Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 644
Clementinae cum Glossa ordinaria
Pergament · 3, 85, 3 Bll. · 37,7 × 25 cm · Südfrankreich / Frankreich · 1. Hälfte 14. Jh. / Mitte 14. Jh.
- Schlagwörter (GND)
- Fragment / Römisches Recht / Corpus iuris civilis / Digesta / Kanonisches Recht / Dekretalensammlung / Dekretalen / Clementinae.
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 3, 85, 3 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 37,7 × 25 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- Hs. mit Fragment (I. Bll. 1–2; II. Bll. 3–84). (II-1)3a + … + (II-1)88*. Vorderspiegel Gegenbl. von 3a, Hinterspiegel Gegenbl. von 86*.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–84). Bei ungez. Bll. folgt die Beschreibung dem Digitalisat (1a-3a, 85*-88*).
- Einband
- Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom um 1780 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 847). Gelb-kupferfarbenes Kapital. Rückentitel: Iohannes Andreæ in Clementinas, ferner zwei blaue aufgeklebte Schildchen mit der aktuellen Signatur.
- Provenienz
- Bologna / Padua / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Altsignaturen auf 2ar 767, darüber geschrieben 770 [beides durchgestrichen], auf 1r 1209 [durchgestrichen], 621, Capsa-Nummer C. 138., darunter die Allacci-Signatur 414 [durchgestrichen]. Dem Schriftbild nach dürfte der Text mit den Clementinen im 14. Jh. in Frankreich entstanden sein. Da sich unter den Händen, die den Text mit Nachträgen versahen, eine ältere gotische Kursive nachweisen lässt, die wohl nicht lange nach der Mitte des 14. Jhs. niedergeschrieben wurde, muss der eigentliche Clementinentext spätestens in der Mitte des Jhs. entstanden sein. Dies geschah wahrscheinlich nicht in Paris, wofür die Grußadresse spricht, die sich an die Universität von Bologna richtet. Auch das vorgebundene Fragment, das der Schrift nach wohl etwas früher in Südfrankreich entstand, könnte für eine Herstellung außerhalb der Hauptstadt sprechen. Zumindest die Konstitutionen befanden sich zu Beginn des 15. Jhs. in Padua. Studenten war es erlaubt, Bücher zollfrei in die die Stadt einzuführen (Gargan, L’enigmatico ‚conduxit‘, S. 2–12), was durch Vermerke, wie auf dem Fußsteg von 3rb, festgehalten wurde: de Bolons conduxit in Paduam 7 Nouembris 1410; M subscripsi. Bei dem Wort Bolons könnte es sich um eine Verballhornung der Stadt Bologna handeln. In diesem Fall wäre der Besitzer der Hs. aus Bologna kommend nach Padua eingereist.
- Literatur
- OVL,
Pal.lat.644; Gargan, L’enigmatico ‚conduxit‘,
S. 2–12; Kuttner, Date, S. 441; Schunke, Einbände 2.2, S.
847; Soetermeer, Origin, S. 109 A.
50; Stevenson, Latini, S. 229; Tarrant, Manuscripts, S. 117,
140.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
Fragment (Bl. 1–2)
- Sachtitel / Inhalt
- Digestum novum.
- Entstehungsort
- Südfrankreich.
- Entstehungszeit
- 1. Hälfte 14. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Fragment.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 2 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 37,7 × 25 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- I2.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- s. zum Codex.
- Zustand
- Bll. verschmutzt, Bl. 1 geknickt.
- Schriftraum
- 29,5 × 19,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 2 Spalten.
- Zeilenanzahl
- 41 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Der gedrungene und breite Duktus der Schrift, die Mischung aus Elementen der Textualis, wie sie in Nordfrankreich geschrieben wurde, und der in den Mittelmeerländern gepflegten Rotunda (s. Derolez, Palaeography, S. 116f.) legen nahe, die Entstehung der Schrift in Südfrankreich zu verorten.
- Buchgestaltung
- Zweispaltig angelegter Text mit freiem Raum für Initiale und Satzmajuskeln.
- Buchschmuck
- Initiale und Satzmajuskeln nicht ausgeführt.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Korrekturen und Ergänzungen von mehreren Händen. Grafische Verweiszeichen. Zahlreiche Federproben.
- Provenienz
- Bologna / Padua / Heidelberg.
1) 1ra–2vb
- Beteiligte Personen
- Justinian I. (GND-Nr.: 11855896X).
- Titel
- Digestum novum.
- Angaben zum Text
- Von Kaiser Justinian I. in Auftrag gegebene Rechtssammlung, beginnend in Dig. 43.31.1 und endend in Dig. 44.2.7pr.
- Incipit
- 1ra … agitur, maiore part[e h]uius anni fuit, quo minus is eum du[cat], uim fieri ueto …
- Explicit
- 2vb … Et quidem ita diffiniri potest totiens eandem rem agi, quotiens apud …
- Edition
- Digestum novum, Lyon 1627.
(Bl. 3–84)
- Sachtitel / Inhalt
- Clementinae cum Glossa ordinaria.
- Entstehungsort
- Frankreich.
- Entstehungszeit
- Mitte 14. Jh.
- Typus (Überlieferungsform)
- Faszikel.
- Beschreibstoff
- Pergament.
- Umfang
- 81 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 37,7 × 25 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- 6 VI74 + (VI-1)85*.
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- s. zum Codex. Durchgängig Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage in der Fußzeile rechts (fehlt auf 74v).
- Zustand
- Bräunungen des Pergaments. Wenige Risse, in der Regel genäht, und Löcher, die bereits vor Niederschrift des Texts vorhanden waren. Schrift zuweilen ausgeblichen.
- Schriftraum
- 29,5 × 19,5 cm.
- Spaltenanzahl
- 4 Spalten.
- Zeilenanzahl
- Legaltext: 3–38 Zeilen; Klammerglosse: bis zu 70 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Die Hand, welche den Legaltext ausführte, schrieb auch die Klammerglosse, wobei sie sich einer französischen Textura bediente. Das fast c-förmig gebogene s wurde gerne in der Littera Parisiensis verwendet (Derolez, Palaeography, S. 100), wenngleich die hier gewählte Schrift nicht als ein typischer Vertreter dieser Schriftart bezeichnet werden kann. Ferner finden sich einige Rasuren.
- Buchgestaltung
- Zeilengerüst mit Metallstift vorgezogen. Mittig und zweispaltig angelegter Legaltext von Klammerglosse umflossen. Jedem Buch zugeordnete Ziffer als Seitentitel der Rectoseite. Jeder Titulus beginnt mit einer rubrizierten Überschrift, gefolgt von einer blauen Lombarde mit Fleuronnébesatz, jedes Capitulum mit einer Lombarde, zuweilen ebenso mit Fleuronnébesatz, der in unterschiedlichen Formen ausgeführt wurde. Paragrafenzeichen zur Unterteilung von Sinnabschnitten. Lombarden wie auch Paragrafenzeichen alternierend in Blau und Rot.
- Buchschmuck
- Eingangsinitiale zur Klammerglosse mit gewellt und gezacktem, blau-rot gespaltenen Buchstabenkörper mit Margeritenornamentik, Ornamentband und Perlenbesatz; ablaufende Fleuronnéleisten in Blau und Rot. Eingangsinitiale zum Legaltext mit gewellt-gespaltenem blau-roten Buchstabenkörper mit Kleeblattornamentik und Perlenband sowie reichem Perlenbesatz.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Tituli auf der Rectoseite in der Kopfzeile rechts nachgetragen. Kommentare, Ergänzungen und Korrekturen von mehreren Händen, die sich in erster Linie gotischer Kursiven bedienten. Darüber hinaus finden sich zahlreiche grafische Verweiszeichen.
- Provenienz
- Bologna / Padua / Heidelberg.
2) 3rb–83vc
- Beteiligte Personen
- Clemens V. (GND-Nr.: 118723529) / Johannes XXII. (GND-Nr.: 118557912) / Johannes Andreae (GND-Nr.: 119244071) / Wilhelm von Montlaudun (GND-Nr.: 100944558) / Jesselin de Cassagnes (GND-Nr.: 100968279) / Paolo Liazari (GND-Nr.: 104361239).
- Titel
- Clementinae cum Glossa ordinaria.
- Angaben zum Text
- Von Papst Clemens V. kompilierte Konstitutionen, revidiert und promulgiert von Johannes XXII., mit der Glossa ordinaria des Johannes Andreae und Glossenzusätzen des Wilhelm von Montlaudun (†1342), Jesselin de Cassagnes (†1334) und Paolo Liazari (†1356): (3rb–4rb) Bulle ‚Quoniam nulla iuris sanctio‘; (4rb–18vc) Liber I; (18vc–34vc) Liber II; (34vc–63vb) Liber III; (63vb–64rc) Liber IV; (64rc–83vc) Liber V. – 84r leer. – 84v Kleintexte zum Kanonischen Recht.
- Incipit
- 3rb ›Johannes‹ episcopus seruus seruorum dei dilectis filijs doctoribus et scolaribus uniuersis Bononie commorantibus salutem et apostolicam benedictionem. ›Quoniam‹ nulla iuris sanctio …
- Explicit
- 82vc–83vc … Si tamen in premissis casibus sollempnis ordo iudiciarius in toto uel in parte non contradicencibus partibus obseruetur: non erit processus propter hoc irritus, nec eciam irritandus. Deo gratias condigne et in ewangelium toto conamine referamus. ›Finito libro sit laus et gloria Christo‹. Expliciunt Clementine cum apparatu domini Johannis Andree. ›Amen‹.
- Edition
- Corpus iuris canonici 2, Sp. 1125–1200; zur Glossa ordinaria des Johannes Andreae existiert keine moderne Edition, sie ist aber bereits in zahlreichen Inkunabeln seit 1460 überliefert (GW 4864, 4888–4905, 7077–7117).
- Bearbeitet von
- Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 644. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.