Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 648

Francesco Zabarella, Lectura super Clementinas

Papier · 3, 599, 2 Bll. · 29 × 20 cm · Heidelberg (?) · 1438


Schlagwörter (GND)
Kanonisches Recht / Dekretalensammlung / Dekretalen / Clementinae / Kommentar.
Entstehungsort
Heidelberg (?).
Entstehungszeit
1438.
Typus (Überlieferungsform)
Codex.
Beschreibstoff
Papier (Bl. B aus Pergament).
Umfang
3, 599, 2 Bll.
Format (Blattgröße)
29 × 20 cm.
Zusammensetzung (Lagenstruktur)
(I-1)1a + 1B + 12a + 12 VI144 + V154 + 6 VI226 + 2 VII254 + 28 VI590 + (VI-1)601* + 1Hinterspiegel. Vorderspiegel Gegenbl. von 1a, Hinterspiegel ist ein Einzelbl.
Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
Römische Foliierung des 17. Jhs. (B, 1–599). Bei ungez. Bll. richtet sich die Zählung nach den Digitalisaten (1a, 2a, 600*–601*). Bl. 564 fälschlicherweise als 164 bezeichnet. Reklamanten durchgängig auf der letzten Versoseite der Lage in der Fußzeile rechts, Lagenfoliierung auf der Rectoseite unten rechts, teilweise durch Beschnitt beeinträchtigt oder verloren gegangen.
Zustand
Etwas stockfleckig. Wenige Gebrauchsspuren. Wurmfraß bis Bl. 153 und ab Bl. 570.
Wasserzeichen
Traube, Stiel zweikonturig, Ranke hinten geführt, in zwei Varianten, auf Bll. 1-3, 5-13, 16-23, 28, 39, 41, 50-52, 54, 67-68, 70-71, 80, 82, 91-92, 94, 97-99, 102-109, 111-113, 123-127, 129, 132, 140, 144-146, 150-156, 162, 172-174, 176-185, 187, 189-197, 200, 202, 212-214, 223, 228-234, 236-249, 254, 260, 267, 274-275, 286-289, 294-301, 304, 306-307, 317, 322, 330-333, 336-339, 343-344, 356, 362-363, 365-369, 375, 383-385, 389-395, 404, 410-421, 425, 427, 434-436, 439, 453-456, 465-466, 468-470, 473, 490-491, 495-500, 513, 516-517, 528, 536-538, 541, 543-549, 551, 553-555, 562, 564, 578, 586-587, 589, 592-593, annähernd identisch mit Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1440 in Köln beschrieben wurden, DE2730-PO-129318, auf Bll. 4, 15, 25-27, 29-38, 40, 42-49, 53, 58, 69, 72-79, 81, 83-84, 93, 95-96, 100-101, 110, 114, 128, 131, 139, 141-143, 147-148, 161, 163-164, 175, 186, 188, 198-199, 201, 209-211, 221-222, 224-226, 235, 250-253, 255-259, 265, 268-273, 285, 290-293, 302-303, 305, 308-316, 318-321, 327, 334, 340-342, 354-355, 360-361, 364, 370-371, 381-382, 388, 398-403, 409, 424, 426, 429, 437-438, 441, 457-458, 467, 471-472, 474-489, 492-494, 503, 514-515, 518-527, 529-530, 539-540, 542, 550, 552, 556-561, 563, 573-577, 585, 588, 590, 594-596, ähnlich Wzz. von Papieren, die laut WZIS 1442 und 1447 womöglich im St. Kastorstift zu Koblenz, DE4440-701.221_297, oder 1436 in Arnhem, NL0360-PO-129227, Verwendung fanden.

Schriftraum
20 × 12,5 cm.
Spaltenanzahl
1 Spalte.
Zeilenanzahl
40–42 Zeilen.
Angaben zu Schrift / Schreibern
Geschrieben wurde der Text von Michael de Gennynck (s. Geschichte der Handschrift). Er bediente sich einer schleifenlosen Bastarda, die in ihrer flüchtigen Ausführung der jüngeren gotischen Kursive sehr nahekommt. Nur wenige Korrekturen wurden auf dem Seitensteg vermerkt.
Buchgestaltung
Schriftspiegel mit Metallstift vorgezogen. Tituli auf der Rectoseite in der Kopfzeile rechts. Auf dem Seitensteg Angabe der jeweiligen Quaestio und Opinio (bis 270r). Im Text Tituli rubriziert. Capitulumsanfänge mit roten Lombarden (Buchstabenkörper z.T. gespalten mit Schaftaussparungen) und erstem Wort bzw. ersten Wörtern mit vergrößerten Buchstaben in gotischer Minuskel hervorgehoben, bei Verweisen auf Textstellen innerhalb des Capitulums anstelle der Lombarde rotes Paragrafenzeichen mit einem v für ‚vide‘. Ferner Paragrafenzeichen und Unterstreichungen sowie Rubrizierungen zur Unterteilung des Texts in Sinnabschnitte.
Buchschmuck
Auf Bv Wappen des Johannes von Albig: Im gespaltenen Schild rechts auf silbernem Grund ein schwarzer Schrägbalken zwischen zwei sechsstrahligen roten Sternen, links schwarzer Grund geteilt von einem dreimal gezinnten goldenen Balken, darüber fünf (2:1:2), darunter sechs goldene (3:2:1), in der Mitte durchbrochene Kreuze.

Nachträge und Benutzungsspuren
Wenige Anmerkungen und Korrekturen von einer zeitgenössischen Hand unter Verwendung einer jüngeren gotischen Kursive. Kaum grafische Verweiszeichen.

Einband
Römischer Einband, Pappe mit weißem Pergament überzogen, in Rom um 1780 gefertigt (Schunke, Einbände 2.2, S. 847). Gelb-kupferfarbenes Kapital. Rückentitel: SVPER DECRETALES. Ferner zwei blaue aufgeklebte Schildchen mit aktueller Signatur.
Provenienz
Alzey / Heidelberg.
Geschichte der Handschrift
Blaues Schildchen mit aktueller Signatur auf Vorderspiegel. Altsignaturen auf 1ar 696 und 729 [beide durchgestrichen], nebst aktueller Signatur, auf Br 593 und Capsa-Nummer C. 55. Im Jahr 1438 vollendet, wurde die Hs. von Michael de Gennynck geschrieben, wie der Kolophon auf 599r ausweist: Explicit lectura domini Francisci de Zaborellis vtriusque juris doctoris famosissimi super Clementinas scripta et finita per Mychaelem de Gennynck de Lyntris, clerici Leodiensis diocesis, anno 1438. Genannter Schreiber hatte sich im Frühjahr 1435 an der Universität Heidelberg immatrikuliert (Toepke, Matr. Heidelberg, S. 206). Er dürfte aus einem der Orte bei Tienen (Tirlemont) in der belgischen Provinz Flämisch-Brabant stammen, die ein Linter im Namen tragen. Da er das Werk 1438 vollendete und er aufgrund dessen Umfangs durchaus längere Zeit daran arbeiten musste und es sich wenig später im Besitz des Johannes von Albig befand, dürfte es in Heidelberg entstanden sein. Auffallend ist, dass er ein weiteres kopierte, welches sich ebenfalls in der Bibliothek des Johannes von Albig nachweisen lässt (Pal. lat. 1730, s. Jeudy, Handschriften, S. 7). Dass Johannes von Albig der spätere Besitzer war, ergibt sich aus dessen Wappen auf Bv (s. Buchschmuck) sowie dem darunter geschriebenen Vermerk: Hunc librum legauit magister Johannes de Albich in decretis licentiatus ad liberariam Heydelbergensem. Offenbar wurde das Bl. B nachträglich hinzugebunden. Johannes von Albig (†1451/52), wohl aus dem Geschlecht derer von Albig stammend, welche sich nach ihrem Stammsitz in der Nähe von Alzey zubenannten, wurde von König Ruprecht 1405 als Kaplan angenommen. Zuvor war er bereits Kanoniker im Cyriakusstift zu Neuhausen bei Worms gewesen. 1423 immatrikulierte er sich an der Universität Heidelberg, wo er das Lizentiatenexamen 1428 an der Artistenfakultät und nach einem Rechtsstudium 1433 auch im Kanonischen Recht an der Juristischen Fakultät ablegte. Zuletzt ist er als Pfarrer zu Alzey nachweisbar (Drüll, Gelehrtenlexikon, S. 266; Dietmar Willoweit, Das juristische Studium in Heidelberg und die Lizentiaten der Juristenfakultät von 1386 bis 1436, in: Semper Apertus. Sechshundert Jahre Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, 1386-1986, Bd. 1, Mittelalter und Frühe Neuzeit, 1386-1803, hrsg. von Wilhelm Doerr u. a., Berlin u. a. 1985, S. 85-135, hier S. 112). Nach seinem Tod fielen seine Bücher aufgrund testamentarischer Verfügung an die Universität (Jeudy, Handschriften, S. 1–5). Im Katalog der Heidelberger Bibliotheken von 1466 in der Bibliothek der oberen Fakultäten nachweisbar unter Franciscus de Zaberellis super Clementinas in papiro (Heidelberg, UB, Heid. Hs. 47, 13r).

Faksimile
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bav_pal_lat_648
Literatur
Jeudy, Handschriften, S. 1, 4, 6f.; OVL, Pal.lat.648; Schunke, Einbände 2.2, S. 847; Stevenson, Latini, S. 231.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur

1) 1r–599r Digitalisat

Verfasser
Francesco Zabarella (GND-Nr.: 118808222).
Titel
Lectura super Clementinas.
Angaben zum Text
Kommentar zu den Konstitutionen Papst Clemens V.: (1r–2r) Vorrede; (2v–5r) Bulle ‚Quoniam nulla iuris sanctio‘; (5v–169r) Liber I; (169v–271r) Liber II; (271v–453r) Liber III; (453v–458v) Liber IV; (458v–598v) Liber V. – 1a–Br leer. – Bv Auf dem Kopf stehender Text eines Zeugenverhörs aus einem Erbrechtsprozess, geschrieben in einer Bastarda der ersten Hälfte des 15. Jhs., darüber gemalt Wappen des Johannes von Albig. – 2ar–2av leer. – 599v–601*v leer.
Incipit
1r ›Nouumnichil esse vna est omnium fere sentencia que ut in eternis vera est ita in hijs que corrumpuntur prorsus non vera
Explicit
598v … Ipsum ergo suscipite scolastici vestrique instancia ut fructus afferat uberes moliamini ad laudem indiuidue trinitatis. Amen‹ [gefolgt vom Kolophon auf 599r].
Edition
Es existiert keine moderne Edition, der Text, erstmals gedruckt um 1468/70, liegt in mehreren Inkunabeln vor (GW M51981–M51996).


Bearbeitet von
Dr. Thorsten Huthwelker, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.


Zitierempfehlung:


Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 648. Beschreibung von: Dr. Thorsten Huthwelker (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.


Katalogisierungsrichtlinien
Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.