Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 514

Breviarium Spirense, pars aestivalis

Papier · 1, 239, 1 · 30,6–30,8 × 21–21,4 cm · Speyer (?) · um 1500 (1495–1505)


Schlagwörter (GND)
Liturgie / Brevier / Breviergebet / Stundengebet.
Entstehungsort
Speyer (?).
Entstehungszeit
um 1500 (1495–1505).
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
1, 239, 1.
Format (Blattgröße)
30,6–30,8 × 21–21,4 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + (IV-1)7 + II11 + 3 VI47 + (VI+1)60 + (VI-2)70 + 3 VI106 + III112 + 9 VI220 + V230 + (IV+1)239 + (I-1)240*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl., 240* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Textreklamanten.
Zustand
Im Dez. 2013 wurde das heute auf dem Vorderspiegel aufgeklebte Bl. zwischen Bl. 50 und 51 gefunden und gesichert.
Wasserzeichen
Bl. 2–12 Ochsenkopf mit Augen und Nasenlöchern mit einkonturiger Stange darauf Antoniuskreuz/Buchstabe Tau, zwei Varianten (ähnlich WZIS: DE8100-PO-72888); - Bl. 13–105 Ochsenkopf mit Augen, einkonturige Stange mit Krone und fünfblättriger Blume, mehrere Varianten (ähnlich WZIS AT3800-PO-68199); - Bl. 107–108 Krone, Bügel zweikonturig mit Perle und Kreuz (zweikonturig)/Reichsapfel (WZIS DE8085-PO-51901, Beschriftung belegt 1496 Dornhan, Reutlinger Kronenpapier); - Bl. 110 Ochsenkopf mit Augen, einkonturige Stange mit Krone und fünfblättriger Blume (ähnlich WZIS DE5580–2Incca1073–1_a8); - Bl. 119–134 Krone, Bügel zweikonturig mit Perle und Kreuz, zweikonturig (ähnlich WZIS DE1935-Mscr_Dresd_H_150t_4); - Bl. 138–183 Ochsenkopf mit Augen mit einkonturiger Stange darüber Krone und fünfblättrige Blume auf einkonturiger Stange, zwei Varianten (WZIS DE8100-Bblat1498011_999, ohne Datum und Ort); - Bl. 185–238 Ochsenkopf ohne Gesichtsmerkmale mit einkonturiger Stange und Kreuz, Kreuzbalken schräg (vergleichbar WZIS DE8085-PO-57460).

Schriftraum
22–23,2 × 14,5–14,7 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten (8r und 239r einspaltig).
Zeilenanzahl
38–42 Zeilen (2r–7v 32 Zeilen).
Angaben zu Schrift / Schreibern
Bastarda cursiva einer Hand, die auch die Rubriken schrieb. Im Kalendarium Nachträge einer wenig späteren Hand (Jakob Merstling, s. Nachträge). Gelegentlich Ergänzungen mehrerer zeitgenössischer Hände auf den Seitenrändern.
Buchgestaltung
Spaltenbegrenzungen und Zeilenraster blass in Metallstift markiert. Rubriziert. Rubriken bis 106vb in roter Tinte, danach die umfangreicheren Rubriken in schwarzer Tinte mit roter Unterstreichung. Ein- bis zweizeilige rote Lombarden zu Textabsätzen. Im Kalendarium vergrößerte KL-Kürzel in Rot am Kopf der Datumsspalte.

Nachträge und Benutzungsspuren
Vorderspiegel, aufgeklebtes Bl. (s. Zustand). Sabato ad vesperas de sancta cruce. Adoremus crucis signaculum per quod salutem … [CAO 1292]. … – … De sancta Maria ad matutinam. Post partum virgo … [CAO 4332]. De sancta Anna matre Marie virginis suffragia ut in fine libri habetur. Antiphonen, vorwiegend an Maria, die hl. Anna und für Allerheiligen. Jeweils mit Angabe der Horen.
3v Anno domini millesimo quadringentesimo nonagesimo quinto dominica misericordia domini que fuit dies tercius mensis May, ego Jacobus Merstlingk capellanus altaris sancti Clementis in Horheym primicias in ecclesia sancti Quintini martiris Moguntine clebravi. Der Kapellan des dem hl. Clemens geweihten Altars in "Horheym" Jakob Merstling hält fest, dass er am 3. Mai 1495 in der Kirche St. Quintin in Mainz seine Primiz gefeiert hat. Wahrscheinlich Harheim, Ortsteil von Frankfurt am Main (Historisches Ortslexikon, abgerufen 28.07.2022). Vgl. auch: Irmtraud Liebeherr, Der Besitz des Mainzer Domkapitels im Spätmittelalter, Mainz 1971 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 14), zu Harheim hier S. 126. 5r zum Monat Juli zahlreiche Nachträge zum liturgischen Brauch der Speyerer Kirche (d. h. Bistum Speyer). 6r Nachtrag zum 24. Sept. Ruperti confessoris et pontificis iii (u. a. in Speyer, Worms und Würzburg). 7v Nachtrag zum 9. Dez. Joachimi pater gloriose virginis Marie (so u. a. in Mainz, nicht in Speyer).

Einband
Grünes Pergament mit Goldpressung auf Pappen. Rom, 1626–1633. Vorderdeckel Wappen Papst Urbans VIII. (Pontifikat 1623–1644), Hinterdeckel Wappen des Kardinalbibliothekars Francesco Barberini (1626–1633). Rücken in den Jahren 1846–1853 mit weißem Pergament erneuert. Oben das Wappen von Papst Pius IX. (Pontifikat 1846–1878), darunter ein Signaturschild aus dunkelgrünem Leder mit Golddekor 514, darunter das Wappen des Kardinalbibliothekars Luigi Lambruschini (1834–1853), darunter das blaue Signaturschild der BAV. Wappen und Dekor jeweils in Gold. Kapital mit braunen (ehemals roten?) und blauen Seidenfäden umwickelt (heute weitgehend aufgelöst). Schunke, Einbände 2,2, S. 840; vgl. ebd. Bd. 1, S. 256f.
Provenienz
Speyer (?) / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Nach Ausweis der Wasserzeichen wurde die Hs. in den Jahren um 1500 geschrieben. Bei Jakob Merstling, der im Kalendarium Ort und Datum seiner wohl bereits zurück liegenden Primiz im Bistum Mainz festhielt, dürfte es sich um einen frühen Besitzer der Hs. handeln. Sein anzunehmender Wechsel nach Speyer mag auch erklären, dass er im Kalendarium gelegentlich auf liturgische Besonderheiten des Bistums Speyer hinweist (z. B. 5r Alexii confessoris [ergänzt:] non sacerdotis, in ecclesia Spirensi IX alias trium [lectionum]). Auf welchem Weg die Hs. in die Heidelberger Palatina gelangte ist nicht ersichtlich. 1623 mit den Bänden der Palatina in die vatikanische Bibliothek gelangt. 1r Capsa-Nr. C. 71 entsprechend im Allacci-Register (Pal. lat. 1949, 9v: 1557 Breviarium. fol. C. 71.). Im Inventar der Heidelberger Palatina von 1581 (Pal. lat. 1930, S. 125: Breviarium Spirensis pars aestivalis, geschrieben papir folio.). Ältere Signaturen: 1r unten: 2200 (gestrichen), 125 (gestrichen), oben mittig die aktuelle Signatur 514. Besitzstempel der BAV 1r, 238v, 239v.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_514
Literatur
Ehrensberger, Libri liturgici, S. 279–281, Nr. 75; Johannes Emil Gugumus, Die Brevierhandschrift Pal. lat. 527 der Vatikanischen Bibliothek, in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 60 (1965), S. 245–258, hier S. 247, S. 257; Johannes Emil Gugumus, Ein Speyerer Kalendar des 15. Jahrhunderts aus Cod. Pal. der Vatikanischen Bibliothek, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 11 (1959), S. 245–253; Salmon, Mss. liturgiques 1, S. 140, Nr. 284; Stevenson, Latini, S. 170.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1ra–2vb Digitalisat

Titel
Officium beatae Mariae virginis in sabbato.
Angaben zum Text
De beata virgine Maria infra Pasca et ascensionis domini. In priori vespera super psalmosAntiphona. Alleluia … . ›Ymnus. Vita sanctorum … – … ›… Secuntur lectiones singulis sabbatis diebus‹. ›Lectio‹. Stabat autem iuxta crucem Ihesu mater eius [Io 19,25]. Stabat, inquit non solum hic sed in Matheostare nam et Bersabee matrem Salomonis. Marienoffizium für das Stundengebet an Samstagen.
Rubrik
1r ›De beata virgine Maria infra Pasca et ascensionis domini‹.
Incipit
1r Alleluia … . ›Ymnus. Vita sanctorum
Explicit
1v … stare nam et Bersabee matrem Salomonis.
Edition
Der Hymnus "Vita sanctorum" in AH 51, Nr. 85, S. 90f. Vgl. auch GW 5464.

2) 2r–8r Digitalisat

Titel
Kalendarium.
Angaben zum Text
(2r–7v) Festkalender des Bistums Speyer. Fünf Spalten: goldene Zahl, Sonntagsbuchstaben, römisches Datum, Festtag, Festgrad (nur duplex vermerkt, Zahl der Lesungen). Duplex-Feste überwiegend in roter Tinte eingetragen. Für Speyer typisch die Festtage des hl. Guido am 4. Mai (translatio) hier als festum duplex (vgl. 119ra–119va) sowie des hl. Zoilus am 6. Okt. Zahlreiche Ergänzungen von einer Nachtragshand (Jacobus Merstlingk, s. Nachträge), vgl. Gugumus, Speyerer Kalendar. Von dieser auch computistische Einträge (z. B. 2r: Nach der hayligen epiphany gantzer monat drey darnach, am drytten sundag vynstu den hayligen ostertag). (8r) Intervalltafel. Tabelle mit goldener Zahl, Sonntagsbuchstaben, Cisiojanus, Anzahl der Wochen und Tage. Darunter die Anleitung zur Ermittlung der Wochen und Tage von Weihnachten bis zum Sonntag esto mihi und damit des Osterdatums: Septuagesimam atque intervallum alicuius anni per hanc tabulam si scire volueris inspice in ea aureum numerum … – … a nativitate domini ad esto mihi.. 8v leer.
Incipit
2r Januarius habet dies xxxi luna xxx …
Weiteres Initium
8r Septuagesimam atque intervallum alicuius anni …
Explicit
8r … a nativitate domini ad esto mihi.
Edition
Johannes Emil Gugumus, Ein Speyerer Kalendar des 15. Jahrhunderts aus Cod. Pal. der Vatikanischen Bibliothek, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 11 (1959), S. 245–253, vollständiger Abdruck des Kalendars S. 246–249.

3) 9ra–236ra Digitalisat

Titel
Breviarium Spirense, pars aestivalis.
Angaben zum Text
(9ra–11va) Officium de transfiguratione domini. ›Hystoria de festo transfigurationis domini que agitur in die Sixti sub festo duplici cum suffragia de sancto Sixto. Ad primas vesperas super omnia laudate antiphona‹. Cristus Ihesus splendor patris et figura … – … ›Sequitur suffragium de sancta Affra. Antiphona‹. Gaudent in celis etc. CAO 2927. Das Fest der Verklärung Christi wurde 1457 offiziell in den Festkalender aufgenommen. (12ra–106vb) Proprium de tempore. ›In nomine domini amen. Incipit pars estivalis secundum ordinem et ecclesiam Spyrensem. In die sancto Pasche ad matutinam invitatorium‹. Alleluia … . ›Psalmus‹. Venite exultemus.In primo nocturno antiphona. Ego sum qui sum et consilium meum … – … … qui venturus est in mundum etc.Deo gracias‹.
(106vb) Proprium de sanctis. De sanctis infra Pascha et Penthecostes. In primis vesperis super psalmo … – … si vero celebre antiphona super magnificat lux perpetua etc. Rubrik und ordo für das proprium sanctorum zwischen Ostern und Pfingsten. Nachtrag von anderer Hand, zum Teil auf dem unteren Seitenrand.
(107ra–112vb Officium in commemoratione Mariae virginis. ›In commemoratione beate Marie virginis a dominica 'deus omnium' usque ad adventum domini… ‹. Ecce tu pulchra sicut lilium … – … a morte perpetua liberemur. Per eundem. Am unteren Seitenrand der Hymnus "Ave maris stella" (AH 51, Nr. 123, S. 140–142). Umfangreiches Marienoffizium für die Zeit vom 3. Sonntag nach Trinitatis (dominica 'deus omnium') bis zum Advent. Die Rubrik zur Homilie 109ra verweist auf den liturgischen Brauch der Diözese Speyer: Omelia de commemoratione gloriose virginis Marie secundum ordinem Spirensem. .
(113ra–114ra) Commune sanctorum. ›De sanctis infra Pascha et Pentecosten. In prioribus vesperis super psalmos feriales, antiphona, alleluia quater … ‹.›Capitulum‹. Fulgebunt iusti et tanquam scintille … – … si vero celebre antiphona super magnificat lux perpetua. Sine suffragia. Zum commune sanctorum zwischen Ostern und Pfingsten.
(114ra–114vb) ›De sancta Maria a Pascha usque ad ascensionem domini …‹. ›Oratio. Omnipotens sempiterne deus qui gloriose virginis et matris Marie corpus … – … . Vgl. auch 1ra–2vb.
(114vb–236ra) Proprium de sanctis.Georgii martyris. In primas vesperas super psalmos sequitur antiphona tuis laudibus instantem … – … feliciter migravit ad dominum, cum ipso immortali vita fruiturus in perpetuum. Laus cunctipotenti. Die Feste vom hl. Märtyrer Georg (23. April) bis zu Konrad (26. Nov.), endend mit der Lesung aus der Vita des hl. Bischofs von Konstanz.
Rubrik
9r ›Incipit pars estivalis secundum ordinem et ecclesiam Spyrensem‹.
Incipit
9r Ego sum qui sum et consilium meum
Explicit
236r … cum ipso immortali vita fruiturus in perpetuum.
Edition
Ein in Sommer- und Winterteil gegliedertes Brevier für das Bistum Speyer wurde 1478 bei Peter Drach d. Ä. in Speyer gedruckt (GW 5464). Dort findet sich zwischen Kalendarium und dem "Proprium de tempore" ab Ostern noch ein Psalter, der in der Hs. fehlt. Enthalten ist dort auch ein "Officium beatae Mariae virginis in sabbato" (siehe 1ra–2vb). Weitere Speyerer Breviere der Inkunabelzeit listet das GW auf (GW 5464–5466).

4) 236rb–238va Digitalisat

Beteiligte Personen
Johann Wimpfeling (GND-Nr.: 118769189) / Ludwig von Helmstadt, Bischof von Speyer (GND-Nr.: 129040827).
Titel
Officium de compassione beatae Mariae virginis.
Angaben zum Text
(236rb–238rb) Officium de compassione Mariae. ›De compassione beate Marie virginis. In primis vesperis super psalmum omnia laudate.Antiphona. Omnes fideles compati decet Marie … – … effugere ab ira ventura, alleluia etc. - (238rb–238va) ›Officium misse require in missali in fine in parte estivali etc. Introitus. Salve sancta parens etc. [Cantus ID g01408]. … – … et advocatam senciamus. Per [dominum nostrum]. Im Anschluss an das Officium de compassione Texte für eine zugehörige Messe. Offizium und Messtexte entsprechen dem um 1496 von Jakob Wimpfeling und dem Bischof von Speyer Ludwig von Helmstadt herausgegebenen Druck (GW M27630).
Rubrik
236r ›De compassione beate Marie virginis‹.
Incipit
236r In primis vesperis super psalmum
Explicit
238v … et advocatam senciamus.
Edition
Jakob Wimpfeling / Bischof Ludwig von Speyer, Officium de compassione beatae Mariae virginis, Speyer ca. 1496 (GW M27630).

5) 239r Digitalisat

Titel
Expositio orationis dominicae.
Angaben zum Text
Hymnus. [E]xultet celum laudibus … – … in celum verbo clauditis. AH 51, Nr. 108, S. 125f. (Strophe 1–2 und der Beginn von Strophe 3); Schaller / Könsgen, Nr. 4866. Der Beginn des Hymnus wurde oben auf der Seite in kleinerer Schrift notiert. - Expositio orationis dominicae. Pater noster. Excelsus in creatione, suavis in amore, dives in hereditate. Qui es in celis. Speculum eternitatis … – … Sed libera nos a malo. Presenti, preterito et futuro. Amen. Finis est deo gracias. Stegmüller RB, Nr. 8524. Die Verse des Vaterunser jeweils in größerem Schriftgrad hervorgehoben.
Incipit
239r Pater noster. Excelsus in creatione
Weiteres Initium
239r Exultet caelum laudibus …
Explicit
239r … libera nos a malo. Presenti, preterito et futuro.
Edition
Der Hymnus gedruckt in AH 51, Nr. 108, S. 125f.


Bearbeitet von
Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2013.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 514. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2013.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.