Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 529

Zusammengesetzte Handschrift

Pergament, Papier · 4, 122, 4 · 10,7 × 8 cm · Südwestdeutschland (?) · I. 1. H. 14. Jh. / 15. Jh. (Mitte ?) / 2. H. 15. Jh.


Schlagwörter (GND)
Liturgie / Brevier / Stundengebet.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament (Vorsatzbll. 1a–3a und 123*–125* sowie Faszikel III Papier).
Umfang
4, 122, 4.
Format (Blattgröße)
10,7 × 8 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
Hs. aus 3 Faszikeln zusammengesetzt (I. Bl. 1–77; II. Bl. 78–105; III. Bl. 106–122* ). (I-1)1a + 23a + 14a + … + I124* + (I-1)125*. 1a bildet mit dem Vorderspiegel ein Doppelbl. 2a–3a gehören zum Vorsatz, 4a (Pergament) ist wohl ein Vorsatzbl. eines früheren Einbandes. Vor dem hinteren Vorsatz des aktuellen Einbandes finden sich zwei neuzeitliche, nicht aufgeschnittene Bll. (123*-124*). 125* bildet mit dem Hinterspiegel ein Doppelbl.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Tintenfoliierung, Rom 17. Jh. (1–121).
Zustand
Viele Bll. fleckig, 4ar mit Abdrücken eines früheren Einbandes, 105v etwas verschmutzt.


Einband
Dunkelrotes Maroquin mit Blindstempel- und Golddekor auf Pappe, Rom um 1869–1878. Deckelflächen gerahmt mit Volutenrolle. Glatter Rücken, mit einer goldenen Filete in Felder geteilt. Oben das Wappen von Papst Pius IX. (1846–1878), darunter die Signatur (PAL. 529), unten das Wappen des Kardinalbibliothekars Jean-Baptiste Pitra (1869–1889), jeweils in Goldpressung. Schunke, Einbände 2, S. 841, zu den sonst schlichteren Einbänden unter Pius IX. siehe: Schunke, Einbände 1, S. 257. Der Einband entspricht recht genau denen von Pal. lat. 524,1–2 und Pal. lat. 525,1–2.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Zur jeweiligen Geschichte der Faszikel siehe dort. 1623 mit den Bänden der Heidelberger Palatina in die Vatikanische Bibliothek verbracht. 4ar C 145/ 1588 (gestrichen), entsprechend im Allacci-Register (Pal. lat. 1949, 39r: 1588 Officium divinum. 16. C. 145.). Möglicherweise waren Faszikel I und II schon vor dem Transport der Palatina von Heidelberg nach Rom im Jahr 1623 zusammengefügt worden. Dafür sprechen die Besitzstempel der BAV auf 1r und 105v. Faszikel III wurde wahrscheinlich erst in der Vaticana angefügt, spätestens bei der Anfertigung des aktuellen Einbandes. Ältere Signatur 4ar 234 (gestrichen). Besitzstempel der BAV 1r, 105v.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_529
Literatur
Ehrensberger, Libri liturgici, S. 196, Nr. 8; Salmon, Mss. liturgiques 1, S. 146, Nr. 297; Stevenson, Latini, S. 173.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

Faszikel I (Bl. 1–77)

Sachtitel / Inhalt
Commune sanctorum.
Entstehungsort
Südwestdeutschland (?).
Entstehungszeit
1. H. 14. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
77 Bll.
Format (Blattgröße)
10,7 × 8 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
3 VI36 + VII50 + II54 + V64 + (VI+1)77. Bl. 77 wurde wohl erst spät eingefügt, um das Textende von 76v zu ergänzen. Möglicherweise wurde es dabei oder später an Bl. 88 befestigt, das sein Gegenbl. verloren hatte. Siehe auch Faszikel II.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
36v Textreklamant.
Zustand
Teilweise fleckig, Bl. 51–52 oben mit Wasserrand.

Schriftraum
8,3 × 6 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalten.
Zeilenanzahl
16 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Textura von drei Händen (1r–50v und 70r–76v, 51r–54v, 55r–69v).
Buchgestaltung
Textraumbegrenzungen und Zeilenraster in verdünnter Tinte. Rubriziert. Einzeilige Lombarden in Blau oder Rot zu Capitula, Orationen und Invitatorien. 1r–14r auch zweizeilige Lombarden, 1r–6r zum Teil auch mit einfachem Fleuronné in der Gegenfarbe. 8v–9r Antiphonen rot unterstrichen.

Nachträge und Benutzungsspuren
45r Textergänzung am Seitenrand von etwa zeitgenössischer Hand. Kürzere Ergänzungen 36r und 39v.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Der Faszikel entstand vermutlich im deutschen Südwesten, eine genaue Einordnung ist nicht möglich. Wann er mit dem folgenden Faszikel vereinigt wurde, ist nicht nachvollziehbar. Denkbar wäre jedoch, dass diese beiden Stücke schon kombiniert worden waren, bevor sie in die vatikanische Bibliothek kamen. Der Nachtrag des fehlenden Textendes auf 77r im 15. Jh. liefert ein Indiz für eine Bearbeitung in dieser Zeit.

1) 1r–50v Digitalisat

Titel
Diurnale, commune sanctorum.
Angaben zum Text
In vigilia unius apostoli ad vesperas‹. Capitulum. Beatus vir qui inventus est sine macula [Sir 31,8] … . Endet in ›De nativitate unius virginis et martyris‹ in der zweiten Vesper: … ›Antiphona‹. Vidi speciosa [!] et psalmus omnia laudate. ›Capitulum‹./ Text bricht am Seitenende ab.
Rubrik
1r ›In vigilia unius apostoli ad vesperas. Capitulum.
Incipit
1r Beatus vir qui inventus est sine macula [Sir 31,8] …
Edition
Vgl. die Frühdrucke GW 8494–8565.

2) 51r–54v Digitalisat

Titel
Breviarium, commune sanctorum, De una vidua martyr.
Angaben zum Text
De una vidua que fuit martyr‹. De virginibus preceptum non habeo ut supra. ›Responsorium‹. Regnum mundi [CAO 7524]. ›Ymnus‹. Ihesu Christe auctor vite [AH 51, Nr. 174, S. 196] … – … ›Antiphona‹. Simile est regnum celorum sagene [Mt 13,47]. Oratio ut supra. Offizium für eine heilige Witwe und Märtyrerin (im Gegensatz zum Vorausgehenden auf 1r–50v, einschließlich der Nokturnen).
Rubrik
51r ›De una vidua que fuit martyr‹.
Incipit
51r ›Responsorium‹. Regnum mundi.Ymnus‹. Ihesu Christe auctor vite
Explicit
54v … Simile est regnum celorum sagene. Oratio ut supra.
Edition
Vgl. die gedruckten Breviere.

3) 55r–77r Digitalisat

Titel
Breviarium, Psalmi et officia in hebdomadam per annum.
Angaben zum Text
Psalmi. /tuas. Qui salvos facis sperantes in te. A resistentibus dextere tuequi me afflixerunt [Ps 16,7–9]. Vias tuas, Domine, demonstra mihi et semitas tuas doce me [Ps 24,4] … – … Benedic anima mea Dominoqui replet in bonis/ [Ps 102,1–5]. Text bricht am Ende der Seite im Satz ab. Psalmverse, nicht in der biblischen Abfolge. (56r–77v) Officia in hebdomadam per annum. (56r–61r) Dominica. Liberavit me dominus ab omni opere malo [2 Tim 4,18] … ›Ymnus‹. Ihesu corona [virginum]. AH 50, Nr. 21, S. 20. … ›Dominicis diebus. Invitatorium‹. Adoremus dominum qui fecit nos … . ›In secundo nocturno. Antiphona‹. Conserva me domine … . (61r) ›Feria secunda. Invitatorium‹. Venite exultemus domino. … - … (76v) [Sabbato] ›In secundas vesperas. Antiphona‹. Benedictus dominus deus meus [CAO 1720] … . Endet zunächst 76v: ›Oratio‹. Deus qui conspicis omni/. Text bricht am Ende der Seite ab. Von späterer Hand auf der Folgeseite ergänzt: (77r) nos virtute destitui, interius exteriusque custodi, ut ab omnibus adversitatibus muniamur in corpore et a pravis cogitationibus mundemur in mente. Corp. orat. 1494. Offizien für Wochentage ohne besondere Liturgie.
Incipit
55r Qui salvos facis sperantes in te [Ps 16,7] …
Explicit
77r … muniamur in corpore et a pravis cogitationibus mundemur in mente.
Edition
Vgl. die gedruckten Breviere.

Faszikel II (Bl. 78–105)

Sachtitel / Inhalt
Officium mortuorum, Psalmi et cantica.
Entstehungsort
Diözese Augsburg (?).
Entstehungszeit
15. Jh. (Mitte ?).
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
28 Bll.
Format (Blattgröße)
10,7 × 8 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(VI-1)88 + IV96 + (V-1)105.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
S. zum Codex.
Zustand
Seiten oft fleckig. Bll. 103 und 104 mit herstellungsbedingten Unregelmäßigkeiten.

Schriftraum
8,3 × 6 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalten.
Zeilenanzahl
18–21 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Recht ungleichmäßig geschriebene Bastarda wohl einer Hand. Wenige Ergänzungen anderer, wenig späterer Hände auf den Seitenrändern.
Buchgestaltung
Textraumbegrenzungen in Tinte. Rubriziert. Zweizeilige rote Lombarden zu den Textanfängen. Einzeilige rote Lombarden als Satzinitialen.

Nachträge und Benutzungsspuren
Seiten oft fleckig. Bll. 103 und 104 mit herstellungsbedingten Unregelmäßigkeiten.

Provenienz
Diözese Augsburg (?) / Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Die Fassung des Totenoffiziums kommt der Augsburger Variante am nächsten, was auf eine entsprechende Herkunft des Faszikels hindeutet. Möglicherweise wurde der Faszikel schon vor der Verbringung nach Rom mit Faszikel I verbunden (s. Geschichte des Faszikels I).

4) 78r–99v Digitalisat

Titel
Psalmi et Cantica.
Angaben zum Text
Verba mea auribus percipe [Ps 5,2] … - … sancte et misericors salvator amare morti ne tradas nos [CAO 3732]. Psalmen und Cantica (Ego dixi, Benedictus) mit Antiphonen und Versikeln.
Incipit
78r Verba mea auribus percipe.
Explicit
99v … salvator amare morti ne tradas nos.
Edition
Biblia sacra; CAO.

5) 99v–105v Digitalisat

Titel
Officium mortuorum.
Angaben zum Text
Totenoffizium. Die Responsorienreihe nach Ottosen, Responsories ist: 14, 72, 24, 32, 68, 57, 28, 38, 82. Die Reihe ähnelt der der Diözese Konstanz mit R 38 auf der vorletzten Position, weicht aber im abschließenden Responsorium ab. Augsburg schließt die dritte Nokturn wie hier mit R 82, hat davor aber R 40 statt dem recht ähnlichen Responsorium 38.
Rubrik
99v ›Sequuntur vespere mortuorum.
Incipit
99v Dilexi quoniam exaudiet.
Explicit
105v … tu eis domine dona requiem.
Edition
Vergleichbare Fassungen des Totenoffiziums wurden als Inkunabeln gedruckt ("Vigiliae defunctorum" GW M 50434–50452), sowie häufig im Rahmen von Brevierausgaben (z. B. GW 5319).

Faszikel III (Bl.106–122*)

Sachtitel / Inhalt
Lectiones, Orationes.
Entstehungsort
Süddeutschland (?).
Entstehungszeit
2. H. 15. Jh.
Typus (Überlieferungsform)
Faszikel.
Beschreibstoff
Papier.
Umfang
17 Bll.
Format (Blattgröße)
10,7 × 8 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
IV113 + (V-1)122*. Das letzte Bl. der zweiten Lage fehlt.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Textreklamant auf 113v.
Zustand
Seiten geringfügig fleckig, Bl. 113 mit Einriss bis in den Textspiegel.

Schriftraum
8,3 × 6 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
19–20 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Von einer Hand sorgfältig und mit einem gewissen kalligraphischen Anspruch geschrieben.
Buchgestaltung
Schriftraumbegrenzungen und Zeilenlinien blind gegriffelt (Metallstift?). Rubriziert. Satzinitialen rot gestrichelt. Zweizeilige rote Lombarden zu den Textanfängen, z. T. mit ausgreifenden Zierschwüngen an den Serifen (z. B. 120r). 109r und 112r kadellenartige Zierschlaufen an den Unterlängen der untersten Textzeile.

Nachträge und Benutzungsspuren
Seiten geringfügig fleckig, Bl. 113 mit Einriss bis in den Textspiegel.

Provenienz
Heidelberg.
Geschichte des Faszikels
Der Besitzstempel der BAV auf dem letzten Bl. des vorausgehenden Faszikels deutet darauf hin, dass der dritte Faszikel dem Band in der vatikanischen Bibliothek hinzugefügt wurde, vielleicht erst im Zusammenhang mit der Erstellung des aktuellen Einbandes im 19. Jh. (s. Einband). Da sich keine Hinweise auf die genaue Herkunft des Faszikels finden, bleibt die Provenienz vor der Verbringung mit der Heidelberger Palatina nach Rom unklar.

6) 107r–115r Digitalisat

Titel
Lectiones ex evangelio secundum Ioannem.
Angaben zum Text
(107rv) In principio erat verbum … – … plenum gracia et veritatis. Deo gracias. Beginn des Johannesevangeliums (Io 1,1–14). (107v–115r) ›Passio domini nostri Ihesu Christi secundum Johannem‹. Egressus est Ihesus cum discipulis suis … – … quia iuxta erat monumentum ubi posuerunt eum. Passionsbericht des Johannesevangeliums (Io 18,1–19,42). Evangelienlesungen aus dem Kontext des Offiziums.
Incipit
107r In principio erat verbum [Io 1,1] …
Weiteres Initium
107r Egressus est Jesus cum discipulis suis [Io 18,1] …
Explicit
115r … quia iuxta erat monumentum ubi posuerunt eum [Io 19,42].
Edition
Biblia sacra.

7) 115v–121r Digitalisat

Titel
Orationes.
Angaben zum Text
Gebete des Offiziums: (115v–117r) Bernardinus Senensis, Oratio de nomine Jesu. O bone Ihesu, o dulcis Ihesu, o Ihesu filij [!] Marie virginis … – … gloriari et delectari in secula seculorum. Amen. Qui in trinitate perfecta vivis et regnas deus per omnia secula seculorum. Amen. Der Text findet sich mit identischem Wortlaut in Basel, UB, Cod. A VII 68, 154r–155r. Siehe: Dionisio Pacetti, Gli scritti di san Bernardino da Siena, in: S. Bernardino da Siena. Saggi e ricerche pubblicati nel Quinto Centenario della morte (1444–1944), Mailand 1945, S. 25–138, dort S. 63 abgedruckt nach BAV, Reg. lat. 156, 12r–13r (mit abweichendem Schluss). (117r) O domine Ihesu Christe adoro te in cruce, portans corona … – … ab angelo percucientem. Amen.Pater noster. Ave Maria‹. O domine Ihesu Christe adoro te in trinitate, vulneratus … – … remedium anime mee. Amen.Pater noster. Ave Maria‹. Vgl. Leroquais, Livres d'heures 2, S. 346. (117v–118v) Salve gloriosissimum caput nostri salvatoris … – … et in perpetuum. Amen. Leroquais, Livres d’heures 2, S. 40. (118v–119r) Pater in manus tuas commendo spiritum meum [Lc 23,46] … – … requiem eternam dona eis. (119v–120r) Venite exultemus domino iubilemus deo salutari nostro … – … si introibit in requiem meam [Ps 94,1–9]. Gloria patri et filio et spiritui sancto. Der Psalm 94 wie er im Offizium als Invitatoriumspsalm gesungen wird. (120r–121r) Te deum laudamus. Te deum confitemur … – … non confundar in eternum. Gloria patri et filio. Das "Te Deum", wie es im Rahmen des Offiziums gesungen wird.
Incipit
107r In principio erat verbum [Io 1,1] …
Explicit
121r … non confundar in eternum. Gloria patri et filio.
Edition
S. bei den Texten.


Bearbeitet von
Dr. Wolfgang Metzger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 529. Beschreibung von: Dr. Wolfgang Metzger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.