Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 645

João de Deus, Summa super certis casibus decretalium

Pergament · 4, 190, 4 Bll. · 24,5 × 17 cm · Südfrankreich (?) · um 1300


Schlagwörter (GND)
Kanonisches Recht / Dekretalen.
Entstehungsort
Südfrankreich (?).
Entstehungszeit
um 1300.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Pergament.
Umfang
4, 190, 4 Bll.
Format (Blattgröße)
24,5 × 17 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(II-1)3a + 14a + 23 IV184 + (IV-2)190 + (II-1)193*. Vorderspiegel Gegenbl. von 3a, Hinterspiegel Gegenbl. von 191*. Zählfehler: zwischen Bl. 31 und 32 ungez. Fragment. 191* und 192* miteinander verklebt?
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–190). Vor- und Nachsatzbll. ungez., weshalb hier, wie beim Fragment, Zählung der Digitalisate übernommen wird (1a–4a, 31a, 191–193*). Durchgängig bis 168v Reklamanten auf der letzten Versoseite der Lage mittig auf dem Fußsteg (mit Ausnahme von 8v), auf 96v durch Beschnitt verloren gegangen.
Zustand
Schrift zuweilen etwas verblasst. Wenige Benutzungsspuren. Bl. 180 Fußsteg abgetrennt.

Schriftraum
16,2 × 12,5–15,3 cm.
Spaltenanzahl
2 Spalten.
Zeilenanzahl
37–40 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Die Hand, welche den Haupttext ausführte, verfügte über eine sehr gleichmäßige Textura, welche nur wenige Eigenheiten aufzeigt, die Anhaltspunkte für eine geografische Einordnung des Herstellungsortes ergeben. Dennoch könnte die Mischung von Elementen der südeuropäischen Rotunda mit den weiter nördlich gepflegten Formen für eine südfranzösische Hand sprechen, so einerseits das a, welches oben mit einem waagrechten Strich abgeschlossen wird, oder die Schäfte der Oberlängen, die meist ohne Brechung oder ungespalten auslaufen, andererseits der unter die Grundlinie gezogene Bogen des h, der unter die Grundlinie gezogene Haarstrich beim runden r oder das c-förmige Aussehen des langen s, wie es in der Littera Parisiensis gebräuchlich war (Derolez, Palaeography, S. 116f.). Auf 163r übernimmt eine andere Hand die Textniederschrift, die sich allerdings in der Gestaltung der Buchstaben kaum von der ersten Hand unterscheidet.
Buchgestaltung
Zeilengerüst mit Metallstift vorgezogen. Textblock mit einem L auf der Versoseite und der dem jeweiligen Buch zugeordneten Ziffer auf der Rectoseite als Seitentitel überschrieben, wobei die Zählung mitunter fehlerhaft ist. Die einzelnen Bücher beginnen mit einer blau-rot gespaltenen Initiale mit Knospenfleuronnébesatz und ablaufenden Leisten z.T. in Keil- oder Kreissegmentform. Überschriften sind rubriziert, die einzelnen Kapitel mit einer Lombarde, Sinnabschnitte mit Paragrafenzeichen hervorgehoben, Lombarden wie Paragrafenzeichen alternierend in Blau und Rot. Rubrizierungen nicht immer ausgeführt.
Buchschmuck
s. Buchgestaltung.

Nachträge und Benutzungsspuren
Anweisungen für den Rubrikator noch vorhanden, der wohl die Lombarden und Rubrizierungen ausführte. Von weiteren, unwesentlich jüngeren Händen nachgetragen wurden neben wenigen Korrekturen am eigentlichen Text die Überschriften in der Kopfzeile, das Fragment 31a, Ergänzungen auf 82rb–82vb und 121ra–123vb (da sich die Bll. 121–123 am Anfang der Lage befinden, dürfte der Text auf diesen drei Folii unwesentlich älter sein als der Haupttext).

Einband
Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom um 1780 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 847). Gelb-kupferfarbenes Kapital. Rückentitel: Casus Decretalium. Ferner zwei blaue aufgeklebte Schildchen mit aktueller Signatur.
Provenienz
Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Altsignaturen auf 1ar 731 und 459 [beide durchgestrichen], auf 4ar Capsa-Nummer C. 11. sowie 913 und 1734 [alle drei durchgestrichen]. Die Hs. gibt nur wenige Anhaltspunkte hinsichtlich eines möglichen Entstehungsortes. Der paläografische Befund lässt Südfrankreich als nicht unwahrscheinlich erscheinen. Späterhin dürfte sich der Codex im Besitz des Ruprecht von Pfalz-Mosbach (1437–1465) befunden haben, des Regensburger Bischofselekten, wie seine Devise auf 1r ausweist: RBD für ‚Rupertus Bavarie dux‘ sowie sein Wahlspruch Nisi mors adimet mihi nemo, in Abwandlung eines Zitats von Terenz: hanc nisi mors mi adimet nemo (Andria IV,2, vgl. P. Terenti Afri Comoediae, hrsg. von Sextus Prete, Heidelberg 1954, S. 94), mit welchem Pamphilus seiner Liebe zu seiner Geliebten Glycerium Nachdruck verleiht. Über Ruprechts Bruder Johann (1443–1486), dessen Hand auf 1va–b, 189va–b und 190v zu erkennen ist, dürfte die Büchersammlung nach dessen Tod an den regierenden Bruder Otto II. (1435–1499) gefallen sein, nach dessen Ableben an den Pfälzer Kurfürsten (vgl. dazu auch die Einleitung), sodass die Hs. wohl über die Schlossbibliothek in die Bibliotheca Palatina gelangte.

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_645
Literatur
BioBib Jurists, Johannes de Deo (a292); Antonio Domingues de Sousa Costa, Presenza di Alessandro di Hales e di Vincentius Hispanus al I Concilio di Lione, in: Antonianum 59 (1984), S. 71–218, hier S. 181 A. 1234; OVL, Pal.lat.645; Rektorbücher 1, Nr. 469; Schunke, Einbände 2.2, S. 847; Stevenson, Latini, S. 229.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 2ra–189v Digitalisat

Verfasser
João de Deus (GND-Nr.: 100965083).
Titel
Summa super certis casibus decretalium.
Angaben zum Text
Auch bekannt unter den Titeln ‚Casus super Decreto‘, ‚Casus decretalium cum canonibus concordati‘ bzw. ‚Liber casuum decretalium‘: (2ra–38vb) Liber I; (39ra–82vb) Liber II; (83r–83v) leer; (84ra–120vb) Liber III; (121ra–123vb) Einschub: Johannes Andreae (um 1270–1348), Summa de sponsalibus et matrimonio (Anfang der Summe fehlt hier); (124ra–132rb) Fortsetzung Liber III; (132v–133r) leer; (133va–148vb) Liber IV; (149r) leer; (149va–189vb) Liber V. – 1r–1v Kleintexte, darunter Merkvers zu Dekretalen, beginnend prima fides consti (Walther, IC, Nr. 14575). – 189va–190v Kleintexte und Federproben.
Incipit
2ra ›Adhonorem summe trinitatis et indiuidue unitatis […] incipit liber libri casuum decretalium ad nostro papae Gregorio ix. compilatarum de aliis voluminibus a magistro Iohanne de Deo Yspano sacerdote compilatus
Explicit
189vb … Expliciunt casus decretalium. Qui scripsit scribat et longo ipse uiuat. Amen.
Edition
Die eingeschobene ‚Summa de sponsalibus et matrimonio’ ist ediert in: Tractatus illustrium in utraque tum pontificii, tum caesarei iuris facultate iurisconsultorum, Bd. 9, Venedig 1584, 2r–3v.


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 645. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.