Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 51
Handschrift mit beigebundenen Fragmenten
Pergament · 1, 122, 1 Bll. · 24,5–24,7 × 17,3–17,5 cm · Frankreich (?) / Montpellier (?) · Ende 12. Jh. bis 1. Hälfte 13. Jh. (?) / 1. Hälfte 14. Jh., nach 1313 (?)
- Schlagwörter (GND)
- Matthäusevangelium / Johannesevangelium / Glossen / Hagiografie.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament (Vor- und Nachsatzbll. aus Papier).
- Umfang
- 1, 122, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 24,5–24,7 × 17,3–17,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- Hs. mit Fragmenten (I. Bl. 1a, 3a–121*; II. Bl. 2a; Bl. 117a). (I-1)1a + (IV+1)7 (mit Bl. 2a und 3a) + I9 + 2 IV25 + (III-1)30 + 10 IV110 + V120* + (I-1)121*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 121* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–119); die ersten drei und die letzten beiden Bll. einschließlich des Vor- und Nachsatzbls. sind nicht gezählt, daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung der Digitalisate übernommen. Im zweiten Teil ist eine fehlerhafte Lagenzählung in Kombination mit einer Lagenfoliierung fragmentarisch erhalten, jeweils unten rechts: die Bll. einer Lage werden bis zur Lagenmitte unter Angabe der Lagenzahl gezählt. In Lage 15, ein Quaternio, folgt auf q1 q3 unter Auslassung von q2, so daß die Lage bis q5 zählt. Die Lagenfoliierung scheint jedoch aus dem 15. Jh. zu stammen, da sie arabische Ziffern verwendet; möglicherweise steht sie im Zusammenhang mit einer späteren Neu- bzw. Umbindung der Hs.
- Zustand
- Einband mit leichten Schäden.
- Einband
- Römischer Einband zwischen 1626 und 1633: grünes Pergament über Pappe, Vorder- und Hinterdeckel mit Wappensupralibros: Papst Urban VIII. (reg. 1623–1644) und Kardinalbibliothekar Francesco Barberini (amt. 1626–1633); Rücken zwischen 1846 und 1853 erneuert, weißes Pergament mit den Wappen von Pius IX (reg. 1846–1878) und dem Kardinalbibliothekar Luigi Lambruschini (amt. 1834–1853) und grünem Signaturschild: PAL 51, sowie einem querrechteckigen, blauen Signaturschildchen der BAV am Kopf: Pal. lat. 51. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 814. Wohl Goldschnitt (?), jedoch stark verblasst; gold-rotes (?) Kapital, Farben verblasst.
- Provenienz
- Kloster Rebdorf (Stadt Eichstätt) / Frankreich (?) / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Vorderspiegel mit einem aufgeklebten, blauen querrechteckigen Signaturschildchen der BAV: Pal. lat. 51; weitere Signaturen: 2ar: 910 [: gestrichen; Allacci-Signatur?], C. 11∙ [Capsa-Nummer], [römische Signatur:] 51; 3ar: 51 [verbessert aus 52], 42, 334 [beide Einträge gestrichen]; 120*v: 994 [Signatur (?), auf dem Kopf stehend]; auf dem Unterschnitt: J ∙7∙ [: Signatur des Klosters Rebdorf]. 2ar, 3ar, 1r und 119v Stempel der BAV. 3ar Besitzvermerk (15. Jh.): Jste liber est monasterij sanctissimj Johannis Baptiste Jn Rebdorff canonicorum Regularum ordinis sancti Augustinj Eystetensis dyocesis, mit knappem Hinweis auf den Inhalt: Hic habetur euangelista Matheus et Johannes cum glosa. In RUF, Mittelalterliche Bibliothekskataloge 3.2, S. 280 und S. 309, sind für die Bibliothek des Augustinerchorherrenstift Rebdorf mehrere glossierte Bibeln erwähnt; es geht jedoch nicht eindeutig daraus hervor, ob es sich um Drucke oder um Hss. handelt. Eine exakte Zuschreibung des vorliegenden Codex ist daher nicht möglich, zumal auch die Signatur J 7 mehrfach vergeben wurde (allerdings nicht für glossierte Bibel-Hss.). Die S. 309 erwähnte 4-bändige Bibelausgabe ist zwar im Textaufbau vergleichbar (Interlinear- und Marginalglossen), trägt jedoch die Signaturen F 1 bis F 4; nach Friedrich K. G. Hirsching, Versuch einer Beschreibung sehenswürdiger Bibliotheken Teutschlands 3.2, Erlangen 1790, S. 526, handelt es sich dabei allerdings um Drucke. Krämer, Handschriftenerbe 2, S. 673, nennt die Hs., weist sie jedoch insgesamt dem 11. Jh. zu. Vor 1622 muss die Hs. auf bislang unbekanntem Weg nach Heidelberg in die Palatina gelangt sein, von wo sie dann mit der gesamten Bibliothek nach Rom verbracht wurde.
- Literatur
- Krämer, Handschriftenerbe, S.
668–673; OVL,
Pal.lat.51; Paul Ruf, Mittelalterliche Bibliothekskataloge
Deutschlands und der Schweiz 3.2: Bistum Eichstätt, München 1933; Schunke, Einbände 2.2, S. 814; Stevenson, Latini, S. 9.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
Fragment I (Bl. 2a)
- Sachtitel / Inhalt
- Medizinisches Fragment.
- Entstehungsort
- Montpellier (?).
- Entstehungszeit
- 1. Hälfte 14. Jh., nach 1313 (?).
- Typus (Überlieferungsform)
- Fragment.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1 Bl.
- Format (Blattgröße)
- 24,5–24,7 × 17,3–17,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- S. zum Codex.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- S. zum Codex.
- Schriftraum
- Spaltenanzahl
- .
- Zeilenanzahl
- .
- Provenienz
- Kloster Rebdorf (Stadt Eichstätt) / Frankreich (?) / Heidelberg.
- Geschichte des Fragments
- S. Geschichte der Handschrift.
1) 2ar–2av
- Titel
- Fragmentum tractatus de medicina.
- Angaben zum Text
- Fragment eines medizinischen Traktats gegen Gifte, der wohl noch in der 1. Hälfte des 14. Jhs. nach 1313 – vermutlich an der medizinischen Fakultät in Montpellier (de montepessulano, 2arb) – entstanden ist. Darauf deutet u.a. die Nennung von Peter von Aspelt (um 1240/45–1320; Peter ‹von Aspelt›) als Mainzer Erzbischof hin, der für die bevorstehende Königswahl verantwortlich war und dabei maßgeblich Ludwig den Bayern (1281/82–1347; Ludwig ‹IV., Heiliges Römisches Reich, Kaiser›) und dessen Kandidatur unterstützte. 1313 war Kaiser Heinrich VII. (1278/79–1313; Heinrich ‹VII., Heiliges Römisches Reich, Kaiser›) in Italien bei Siena gestorben, und 1314 erfolgte die Wahl seines Nachfolgers Ludwigs in einer zwiespältigen Wahl gegen den Habsburger Friedrich den Schönen (1289–1330; Friedrich ‹Heiliges Römisches Reich, König›).
II (Bl. 1a, 3a–121*)
- Sachtitel / Inhalt
- Biblia: Evangelia secundum Matthaeum et Johannem cum glossa.
- Entstehungsort
- Frankreich (?).
- Entstehungszeit
- Ende 12. Jh. bis 1. Hälfte 13. Jh. (?).
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1, 122, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 24,5–24,7 × 17,3–17,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- S. zum Codex.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- S. zum Codex.
- Zustand
- Pergament mit Verfärbungen und Flecken (Feuchtigkeitsschäden?) sowie zahlreichen Fehlstellen, die zum Teil repariert sind (zeitgenössische Hinterklebungen und Nähte); teilweise deutlich unterscheidbare Haar- und Fleischseite, stellenweise durchscheinend und faltig. Ränder v. a. des zweiten Teils schräg beschnitten. Vereinzelt Bearbeitungsspuren des Pergamenters sichtbar. Bindung im Falz zum Teil gelockert. Tinte teilweise leicht berieben und verblasst.
- Schriftraum
- 15,7–18,5 × 5,1–7,0 cm; 18,5–19,7 × 12,0–16,2 cm.
- Spaltenanzahl
- unterschiedliche Spaltenanzahl, je nach Textgestalt.
- Zeilenanzahl
- schwankende Zeilenzahlen auf Grund der differierenden Anordnung der Glossen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Haupttexte von drei Händen: Von Hand 1 stammt das glossierte Matthäus-Evangelium (1r–30v); von den Händen 2 und 3 das Johannes Evangelium (31r–119v), Handwechsel auf der Mitte von 104r. Hand 1 scheint dem jüngeren Schreiber zu gehören und ist wohl schon in die erste Hälfte des 13. Jhs. zu datieren; die Hände 2 und 3 gehören wohl noch dem 12. Jh. an. Hand 2 wirkt recht geübt und benutzt eine quasi kalligraphisch, sehr gut lesbare Schrift; sporadisch verwendet dieser Schreiber auch Zierelemente der Urkundenminuskel (exemplarisch 50r bzw. 64v bei den Glossen). Als Auszeichnungsschrift werden gelegentlich Ziermajuskeln verwendet, so am Beginn der Evangelien (Prolog und Text); zur Kennzeichnung der verschiedenen Glossen finden durchgägnig Paragrafenzeichen und Versalien bzw. Satzmajuskeln Verwendung.
- Buchgestaltung
- Bibeltext auf der Mitte der Seite angeordnet in dreifachem Zeilenabstand und etwa dreifacher Schriftgröße im Vergleich zu den Glossen; mit Marginal- und Interlinearglossen. Linierungen in Bleilinien (?) nahezu durchgängig erhalten; Zirkellöcher zum Teil noch erhalten, sowohl an den seitlichen als auch an den Rändern oben und unten.
- Buchschmuck
- Einfache rote Initialen am Beginn der ersten Glosse zum Matthäus-Evangelium und am Anfang des Evangeliumstextes. Farbige floral-zoomorphe Zierinitialen am Beginn des Prologs zum Johannes-Evangelium und des Evangeliumstextes.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Vereinzelt zeitgenössische Nachträge und Verbesserungen. Aus dem 15. Jh. stammen die stellenweise nachgetragenen Seitentitel bzw. Kapitelzählungen (von derselben Hand wie in Pal. lat. 91 und Pal. lat. 98) sowie Ergänzungen in den Glossen und auch die Lagenfoliierung im zweiten Teil der Hs., wie u. a. die Verwendung von spätgotischen arbischen Ziffern zeigt.
- Provenienz
- Kloster Rebdorf (Stadt Eichstätt) / Frankreich (?) / Heidelberg.
- Besonderheiten
- Die Hs. ist wohl aus zwei Teilen zusammengesetzt, wie sich nicht zuletzt an der verschiedenen Händen und dem unterschiedlichen Pergament der beiden Stücke festmachen lässt. Der erste, wohl geringfügig jüngere Teil des Codex, umfasst das Matthäus-Evangelium, das jedoch mitten in Kapitel 9,1 abbricht (30v); die untere Hälfte des Bls. blieb leer. Der zweite beinhaltet nahezu das gesamte Johannes-Evangelium, dessen Text allerdings mitten in Kapitel 21,23 abbricht, so dass das Ende des Evangeliums bis einschließlich Vers 25 fehlt.
2) 1r–119v
- Beteiligte Personen
- Robertus Wigorniensis (GND-Nr.: 103083782) / Hugo von Saint-Cher (GND-Nr.: 118707957).
- Titel
- Evangelia secundum Matthaeum et Johannem cum glossa.
- Angaben zum Text
- 1r–30v MATTHÄUS-EVANGELIUM MIT GLOSSEN DES ROBERTUS WIGORNIENSIS (?) als Marginal- und Interlinearglossen. 1ra–2vb Glosse: ›N‹omen libri euangelium grece, bonum nuntium latine … 2vb … qui est nostra terra promissionis (Stegmüller, RB 7496). 3r Prolog (von Hugo von Saint-Cher?): ›M‹atheus cum primo predicasset euangelium in Iudea … in aquila exprimitur divinitatis sacramentum (Stegmüller, RB 589). 3r–30v Text: Mt 1,1–9,1 mit Glossen: Matheus generationem incipit ab exordio promissionis … 30v … et uidua de helia∙ [Text bricht ab] (Stegmüller, RB 7496). Der Text ist ein weiteres Mal mit Schaffhausen, Ministerialbibliothek, Min. 9, überliefert; vgl. Rudolf Gamper/Gaby Knoch-Mund/Marlis Stähli, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Ministerialbibliothek Schaffhausen, Dietikon-Zürich 1994, S. 89f. 31r–119v JOHANNES-EVANGELIUM MIT DER GLOSSA ORDINARIA als Marginal- und Interlinearglossen. 31r–32v Monarchianischer Prolog: ›HIC ∙ EST ∙ IOHANNES‹ euangelista … 32v … et deo magisterii doctrinas SERVETVR (Stegmüller, RB 624). 31r–32v Glosse: Omnibus diuinę scripturę paginis euangelium excellit … 32v … nosci [!] a paruulis (Stegmüller, RB 11830). 33r–119v Text: Io 1,1–21,23 mit Glossen: Alii euangelistę discribunt Christum natum ex tempore … 119v … ubi neque nubent neque nubentur [der Schluss des Evangeliums sowie die zugehörigen Glossen bis „… per hyperbolem“ fehlen] (Stegmüller, RB 11830). Edition: Biblia Latina cum Glossa Ordinaria, vol. IV, Straßburg: Adolph Rusch, 1480/81 (Editio princeps). – 1ar–v, 3av, 117ar, 120*r, 120*v bis auf Signatur (?), 121*r–v leer.
- Incipit
- 1r s. Angaben zum Inhalt.
- Explicit
- 119v … ubi neque nubent neque nubentur.
) 117av
- Titel
- Eingebundener Zettel, darauf Notizen zu den Legenden der Hll. Vinzenz von Saragossa und Agnes von Rom in einer Bastarda des 15. Jhs.
- Bearbeitet von
- Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 51. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.