Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 631
Liber extra cum Glossa ordinaria
Pergament · 1, 323, 2 Bll. · 47,6 × 29 cm · Bologna · 1330–1340
- Schlagwörter (GND)
- Kanonisches Recht / Dekretalensammlung / Dekretalen / Liber extra.
- Entstehungsort
- Bologna.
- Entstehungszeit
- 1330–1340.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 1, 323, 2 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 47,6 × 29 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (I-1)1a + I2 + (V-1)11 + 7 V81 + IV89 + 23 V319 + (II+1)324* + (I-1)325*. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel Gegenbl. von 325*.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (2–323), mit Bleistift nachgetragen (1–241). Vorsatzbl. und Nachsatzbll. ungez., weshalb hier Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a, 324*–325*). Verzierte Reklamanten durchgängig auf der letzten Versoseite der Lage auf dem Fußsteg mittig (bis auf 2v, 89v, 169v). 168v–169v leer, jedoch gez. und 168v sowie 169r mit Seitentitel.
- Zustand
- Schrift zuweilen etwas verblasst, wenige Stockflecken, Benutzungsspuren, ab 318 leichter Wasserschaden.
- Schriftraum
- 20,3 × 14,5 cm (Legaltext); 37,2 × 23 cm (mit Klammerglosse).
- Spaltenanzahl
- 4 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 22–44 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Bei der Schrift handelt es sich um ein typisches Beispiel der in Bologna ausgeprägten Littera Bononiensis. Aufgrund der Standardisierung der Schrift sind Aussagen über unterschiedliche Hände kaum möglich. Die Schrift ist entsprechend dem anspruchsvollen Buchschmuck kalligrafisch aufwändig gestaltet und zeigt nur wenige Korrekturen auf, die am Kopf oder Fuß der Kolumne nachgetragen wurden.
- Buchgestaltung
- Linien mit feinem Metallstift vorgezogen. Seitentitel mittig mit einem L auf der Versoseite und der dem jeweiligen Buch zugeordneten Ziffer auf der Rectoseite. Mittig und zweispaltig angelegter Text ist von Klammerglosse umflossen. Jedes Buch beginnt mit einer Miniatur, jeder Titulus mit einer Bildeinschlussinitiale mit Person im Schulterstück, zuvor genannte Tituli rubriziert, jedes Capitulum mit einer abwechselnd roten oder blauen Lombarde mit grafischen Verzierungen in Gegenfarbe. In alternierender Farbe im Satz zuvor Anfangsbuchstabe jener Person oder Institution hervorgehoben, auf deren Anfrage hin die Dekretale formuliert wurde. Abwechselnd rote und blaue Paragrafenzeichen. Immer wieder Zeilenfüller mit Aneinanderreihung von Schäften. Initialen in der Glosse ohne Bildeinschluss, aber in denselben Farben.
- Buchschmuck
- Meister der Kreuzigung D zugeschrieben. Eingangsminiaturen zu jedem Buch. Die Ausstattung legt eine Verwandtschaft mit Paris, BnF, Lat. 3960 sowie Vatikanstadt, BAV, Vat. lat. 1366 und Pal. lat. 623 nahe (Baldani, La Pittura, S. 405–407). Ferner zeigen sich bildgestalterische Gemeinsamkeiten mit Pal. lat. 759 (s. auch die Bildbeschreibungen in heidICON).
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Von einer zweiten zeitgenössischen Hand, in einer gotischen Minuskel, aber nicht in Rotunda wie der Haupttext, kurze Inhaltsangaben zu den einzelnen Capitula im Interkolumnium. Von jüngerer Hand in gotischer Kursive angebrachte abgekürzte Tituli auf der Rectoseite oben rechts. Kürzere Nachträge von weiteren Händen aus dem 14. bzw. 15. Jh. Einfache grafische Verweiszeichen im Text (im rechten Winkel aufeinander zulaufende Striche) und auch komplexere an Rändern, z. B. auf 101rc, Zeigehände, z. B. auf 117rd, rubriziert auf 194vd.
- Einband
- Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom zwischen 1879 und 1889 gebunden, auf dem Rücken ein rotes Schild mit aktueller Signatur und den Wappen Papst Leo XIII. und des Kardinals Jean-Baptiste Pitra (1812–1889) golden gestempelt, Schunke, Einbände 2.2, S. 846. Auf Buchrücken blaues aufgeklebtes Schildchen mit der aktuellen Signatur. Gelb-kupferfarbenes Kapital.
- Provenienz
- Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Auf 1r neben der aktuellen Signatur die Capsa-Nummer: C. 100, darunter die Allacci-Signatur 1777, ferner Altsignaturen 532 sowie 2072 [durchgestrichen]. Auf Vorderspiegel blaues aufgeklebtes Schildchen mit der aktuellen Signatur. Die Hs. wurde im Peciensystem hergestellt, wie dies beispielsweise auf 5rd ersichtlich ist, wo das Ende einer Pecia auf dem Seitenrand verzeichnet wurde: finis i. pecie prime partis, darüber stehend das cor des Korrektors für correcta oder correxi. Weitere Pecienvermerke finden sich z.B. auf 8vd oder 19vd. Nicht nur die für die Universität von Bologna typische Herstellung, auch der Buchschmuck sowie die Schrift sprechen für die Entstehung des Codex in besagter oberitalienischer Metropole.
- Literatur
- Baldani, La Pittura, hier S.
405–407; Bertram, Signaturenliste; BioBib Jurists, Bernardus Parmensis (a062); Robert Gibbs, The Imagery to Book III: Part II of
Illuminated Copies of the Decretales Gregorii IX, in: Decretales pictae.
Le miniature nei manoscritti delle Decretali di Gregorio IX (Liber
Extra). Atti del colloquio internazionale tenuto all’Istituto Storico
Germanico Roma 3–4 marzo 2010, hrsg. von Martin
Bertram / Silvia Di Paolo, Rom
2012, S. 79–131, hier S. 125; Hanselmann, Bücherschenkung, S.
125; Jeudy, Manuscrits achetés, S.
38f.; L’Engle, Illumination, S. 247 A.
215 und 216, 264 A. 265, 300; Susan L’Engle, Picturing Gregory: The Evolving Imagery of
Canon Law, in: Decretales pictae (s.o.), S. 23–44, hier S. 37 A. 33, 38
A. 35, 41; OVL,
Pal.lat.631; Schunke, Einbände 2.2, S.
846; Stevenson, Latini, S. 226.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
1) 1va–323vd
- Titel
- Liber extra cum Glossa ordinaria.
- Angaben zum Text
- Auf Veranlassung Papst Gregor IX. kompilierte Dekretalensammlung mit der Glossa ordinaria des Bernhard von Parma (von Stevenson fälschlicherweise Johannes Andreae zugeschrieben) in der 4. Redaktionsstufe, 1263–66 (Kuttner / Smalley, Glossa Ordinaria, S. 98 A. 4): (1vb–2rc) Gregor IX., Promulgationsbulle ‚Rex pacificus‘, adressiert an die Universität von Bologna; (2vb–89vc) Liber I; (90rb–168rc) Liber II; (168v-169v) leer; (170rb–236vc) Liber III; (237rb–261rc) Liber IV; (261vb–323vc) Liber V.
- Incipit
- 1vb ›Gregorius‹ episcopus seruus seruorum dei dilectis filijs doctoribus et scolaribus uniuersis Bononie comorantibus salutem et apostolicam benedictionem. ›Rex‹ pacificus …
- Explicit
- 323vc … Indignum est et a Romane ecclesie consuetudine alienum ut pro spiritualibus facere quis homagium conpellatur. Explicit liber v. textus decretalilium [!]. Et est finis. Deo gratias.
- Edition
- Corpus iuris canonici 2, Sp. 1–928; zur Glossa ordinaria des Bernhard von Parma existiert keine moderne Edition, sie ist aber bereits in zahlreichen Inkunabeln seit 1468/71 (GW 11450–11502) und auch in jüngeren frühneuzeitlichen Drucken (Laurin, Introductio, S. 230f.) überliefert.
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 631. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.