Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 516

Breviarium Wormatiense, pars aestivalis

Papier, Pergament · 3, 304, 3 · 19,4–19,7 × 13,7 cm · Diözese Worms (Heidelberg?) · 1. H. 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Liturgie / Brevier / Breviergebet / Stundengebet.
Entstehungsort
Diözese Worms (Heidelberg?).
Entstehungszeit
1. H. 15. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament und Papier. Das äussere und das innere Doppelbl. der Lage zumeist Pergament. Zuweilen finden sich zudem eingefügte Einzelbll. aus Pergament (z. B. 173, 182, 195, 221). Zwei eingebundene Zettel aus Pergament (87 und 92) und einer aus Papier (135bis).
Umfang
3, 304, 3.
Format (Blattgröße)
19,4–19,7 × 13,7 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II-1)3a + I2 + 2 IV18 + (V-1)27 + 7 IV82 (mit 51a) + (IV+2)92 + 2 IV108 + 2 VI132 + (VI+1)144 + VII158 + VI170 + 3 (IV+1)197 + 2 IV213 + (IV+1)222 + 6 IV270 + (IV+1)279 + V289 + (VI-1)300 + I302 + (II-1)303*. 3a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl. 303* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl. Die Binionen vor dem Kalendarium und am Ende des Buchblocks bestehen aus Pergament. Wahrscheinlich handelt es sich um ältere Vorsätze. Bl. 87 und 92 sind eingefügte Zettel, ebenso 135bis.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Tintenfoliierung, Rom 17. Jh. (1–51, 51–302). Neuzeitliche Bleistiftfoliierung (135bis). Die Bezeichnung nicht foliierter und uneindeutig foliierter Bll. folgt dem Digitalisat (1a–3a, 51a, 303*–305*). Lagenzählung auf der letzten verso-Seite unten: 18v (xvi) bis 100v (xxvi). Anschließend Textreklamanten: 120v, 132v, 144v, 158v. Danach erneut Lagenzählung: 179v (vi) bis 287v (xix).
Zustand
Rücken vor allem im unteren Bereich mit zahlreichen Fraßspuren.

Schriftraum
15,1 × 11 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
29–32 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Der überwiegende Teil der Texte ist in einer einfachen Buchbastarda von mehreren Händen geschrieben. Die Hand von 3r–10v, 166v–170v und 290rv ist dabei identisch mit der ersten Schreiberhand in Pal. lat. 519 (dort 4r–329v). Die Textteile in kleinerem Schriftgrad zeigen häufig eine Bastarda mit Schleifen und Tendenz zur Kursiven (z. B. 39v, 40r). Die Nachträge an Anfang und Ende des Bandes weisen Kursivschriften unterschiedlicher Ausprägung von zwei Händen auf (1r–2v, 300r). Die Lesungen zum Fest des hl. Andreas (297r–300r) wurden auf Rasur geschrieben. Der ursprüngliche Text ist oft noch deutlich sichtbar. Die Hand von 11r–108r und 260r–289v ist mit der ersten Texthand in Pal. lat. 518 (11r–135v) identisch. Die Hand von 3r–10v, 166v–170v und 290rv schrieb in Pal. lat. 518 136r–138v. Die Lektionen sind zumeist in einer schlichten Textura gehalten (z. B. 50v).
Buchgestaltung
Bis 108v und ab 166v Schriftraumbegrenzungen in Metallstift (außer 8rv, dort in Tinte). 109r–166r Schriftraumbegrenzung in Tinte. Rubriziert. Rubriken z. T. am Rand vorgeschrieben. 2zeilige rote Lombarden zu den Textabsätzen. Im Kalendarium große KL-Kürzel (Kalendae) in Rot. Selten Lombarden mit einfacher Ornamentik (z. B. 9v, 10v).

Nachträge und Benutzungsspuren
1r–2v nachgetragene Suffragien (s. Text 1). Auf eingebundenen Zetteln: 87v nachgetragene Responsorien und Versikel. 92r Ergänzung zur Lesung aus dem Buch Daniel. 92v Erläuterungen zu den Lesungen für die Zeit nach Trinitatis. 135bisrv zwei medizinische Rezepte: Nota: contra calculum recipe merretich geschneten worfellich ein echtmaß [?] und 1 maß malyn eym glaß verstopft und ind erd vergrab uff acht wochen wirt ein wasser daruß sol man nutzen uff den andern adder den dritten dach ein lefflin fol. Rezept gegen Steinleiden. (135bisv) Nota: contra matricem recipe cimmet rinden gestossen und wisses van duben mist und ingenomen. Rezept gegen Beschwerden der Gebärmutter.

Einband
Weißes Pergament auf Pappe, Rom um 1780. Einbanddeckel mit Spuren von je zwei entfernten textilen Schließenbändern. Rücken mit drei erhabenen Doppelbünden. Oben älteres Signaturschild (Kupferstichkartusche, darin in Rot: 516), darunter Rückentitel: Breviarii pars aestiva sowie in blauem Farbstift: 516 Pal. Unten das blaue Signaturschild der BAV (fragmentiert, siehe auch: Zustand). Garnumwickeltes Kapital (braun-gelb). Schunke, Einbände 2,2, S. 840, vgl. Schunke, Einbände 1, S. 256.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Der Band entstand in der ersten Hälfte des 15. Jhs. Der Festkalender (z. B. 6. Juli S. Goar; 27. Juli S. Hermolai) und die explizite Nennung in den Rubriken (108v, 170v, s.u. zum Text) verweisen auf das Bistum Worms. Walz (Konrad, S. 343–344) vermutet, dass in Pal. lat. 518 der zugehörige Winterteil vorliegt. Für diese These spricht, dass mindestens zwei Schreiberhände an beiden Bänden gearbeitet haben (s. Schrift) und sich die Abschnitte "de sanctis" und "de tempore" recht passgenau ergänzen. Das Kalendarium in Pal. lat. 516 weist im Vergleich zu dem in Pal. lat. 518 mehr Feste und keine Nachträge auf, eventuell wurden beide Kalendare nachträglich abgeglichen. Dies würde bedeuten, dass auch Pal. lat. 516, wie Pal. lat. 518, für einen Kleriker der Heidelberger Heiliggeistkirche bestimmt war (s. Pal. lat. 518). Die Lagenzählung deutet darauf hin, dass der heutige Band ursprünglich in zwei Teilen gebunden war (Bl. 1–108 und Bl. 109–302). 1623 mit den Bänden der Heidelberger Bibliotheca Palatina in die vatikanische Bibliothek gelangt. 1r C. 139. Wohl eines der Breviarien im Quartformat im Allacci-Register, die sich in Capsa 139 befanden (Pal. lat. 1949, 8r, hier Nr. 256–258). 1ar ältere Signatur der Vaticana 377 (gestrichen) sowie aktuelle Signatur. Besitzstempel der BAV: 1r, 3r, 302v.
Besonderheiten
Pal. lat. 518 enthält den wahrscheinlich ursprünglich zugehörigen Winterteil.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_516
Literatur
Ehrensberger, Libri liturgici, S. 285–287, Nr. 80; Salmon, Mss. liturgiques 1, S. 141, Nr. 286; Stevenson, Latini, S. 170; Walz, Konrad, S. 343–344.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1r–2v Digitalisat

Titel
Suffragia et benedictiones.
Angaben zum Text
(1rv) Suffragia … . Accipite spiritum sanctum quorum remiseritis peccata … [CAO 1234] … – … nullius hostilitatis arma timeamus [Corp. orat. 1110]. Per [dominum nostrum]. Suffragien an Gott, Maria und die Heiligen. Nachträge. Darunter: Adonay nosan adonay lacha yohe schem adonay mforach. Transliteration des Hebräischen Bibeltextes von Iob 1,21. (2rv) Benediktionen. ›In die Pasche ad agnum. Deus universe carnis conditor qui Noe et filiis suis … – … corporis sanitatem et anime tutelam percipiant. Per Christum dominum. Segnungen verschiedener Lebensmittel für das Osterfest: Fleisch, Brot, Eier, Speck, Käse, ad omnia.
Rubrik
1r ›Suffragia‹.
Incipit
1r Accipite spiritum sanctum quorum remiseritis peccata
Weiteres Initium
2r Deus universae carnis conditor
Explicit
2v … corporis sanitatem et anime tutelam percipiant.
Edition
Adolf Franz, Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter, Bd. 1, Freiburg im Breisgau 1909, S. 585–594.

2) 3r–8v Digitalisat

Titel
Kalendarium.
Angaben zum Text
Festkalender des Bistums Worms (s. Geschichte der Hs.). 4 Spalten: goldene Zahl, Sonntagsbuchstaben, Festtag, Festgrad (duplex, Zahl der Lesungen, commemoratio). Für Aug. bis Dez. wurde das römische Datum jeweils am Seitenrand ergänzt. Duplex-Feste in roter Tinte eingetragen. Am Kopf der Seite in Rot die Zahl der Sonnen- und Mondtage, am Fuß der Seite die Zahl der Tages- und Nachtstunden. Hier Gothard am 4., Florian am 5. Mai. Ausserdem findet sich der Trierer Bekenner Lubentius (13. Oktober).
Rubrik
3r ›Januarius habet dies xxxi, luna xxx‹.
Incipit
3r Circumcisio domini duplex
Explicit
3r … nox habet horas xviii dies vi.

3) 9r–300r Digitalisat

Titel
Breviarium Wormatiense, pars aestivalis.
Angaben zum Text
(9r–108v) Proprium de tempore. (9r–52v) Officia de tempore. ›Incipit pars estivalis in die sancto Pasche ad matutinam. Domine labia mea aperies cum deus in adiutorium meum et gloria. Invitatorium. Alleluia, alleluia, alleluia.Psalmus‹. Venite.In primo nocturno antiphona‹. Ego sum qui sum … – … et hoc est nomen quod vocabunt eum: dominus iustus noster [Ier 23,6]. Stundengebet von Ostersonntag bis zum Advent. Die Lesungen wurden abschnittsweise zusammengefasst (vgl. 108v). (108v) ›Tabula de imposicionibus historiarum superscriptarum secundum ordinem Wormaciensiem‹. Zur Zuteilung der Lesungen aus dem AT für August bis Dezember, jeweils nach den Sonntagsbuchstaben. (109r–114v) Officia votiva. (109r–112r) ›Historia de compassione beate Marie virginis‹. (112v–114v) ›Hystoria de clavis et lancea …‹. Zwei Reimoffizien. (114v–267v) Proprium de sanctis. ›De sancto Tiburcio et Valeriano lectio tercia. Beati martires Tyburcius et Valerianus per beatam Ceciliam conversi … – … Voce cordis net oriso beata Katherina virgo ora iugiter pro reatibus supplicum tuorum. Zu Letzterem vgl. Franz Joseph Mone, Lateinische Hymnen des Mittelalters, Bd. 3, Freiburg im Breisgau, S. 349f. Die Lesungen wurden abschnittsweise zusammengefasst, dabei scheint die Reihenfolge insgesamt jedoch gestört zu sein (der Anfang mit dem Offizium der hll. Tiburtius und Valerianus findet sich ab 166v, die dritte Lesung hierzu jedoch ab 114v; 120v unten beginnt das Offizium zu S. Peter und Paul mitten in der Vesper, die Vigil und der Beginn des Offiziums findet sich aber 184rv). Darin: (170v) ›In dedicacione Wormatiensi‹. ›Ad suffragia capitulum. Symon Bariona … – … ›Commune‹. Tu es Petrus. Offizium und Messordo zur Kirchweih des Wormser Doms St. Peter (267v–268v) ›Feria quarta quatuor temporum. Secundum Marcum‹. Lesungen. (268v–270v) ›In dedicatione templi‹. Offizium zur Kirchenweihe. (270v–290r) Commune sanctorum. ›Incipit de sanctis commune et primo de vigilia apostolorum. Ewangelium secundum Johannem. In illo temporeEgo sum vitis vos palmites … – … ea quae interis [!] amaverat libenter cuncta relinquit. Tu autem. Die Lesungen wurden abschnittsweise zusammengefasst. 271r (eingehefteter Zettel) Merkverse zu den Lesungen: Pneumatis octavam domini lux quando sequatur, cum libris regum Deus omnium incipiatur … – … vel quinas ante Kalendas. Walther, IC, Nr. 14214. Von den Aposteln bis zu den Wittwen. (290r–296v) Hymnarium. ›Sequntur nunc ympni tempore paschali‹. (290v) Vita sanctorum deus angelorum … . AH 51, Nr. 85, S. 90f. Ad cenam agni providi … . AH 51, Nr. 83, S. 87f. Das Ende des Hymnus mit der Doxologie wird zu Beginn der folgenden Seite wiederholt (Schreiberwechsel). Nach den Hymnen de tempore von Ostern bis Corpus Christi folgen Hymnen zu sanctorale, commune sanctorum und für die Wochentage im Jahreslauf. (297r–300r) Lectiones de sancto Andrea. ›Lectiones de sancto Andrea infra octavas. Sanctus Andreas pendens in cruce astantes et Stridonem fratrem Egee in fide Christi confortabat … . (298v) ›In octava Andree lectiones. Episcopus quidam beatum Andream in cunctis suis operibus invocans … . Siehe: Legenda aurea, cap. 2 (ed. Theodor Graesse, Breslau 1890, S. 19f). (299v–300r) ›Alie lectiones de sancto Andrea. Beatus Andreas apostolus dixit fratribus suis: Audite dilectissimi sompnum meum … . Aus: Gregor von Tours, Liber de miraculis Andreae apostoli, BHL 430 (MGH Scriptores rerum Merovingicarum 1,2, Hannover 1885, S. 837). Lesungen für das Fest des hl. Apostels Andreas. (300r) ›Item minores psalmi penitentiales. Psalmus. Miserere mei deus [Ps 50,3]. ›Psalmus. Deus in nomine tuo [Ps 53,3]. … – … Oremus. Exaudi quesumus domine supplices preces … – … et a penis quas pro hiis meremur eripias. Per. Sieben Psalmen (nicht die Bußpsalmen) mit Versus und Collecta.
Rubrik
9r ›Incipit pars estivalis in die sancto Pasche ad matutinam.
Incipit
9r Domine labia mea aperies cum deus in adiutorium meum et gloria
Explicit
300r … et a penis quas pro hiis meremur eripias.
Edition
Das Wormser Brevier erschien mehrfach im Inkunabeldruck, siehe GW 5513–5516; Breviarium iuxta ritum et ordinem ecclesiae Wormatiensis, Main 1576 (VD16 B 8205). Vgl. auch VD16 ZV 31331 und ZV 31332.

4) 300v Digitalisat

Titel
Tabula lunaris.
Angaben zum Text
Oben waagrecht die 19 Jahre des Mondzyklus (aureus numerus), Rechts senkrecht die Tierkreiszeichen (jeweils zwei oder drei mal wiederholt) mit der Wertung (bonum, malum, indifferens). Tafel zur Bestimmung guter, schlechter und indifferenter Tage anhand von goldener Zahl und Mondalter. Als Ergebnis kann man feststellen, in welchem Tierkreiszeichen der Mond steht und ob der Tag somit gut, schlecht oder unbestimmt ist. Darunter: Aries, Leo, Sagitarius calidus et siccus … – … Cancer, Scorpio, Piscis frigidus et humidus. Zu den Elementarqualitäten der Tierkreiszeichen (4 Zeilen).
301rv leer.
Incipit
300v Aries, Leo, Sagitarius calidus et siccus
Explicit
300v … Cancer, Scorpio, Piscis frigidus et humidus.

5) 302r Digitalisat

Verfasser
Thomas de Aquino (GND-Nr.: 118622110).
Titel
Hymnus in festivitate corporis Christi.
Angaben zum Text
Verbum supernum prodiens nec patris linquens … – … nobis donet in patria. Amen. AH 50, Nr. 388, S. 588f. Hymnus zu den Laudes im Rahmen des Officiums "Sacerdos in aeternum".
Incipit
302r Verbum supernum prodiens nec patris linquens
Explicit
302r … nobis donet in patria.
Edition
The Feast of Corpus Christi, hrsg. von Barbara R. Walters / Vincent Corrigan / Peter T. Ricketts, University Park (Pa.) 2006, S. 240–381; Cyrille Lambot, L'office de la Fête-Dieu. Aperçus nouveaux sur ses origines, in: Revue Bénédictine 54 (1942), S. 61–123.


Bearbeitet von
Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 516. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.