Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 624
Decretum Gratiani cum Glossa ordinaria
Pergament · 1, 332, 1 Bll. · 39,2 × 24 cm · Südfrankreich (?) · Mitte 13. Jh.
- Schlagwörter (GND)
- Kanonisches Recht / Decretum.
- Entstehungsort
- Südfrankreich (?).
- Entstehungszeit
- Mitte 13. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1, 332, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 39,2 × 24 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + 2 IV16 + VI28 + 13 IV132 + 2 II140 + 4 IV172 + 2 V192 + 2 IV208 + 10 V308 + 2 VI332 + (I-1)333*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 333*.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Fehlerhafte römische Foliierung des 17. Jhs. (1–325) mit brauner Tinte, jüngere Foliierung für bestimmte Teile mit Bleistift, ebenfalls fehlerhaft, dritte Foliierung unten rechts gestempelt, nach der sich auch die Digitalisate und die Beschreibung richten. Vor- und Nachsatzbl. ungez., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a, 333*). Fast durchgängig Reklamanten auf dem Fußsteg der letzten Seite der Lage mittig, selten rechts, teilweise durch Beschnitt verloren gegangen.
- Zustand
- Wasserschaden auf den ersten Folii; viele, auch durch Feuchtigkeit entstandene Flecken. Risse vor dem Anlegen der Schrift genäht, neuere mit Klebeband restauriert. Einige Löcher, zuweilen zugeklebt. Seitenränder mitunter abgegriffen. Schrift, v. a. des Legaltexts, z. T. verblasst. Viele Gebrauchsspuren.
- Schriftraum
- 37,5 × 23,8 cm (Legaltext); 37,5 × 23,8 cm (Klammerglosse).
- Spaltenanzahl
- 4 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 49–56 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Der Legaltext dürfte um die Mitte des 13. Jhs. begonnen worden sein und wurde von mehreren Händen geschrieben. Der auffallende Wechsel im Duktus sowie bei der Buchstabengestaltung, wobei sich Elemente der nordeuropäischen Textura und der südeuropäischen Rotunda finden lassen, sprechen für eine Niederschrift in Südfrankreich. Die Glosse wurde von einer Hand ausgeführt, die, nur unwesentlich jünger als die Hände des Legaltexts, eine markante Betonung der Oberlängen zu eigen war, welche von der diplomatischen Minuskel beeinflusst sein dürfte.
- Buchgestaltung
- Der mittig in zwei Spalten angelegte Legaltext wird von der Klammerglosse umflossen. Das Zeilengerüst ist mit Metallstift vorgezogen. Der Anfang eines jeden Teils sowie jede Causa im zweiten Teil ist mit einer Initialgruppe überschrieben. Alle Capitulumsüberschriften sind durchgängig rubriziert, jeder Anfang eines Capitulums mit einer Lombarde kenntlich gemacht. Zitate Gelehrter mit Satzmajuskel eingeführt. Synthese Gratians mit Paragrafenzeichen hervorgehoben. Lombarden, Satzmajuskeln und Paragrafenzeichen alternierend in Blau und Rot. Lombarden mit Fadenausläufern und zuweilen mit der Andeutung einer Silhouette, mitunter auch mit Palmettenfleuronné, in Gegenfarbe. Im ersten Teil sind die Bll. mit einem P auf der Versoseite und einer I auf der Rectoseite in der Kopftitelzeile überschrieben. Paragrafenzeichen mit d als Abkürzung für ‚Distinctio‘ mit entsprechender Ziffer als Satzmajuskeln in Klammerglosse, den Anfang einer neuen Distinctio anzeigend. Im zweiten Teil steht in der Kopftitelzeile auf der Versoseite ein rotes CA als Abkürzung für ‚Causa‘, auf der Rectoseite ist an gleicher Stelle der Causa die jeweilige lateinische Ziffer zugeordnet. Paragrafenzeichen mit Q als Abkürzung für ‚Quaestio‘ mit entsprechender Ziffer als Satzmajuskeln in Klammerglosse, den Anfang einer neuen Quaestio anzeigend. Im dritten Teil ist als Seitentitel auf der Versoseite ein DE, auf der Rectoseite ein CO als Abkürzung für ‚De consecratione‘ angebracht.
- Buchschmuck
- s. Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Zahlreiche Interlinearglossen und Anmerkungen am Seitenrand von unterschiedlichen Händen des 14. und 15. Jhs. Scano sah gelegentlich rote Schrift aus der ersten Hälfte des 13. Jhs. auf dem Fußsteg durchschimmern (vgl. Scano, manoscritti, S. 27). Viele Abschnitte auf Rasur. Zahlreiche grafische Verweiszeichen und Distinctiones.
- Einband
- Pappe mit weißem Pergament überzogen, auf dem Rücken rotes Schild und blaues aufgeklebtes Schildchen mit aktueller Signatur sowie die Wappenstempel in Gold von Papst Leo XIII. und dem Kardinal und Bibliothekar Jean-Baptiste Pitra (1812–1889). Gelb-kupferfarbenes Kapital. Angefertigt in Rom zwischen 1878 und 1889 (Schunke, Einbände 2.2, S. 846).
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Auf 1r Capsa-Nummer C. 100., daneben die Allacci-Signatur 1782, ferner Altsignatur 524 sowie weitere mit 7074 auf 332v. Die Hs. entstand dem Schriftbefund nach wahrscheinlich in Südfrankreich.
- Literatur
- BioBib Jurists, Gratianus (a242); BioBib Jurists, Johannes Teutonicus (a303); Pier Virginio Aimone-Braida, Il Purgatorio nella
decretistica, in: Proceedings of the Ninth International Congress of
Medieval Canon Law, Munich, 13–18 July 1992, hrsg. von Peter
Landau / Jörg Müller,
Vatikanstadt 1997, S. 997–1009, hier S. 999 A. 7, 1006 A. 33, 1007 A.
37, 1009 A. 43; Bertram, Abdankung, S. 25 A. 69,
27 A. 75, A. 78, A. 80, 28 A. 82, 87, 99, 101; Even-Ezra, Lines, S. 109–111,
113; García y García, Laurentius, S.
21, 28–42, 65, 70f., 91; Hanselmann, Bücherschenkung, S.
125; Jeudy, Manuscrits achetés, S.
38; Kuttner, Repertorium, S. 46,
71–74, 79 A. 4, 80 A. 1, A. 2, 93 A. 3, 99; Stephan Kuttner, Universal Pope or Servant of God’s Servants:
The Canonists, Papal Titles, and Innocent III, in: RDC 31 (1981), S.
109–149, hier S. 142; McManus, An Interpolation, S. 55
A. 4, 56 A. 6; OVL,
Pal.lat.624; Pace, Storia, S. 235 A. 93; Johanna Petersmann, Die kanonistische Überlieferung
des Constitutum Constantini bis zum Dekret Gratians, in: DA 30 (1974),
S. 356–449, hier S. 409; Scano, I manoscritti, S.
26f.; Bernhard Schimmelpfennig, ‚Mitbestimmung’ in der
Römischen Kirche unter Innozenz III., in: Proceedings of the Eighth
International Congress of Medieval Canon Law, San Diego, University of
California at La Jolla, 21–27 August 1988, hrsg. von Stanley
Chodrow, Vatikanstadt 1992, S. 455–470, hier S.
465 A. 48; Schmugge, Kanonistik und
Geschichtsschreibung, S. 247 A. 117; Schunke, Einbände 2.2, S.
846; Soetermeer, Utrumque ius, S.
303; Stevenson, Latini, S. 225; Weigand, Glossen 4, S.
966f.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1rb–332rc
- Verfasser
- Gratian (GND-Nr.: 118541625).
- Weitere beteiligte Personen
- Johannes Teutonicus (GND-Nr.: 100950477) / Laurentius Hispanus (GND-Nr.: 100951643).
- Titel
- Decretum cum Glossa ordinaria.
- Angaben zum Text
- Text mit der Glossa ordinaria des Johannes Teutonicus (um 1170–1245), Glossen zum Traktat ‚De poenitentia’ von Laurentius Hispanus (1180–1248): (1rb–73rb) Teil I; (73rb–305vb) Teil II; (305vb–332rc) Teil III; (332v) Distinctiones.
- Rubrik
- 1rb ›Jncipit concordia discordantium canonum ac primum de iure constitutionis nature diuine et humane‹.
- Incipit
- 1rb ›Humanum genus‹ duobus regitur naturali uidelicet iure et moribus …
- Explicit
- 332rc … Cui simile est quod de semetipso saluator [übergeschrieben: ait]: Sicut audio et iudico, et alibi: Non potest filius a se facere quicquam, nisi quod uiderit patrem facientem.
- Edition
- Corpus iuris canonici 1, Sp. 1–1424; Die Glossa ordinaria des Johannes Teutonicus liegt zumindest in der Bearbeitung des Bartholomäus von Brescia in verschiedenen Wiegendrucken vor (GW, 11351–11390); die Glossen des Laurentius Hispanus zum Traktat ‚De poenitentia’ aus Teil 2 sind nach der Vorlage von Pal. lat. 624 ediert in: García y García, Laurentius, S. 93–148.
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 624. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.