 216v an.
(204rv) Proprium de tempore. [H]ostias domine quesumus nomini tuo offerimus … – … ›… ipse cum ministris vestiarium revertentibus dicuntur vespere sine cantu. Postea crux deponitur et nudatur altare‹. Zum Schluss der Karfreitagsmesse. Fortsetzung zu 201v.
205r leer (Rasur). Der Textablauf 204v/205v wurde durch Blattverluste und die Umstellung von Lagen gestört.
(205v–216v) Proprium de sanctis. Der Text 205v beginnt zunächst mit dem Schluss einer Spezialmesse, der auf 205r vorausgehende Text wurde getilgt: ›Secreta‹. Propitius esto domine supplicationibus nostris … – … quicumque in nostra mente viciosum est tue medicationis dono curetur. Es folgt der Beginn des Sanktorale: ›In vigilia sancti Andree apostoli‹. Dominus secus mare Galylee vidit duos fratres Petrum et Andream … – … ut quod pro illius gloria celebramus nobis prosit ad veniam. Per dominum. Von Andreas bis Cathedra sancti Petri (22. Feb.). Darin 214r–215v Purificatio Mariae (ohne die Kerzenweihe). Die Messe zu Cathedra Petri bricht nach dem Secretum am Ende von 216v an der Lagengrenze unvollständig ab. Die Fortsetzung steht 202r–203v. Die 217r folgenden Verse gehören nicht mehr dazu: ›Versus‹. Adiutorium nostrum in nomine domini … [Cantus ID: 800476]. Qui fecit ce[lum et terram]. Der Textablauf 216/217 wurde durch Umstellung von Lagen gestört.
(217r–219r) Benedictiones. ›Exorzismus salis‹. Exorziso te creatura salis per deum … – … et defendat omnes habitantes in hoc habitaculo. Per Christum dominum nostrum. Amen. Zur Wasserweihe an Sonntagen.
(219r–240v) Commune sanctorum. ›In vigilia unius apostoli‹. Ego autem sicut oliva fructificavi … – … testimonia tua domine et dilexit ea vehementer. - (240v–254v) Missae speciales et votivae. ›De sancta trinitate‹. Benedicta sit sancta trinitas … – … nullis tentationibus ab integritate vellantur. Per. Spezial- und Votivmessen.
(254v–259r) Agenda mortuorum. ›In agenda mortuorum‹. Requiem eternam da eis domine … – … et tue redemptionis facias esse particeps. Qui vivit. - (259r–261v) Additamenta. ›De sancto Thoma. Ad Hebreos‹. Fratres, omnis pontifex ex hominibus assumptus … – … desideratum sentiamus effectum. Per. Weitere Messen de sanctis für die Hll. Thomas von Canterbury (29. Dez.), Franziskus (4. Okt.) und Antonius von Padua (13. Juni). Der Text endet am Lagenende.
(262rv) Processio in dominica palmarum. Text beginnt unvollständig am Anfang der Lage. /erunt illi vestimenta et sedit super eum. Alii expandebant vestimenta sua in via … [Mc 11,7–10]. ›Antiphona‹. Cum audisset populus quia Ihesus … [Cantus ID: 6961a]. (262v) ›Postea intrat processio ecclesiam cantando‹. Ingrediente domino in sanctam civitatem Hebreorum … – … Iherosolymam exierunt obviam ei. ›Cum ramis gloria patri non dicitur‹. Zur Prozession an Palmsonntag.
(262v–263r) ›Sequentia de sanctis‹. Hic sanctus cuius hodie celebrantur sollempnia … . Strophe 21–26 der Sequenz "supernae matris gaudia" (AH 55, Nr. 37, S. 45–47, zur selbständigen Verwendung der letzten sechs Strophen ebd. S. 47).
(263r–264r) Rubricae. Adventus domini celebratur ubicumque dominicus dies venerit quinto Kalendas Decembris et tercio Nonas eiusdem mensis … – … in omnibus consecrationibus ecclesiarum et altarum. - (264rv) Credo. Credo in unum deum patrem omnipotentem … – … et vitam venturi seculi. Amen. Das Nicäno-Konstantinopolitanum. Nachträglich ergänzt: Gloria in excelsis deo … .
(265r–267v) Benedictio cerei in festo purificationis. ›In festo purificationis finita tercia sacerdos indutus … ‹. Dominus vobiscum. ›Oremus‹. Domine sancte pater omnipotens … – … tulerunt illum in Ierusalem ut sisterent eum domino [Lc 2,22], sicut scriptum. Gloria patri, sicut. Kerzenweihe an Mariae Lichtmess.
268rv leer.
(269r–270r) Collectae. [O]mnipotens sempiterne deus qui facis mirabilia magna solus … – … et post istius temporis decursum ad eternam perveniat hereditatem. Per. Gebete zu den Votivmessen. Nachträge.
Ehrensberger (Libri liturgici, s. Literatur, S. 456) bezeichnete die Hs. als Missale franciscanum. Die eher schlichte Messe für das Fest des hl. Franziskus erscheint jedoch unter den Additamenta. Da Kalendarium, Litanei und wesentliche Teile des Sanktorale fehlen, fällt eine nähere Einordnung schwer.
- Rubrik
- 1r ›Dominica prima in adventu domini‹.
- Incipit
- 1r Ad te levavi animam meam deus meus … [Ps 24,1].
- Weiteres Initium
- 269r Omnipotens sempiterne deus qui facis mirabilia magna solus …
- Explicit
- 267v … tulerunt illum in Ierusalem ut sisterent eum domino [Lc 2,22], sicut scriptum.
- Edition
- Missale Romanum vgl. GW M23889–24105.
- Bearbeitet von
- Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2015.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 508. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2015.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.