Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 627
Zusammengesetzte kanonistische Handschrift
Papier, Pergament · 3, 202, 1 Bll. · 21,5 × 15,5 cm · Heidelberg / Heidelberg (?) · 1400–1416 / 1. Viertel 15. Jh.
- Schlagwörter (GND)
- Kanonisches Recht / Decretum.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Papier / Pergament.
- Umfang
- 3, 202, 1 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 21,5 × 15,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- Hs. aus 2 Faszikeln zusammengesetzt (I. Bll. 1–146; II. Bll. 147–202). (I-1)1a (inkl. Spiegel) + 1A + 1B + … + (I-1)203*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 203*.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–202). A und B später nachgetragen. Vor- und Nachsatzbl. ungez., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a, 203*).
- Wasserzeichen
- Aufgrund zu geringer Größe der Hs. nicht aufgenommen.
- Einband
- Pappe mit weißem Pergament überzogen, auf dem Rücken rotes Schild und blaues aufgeklebtes Schildchen mit aktueller Signatur sowie die Wappenstempel in Gold von Papst Pius IX. und dem Kardinal und Bibliothekar Jean-Baptiste Pitra (1812–1889). Blau-schwarz-purpurfarbenes Kapital. Angefertigt in Rom zwischen 1869 und 1878 (Schunke, Einbände 2.2, S. 846).
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Auf Vorderspiegel blaues Schildchen mit aktueller Signatur, auf Ar Capsa-Nummer C. 37., darunter Allacci-Signatur 1936. Wie der Kolophon auf 30v ausweist, entstand der erste Faszikel in Heidelberg: ›Hic‹ est finis aliquarum glossarum Iohannis Theutonici et Bartholomei Brixiensis, excerptarum per magistrum Nycolaum de Bettemberch, inter doctores decretorum doctor nouissimus, in felici studio Heidelbergensi, regnante domino Roberto duce Bauarie, dicto Clem, electo in regem Romanorum anno domini 1400, 5. Nouembris hora 6 de mane. Nikolaus Petri von Bettemburg (†1420), immatrikulierte sich 1392 an der Universität Heidelberg, wo er 1395 den Grad eines Magister artium erhielt. Zwischen 1397 und 1400 wurde er bei einem auswärtigen Studienaufenthalt promoviert. Von 1402 bis zu seinem Tod hielt er die Vorlesung zum Decretum Gratiani an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg und war ab ca. 1404 auch königlicher bzw. kurfürstlicher Rat (Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 404). Der erste Faszikel enthält das eigenhändige Skript des Nikolaus für seine Vorlesung zum Decretum Gratiani. Der zweite Faszikel, mit dem ersten in inhaltlichem Zusammenhang stehend, könnte bereits zu Lebzeiten mit diesem verbunden gewesen sein. Schließlich dienten sie beide der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Decretum Gratiani, haben ein ähnliches Layout und Format und dürften auch in etwa zeitgleich entstanden sein. Ob Nikolaus auch der Schreiber des zweiten Faszikels war, lässt sich schwerlich sagen, da unterschiedliche Schriftarten Verwendung fanden. Bereits zu Lebzeiten hatte Nikolaus wohl sein Haus und seine Hinterlassenschaft der Universität überschrieben (Rektorbücher 2, S. 24). Womöglich war der erste Faszikel, die gesamte Hs. oder auch seine gesamte Bibliothek davon ausgenommen. Denn spätestens nach seinem Tod befand sich der Codex oder ein Teil dessen in Händen des kurfürstlichen Protonotars Johannes Sartoris von Weinheim, wie der Vermerk auf Bv suggeriert: Ex legatione domini Johannis Winheim, der seine Bücher der Universität Heidelberg vermachte. Spätestens 1438 dürfte er verstorben sein, 1445 übergaben die Erben der Universität die Bände (Rektorbücher 2, S. 433, 555). Im Katalog von 1466 ist die Hs. in der Bibliothek der oberen Fakultäten nachweisbar: Lectura Petri super Decreto in pergameno (Heidelberg, UB, Heid. Hs. 47, 11v, Buchstabe D). Der Beschreibstoff ist allerdings Pergament und Papier.
- Literatur
- OVL,
Pal.lat.627; Schunke, Einbände 2.2, S.
846; Stevenson, Latini, S. 225.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
Faszikel I (Bl. 1–146)
- Sachtitel / Inhalt
- Nikolaus Petri von Bettemburg, Lectura super Decretum Gratiani Gratiani.
- Entstehungsort
- Heidelberg.
- Entstehungszeit
- 1400–1416.
- Typus (Überlieferungsform)
- Faszikel.
- Beschreibstoff
- Papier.
- Umfang
- 146 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 21,5 × 15,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- III6 + (IV–2)12 + 2 VI36 + IV44 + 4 VI92 + (VI–4)100 + 3 VI136 + V146.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- S.o. Unregelmäßig Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage rechts auf dem Fußsteg.
- Zustand
- Bll. an den Rändern etwas vergilbt. Einige kleinere Flecken. Risse mit Klebeband restauriert. Schrift zuweilen etwas verblasst.
- Schriftraum
- 16,8 × 11,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- bis zu 38 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Wie der Kolophon (s. Geschichte des Faszikels) ausweist, handelt es sich hier um die Hs. des Nikolaus Petri von Bettemburg, der sich einer ausgeschriebenen, aber trotzdem relativ gut lesbaren jüngeren gotischen Kursive bediente.
- Buchgestaltung
- In Kopfzeile nicht durchgängig Verweis auf die jeweilige Distinctio oder Causa, welcher der Vorlesungstext zugeordnet ist. Abschnittsanfänge mit rubrizierter Initialmajuskel und erstem Wort bzw. ersten Wörtern mit vergrößerten Buchstaben in gotischer Minuskel. Rubrizierte Paragrafenzeichen zur Unterteilung der Sinnabschnitte. Schlagwörter auf Bund- bzw. Seitensteg.
- Buchschmuck
- s. Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Anmerkungen von der Hand des Nikolaus Petri von Bettemburg. Zahlreiche grafische Verweiszeichen, vor allem in Form von Zeigehänden.
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte des Faszikels
- Bei vorliegendem Faszikel handelt es sich um Nikolaus’ eigenes Exemplar seiner Vorlesung zum Decretum Gratiani, worauf nicht nur die Bilddevise mit den Initialen NB auf 2r und 144r hindeutet, sondern auch die Bemerkung auf 1r, die ausführt, welche Teile er 1418/1419 las. Darüber hinaus finden sich Anmerkungen mit Daten, die Auskunft über seine Vorlesungstermine geben, so auf 1r, 1400, 26. Octobris, auf 137r, 1406, 3. Aprilis, oder auf 144r, Anno domini M.cccc.xvi. vigilia Thome apostoli. Zwar war Nikolaus im April 1397 für drei Jahre von der Residenzpflicht an der Universität Heidelberg befreit worden und ist dort erst im Juli 1401 wieder nachweisbar, nachdem er zum Doktor promoviert worden war (Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 404). Wie jedoch der oben zitierte Kolophon ausweist, scheint er bereits am 5. November 1400 wieder in Heidelberg gewesen zu sein. Da nicht anzunehmen ist, dass er nur wenige Tage zuvor seine Vorlesung an einer anderen Universität hielt, kann angenommen werden, dass er bereits im Oktober mit Beginn des Wintersemesters wieder in Heidelberg weilte und dort auch spätestens mit der Niederschrift begann.
1) 1r–144r
- Verfasser
- Nikolaus Petri von Bettemburg.
- Titel
- Lectura super Decretum Gratiani.
- Angaben zum Text
- Von Nikolaus Petri von Bettemburg gehaltene Vorlesung zum Decretum Gratiani, basierend auf der Glossa ordinaria des Johannes Teutonicus (um 1170–1245) in der Überarbeitung des Bartholomäus von Brescia (um 1200–1258): (2r–30v) Teil I; (31r–124r) Teil II; (124v) leer; (125r–144r) Teil III. – 1r–1v: Nicht in das Textcorpus eingeordnetes Bl. mit Vorlesung zur Distinctio 3 und Notizen. – 144v–146v leer.
- Rubrik
- 2r ›Assit sancta trinitas‹.
- Incipit
- 2r ›Humanum genus‹: Nota quod jus naturale est antiquius et dignius alijs in glossa J. ›Humanum‹ …
- Explicit
- 144r … Anno domini M.cccc.xvi. vigilia Thome apostoli. Nycolaus Bettemburg.
Faszikel II (Bl. 147–202)
- Sachtitel / Inhalt
- Merkverse und Zusammenfassungen zum Decretum Gratiani.
- Entstehungsort
- Heidelberg (?).
- Entstehungszeit
- 1. Viertel 15. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Faszikel.
- Beschreibstoff
- Papier / Pergament (zur Verstärkung als äußeres Doppelblatt der Lage).
- Umfang
- 55 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 21,5 × 15,5 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- 2 III158 + 3 VI194 + (V-2)202.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- S.o. Reklamant lediglich auf 158v rechts auf dem Fußsteg.
- Zustand
- Bll. an den Rändern etwas vergilbt. Auf einigen Bll. Ecken herausgeschnitten, teilweise restauriert. Risse mit Goldschlägerhaut verschlossen. Wenige Flecken.
- Schriftraum
- 16,8 × 11,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- bis zu 38 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Obgleich Schriftgröße und Duktus variieren, scheinen die Texte doch von einer Hand geschrieben worden zu sein.
- Buchgestaltung
- Schriftspiegel mit Metallstift bzw. Tinte vorgezogen. 152v–155r im Kopfsteg Verweise in Form von rubrizierten Ziffern auf die jeweilige Causa. Überschriften rubriziert oder in Textura geschrieben, zur Hervorhebung der Sinneinheiten wurden rubrizierte Anfangsbuchstaben und Paragrafenzeichen verwendet. 161r rubrizierte Initialmajuskel.
- Buchschmuck
- s. Buchgestaltung.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Wenige Benutzungsspuren.
- Provenienz
- Heidelberg (?).
2) 147r–155r
- Titel
- Merkverse zum Decretum Gratiani.
- Angaben zum Text
- Merkverse zum Decretum Gratiani: (147r–148v) Merkverse zu Teil I; (148v–154v) Merkverse zu Teil II; (155r) Merkverse zu Teil III.
- Rubrik
- 147r ›Incipiunt versus super distinctionibus decretorum quorum quilibet successiue est super vna distinctione‹.
- Incipit
- 147r Lex naturalis differt a iure forensi / Leges ciuiles dicuntur iura quiritum …
- Explicit
- 155r … Conformat decet officio ieiunia sancit / Jnformat monachum sub sacro flagmine animat.
3) 155v–161r
- Titel
- Traktat zum Decretum Gratiani.
- Incipit
- 155v Tractaturus igitur Gratianus de jure canonico. Primo incipit a simplicioribus secundum naturam …
- Explicit
- 161r … Qui est benedictus in secula seculorum. Amen. Et cetera ›et cetera et cetera […]‹.
4) 161r–202v
- Titel
- Casus Decreti.
- Angaben zum Text
- Casus zum Decretum Gratiani.
- Rubrik
- 161r ›Humanum genus denique‹.
- Incipit
- 161r Denique casus a quinquagesima ieiunium sumant clerici …
- Explicit
- 202v … Non mediocriter non prodest corpora ieiunare si a vicijs non cessamus. ›Expliciunt casus Decreti‹.
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 627. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.